Schlösser und Herrenhäuser zwischen Jessen und Prettin, Sachsen-Anhalt
Ein kleiner Ausflug am Himmelfahrtswochenende 2023 hat mich zu Schlössern und Herrenhäusern im äußersten Osten von Sachsen-Anhalt geführt. Hier habe ich wieder einige interessante Exemplare entdeckt, die inzwischen größtenteils einer neuen Nutzung zugeführt wurden.
Wasserschloss Hemsendorf
Das Wasserschloss Hemsendorf befindet sich im gleichnamigen Dorf, das heute ein Ortsteil von Jessen im Landkreis Wittenberg ist. Ursprünglich befand sich hier, in der Nähe der Schwarzen Elster, eine Wasserburg, die 1380 erstmalig erwähnt wurde. Das Anwesen hatte viele Besitzer und ab 1702 reihte sich die Familie von Röbel in diese Folge ein. Christian Dietrich von Röbel, der polnischer und kursächsischer General der Infanterie war, ließ das heutige Schloss errichten.
Der Schlossbau wurde aus Backstein errichtet und besteht aus einer zweigeschossigen, vierflügeligen Anlage. Ein unregelmäßig oktonaler und fünfgeschossiger Turm überragt das Gebäude an seiner Südostseite. Der Zugang erfolgt heute über eine steinerne Brücke, wo sich einst wahrscheinlich eine Zugbrücke befunden hat.
Das Schloss gehört zu den Herrschaftssitzen, die auch in der Sammlung von Alexander Duncker zu finden sind. Schön zu sehen ist hier, dass sich das Schloss seitdem nur wenig verändert hat.

Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preussischen Monarchie / Duncker, Alexander (Public Domain)
Nach der Enteignung des letzten Besitzers im Jahr 1945 wurde das Schloss als Kindergarten, Konsum und auch als Wohnraum genutzt. Nach der Wende verfiel es zunächst, bis es 2003 von der Familie Köhler erworben wurde, die das Anwesen bewohnt und seitdem schrittweise saniert.
Hinter dem Schloss fließt nur heute die Schwarze Elster und Seitenarme des Flusses reichen bis an das Schlossgebäude heran.
Umgeben ist Schloss Hemsendorf von einem Schlosspark, der heute aber nur noch teilweise erhalten ist, da nach der Enteignung einige Flächen aufgesiedelt wurden. Im Gegensatz zum Schloss ist der Park frei zugänglich.
Angelegt wurde der Park im Stil eines englischen Landschaftsgartens vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts durch den damaligen Eigentümer Rittmeister Otto Peter Ludwig Ferdinand von Itzenplitz.
Schloss Jessen
Nur wenige Kilometer weiter entdecke ich das Schloss Jessen. Auf dem Gelände befand sich bereits im 13. Jahrhundert zunächst eine Turmhügelburg, die immer weiter ausgebaut wurde. Das heutige Schloss wurde im 18. Jahrhundert erbaut.
Im 19. Jahrhundert fanden nochmals größere Umbaumaßnahmen statt, bei denen der Nordflügel aufgestockt und ein achteckiger Turm angefügt wurden.
In die Geschichte ging das kleine Schloss während der Befreiungskriege ein, als die Generäle Blücher, Yorck und Tauentzien Schloss Jessen als Hauptquartier nutzten. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das einst herrschaftliche Gebäude allerdings zu einer Tuchfabrik umfunktioniert und seit 1999 hat hier die Stadtverwaltung von Jessen ihren Sitz.
Schloss Annaburg
Weiter geht es in das Städtchen Annaburg, in dem ein gar mächtiges Schloss thront. Von der Straße ist zunächst nur das Vorschloss zu sehen, durch dessen Torbogen ich erst in den Innenhof gelange. So, nur filigraner, hat sich August der Starke wohl einst auch den Dresdner Zwinger vorgestellt, denn das, was fertiggestellt wurde, ist ja auch größtenteils das Vorschloss. Und die Verbindung zu den Sachsen ist gar nicht so verkehrt, denn Schloss Annaburg wurde einst als Jagdschloss für die sächsischen Kurfürsten erbaut.
Kurfürst Friedrich III. von Sachsen war es, der das Schloss Annaburg ab 1500 auf den Grundmauern eines älteren Gebäudes errichten ließ. Damals hieß das Schloss noch Lochau und war eine Ergänzung zum kurfürstlichen Sitz in Torgau, dem Schloss Hartenfels. Kurfürst August I. von Sachsen ließ das Schloss jedoch 1571 bereits wieder abreißen, um von 1572 bis 1575 einen neuen Bau errichten zu lassen, der als Residenz, Jagdschloss sowie Witwensitz für seine Frau Anna dienen sollte. Dieser Bau ist auch heute noch erhalten und gilt als eines der Hauptwerke der sächsischen Renaissance.
Vom Innenhof habe ich dann einen Blick auf das Hinterschloss, den prächtigsten Bau des Ensembles, das auch noch einige Nebengebäude umfasst. Hier residierte einst Kurfürstin Anna von Sachsen, eine ursprüngliche Prinzessin von Dänemark.
Die herrschaftliche Nutzung endete jedoch im 18. Jahrhundert, denn von 1762 bis 1921 wurde das Schloss als Militärschule für Waisenknaben genutzt, zunächst noch vom sächsischen und ab 1815 vom preußischen Militär.
Heute befinden sich im gesamten Vorderschloss Wohnungen, während ein Großteil des prächtigen Hinterschlosses leer steht. Bei meinem Besuch war sogar das Museum, dessen Zugang sich in diesem Turm befindet, geschlossen. So kann man das Schloss derzeit zwar von außen besichtigen, ein Blick in das Innere bleibt dem Besucher allerdings verwehrt.
Schloss Lichtenburg
Nur wenige Kilometer weiter befindet sich ein weiteres Renaissanceschloss der sächsischen Kurfürsten, das Schloss Lichtenburg. Errichtet wurde es auf den Grundmauern eines früheren Klosters und auch hier zeigt sich August I. für den Bau verantwortlich, der die Lichtenburg auf Wunsch seiner Frau, der Kurfürstin Anna, in Auftrag gab. Der Bau war 1582 weitgehend abgeschlossen und als Residenzschloss für das Kurfürstenpaar gedacht. Dazu kam es jedoch nicht mehr, denn Anna verstarb 1585 und ihr Mann ein Jahr später.
Bis 1717 wurde Schloss Lichtenburg anschließend als Witwensitz der sächsischen Kurfürstinnen genutzt. Sowohl Kurfürstin Hedwig als auch Kurfürstin Anna Sophie, die Mutter August des Starken, lebten hier viele Jahre. Nach ihrem Tod wurde das Schloss bis 1800 als Kammergut der Kurfürsten genutzt.
Das änderte sich jedoch im 19. Jahrhundert maßgeblich, denn mit der Gründung des Königreichs Sachsen im Jahr 1806, musste dieses dem Rheinbund beitreten. Napoleon Bonaparte persönlich verlangte von den Sachsen den Bau einer Festung und es wurde sich hier für Schloss Hartenfels entschieden, das seit 1771 als Gefängnis genutzt wurde. Die Gefangenen mussten nun verlegt werden und kamen auf die Lichtenburg. Als Folge des Wiener Kongresses gelangte die Lichtenburg zwar wenige Jahre später unter preußische Verwaltung, wurde jedoch weiterhin als Zuchthaus genutzt. Erst 1928 wurde das Gefängnis geräumt und für einige Jahre sich selbst überlassen, bevor die Nationalsozialisten einzogen. Nach dem Krieg wurden zunächst Flüchtlinge einquartiert und später ein Lehrlingswohnheim. Seit 1965 gibt es im ehemaligen Bunker des Konzentrationslagers die „Mahn- und Gedenkstätte Lichtenburg” sowie seit 1974 ein kleines Museum von Prettin. Der Rest des Schlosses steht leer und ist teilweise in einem schlechten Zustand. Eine Sanierung läuft allerdings.
Schräg gegenüber habe ich noch dieses schlichte Haus mit dem interessanten Turm entdeckt, zu dem ich aber bisher keine Informationen gefunden habe.
Schloss Pretzsch
Um zu meinem letzten Schloss dieser kleinen Rundfahrt zu kommen, muss ich zunächst die Elbe überqueren. Da es an dieser Stelle keine Brücke gibt, bietet sich hier die Elbfähre Pretzsch an, von der ich auch schon einen ersten Blick auf mein nächstes Ziel erhaschen kann.
Schloss Pretzsch steht auf einem Flecken Land, der schon 981 als Burgstelle genutzt wurde. Das heutige Schloss wurde zwischen 1571 und 1574 als Renaissanceschloss erbaut, um 1700 aber stark verändert und dem Dresdner Barock angepasst. Das geschah größtenteils als Kurfürstin Christiane Eberhardine, die Frau August des Starken, hier bis 1727 residierte.
Später diente das Schloss als Wohnung für den damaligen Oberforst- und Wildmeister und von 1829 bis 1923 wurde Schloss Pretzsch als Mädchenwaisenhaus genutzt. Anschließend gab es verschiedene Nutzungen bis 1947 ein Kinderheim in die Schlossmauern einzog und als Kinder- und Jugendheim werden Teile der Anlage noch heute genutzt.
Einige der zahlreichen historischen Nebengebäude, die teilweise noch unsaniert sind, werden als Wohnraum genutzt, andere zu Veranstaltungsorten ausgebaut. Der ehemalige Schlosspark wird heute als Teil des Kurparks genutzt.
Damit endet dieser kleine Ausflug nach Sachsen-Anhalt. In der Region habe ich aber bereits viele weitere Schlösser und Herrenhäuser besucht. Einige der Artikel habe ich hier auch verlinkt.
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