Land of the White Nights – Finnland im Sommer

Tag 8: Diens­tag, 13. Juli 2021
End­spurt – Hel­sin­ki nach Ber­lin – Teil 2

“We take pho­tos as a return ticket to a moment other­wi­se gone.” – Katie Thurmes

Lang­sam wird mir rich­tig warm. Noch immer lau­fe ich über zahl­rei­che Trep­pen und Hügel am süd­li­chen Ende der Festung. Der Rund­weg lässt sich schlecht abkür­zen, sodass ich ihn wohl oder übel zu Ende lau­fen muss, auch wenn mir inzwi­schen die Zeit im Nacken sitzt.

Ganz las­se ich mir die Freu­de an der Besich­ti­gung aber doch nicht ver­der­ben und hal­te immer mal wie­der für ein Foto an. So viel Zeit muss schon noch sein.

Zuletzt kom­me ich noch zu jenem Teil der Basti­on, auf dem jedes Jahr am 12. Mai die fin­ni­sche Fah­ne gehisst wird, die dann hier bis Ende Okto­ber weht. Der 12. Mai 1918 war jener Tag, an dem die fin­ni­sche Fah­ne zum ersten Mal von einem unab­hän­gi­gen Finn­land auf Suo­men­lin­na gehisst wur­de. Auch den Namen Suo­men­lin­na (Fin­nen­fe­stung) erhielt die Festung erst zu jener Zeit, denn unter schwe­di­sche Herr­schaft hieß sie Svea­borg, was so viel wie Schwe­den­burg bedeutet.

In die­sem Teil der Basti­on befin­det sich auch das Königs­tor, das Wahr­zei­chen von Suo­men­lin­na, das ursprüng­lich der Haupt­ein­gang zur Festung war.

So lang­sam wird die Zeit aber wirk­lich knapp und ich muss zuse­hen, dass ich wie­der zum Anle­ger der Fäh­re kom­me. Das sind von hier immer­hin rund ein­ein­halb Kilo­me­ter und dabei muss ich ein­mal quer durch die gan­ze Festung. Auf dem Weg kom­men mir bei die­sem schö­nen Som­mer­wet­ter jetzt auch gan­ze Heer­scha­ren von Men­schen ent­ge­gen. Da bin ich froh, so früh am Mor­gen hier gewe­sen zu sein. So konn­te ich die Festung noch rela­tiv allein genießen.

Am Anle­ger habe ich dann Glück, denn nur weni­ge Minu­ten nach mei­ner Ankunft soll schon die näch­ste Fäh­re zurück in die Stadt fah­ren. Als ich war­te, sehe ich sie kom­men, voll bela­den mit wei­te­ren Besu­chern, die auf die Insel strömen.

Mei­ne Fäh­re zurück in die Stadt ist dage­gen rela­tiv leer. Gegen Mit­tag wol­len die mei­sten Leu­te noch nicht zurück. Und so kann ich sehr schön über das Schiff lau­fen und die Aus­sicht nach allen Sei­ten genießen.

Wie­der zurück in der Stadt stel­le ich fest, dass die Rück­fahrt doch nicht so lan­ge gedau­ert hat wie gedacht und so kann ich nun recht gemüt­lich zurück zum Hotel lau­fen. Ein letz­tes Mal kom­me ich so auch am Dom vor­bei, der auf dem direk­ten Weg zum Hil­ton Hotel liegt.

Wie­der ist das Licht jetzt anders und die schnee­wei­ße Kir­che mit den grü­nen Kup­peln wird inzwi­schen von ihrer abso­lu­ten Sah­ne­sei­te angestrahlt.

Für wei­te­re Abste­cher bleibt jetzt aber kei­ne Zeit mehr, denn ich muss mein Hotel­zim­mer räu­men. Das ist dann auch recht zügig erle­digt und mein Gepäck im Auto ver­la­den. Eigent­lich will ich jetzt nur noch zum Flug­ha­fen fah­ren, aber zu früh brau­che ich da auch nicht ein­zu­tru­deln, zumal die Finn­air Loun­ges sowie­so noch alle geschlos­sen sind. So kom­me ich auf die Idee noch einen Abste­cher nach Seu­ra­saa­ri zu machen, den ich eigent­lich schon zu Beginn der Rei­se geplant hatte.

Seu­ra­saa­ri ist eine zu Hel­sin­ki gehö­ren­de Insel, die durch eine zwei­hun­dert Meter lan­ge Brücke mit dem Fest­land ver­bun­den ist. Die unbe­wohn­te Insel dient heu­te als Nah­erho­lungs­ge­biet und Frei­licht­mu­se­um. Sie ist beson­ders im Som­mer ein belieb­tes Ziel für Ein­hei­mi­sche und Besu­cher. Zum Muse­um gehö­ren heu­te 87 Gebäu­de aus dem 17. bis 20. Jahr­hun­dert, wel­che die Tra­di­tio­nen aus den ver­schie­den­sten Tei­len Finn­lands reprä­sen­tie­ren. Wäh­rend die Insel frei zugäng­lich ist, braucht es zum Besich­ti­gen der Gebäu­de eine Ein­tritts­kar­te. Die kann ich aber ein­mal mehr mit mei­ner Muse­um Card erwerben.

Mir ist schon beim Los­ge­hen klar, dass ich wohl nicht schaf­fen wer­de, mir die gan­ze Insel anzu­schau­en. So viel Zeit bleibt mir ein­fach nicht mehr. Aber ich will ein­fach mal schau­en, wie weit ich noch kom­me. Zumin­dest ein paar der alten Gebäu­de soll­te ich schon noch anschau­en können.

Mein erster Stopp ist die Ivars Farm aus När­piö, die bereits 1764 erbaut wur­de. Zur Farm gehör­te auch die­ses Tor­haus, durch das heu­te der Zugang zum Innen­hof erfolgt, der einst von Gebäu­den umge­ben war.

Das Wohn­haus ist ein typi­sches Bei­spiel für ein Anwe­sen einer wohl­ha­ben­den Fami­lie jener Zeit und die Raum­auf­tei­lung ent­spricht der von Häu­sern, die ab 1730 errich­tet wur­den. Nicht ori­gi­nal ist aller­dings der über­dach­te Ein­gangs­be­reich. Der wur­de erst in den 1820er Jah­ren ange­baut, nach­dem das Haus zu einem Gast­hof umge­baut wur­de, in dem auch Zar Alex­an­der I. stopp­te, als er 1819 nach Finn­land kam.

Im Haus sind typi­sche Räu­me jener Zeit wie eine Küche, ein Wohn­zim­mer und auch ein Schlaf­zim­mer mit ent­spre­chen­der Ein­rich­tung zu sehen.

Als Näch­stes ent­decke ich die­se klei­ne Hüt­te. Vor jedem Gebäu­de steht ein Schild, dass kurz den Zweck und die Her­kunft des Gebäu­des erklärt. Wei­ter­füh­ren­de Infor­ma­tio­nen kann ich mei­ner Bro­schü­re ent­neh­men, die ich am Ein­gang erhal­ten habe. So han­delt es sich hier­bei um eine Art Feld­hüt­te, in der über­nach­tet wur­de, wenn man auf abge­le­ge­nen Wei­den nach dem Vieh gese­hen hat.

Gleich neben­an steht hier ein Pfarr­haus. Gebäu­de wie die­ses waren einst das Zen­trum einer Sied­lung und in ihren Gär­ten wuch­sen nütz­li­che Pflan­zen. Ein Teil die­ses Hau­ses ist auch heu­te noch ein­ge­rich­tet, ein ande­rer wird als Shop und Infor­ma­ti­ons­punkt genutzt.

Eines der präch­tig­sten Häu­ser auf der Insel ist das Kahi­luo­to Her­ren­haus. Das Gut, von dem die­ses Haus stammt, war vie­le Jahr­hun­der­te in Fami­li­en­be­sitz und das Haupt­haus wur­de um 1790 für Agneta Eleo­no­ra de la Myle im Stil des Rok­ko­ko erbaut.

Die Innen­aus­stat­tung ist aller­dings nicht ori­gi­nal, son­dern aus der dama­li­gen Zeit und wur­de aus ver­schie­de­nen Her­ren­häu­sern zusammengetragen.

Das Haupt­haus hat zwei Ein­gän­ge, was sehr sel­ten war zu jener Zeit, und der Mit­tel­teil zwei Stock­wer­ke, wäh­rend die Sei­ten nur ein Erd­ge­schoss besit­zen. Ins­ge­samt gibt zwölf Zim­mer sowie eine Küche im Haus.

Nach­dem ich kurz mit einer der Mit­ar­bei­te­rin­nen gespro­chen habe, die die Tickets kon­trol­liert, darf ich das Haus, wie übri­gens alle Häu­ser auf der Insel, auf eige­ne Faust besich­ti­gen. Aller­dings ste­hen die Damen hier gern für Fra­gen zur Ver­fü­gung und haben wirk­lich ein enor­mes Wis­sen über das Haus und die Ein­rich­tung, sodass es Spaß macht, sich zu unterhalten.

Beson­ders beein­druckend ist die­se Tape­te in einem der for­mel­len Emp­fangs­räu­me. Die Säu­len und alle Ver­zie­run­gen sind hand­ge­malt und wur­den dann in müh­sa­mer Klein­ar­beit an die Wän­de aufgebracht.

Ganz zuletzt wer­fe ich noch einen Blick in die enor­me Küche mit dem rie­si­gen Ofen.

Als ich auf die Uhr schaue, bekom­me ich einen Schreck. Ich habe mich hier doch etwas ver­quatscht, aber den Geschich­ten zuzu­hö­ren war doch sehr inter­es­sant. Nun bleibt aber nicht mehr die Zeit, bis zum Ende der Insel zu lau­fen. Ich muss wohl oder übel umkeh­ren. Auf dem Rück­weg lege ich noch einen kur­zen Stopp an der Karu­na Kir­che ein.

Das Got­tes­haus ist das älte­ste Gebäu­de auf der Insel und wur­de bereits 1685 bis 1686 erbaut. Im Jahr 1912 kam die klei­ne Kir­che schließ­lich hier­her auf die Insel. Erbaut wur­de sie einst für Baron Arvid Horn, dem auch das Karu­na Her­ren­haus gehör­te. Das heu­ti­ge Spitz­dach erhielt sie aber erst bei einem Umbau rund ein­hun­dert Jah­re später.

Im Inne­ren der Kir­che hän­gen elf Ölge­mäl­de mit christ­li­chen Sze­nen. Anson­sten ist das Kir­chen­schiff eher schlicht gehalten.

Auf­fäl­lig sind aller­dings die­se Ker­zen­hal­ter, von denen man nicht weiß, woher sie kom­men und wer sie kon­stru­iert hat.

An der Empo­re sind die Bil­der von Jesus und sei­nen Apo­steln zu finden.

Neben der Kir­che steht, wie in nor­di­schen Län­dern öfter zu fin­den, der Glocken­turm. Die­ser wur­de 1767 vom Bau­mei­ster Anders Wahl­berg errich­tet, der auch für den Umbau der Kir­che ver­ant­wort­lich war.

Kurz hal­te ich noch für ein Foto an die­ser Wind­müh­le, bevor ich end­gül­tig zur Brücke laufe.

Mehr von der Insel schaf­fe ich dann aber doch nicht mehr anzu­schau­en. Das muss dann wohl auch auf einen wei­te­ren Besuch war­ten. Ich muss mich doch etwas spu­ten, damit ich mei­nen Flug nach Ber­lin auch erwische.

Die Fahrt zum Flug­ha­fen ver­läuft dann völ­lig unkom­pli­ziert und auch die Auto­ab­ga­be klappt ohne Pro­ble­me. Vom Park­haus sind es nur noch weni­ge Meter bis zum Ter­mi­nal, wo ich mein Gepäck abge­be und am Schal­ter kurz mei­nen Impf­nach­weis vor­zei­gen muss, bevor man mir mei­ne Bord­kar­te aus­hän­digt. Dann pas­sie­re ich auch schon die Sicher­heits­kon­trol­le und ste­he schon im Ter­mi­nal. Ich habe noch etwas Zeit bis zum Boar­ding und da die Finn­air Loun­ges geschlos­sen haben, beschlie­ße ich, mir in einem der Restau­rants etwas zu Essen zu kaufen.

Der Fisch ist dann auch sehr lecker und so gehe ich recht gesät­tigt zu mei­nem Gate, wo das Flug­zeug bereits auf mich war­tet. Den Rück­flug habe ich in der Eco­no­my Light gebucht, da ich bei­de neu­en Light Tari­fe von Finn­air gern pro­bie­ren wollte.

Der Rück­flug ver­läuft dann ohne wei­te­re Vor­komm­nis­se und so set­ze ich am Abend wie­der auf dem neu­en Flug­ha­fen von Ber­lin auf. Eine schö­ne Rei­se ist damit zu Ende, mei­ne erste nach Finn­land und von die­sem neu­en Flug­ha­fen, der ab sofort mein neu­er Hei­mat­flug­ha­fen sein wird.

Kilo­me­ter: 27
Wet­ter: hei­ter, 29 Grad

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