Tag des offenen Denkmals 2022 in Sachsen-Anhalt
Der Tag des offenen Denkmals findet jedes Jahr am zweiten Sonntag im September statt. An diesem Tag öffnen viele interessante Bauten, die unter Denkmalschutz stehen, regelmäßig ihre Pforten. Bei manchen Orten hat man nur an diesem Tag die Möglichkeit, sie näher zu betrachten. So habe ich auch die Zeecksche Villa in Rostock kennengelernt. In diesem Jahr war ich in Sachsen-Anhalt unterwegs, genauer gesagt rund um Wörlitz und Oranienbaum, wo ich einige interessante Entdeckungen gemacht habe.
Pagode im Schlosspark Oranienbaum
Mein erster Weg führt mich an diesem Tag nach Oranienbaum. Hier steht eines der drei noch erhaltenen Oranierschlösser in Deutschland. Mein Ziel ist aber heute nicht das Schloss, das ich bereits mehrmals besucht habe, sondern die chinesische Pagode im Schlosspark.
Normalerweise sind Fenster und Türen des ungewöhnlichen Zierbaus fest verschlossen und die Pagode kann nur von außen besichtigt werden. Der Tag des offenen Denkmals bietet jedoch eine der wenigen Möglichkeiten, den Ende des 18. Jahrhunderts von William Chambers für Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau errichteten Bau von innen zu besichtigen.
Schon im Erdgeschoss gibt es tiefe Einblicke hinab in den Keller. Dieser wurde einst als Eiskeller genutzt und war lediglich über eine steile Leiter zugänglich. So hatte die Pagode auch einen praktischen Nutzen.
Der Turm selbst ist auf allen vier Etagen zugänglich. Dazu wurde in der Mitte eine hölzernen Wendeltreppe eingebaut, die sich nach oben verjüngt.
Die einzelnen Etagen haben rundherum Fenster, aus denen man schöne Ausblicke auf den Schlosspark von Oranienbaum hat.
Die Wände sind auf jeder Etage mit Palmen verziert, was den exotischen Eindruck des Gebäudes im Inneren fortsetzen soll, auch wenn die Palmen nach heutiger Sicht eher ungewöhnlich gestaltet sind. Damals haben die meisten Menschen solche tropischen Pflanzen noch nie zuvor zu Gesicht bekommen.
Wenn die Pagode geöffnet ist, kann die Treppe im Inneren immerhin bis zum dritten Stock von den Besuchern erklommen werden. Auch ich mache mich an diesem Tag auf den Weg nach oben.
Nur das letzte Stockwerk ist leider nicht zugänglich, denn durch die Bauform des Turms verjüngt sich dieser nach oben hin sosehr, dass die Wendeltreppe ebenfalls sehr eng wird, zu eng, um sie noch für Besucher zu öffnen.
So bleibt es beim Rundgang auf der dritten Etage, die aber auch schon ungewöhnliche Ausblicke ermöglicht und einen ganz anderen Blick auf den chinesischen Garten im Schlosspark freigibt.
Wer den Schlosspark, wie ich an diesem Tag, durch den Seiteneingang neben der Schule gekommen ist, hat unweigerlich die „Kleine Kirche Oranienbaum” passiert. Errichtet wurde sie zwischen 1751 und 1752 und war ursprünglich als Simultankirche geplant. Mehrmals wurde der Bau in späteren Jahren dem Verfall preisgegeben und fast sogar abgerissen, doch letztendlich fand immer wieder eine Sanierung statt, bis die Kirche um 1920 geschlossen und, aufgrund der damaligen Wohnungsnot, zu einem Wohnhaus umgebaut wurde.
Fürstliche Domäne zu Wörlitz
Nur ein paar Kilometer von Oranienbaum entfernt befindet sich Wörlitz mit seinen berühmten Parkanlagen. Doch auch die sind heute nicht mein Ziel, sondern ein eher unbekannter Bau, der sonst höchstens beim Vorbeifahren auffällt, die fürstliche Domäne Wörlitz.
Die Hofanlage wurde als Vierseitenhof zwischen 1783 und 1787 nach den Entwürfen des fürstlichen Hofarchitekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff errichtet. In ihrer Mitte steht das Verwalterhaus, das inzwischen aber leider nicht mehr würfelförmig ist, sondern in späteren Jahren mit Anbauten versehen wurde.
Das Wohngebäude mit dem markanten Giebel und den Säulen wurde nach der Villa Emo in Norditalien gestaltet, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Gebäude in Wörlitz aufweist.
Auf einer Zeichnung ist zu sehen, wie das Gebäudeensemble einst ausgesehen hat. In der Mitte das Wohnhaus, verbunden durch kleine Seitengänge mit den Nebengebäuden, von denen heute fast nichts mehr erhalten ist.
Im Inneren haben die Restaurierungsarbeiten erst begonnen, denn das Haus wurde von 1952 bis 2015 als städtischer Kindergarten genutzt. In dieser Zeit fanden zwar viele Umbauten statt, aber zumindest einige historische Elemente sind erhaltengeblieben.
Dazu zählt das prächtige Treppenhaus, das im Herzen des Gebäudes die einzelnen Etagen miteinander verbindet. Inzwischen wurde es aufwendig restauriert und erstrahlt wieder in altem Glanz, ganz so wie Architekt Erdmannsdorff sich das vorgestellt hat.
In den Wohnräumen im Erdgeschoss fanden in der Zwischenzeit auch einige Arbeiten statt. So wurden wieder Fenster nach historischem Vorbild eingebaut und der mit Unmengen an Putz zugeschmierte Stuck freigelegt. Dazu fanden Nachforschungen statt, in welchen Farben die Wände gestrichen waren, denn auch das soll wieder originalgetreu passieren.
Nicht aus dem Haus stammt allerdings dieser Kaminsims. Das Original ist über die Zeit längst verloren gegangen. Doch ein glücklicher Zufall brachte dieses Exemplar nach Wörlitz, das sich perfekt in die Ecke einpasst, als sei der Sims für diesen Kamin angefertigt worden.
Die Restaurierung des Hauses wird übrigens von zwei Privatleuten getragen, die das Gebäude vor einigen Jahren erwarben. Für die Führung zeigt sich dagegen der Verein „Freunde der fürstlichen Domäne zu Wörlitz” verantwortlich, der später auch einige der Räume nutzen möchte.
Im Garten kann man auch noch die Reste der Nebengebäude erkennen, die nach 1945 abgerissen wurden. Nur einige Fundamente sind bis heute erhalten geblieben.
Andere Gebäude des Vierseitenhofs gibt es noch immer, doch wurden sie nach dem Krieg zu Wohnungen umgebaut oder inzwischen ebenfalls dem Verfall überlassen und können so nicht aus der Nähe besichtigt werden.
Wagenremise Wörlitz
Eigentlich geöffnet sein sollte auch die ehemalige Wagenremise. Das kleine Gebäude gegenüber der fürstlichen Domäne wurde 1795 im niederländischen Barockstil durch Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff für Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau erbaut. Warum hier niemand ist und man das Haus nur von außen besichtigen kann, erschließt sich mir nicht, aber zumindest das ist möglich.
Erbaut wurde das kleine Gebäude als Markierung des Ortseingangs von Wörlitz und erst um 1800 wurde der Friedhof auf das Areal hinter dem Gebäude verlegt und ein fast baugleiches Haus als Wohnung für den Friedhofswächter errichtet. Die Wagenremise wurde in späterer Zeit auch als Leichenhalle genutzt.
Hofgestüt Bleesern
Mein letzter Stopp an diesem Tag befindet sich ein paar Dörfer weiter in Seegrehna. Hier steht das älteste noch existierende Gestüt Deutschlands, das Hofgestüt Bleesern. Schon im 15. Jahrhundert kann hier ein Gestüt nachgewiesen werden, die heutige Vierseitenanlage wurde um 1686 errichtet, wie auch eine Jahreszahl über einem Toreingang beweist.
Erbaut wurde die Anlage als kurfürstlich-sächsisches Hofgestüt und das blieb auch bis 1722 so. Danach wurde es Pferde-Zuchtstation des Amtes Wittenberg und ab 1816 königlich-preußische Domäne. Erst 1946 wurde das Gestüt im Rahmen der Bodenreform aufgeteilt, teilweise aber weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Für die Gemäuer begannen allerdings turbulente Zeiten und in den 2000er Jahren war sogar geplant, einen Teil der historischen Anlage abzureißen.
Heute sind viele Gebäude der barocken Anlage noch immer in einem erbärmlichen Zustand, doch nach dem verhinderten Abriss hat sich auch etwas getan. Bereits seit 2012 ist der Förderverein Hofgestüt Bleesern e. V. Eigentümer des Ost- und des Südflügels und hat damit begonnen, die alten Gebäude vor dem weiteren Verfall zu bewahren.
Auch der vordere Gebäudekomplex an der Zufahrt soll eines Tages wieder ein Dach bekommen. Das wurde übrigens erst in den 2000er Jahren zerstört, als ein vorheriger Investor hier eine Putenzucht einrichten wollte und nach dem Scheitern des Vorhabens das Dach einriss. Erhalten geblieben sind aber die barocken Zugänge und ovalen Fenster, die ganz deutlich auf den sächsischen Baumeister Wolf Caspar von Klengel hinweisen.
Doch nicht nur die Gebäude selbst, sondern auch das Land hat viel Geschichte zu erzählen. So verweilte hier 1547 der deutsche Kaiser Karl V. und nach dem Schmalkaldischen Krieg wurde hier der Herrschaftswechsel von der ernestinischen zur albertinischen Linie der Wettiner vollzogen. Auch andere gekrönte Häupter hielten sich in den folgenden Jahrhunderten regelmäßig in Bleesern auf, einer der Bekanntesten war August der Starke von Sachsen.
Nicht nur außen, sondern auch im Inneren der Gebäude tut sich etwas, seitdem sich der Verein um die Anlage kümmert. So wurde viel Zeit und Arbeit in den Erhalt des historischen Dachstuhls gesteckt. Einige Hölzer konnten durch Untersuchungen auf die Bauzeit zurückdatiert werden.
Allerdings sind an einigen Stellen auch noch immer die Umbauten zu sehen, die vor allem in der DDR-Zeit vorgenommen wurden. Damals richtete man in Teilen der historischen Stallungen Wohnungen ein. Aus dieser Zeit stammt auch dieser kleine Vorbau.
Drinnen sind noch immer einige der eingezogenen Wände zu sehen. Irgendwie erscheint das recht bedrückend und man kann sich gar nicht richtig vorstellen, dass hier lange Zeit Menschen gewohnt haben. Die Räume müssen sehr dunkel gewesen sein und auch die sanitären Einrichtungen nicht besonders komfortabel.
In einem anderen Teil der Anlage war dagegen sogar ein altes Hoftor erhalten. Das ist aber momentan ausgehängt und wird aufwendig restauriert, bevor es eines Tages wieder an seinen angestammten Platz zurückkehren soll.
In Zukunft soll aus der Anlage einmal ein Kultur- und Veranstaltungszentrum werden. Wann das allerdings eröffnet werden kann, das steht noch nicht fest. Erstmal liegt noch viel Arbeit vor dem Verein, doch Mittel können immer wieder angeworben werden und inzwischen ist nicht nur die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Bleesern aktiv, auch der Bund und das Land Sachsen-Anhalt werden in den Erhalt dieser einmaligen Anlage eingebunden.
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