DDR-Grenzbahnhof Museum, Probstzella, Thüringen
Probstzella ist heute ein kleiner, etwas verschlafener Ort im südlichen Thüringen, direkt an der Grenze zu Bayern. In einem engen Talkessel des Schiefergebirges und in der Nähe des berühmten Rennsteigs gelegen, ist es heute Ausflugsort und besonders für sein im Bauhausstil eingerichtetes Haus der Freundschaft bekannt. Doch viele Jahre war Probstzella Sperrgebiet, denn hier verlief auch die Außengrenze der DDR und dieser Geschichte widmet sich das Museum DDR-Grenzbahnhof Probstzella.
Menschen kamen einst durch die Bahn nach Probstzella, das seit 1885 an das Schienennetz angeschlossen ist. Und so kam auch Industriepionier Franz Itting hierher, der ein Kohlekraftwerk baute, das die Menschen mit Strom versorgte. Großzügige Stadtvillen entstanden, in denen wohlhabende Bürger lebten. Einige Häuser erstrahlen heute wieder in alter Pracht.
Auch rund um den Bahnhof wurde in den letzten 25 Jahren viel renoviert.
Ziel vieler Besucher ist heute wieder das Haus des Volkes, ein mehrstöckiges Hotel, das Industriepionier Itting bauen und von Bauhausarchitekten einrichten ließ. Die Touristen zog die schöne Lage im Thüringer Schiefergebirge auch schon vor 100 Jahren hierher, die meisten kamen damals mit der Bahn. Auch heute noch kann man mit dem Zug nach Probstzella kommen, doch die Bedeutung des Bahnhofs hat sich über die Jahrzehnte mehrmals gründlich gewandelt.
Seine Grenzlage war es, die dem Ort nach dem Zweiten Weltkrieg zum Verhängnis wurde, denn in der DDR lag er im Sperrgebiet. Der historische Bahnhof wurde damals zum Grenzbahnhof ausgebaut, in dem die Züge zwischen Berlin und München abgefertigt wurden. Erst nach der Wende wurde es wieder ruhiger und die Grenzkontrollen wurden geschlossen. Der Bahnhof jedoch steht noch heute als Mahnmal für eine Zeit, in der Reisefreiheit unmöglich war.
Erhalten geblieben aus der Zeit der Grenze ist heute jedoch nicht viel, denn die alten Kontrollstationen wurden längst abgerissen und auch das große Abfertigungs- und Kontrollgebäude wurde, trotz Protesten von Historikern, 2008 dem Erdboden gleichgemacht. Nur das 1885 erbaute Bahnhofsgebäude hat alle Veränderungen überstanden und beherbergt seit 2010 das DDR-Grenzbahnhof-Museum Probstzella.
Schon wer durch die Tür tritt, fühlt sich gleich ein wenig in die DDR zurückversetzt. Zwar gibt es einen modernen Tresen, an dem das Eintrittsgeld entrichtet wird, doch ansonsten hat sich hier in den letzten 30 Jahren nicht viel verändert.
Im Erdgeschoss wird die Bahnhofsgeschichte zwischen 1945 und 1990 wieder lebendig. Der Besucher taucht in die Welt der Kontrollen und Schikanen an der Grenze ein. Rund 20 Millionen Bahnreisende wurden in dieser Zeit hier abgefertigt. Sie alle mussten Pass- und Zollkontrollen über sich ergehen lassen.
Die Exponate im Museum sind aus Originalbeständen zusammengetragen worden. So erlebt der Besucher nicht nur die schikanöse Kontrolle der Reisenden, sondern kann auch einen Blick hinter die Kulissen werfen, in die Büros der hier tätigen Grenzbeamten.
Ein original erhaltenes Zugabteil lässt die Reise wieder lebendig werden. Durch Ton- und Bilddokumente wird der Eindruck einer Zeitreise verstärkt.
An der Wand ein Bild von Erich Honecker, dessen Regierung maßgeblich für die hier großangelegten Kontrollen und Schikanen verantwortlich war.
Im Kontrollgebäude gab es damals auch einen 20 Meter langen Kontrollgang. Diesem nachempfunden ist ein Gang im Museum, der mit rund einem Dutzend Türen flankiert ist und auf den Besucher beklemmend wirkt. Man weiß nicht, was sich dahinter befindet und hofft, die Tür am Ende des Ganges möglichst schnell zu erreichen, denn dort kann das Gebäude wieder verlassen werden.
Doch nicht nur kontrolliert wurde an der Grenze. Hier befanden sich neben Büros auch die Aufenthaltsräume der Grenzsoldaten, was in einem weiteren Raum thematisiert wird.
Nebenan wird schließlich noch die Grenzsicherung selbst gezeigt, mit ihren Stacheldrahtzäunen und riesigen Scheinwerfern. Auch Geschichten der Flucht, manche geglückt, einige vereitelt, gibt es hier nachzuerleben.
Im Obergeschoss ist eine weitere Ausstellung zu sehen. Sie erzählt die Geschichte des Bahnhofs Probstzella, der sich genau in der Mitte der Bahnstrecke zwischen Berlin und München befindet.
Einen guten Überblick über den Grenzbahnhof bietet schließlich das hier ausgestellte Modell. Darauf ist nicht nur der historische Bahnhof mit seinen Gleisanlagen zu sehen, sondern auch das 2008 abgerissene Grenzkontrollgebäude.
Das Museum DDR-Grenzbahnhof entstand im Herbst 2010 durch Initiative der Geschichtswerkstatt Jena. Die Ausstellung wurde vom Autor und Filmemacher Roman Grafe, Schülern und Lehrern des Heinrich-Böll-Gymnasiums Saalfeld sowie zahlreichen Bürgern aus Probstzella und Ludwigsstadt mitgestaltet. Heute wird das Museum von der Gemeinde Probstzella und vor allem vielen Ehrenamtlichen getragen, die hier die Besucher begrüßen, durch die Ausstellung führen und Fragen beantworten.
Bahnhofstraße (B85) 07330 Probstzella
Mi, Sa, So 13–16 Uhr + Sonderöffnungstage
Eintritt: €4 (2018)
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