Tag 6: Mittwoch, 04.04.2018
Auf Spurensuche – New Bern nach Virginia Beach
„The airplane stays up because it doesn’t have the time to fall.” – Orwille Wright
Heute soll es wieder ein ganzes Stück nach Norden gehen, hinaus aus North Carolina und zurück nach Virginia. Hauptgrund ist die Übernachtung, die ich für heute gebucht habe, denn während ich andere Hotels einfach storniert habe, wollte ich dieses Hotel doch unbedingt besuchen. Aber soweit sind wir noch nicht, denn erst einmal schaue ich aus dem Fenster, um zu schauen, wie das Wetter heute ist. Hmmmm, dicke Wolken sind zu sehen und es nieselt sogar etwas, der tolle Sonnenschein von gestern hat sich leider nicht gehalten. So gehe ich nun in Ruhe frühstücken, bevor ich meine Sachen packe.
Durch die Küstengebiete von North Carolina führt mich der Weg nach Bath. Bath ist die älteste Stadt in North Carolina und wurde 1705 vom britischen Entdecker John Lawson gegründet. Einige Zeit später entwickelte sich hier auch der erste bedeutende Hafen, der nicht nur für Handelsschiffe, sondern auch den berühmten Piraten Blackbeard Anlaufpunkt war, da dieser unter dem besonderen Schutz des Statthalters Charles Eden stand.
Ich habe vor, mir den historischen Bereich der Kleinstadt anzusehen, und fahre deshalb zuerst zum Visitor Center. Vor dessen Tür steht nicht nur diese Krabbe, sondern es sind auch zwei große Tafeln mit der Geschichte der Stadt zu finden.
Mit einem Stadtplan in der Hand komme ich wieder zurück zum Parkplatz, neben dem sich gleich das erste historische Haus befindet. Das Van Der Veer House wurde um 1790 vermutlich von Ephraim Whitmore erbaut. Sein bekanntester Eigentümer aber war Jacob van der Veer, der Gründer der Bank of Washington, der das Haus 1824 kaufte.
Nur eine Straße weiter erreiche ich das John F. Tompkins House. Tompkins war Farmer und Herausgeber des „Farmers Journal” und Ehemann von Caroline Bonner, der Schwester des wohl bekanntesten Einwohners von Bath.
Zum Bonner House komme ich dann als Nächstes. Erbaut wurde es für im Jahr 1830 für Joseph Bonner, der ein wohlhabender Handelsmann und Farmer war. Das Grundstück ist wohl eines der schönsten im ganzen Ort und hat einen wunderbaren Blick auf das Wasser. Das Haus wiederum ist eines der am besten erhaltenen Exemplare der sogenannten Carolina Architecture aus dem 19. Jahrhundert.
Als Letztes schaue ich mir noch das Palmer-Marsh House an. Dieses Haus ist wohl das geschichtlich bedeutendste Gebäude von Bath. Noch zu Zeiten der britischen Krone wurde es Lt. Colonel Robert Palmer erbaut, der mit seiner Familie nach Bath kam, um hier einen bedeutenden Posten bei der Zollverwaltung des Hafens einzunehmen. Wie auch das Bonner House, kann es eigentlich besichtigt werden, was ich gerne getan hätte. Nur leider ist noch Vorsaison und der Staat North Carolina hat nicht genug Personal, sodass bei meinem Besuch nirgendwo geöffnet war.
Auf dem weiteren Weg muss ich nun eine Entscheidung fällen, entweder ich bleibe weiter auf dem Festland oder ich mache noch einen kurzen Schlenker auf die Outer Banks. Nach kurzer Überlegung wähle ich letzteres und fahre so über eine der Brücken, die mich auf die vorgelagerten Inseln bringt. Mein erster Stopp ist hier Roanoke Island.
Gleich nach der Fahrt auf die Insel erreiche ich die Fort Raleigh National Historic Site. Fort Raleigh war im Jahr 1587 die erste englische Siedlung in der Neuen Welt und ist heute auch als die „Lost Colony”, die verlorene Kolonie, bekannt. Noch heute ist das Schicksal der Kolonisten ein Rätsel. 1590 verspäteten sich zunächst die Versorgungsschiffe aus England und als diese endlich ankamen, war die Siedlung verlassen und kein Anzeichen auf ihre Bewohner zu finden.
Im Besucherzentrum wird die Zeit, aus der die Siedler stammten wieder lebendig gemacht. Dokumente und Exponate berichten von der Besiedlung Amerikas.
Am beeindruckendsten ist wohl der komplette Raum aus der Tudor Zeit, eben jener Epoche in der Königin Elizabeth I. und Sir Walter Raleigh lebten. Die Wandvertäfelungen kamen jedoch nicht zu jener Zeit hierher, sondern erst viele Jahrhunderte später. Der berühmte Zeitungsmagnat William Randolph Hearst kaufte auch dieses Zimmer, wie viele andere Kunstschätze, um es in seinem Hearst Castle in Kalifornien wieder aufzubauen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen und so landete dieses herrschaftliche Zimmer in den 1960er Jahren hier auf Roanoke Island.
An der Wand zu finden sind dann auch zwei Gemälde, eines von Königin Elizabeth I., die die Besiedlung der Neuen Welt in Auftrag gab, und eines von Sir Walter Raleigh, der diese erste Kolonie hier auf Roanoke Island gründete. Raleigh zu Ehren wurde übrigens auch die Hauptstadt von North Carolina nach ihm benannt.
Doch nicht nur im Visitor Center gibt es einiges zu entdecken. Über einen kleinen Waldweg komme ich zu der Stelle, an der die Siedler, auf Geheiß von Sir Walter Raleigh, das erste Fort in der Neuen Welt errichteten.
Daran erinnert dieser Gedenkstein genauso, wie an die Geburt von Virginia Dare am 18. August 1587. Sie war das erste englische Kind, das jemals in Amerika geboren wurde.
Das kleine Fort sieht heute gut erhalten aus. Das ist es jedoch nur, weil es nach Ausgrabungsarbeiten in den 1950er Jahren restauriert und wieder aufgebaut wurde. Viel ist trotzdem nicht zu sehen. Ein paar Erdwälle und Holzpfosten sind alles, was als Zeugnis von jener ersten Besiedlung übrig blieb. Spannend ist vielmehr der Gedanke, dass man gerade auf demselben Boden steht, wie diese Menschen, ohne die die amerikanische Besiedlung vielleicht ganz anders verlaufen wäre.
Nur wenige Meilen sind es nur zu fahren bis zum Hauptort auf Roanoke Island, dem kleinen Städtchen Manteo. Was ich so nicht erwartet hatte, hier ist richtig was los, sogar so viel, dass ich Mühe habe einen Parkplatz zu finde. Nach ein wenig suchen habe ich jedoch Glück und kann sogar direkt am Hafen eine Parklücke ergattern.
Manteo ist richtig hübsch, zumindest der kleine historische Stadtkern, der liebevoll renoviert wurde. Hier gibt es viele kleine Geschäfte und Cafés. Und bei dem recht milden Wetter sitzen viele Menschen draußen. Der weitere Weg führt mich zum Hafen, wo ich als Erstes den Manteo Weather Tower entdecke, dessen Fahne immer das aktuelle Wetter zeigt.
Mein Ziel ist das Roanoke Marshes Lighthouse, das zwar kein Original mehr ist, aber trotzdem sehr hübsch anzusehen. Erreicht werden kann es über einen kleinen Steg.
Eigentlich gab es drei Leuchttürme mit diesem Namen. Der erste Turm wurde 1831 errichtet, aber schon acht Jahre später verlassen. Im Jahr 1857 wurde ein neuer Leuchtturm gebaut, der dann bis 1872 im Einsatz war, bevor das Gebäude aufgrund des sumpfigen Untergrundes nicht mehr repariert werden konnte. Der dritte Leuchtturm wurde schließlich 1877 gebaut und versah für mehr als 60 Jahre seinen Dienst, bevor er in den 1950er Jahren außer Betrieb gesetzt und verkauft wurde. Leider wurde der Turm beim Versuch zerstört, das Gebäude auf ein anderes Grundstück zu versetzen. So kommt es, dass es eigentlich keinen Leuchtturm mehr gab, bis 1999. Anlässlich der Planung des 100. Stadtjubiläums von Manteo kam man auf die Idee, den Turm nachzubauen. Das gelang auch und so konnte der kleine Leuchtturm 2004 wiedereröffnet werden.
Im Inneren gibt es heute eine Ausstellung zum traditionellen Bootsbau in Manteo und Umgebung, da der Leuchtturm vom Maritime Museum verwaltet wird.
Eine schmale Eisentreppe führt auch in den Turm hinauf. Diese ist aber für Besucher geschlossen.
Auch wenn das Museum im Turm geschlossen ist, kann der kleine Leuchtturm besucht werden. Auf der Plattform, die ihn umgibt, sind sogar Picknicktische aufgestellt worden.
Auf meinem Weg zurück zum Festland, entdecke ich ein historisches Schiff, das an einem Pier vertäut ist. Es die Elizabeth II., die ein Nachbau der Schiffe ist, die 1584 und 1587 von England nach North Carolina geschickt wurden. Zu jener Zeit versuchte Königin Elizabeth I. bei der Eroberung der Neuen Welt mit den Spaniern mitzuhalten, die schon seit mehr als 100 Jahren mit Schiffen in die Neue Welt fuhren. Mit solch einem Schiff ist auch Sir Walter Raleigh in Nordamerika gelandet, dessen Siedlungsstätte ich ja kurz zuvor erst besucht habe.
Ich laufe noch ein wenig um den Hafen von Manteo herum und von dem hölzernen Weg bieten sich immer wieder schöne Ausblicke.
Zum Schluss meines Rundgangs schaue ich mich noch ein wenig im Maritime Museum von Manteo um, das 1998 eröffnet wurde. Zu sehen sind hier viele historische Boote, doch das kleine Gebäude ist nicht nur ein Museum.
Im Museum selbst wird auch immer noch gearbeitet. Freiwillige restaurieren hier historische Boote und auch die Elizabeth II. ist in dieser Halle gebaut worden.
Ich fahre weiter und da ich mich nun zu dem Schlenker über die nördlichen Outer Banks entschieden habe, mache ich auch noch den kurzen Abstecher zur Bodie Island Light Station. Hier war ich 2011 schon, sodass mich der inzwischen komplett bedeckte Himmel nicht ganz so ärgert. Die zwei Leuchttürme zwischen Cape Lookout und hier werde ich dieses Mal nicht besuchen.
Der 1872 erbaute Leuchtturm ist bereits der dritte Turm an dieser Stelle und misst bis zur Spitze 48 Meter. Bodie Island Lighthouse ist einer von rund einem Dutzend Leuchttürmen aus Ziegelsteinen, die in den USA noch erhalten sind, und einer der wenigen, der noch seine originale Fresnel Linse besitzt. Der Leuchtturm wird heute vom National Park Service verwaltet und kann, nach umfangreicher Sanierung, seit 2014 auch wieder bestiegen werden.
Und noch einen Ort will ich nun ein zweites Mal besuchen, das Wright Brothers National Memorial. Auf meiner allerersten Tour in diese Region im Jahr 2001 war ich schon einmal hier, was inzwischen schon fast mein halbes Leben her ist. Zeit also für einen Wiederholungsbesuch, der aber gleich mal mit einer Enttäuschung anfängt. Das tolle Art Deco Visitor Center ist derzeit nur eine Baustelle, weil es saniert wird. Stattdessen wird man von den Rangern in einem Container begrüßt.
Nun gut, die Sanierung des Visitor Centers soll ja den Rest des Besuchs nicht eintrüben, das schafft schon das Wetter, denn durch die dicke Wolkendecke kommt inzwischen kein einziger Sonnenstrahl mehr hindurch. Nun gut, nun bin ich schon mal hier, da will ich mich auch umsehen. Es ist schließlich mehr als 17 Jahre her, als ich zuletzt hier gewesen bin.
Das Wrights Brothers Memorial besteht, kurz gesagt, aus drei Teilen, dem Kill Devil Hill mit dem Memorial Tower, …
… dem Feld, auf dem die Landungen stattfanden …
… und der Unterkunft sowie dem Hangar der Flugpioniere.
Drei Sommer verbrachten die Brüder Wilbur und Orwille Wright in North Carolina, nachdem sie erfahren hatten, dass es hier besonders gute Windverhältnisse für Flugversuche geben sollte. Sie bauten sich einen Hangar sowie eine Werkstatt, in der sie auch schliefen. Der Hangar war übrigens der erste Flugzeughangar der Welt.
Zuerst experimentierten die Brüder drei Jahre lang mit Gleitflügen und anderen Versuchen auf den nahegelegenen Dünen und dem Kill Devil Hill, bevor sie eine Art Abschussmaschine bauten. Die Schiene dafür kann ich noch heute im Boden entdecken.
Schon 25 Jahre nach dem ersten Flugversuch wurde an dieser Stelle zum ersten Mal die Geburtsstunde des Fliegens gefeiert und das Kill Devil Hill National Monument gegründet. Doch zurück zum ersten Flug, um den sich hier alles dreht.
Am 17. Dezember 1903 war es so weit. Die Brüder wollten endlich fliegen. Und so schnallte sich Orville Wright als Erster auf das Fluggerät und es war vollbracht. Ganze 12 Sekunden dauerte dieser Flug und nach nicht einmal 40 Metern war er schon Geschichte. Doch so kurz der Flug war, er war in Meilenstein in der Luftfahrt und die Eroberung des Himmels war nicht mehr aufzuhalten.
Noch drei weitere Flüge absolvierten die Brüder an diesem Tag, einer weiter als der andere. Dabei wechselten sie sich als Piloten ab und der letzte Flug mit Wilbur am Steuer dauerte dann sogar 59 Sekunden und er legte eine Entfernung von über 250 Metern zurück. Heute kann man die Flugstrecke ablaufen und an jedem Landungsort ist ein Gedenkstein errichtet.
Auch der 27 Meter hohe Kill Devil Hill kann bestiegen werden. Verschiedene Wege führen auf den Hügel, vom dem die Gebrüder Wright ihre ersten Flugversuche starteten.
Auf dem Hügel steht ein 18 Meter hohes und 1932 errichtetes Granitmonument, das an die Leistungen der Brüder erinnert. Eigentlich war der Kill Devil Hill eine von vielen Wanderdünen der Gegend, die von den Wrights für ihre Experimente ausgewählt wurde. Doch später wurde die Düne stabilisiert, um für die Nachwelt erhalten zu werden.
Vor dem Monument stehen die Büsten der Gebrüder Wright und die Inschrift auf dem Monument titelt: „In Commemoration of the Conquest of the Air!”, im Gedenken an die Eroberung der Luft.
Von der Spitze des Hügels bietet sich auch ein guter Rundumblick über das Gelände und den heutigen Ort Kill Devil Hill bis hin zum Atlantischen Ozean.
Am frühen Abend erreiche ich schließlich Virginia Beach. Hier hat im März 2018 ein ganz besonderes Hotel wieder eröffnet, das Cavalier Hotel. Das Hotel wurde 1927 eröffnet und erhielt seinen Namen durch einen Wettbewerb in der lokalen Zeitung. Damals überblickte das Hotel nur den Strand und den Ozean. Es lag mitten auf einem großzügigen Golfplatz und hatte sogar seinen eigenen Bahnanschluss. In den 195 Gästezimmern bekamen die Gäste edlen Luxus geboten.
In den folgenden 30 Jahren war das Hotel geradezu ein Magnet für die High Society und der größte Arbeitgeber für Big Bands in den USA. Hier spielten sie alle, Sammy Kaye, Les Brown, Benny Goodman, Vaughn Monroe, Cab Calloway, Harry James, Jimmy Dorsey, Woody Herman, Artie Shaw, Lawrence Welk, and Glen Miller. Zehn US-Präsidenten zählten zu den Gästen des Hotels, ebenso wie unzählige Stars der damaligen Zeit. Unter ihnen waren F. Scott Fitzgerald, Judy Garland, Will Rogers, Bette Davis, Jean Harlow, Mary Pickford, Betty Grable und der unvergessene Fatty Arbuckle. Bilder der illusteren Gäste hängen heute überall im Hotel.
Aber auch heute noch ist der Besuch des Hotels etwas Besonderes und ich habe hier einen wahrhaft traumhaften Aufenthalt.
Ab jetzt bin ich zwar wieder auf meiner geplanten Strecke, doch durch meine späte Ankunft wird auch der nächste Tag nicht ganz so laufen wie geplant. Dass ich wieder nicht alles schaffen werde, was ich mir vorgenommen habe, war nach der Umplanung aber von Anfang an klar.
Meilen: 294
Wetter: bedeckt mit Schauern, später heiter, 68–78 Grad
Hotel: The Cavalier Hotel, Virginia Beach