Stadtrundgang durch die Rechtstadt von Danzig, Polen – Teil 2

Fort­set­zung mei­nes Stadt­rund­gangs durch die Recht­stadt von Dan­zig, den histo­risch bedeu­tend­sten Teil der alten Han­se­stadt an der Ost­see. Im ersten Teil führ­te mich der Weg ent­lang der Mott­lau und durch die Lang­gas­se, die älte­ste Stra­ße der Stadt. Nun geht es wei­ter mit der Erkun­dung der klei­nen Sei­ten­gas­sen sowie der mäch­ti­gen Mari­en­kir­che, der Haupt­pfarr­kir­che von Danzig.

Nach mei­nem Gang durch das Lang­gas­ser Tor bie­ge ich nun rechts ab und fol­ge der äuße­ren Gren­ze der Recht­stadt. Die­ses Gebiet ist der soge­nann­te Koh­len­markt, heu­te wird er größ­ten­teils als Park­platz genutzt. Der Platz außer­halb der Recht­stadt soll­te nach deren Ver­lei­hung des Stadt­rech­tes die glei­chen Rech­te erhal­ten, aber außer­halb der Stadt­mau­ern lie­gen. Um 1600 wur­de er in die Bebau­ung der Stadt ein­be­zo­gen, nach­dem die Stadt­be­fe­sti­gun­gen ihre Bedeu­tung ver­lo­ren hat­ten. Die einst schö­ne Bebau­ung wur­de im Krieg größ­ten­teils zer­stört oder in den nach­fol­gen­den Jah­ren abge­ris­sen. Ein­zig vier Gie­bel fal­len auf, die die Rück­sei­te des gro­ßen Zeug­hau­ses bilden.

Zurück in die Recht­stadt kom­me ich hier aber nicht und sodass ich schluss­end­lich nicht nur den Koh­len­markt über­que­re, son­dern auch noch das Stadt­thea­ter umrun­de, das nach dem Krieg in kom­mu­ni­sti­schem Stil neu erbaut wur­de und für mich inzwi­schen eher ein Schand­fleck ist.

Ein Stück wei­ter ent­decke ich das Rei­ter­stand­bild von Johann III. Sobie­ski, den ab 1674 gewähl­ten König von Polen-​Litauen. Er gilt als Ret­ter Wiens wäh­rend der Zwei­ten Wie­ner Tür­ken­be­la­ge­rung, da er am 12. Sep­tem­ber 1683 mit sei­ner Hussa­ria den ent­schei­den­den Angriff wäh­rend der Schlacht am Kah­len­berg anführte.

Hin­ter der Sta­tue schließt sich die Dan­zi­ger Alt­stadt an, die hier aller­dings viel weni­ger bedeu­tend als die Recht­stadt ist und die ich auf die­sem Stadt­rund­gang nicht besu­che. Über einen Durch­bruch der Stadt­mau­er gelan­ge ich zurück in die Recht­stadt. Viel ist von der alten Befe­sti­gung außer­halb der Stadt­to­re nicht erhal­ten, doch an der Later­nen­gas­se ist noch ein klei­nes Stück erhalten.

In der Recht­stadt dann wie­der ein ganz ande­res Bild – die Häu­ser sind histo­risch wie­der­auf­ge­baut und alles ist sau­ber und gepflegt.

Ein­mal um die Ecke gebo­gen, ste­he ich nun vor der Vor­der­sei­te des gro­ßen Zeug­hau­ses. Zwi­schen 1600 und 1609 errich­tet, ist es ein wei­te­res exzel­len­tes Bei­spiel des flä­mi­schen Manie­ris­mus. Das Zeug­haus dien­te ursprüng­lich als Waf­fen­ar­se­nal und die­se Nut­zung zeig­te sich auch deut­lich in den Ver­zie­run­gen des Gebäu­des. So sind an den Spit­zen der Gie­bel Pla­sti­ken mit explo­die­ren­den Kano­nen­ku­geln zu fin­den. Heu­te wird das Zeug­haus von der Dan­zi­ger Kunst­hoch­schu­le genutzt.

Ich fol­ge nun der Piw­na, einer ruhi­gen Sei­ten­stra­ße, die vom Zeug­haus in Rich­tung Fluss­ufer führt und eben­falls von wun­der­schö­nen Häu­sern flan­kiert ist.

Am ande­ren Ende der Gas­se ist die mäch­ti­ge Mari­en­kir­che zu fin­den. Das Got­tes­haus wur­de von 1343 bis 1502 im Stil der Gotik erbaut. Zwar zuerst als katho­li­sche Kir­che geweiht, war die Mari­en­kir­che von 1525 bis 1945 eine evan­ge­li­sche Kir­che und bis 1945 das zweit­größ­te evangelisch-​lutherische Got­tes­haus der Welt (nur das Ulmer Mün­ster ist größer).

Ich betre­te die Kir­che durch das reich ver­zier­te Por­tal, das heu­te wie­der in altem Glanz erstrahlt. Das ist nicht selbst­ver­ständ­lich, denn beim Ein­marsch der Roten Armee 1945 wur­de das Got­tes­haus schwer beschä­digt. Vier­zig Pro­zent der Kunst­schät­ze gin­gen ver­lo­ren, der Dach­stuhl brann­te aus, vier­zehn der Gewöl­be­bö­gen wur­den zer­stört sowie fast alle Bunt­glas­fen­ster. Bereits 1946 begann jedoch der Wie­der­auf­bau und 1955 wur­de das Got­tes­haus zur katho­li­schen Kir­che geweiht.

Im Ein­gangs­be­reich ent­decke ich vie­le Ver­zie­run­gen mit deut­schen Inschrif­ten, die aus der Zeit vor dem Zwei­ten Welt­krieg erhal­ten geblie­ben sind.

Trotz vie­ler ver­lo­re­nen Kunst­schät­ze gehört die Mari­en­kir­che noch immer zu den am reich­sten ver­zier­ten Kir­chen im Ost­see­raum. Wun­der­schön anzu­se­hen ist auch das gro­ße Tauf­becken gleich hin­ter dem Eingang.

Die Dan­zi­ger Mari­en­kir­che ist eine der größ­ten Hal­len­kir­chen welt­weit und eine der drei größ­ten Back­stein­kir­chen nörd­lich der Alpen. Neun­und­zwan­zig Meter erhebt sich die Decke des über hun­dert Meter lan­gen Got­tes­hau­ses, die inter­es­san­ter­wei­se ähn­lich der der Münch­ner Frau­en­kir­che erbaut wurde.

Auf mei­nem Rund­gang durch die Kir­che fal­len mir noch wei­te­re deut­sche Inschrif­ten auf, wie die­se an der reich ver­zier­ten Kanzel.

Reich ver­ziert ist auch der Altar­raum, der noch immer über das Altar­bild aus dem Jahr 1517 ver­fügt, als die Kir­che schon ein­mal katho­lisch war.

Über dem Haupt­ein­gang befin­det sich hin­ge­gen die Orgel. Sie ist aber nicht mehr das Ori­gi­nal, denn das wur­de 1945 zer­stört. Dafür wur­de der klei­ne­re Pro­spekt der erhal­ten geblie­be­nen Johan­nis­kir­chen­or­gel von 1629 ein­ge­baut. Das Orgel­werk selbst wur­de mit Hil­fe deut­scher Spen­den durch die Gebrü­der Hil­le­brand aus Alt­warm­bü­chen eingebaut.

In der Kir­che sind auch unzäh­li­ge Grab­ma­le zu fin­den. Vie­le Grab­plat­ten sind schon meh­re­re Jahr­hun­der­te alt und tra­gen teil­wei­se deut­sche Inschriften.

So wie auch vie­le ande­re Bild­nis­se und Ver­zie­run­gen der Kir­che, die auf die deutsch­spra­chi­ge Ver­gan­gen­heit hinweisen.

Die rei­che Aus­stat­tung mit vie­len Sei­ten­al­tä­ren und Orgeln konn­te man sich auf­grund der rei­chen Bür­ger­schaft in Dan­zig leisten.

Ein ganz beson­de­res Schmuck­stück befin­det sich im lin­ken Sei­ten­schiff, die astro­no­mi­sche Uhr von Hans Dürin­ger, die bereits im 15. Jahr­hun­dert ange­fer­tigt wur­de. Ver­mu­tet wird heu­te übri­gens, dass Dürin­ger auch für die astro­no­mi­sche Uhr in der Mari­en­kir­che Rostock ver­ant­wort­lich ist, da sich bei­de sehr ähneln.

Aber zurück zur Dan­zi­ger Uhr, deren obe­rer Teil die Stun­den anzeigt, wie es bei frü­he­ren Uhren üblich war. Dazu die Tier­kreis­zei­chen und die Mondphasen.

Rich­tig inter­es­sant und auch etwas befremd­lich ist der unte­re Teil. Hier wur­de eine auf­wen­di­ge astro­no­mi­sche Uhr geschaf­fen, die aller­dings nach dem julia­ni­schen Kalen­der auf­ge­baut wur­de. Somit war sie schon rund hun­dert Jah­re spä­ter nicht mehr genau, als der gre­go­ria­ni­sche Kalen­der ein­ge­führt wur­de. Dar­auf­hin ließ man die Uhr immer mehr ver­fal­len und woll­te sie sogar abrei­ßen. Zum Glück ist sie aber erhal­ten geblie­ben und kann noch heu­te bewun­dert werden.

Zuletzt fal­len mir noch die sta­bi­len Holz­to­re auf, die eini­ge der Kir­chen­tü­ren ver­schlie­ßen. Ich aber neh­men den Weg, den ich gekom­men bin, durch den Haupt­ein­gang am West­por­tal der Marienkirche.

Ich fol­ge der Stra­ße, die sich jetzt Brot­bän­ken­gas­se nennt, wei­ter in Rich­tung Mott­lau und bewun­de­re auch hier die vie­len schö­nen Gebäude.

Im Gegen­satz zu den mei­sten Häu­sern am Lan­gen Markt und in der Lang­gas­se, haben hier sehr vie­le Häu­ser noch ihren Bei­schlag, einen ter­ras­sen­ar­ti­gen Vor­bau vor dem Ein­gang des Gebäu­des. Üblich war der Bei­schlag schon seit dem 14. Jahr­hun­dert im gan­zen Ost­see­raum, um die Häu­ser vor Über­schwem­mun­gen zu schüt­zen. Die schön­sten Bei­schlä­ge wur­den in der Renais­sance erbaut und auf­wen­dig verziert.

Die Brot­bän­ker­gas­se führt, wie könn­te es anders sein, zum Brot­bän­ken­tor. Als Brot­bän­ke bezeich­ne­te man im Mit­tel­al­ter die Ver­kaufs­stel­len der Bäcker. Das goti­sche Stadt­tor ist das älte­ste der drei erhal­te­nen Stadt­to­re zur Was­ser­sei­te. Das Wap­pen über dem Tor zeigt eine Lilie, die den Sam­bo­ri­den zuge­schrie­ben wird, einem Herr­scher­ge­schlecht, das im 12. und 13. Jahr­hun­der­te die pom­me­rel­li­schen Her­zö­ge stellte.

Ich durch­que­re das Tor jedoch nicht, son­dern fol­ge einer Sei­ten­gas­se, die mich zur Frau­en­gas­se bringt. Auch in die­ser Stra­ße sind vie­le typi­sche Dan­zi­ger Bür­ger­häu­ser zu fin­den, die größ­ten­teils noch ihre Bei­schlä­ge haben.

Die Frau­en­gas­se führt zum Frau­en­tor, das ich zuvor schon von der Was­ser­sei­te bewun­dert habe und das direkt an die Fuß­gän­ger­brücke zur Spei­cher­in­sel mün­det. Durch das Tor gelan­ge ich zurück an das Ufer der Mott­lau, wo mein Stadt­rund­gang begon­nen hat.

Vom west­li­chen Ufer habe ich noch ein­mal einen schö­nen Blick auf den Blei­hof, die nörd­li­che der bei­den Inseln in der Mott­lau und auf die Bal­ti­sche Phil­har­mo­nie sowie das Hotel Kro­lew­ski, das sich in einem alten Spei­cher befindet.

Das Ende mei­nes Stadt­rund­gangs bil­det ein Blick auf das Amber Sky, ein fünf­zig Meter hohes Rie­sen­rad, das sich seit 2016 in Dan­zig dreht und inzwi­schen am Ufer der Mott­lau neben einem rie­si­gen „Gdansk”-Schriftzug zu fin­den ist. Bei­des steht direkt gegen­über des Hil­ton Hotels, sodass ich an mei­nen Start­punkt zurück­ge­kehrt bin.

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Betty

Es gibt nichts, was ich mehr liebe als die Welt zu bereisen. Immer mit dabei ist meine Kamera, wenn ich spannende Abenteuer erlebe und neue Reiseziele erkunde. Das Reisen bereitet mir so viel Freude, dass ich nun auch meine Leser an meinen Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben lassen möchte.

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