Ostsee-Grenzturm Kühlungsborn, Mecklenburg-Vorpommern
Der Ostsee-Grenzturm Kühlungsborn ist einer von einst 27 Grenztürmen, die in der ehemaligen DDR zur Überwachung der Seegrenzen eingesetzt wurden. Heute sind nur noch zwei dieser Türme erhalten und der Turm in Kühlungsborn ist der einzige, der auch für Besucher geöffnet ist.
Eng ist es im Turm, eng und stickig. Der Aufstieg zur Kanzel kein Vergnügen, auch heute nicht. Denn wer nach oben will, der muss mehrere Leitern überwinden, die versetzt angebracht sind. Das machen nur wenige Besucher, die meisten schauen lieber von unten und besuchen das angeschlossene Museum.
Zu Entdecken ist auch ohne Turmbesteigung einiges, denn der Turm wurde sehr restauriert und wird heute von einem Verein in Schuss gehalten. So ist am Fuß noch immer die alte Fernsprechanlage zu finden.
Im Mai 1973 wurde der fünfzehn Meter hohe See-Grenzbeobachtungsturm BT11, so seine korrekte Bezeichnung, in unmittelbarer Nachbarschaft der Seebrücke Kühlungsborn errichtet. Aufgabe der Grenzsoldaten, die hier stationiert waren, war die Überwachung des Schiffsverkehrs sowie die Verhinderung von Fluchtversuchen.
Bis zu vier Soldaten arbeiteten auf dem Turm und konnten dank Fernrohren bis zu zwölf Meilen auf das Meer hinausschauen. Nachts konnte die Umgebung mit Suchschauwerfern ausgeleuchtet werden, die sich auf dem Dach befanden.
Rund um den Turm ist eine kleine Ausstellung zu finden, zu der auch Teile eines Grenzzauns gehören.
Thematisiert werden auch die Fluchten und Fluchtversuche, die an der Ostseeküste stattfanden. Einige waren erfolgreiche, viele endeten aber mit Gefängnis oder sogar dem Tod der Menschen, die auf diesem Weg versuchten, die DDR zu verlassen.
Mehr zu den Fluchten erzählt das kleine Museum, das seit 2013 neben dem Grenzturm zu finden ist.
Die interessantesten Stücke der Ausstellung sind auf jeden Fall die kleinen Boote, mit denen Menschen versuchten über die Ostsee zu fliehen. Manche schwammen aber auch bis zu den recht nahen Inseln in Dänemark oder Westdeutschland.
Die wohl bekannteste Flucht dieser Art ist die von Peter Döbler, der 1972 über vierzig Kilometer geschwommen war und so die Insel Fehmarn erreichte. Rund zwei Jahre hatte der Arzt zuvor für seine Flucht trainiert.
Aber nicht alle Fluchten endeten glücklich. Sehr tragisch war das Schicksal der Familie Sanders aus Schwerin, die 1977 die Flucht wagte. Nur Mutter und Sohn überlebten die Flucht im Faltboot. Der Vater und die zwei Töchter ertranken in der kalten Ostsee.
Andere Fluchtversuche scheiterten, weil Schiffe die Geflohenen aufgriffen und wieder in die DDR zurückbrachten oder der Wind drehte und sie so vom Kurs abkamen. Diese Fluchtversuche endeten dann meist mit einer Gefängnisstrafe für die Betroffenen.
Insgesamt wurden 5906 Fluchtversuche über die Ostsee seit 1961 von den Behörden registriert, von denen nur 913 erfolgreich waren.
Heute erzählt nur noch das Museum von den Dramen, die sich hier an der Küste einst abgespielt haben. Hätte eine Gruppe von Bürgern sich 1990 nicht für den Erhalt des Turmes eingesetzt, würde auch hier wohl nichts mehr an die damalige Grenzüberwachung erinnern.
Stattdessen erstreckt sich jetzt die schöne Strandpromenade von Kühlungsborn in unmittelbarer Nachbarschaft und im Sommer wird der Strand von Tausenden Urlaubern frequentiert. Viele von ihnen ahnen wahrscheinlich nicht einmal mehr, was sich hier einst für Schicksale abgespielt haben.
Der Grenzturm aber ist noch immer eine stille Mahnung, dass die Freiheit ein hohe und vor allem schützenswertes Gut ist. Und so stoppen doch immer wieder Urlauber am Turm und dem kleinen Museum, das dieses Stück deutsch-deutsche Geschichte lebendig hält.
Ostsee-Grenzturm Museum
Ostseeallee 1A, 18225 Kühlungsborn
Juni-Sep.: Di, Mi, Fr 14–17 Uhr, Okt.-Mai: Di, Fr 14–17 Uhr
Artikel aus der Reihe Deutsch-deutsche Teilung:
Deutsch-deutsche Teilung – Auf Spurensuche an der ehemaligen Grenze
Grenzhus Schlagsdorf, Mecklenburg-Vorpommern
Grenzmuseum Schifflersgrund, Hessen/ Thüringen
DDR-Grenzbahnhof Probstzella, Thüringen
Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn, Sachsen-Anhalt
Grenzdenkmal Hötensleben, Sachsen-Anhalt
Gedenkstätte Point Alpha, Thüringen/ Hessen
Ostsee-Grenzturm Kühlungsborn, Mecklenburg-Vorpommern
Tränenpalast, Berlin – in Kürze
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