Gedenkstätte Point Alpha, Thüringen/​ Hessen

Point Alpha war einer von vier ame­ri­ka­ni­schen Beob­ach­tungs­po­sten an der inner­deut­schen Gren­ze in Hes­sen. Heu­te trägt die­sen Namen eine Mahn‑, Gedenk- und Begeg­nungs­stät­te an der Stra­ße zwi­schen Gei­sa in Thü­rin­gen und Ras­dorf in Hes­sen. Das Gelän­de umfasst nicht mehr nur den Posten der Ame­ri­ka­ner, son­dern auch einen Teil der alten Grenz­an­la­gen sowie ein Museum.

Wo sich heu­te sanf­te Hügel der Rhön erstrecken und eine Land­stra­ße durch klei­ne Ort­schaf­ten win­det, befand sich wäh­rend der Zeit des kal­ten Krie­ges der soge­nann­te Ful­da Gap. Die NATO Ver­bün­de­ten befürch­te­ten, dass genau an die­ser Stel­le mit einem Vor­stoß der Trup­pen des War­schau­er Pak­tes bis weit in die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zu rech­nen war. Mehr als ein Vier­tel Jahr­hun­dert spä­ter erin­nert kaum noch etwas an die­se Zeit, denn die mei­sten Relik­te von damals wur­den längst abge­ris­sen. Ledig­lich ein Schild an der Stra­ße erin­nert an den Grenzverlauf.

Der Abriss, der droh­te auch Point Alpha, denn die OPs Romeo, India und Oscar, wie die Ope­ra­ti­ons Post der Ame­ri­ka­ner genannt wur­den, waren längst ver­schwun­den. Die dama­li­gen Lan­des­re­gie­run­gen erach­te­ten es als zu teu­er, die Anla­gen zu erhal­ten, nach­dem eine Wei­le ein Asyl­be­wer­ber­heim in den ehe­ma­li­gen Mili­tär­ba­racken unter­ge­bracht war. Doch es reg­te sich Wider­stand. Auf Betrei­ben des Jour­na­li­sten Bert­hold Dücker grün­de­te sich eine Bür­ger­initia­ti­ve, die sich für den Erhalt von Point Alpha einsetzte.

Inzwi­schen ist die Gedenk­stät­te eine der bekann­te­sten an der ehe­ma­li­gen inner­deut­schen Gren­ze und es gehört nicht mehr nur der ame­ri­ka­ni­sche Beob­ach­tungs­po­sten dazu. Die Aus­stel­lung erstreckt sich heu­te über die Lan­des­gren­ze zwi­schen Hes­sen und Thüringen.

Gedenkstätte Point Alpha – Haus auf der Grenze

Direkt an der Lan­des­stra­ße, die Gei­sa und Ras­dorf ver­bin­det, steht das Haus auf der Gren­ze. Schon am Park­platz wird klar, hier befand sich einst die inner­deut­sche Gren­ze. Ver­schie­de­ne Mahn­ma­le erin­nern an die Geschich­te und an das, was hier für Jahr­zehn­te All­tag war.

Eine unüber­wind­ba­re Gren­ze durch­zog hier die sanf­ten Hügel des Mit­tel­ge­bir­ges, gesi­chert mit Mau­ern und Sta­chel­draht, über­wacht mit gna­den­lo­ser Här­te und Waf­fen­ge­walt. Erin­ne­rungs­or­te an die­se Zeit gibt es eini­ge, doch Point Alpha zeigt in ein­zig­ar­ti­ger Wei­se, wie sich die Fein­de Auge in Auge gegenüberstanden.

Eines der Denk­mä­ler rund um das Haus auf der Gren­ze ist dem berühm­ten run­den Tisch gewid­met. Er erin­nert an die Gesprächs­run­den und dra­ma­ti­schen Ereig­nis­se, die sich 1989 in der DDR abspiel­ten. Die Beton­tei­le bestehen aus Resten der ehe­ma­li­gen Grenz­an­la­gen und der Tisch steht direkt auf der ehe­ma­li­gen Grenze.

Nach­dem der ame­ri­ka­ni­sche Point Alpha vor der Rena­tu­rie­rung geret­tet wur­de und immer mehr Besu­cher gekom­men waren, wur­den auch mehr Stim­men laut, die gesam­te Geschich­te der Gren­ze zu erzäh­len. Das konn­te jedoch nicht auf dem Stütz­punkt gesche­hen, sodass ein Muse­um geplant wur­de. För­der­mit­tel wur­den ange­fragt und bewil­ligt, sodass 2003 das Haus auf der Gren­ze am ehe­ma­li­gen Kolon­nen­weg gebaut wurde.

Seit 2014 ist im Muse­um die Dau­er­aus­stel­lung „Die Staats­gren­ze der DDR im Kal­ten Krieg” zu sehen, die die Ent­wick­lung der Gren­ze, die poli­ti­schen Ereig­nis­se, aber auch die Schick­sa­le der Men­schen vor Ort erzählt.

Das Modell zeigt sehr gut, wie die Grenz­be­fe­sti­gun­gen einst aus­ge­se­hen haben, wo heu­te die ein­sa­me Land­stra­ße ver­läuft. Die Klein­stadt Gei­sa war plötz­lich die öst­li­che Stadt des War­schau­er Pak­tes und die Men­schen hier leb­ten sozu­sa­gen mit dem Wis­sen an vor­der­ster Front zu ste­hen, falls es je zu Kampf­hand­lun­gen gekom­men wäre.

Im Muse­um zu sehen sind vie­le Zeit­zeu­gen­do­ku­men­te, die in Ver­bin­dung mit die­sem Teil der Gren­ze aber auch der inner­deut­schen Gren­ze im All­ge­mei­nen ste­hen. In Zeit­zeu­gen­ge­sprä­chen erzäh­len Betrof­fe­ne, wie das Leben am Ran­de die­ses Nie­mands­lan­des war.

Dazu wur­den Doku­men­te und Bil­der gesam­melt, die die­se Zeit wie­der ein Stück weit auf­le­ben las­sen und auch denen ein Gefühl dafür geben sol­len, die sie nicht mit­er­lebt haben.

Gedenkstätte Point Alpha – US-Militärstützpunkt

Das Herz­stück des heu­te über 100.000 Qua­drat­me­ter gro­ßen Aus­stel­lungs­ge­län­des ist und bleibt aber der Point Alpha, jener Stütz­punkt der Ame­ri­ka­ner, der wie alle ande­ren nach dem Abzug der Trup­pen 1991 ver­schwin­den soll­te und doch heu­te noch existiert.

Ein klei­nes Sei­ten­tor ist heu­te Zugang für Besu­cher, die die Anlan­ge besich­ti­gen wol­len. Frü­her erfolg­te die Zufahrt durch das Haupt­tor, das mit einem Wach­häus­chen gesi­chert war.

Das Wach­haus war durch­ge­hend Tag und Nacht besetzt. Der Wach­po­sten wur­de alle vier Stun­den abge­löst und das Haus war zur Stra­ße hin mit Sand­säcken geschützt.

Auf dem Gelän­de, auf dem einst rund 40 Sol­da­ten für jeweils vier Wochen sta­tio­niert waren, sind Fahr­zeu­ge der Streit­kräf­te aus­ge­stellt, die teil­wei­se auch damals hier zu fin­den waren.

Bei einem Gang über das Gelän­de erfährt der Besu­cher aller­lei inter­es­san­tes über den Stütz­punkt. So wur­de 50 Meter vor der Gren­ze noch ein­mal expli­zit mit Schil­dern gewarnt, denn ab hier konn­ten unüber­leg­te Hand­lun­gen als feind­li­cher Akt gedeu­tet werden.

Des­halb gab es auf dem Gelän­de auch die rote Sperr­li­nie, die kein Pan­zer je über­que­ren durf­te. Das hät­te sonst als Grenz­pro­vo­ka­ti­on gegol­ten. Nur Klein­fahr­zeu­ge und Jeeps durf­ten sich hin­ter der Linie noch befinden.

Die­ser Turm der Ame­ri­ka­ner wur­de erst 1985 errich­tet und dien­te sowohl der Beob­ach­tung der DDR-​Grenzsoldaten als auch des gesam­ten Umlan­des. Alle Daten, die hier gesam­mel­ten wur­den, über­mit­tel­te man über Funk an das Haupt­quar­tier in Ful­da. Der Turm war rund um die Uhr besetzt und das Per­so­nal wur­de alle zwei bis maxi­mal acht Stun­den ausgetauscht.

Im Turm­zim­mer taten jeweils drei bis vier Sol­da­ten ihren Dienst. Durch die Funk­an­la­ge konn­ten sie mit den Patrouil­len und dem Haupt­quar­tier in Kon­takt bleiben.

Der Blick vom Turm reicht sowohl über den Stütz­punkt als auch hin­über zur Gren­ze. Auf dem Stütz­punkt ist beson­ders der Fah­nen­mast zu beach­ten. Der Fah­nen­mast wur­de nicht direkt in den Boden gerammt, son­dern schwebt an einer Hal­te­rung über der Erde. Grund dafür soll sein, dass sich die Ame­ri­ka­ner hier nur als Gast ver­stan­den und das Gelän­de nicht in Besitz genom­men haben.

Gleich neben dem Grenz­zaun erzählt ein Foto in Groß­auf­nah­me von einem wei­te­ren histo­ri­schen Ereig­nis. Seit 2005 ver­leiht die Point Alpha Stif­tung den Point-​Alpha-​Preis für beson­de­re Ver­dien­ste um die Ein­heit Deutsch­lands und Euro­pas in Frie­den und Frei­heit. Die ersten Preis­trä­ger waren Hel­mut Kohl, Michail Gor­bat­schow und Geor­ge H. W. Bush.

In eini­gen der ehe­ma­li­gen Baracken der ame­ri­ka­ni­schen Streit­kräf­te ist heu­te eben­falls eine Aus­stel­lung unter­ge­bracht, die das Leben der Sol­da­ten auf dem Stütz­punkt erzählt.

Seit 1972 war das 11th Armored Caval­ry Regi­ment „Black­hor­se“ aus Fort Irwin in Kali­for­ni­en für Point Alpha zustän­dig und stell­te die Ein­satz­kräf­te für den Stützpunkt.

In einem Teil der Baracken zeigt eine Aus­stel­lung, wie der All­tag der Sol­da­ten hier vor Ort aus­sah und wel­che Aus­rü­stung sie besaßen.

Ein wei­te­rer Teil ist noch immer als Unter­kunft ein­ge­rich­tet, als die die Baracken einst dien­ten. So waren die Sol­da­ten hier in Mehr­bett­zim­mern unter­ge­bracht und hat­ten eine Kan­ti­ne sowie Freizeiträume.

Gedenkstätte Point Alpha – DDR-Grenzanlagen

Dort, wo sich frü­her der Grenz­zaun befand, ist heu­te ein Durch­gang, der Point Alpha mit den DDR-​Grenzanlagen ver­bin­det, die einst von hier über­wacht wurden.

Die Weg­sper­re am uralten Fahr­weg zwi­schen Gei­sa und Grüs­sel­bach wur­de einst vom Bun­des­grenz­schutz auf­ge­stellt. Sie steht unmit­tel­bar vor der Grenz­li­nie, die für die Men­schen auf west­li­cher Sei­te ein belieb­ter Aus­sichts­punkt in Rich­tung Gei­sa war. Die Bar­rie­re soll­te die Men­schen dar­an erin­nern, die Gren­ze auf kei­nen Fall zu über­tre­ten, da das zu unbe­re­chen­ba­ren Reak­tio­nen hät­te füh­ren können.

Die Grenz­sperr­an­la­gen sind nur teil­wei­se ori­gi­nal an die­ser Stel­le. Anla­gen, die in den 1970er und 1980er Jah­ren ent­stan­den, sind noch immer an ihren Ori­gi­nal­plät­zen, wäh­rend Anla­gen aus den 1950er und 1960er zu Infor­ma­ti­ons­zwecken rekon­stru­iert wurden.

Der Beob­ach­tungs­turm BT‑9 war der Nach­fol­ger der run­den Tür­me und wur­de auf einer Grund­flä­che von nur zwei mal zwei Metern errich­tet. Wegen unge­nü­gen­der Stand­si­cher­heit und Wind­an­fäl­lig­keit wur­de er bereits in den 1970er durch das Nach­fol­ge­mo­dell BT-​11 ersetzt.

Zur Grenz­über­wa­chung gehör­ten oft auch Hun­de­lauf­an­la­gen. Die Hun­de lagen ent­we­der an einer lan­gen Lauf­ket­te oder befan­den sich in einem umzäun­ten Gebiet, um Schnei­sen oder wei­te Flä­chen abzusperren.

Wei­ter­hin gab es an der Gren­ze ver­schie­de­ne Sperr­zäu­ne und Fahr­zeug­sper­ren. Die­se Beton­klöt­ze soll­ten ein Durch­bre­chen der Anla­ge mit Fahr­zeu­gen verhindern.

Der Kolon­nen­weg wur­de zur Über­wa­chung der Gren­ze gebaut und ist heu­te als Wan­der­weg am histo­ri­schen Grenz­ver­lauf ausgewiesen.

Gedenkstätte Point Alpha – Fazit

Die Gedenk­stät­te Point Alpha hält auf beein­drucken­de Wei­se die Erin­ne­rung an die deutsch-​deutsche Tei­lung wach. Bei einem Blick hin­ter die Kulis­sen in Ost und West wer­den die furcht­ba­ren Aus­ma­ße deut­lich, die die­se Gren­ze geschaf­fen hat. Zu sehen ist hier ein Stück Geschich­te, das nicht ver­ges­sen wer­den darf, damit so etwas nie wie­der geschieht.

Arti­kel aus der Rei­he Deutsch-​deutsche Teilung:

Deutsch-​deutsche Tei­lung – Auf Spu­ren­su­che an der ehe­ma­li­gen Grenze

Grenz­hus Schlags­dorf, Mecklenburg-Vorpommern

Grenz­mu­se­um Schiff­lers­grund, Hessen/​ Thü­rin­gen

DDR-​Grenzbahnhof Probst­zel­la, Thüringen

Gedenk­stät­te Deut­sche Tei­lung Mari­en­born, Sachsen-Anhalt

Grenz­denk­mal Höten­s­le­ben, Sachsen-Anhalt

Gedenk­stät­te Point Alpha, Thüringen/​ Hes­sen

Ostsee-​Grenzturm Küh­lungs­born, Mecklenburg-Vorpommern

Trä­nen­pa­last, Ber­lin – in Kürze

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Betty

Es gibt nichts, was ich mehr liebe als die Welt zu bereisen. Immer mit dabei ist meine Kamera, wenn ich spannende Abenteuer erlebe und neue Reiseziele erkunde. Das Reisen bereitet mir so viel Freude, dass ich nun auch meine Leser an meinen Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben lassen möchte.

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