Spring Fling – Unterwegs an der amerikanischen Atlantikküste


Tag 8: Frei­tag, 06.04.2018
Am Weges­rand – Oce­an City nach New York

„Under the board­walk, down by the sea, yeah, on a blan­ket with my baby is whe­re I’ll be.” – The Drifters

Heu­te Mor­gen ist der Him­mel lei­der schon wie­der grau in grau und auch der Atlan­tik hat in etwa die­sel­be Far­be. Dazu weht ein ziem­lich eisi­ger Wind, so rich­tig gemüt­lich sieht, beson­ders für einen Bade­ort, irgend­wie anders aus.

Ich fah­re trotz­dem zum Board­walk, denn wenn ich schon die Ret­tungs­sta­ti­on in Vir­gi­na Beach wie­der nicht besich­ti­gen konn­te, dann will es wenig­stens hier tun.

So früh am Mor­gen und in der Vor­sai­son bei die­sem trü­ben Wet­ter sieht es auf dem Board­walk von Oce­an City noch ein­sam und ver­las­sen aus. Zu ande­ren Zei­ten aber brummt hier das Leben. Der 1902 gegrün­de­te Board­walk, der sich über zwei­ein­halb Mei­len erstreckt, ist eine der Attrak­tio­nen der Stadt. Am Süd­ende ist er von Geschäf­ten und Ver­gnü­gungs­hal­len gesäumt, wei­ter nörd­lich schlie­ßen sich die Hotels an.

Das histo­ri­sche Pier Buil­ding wur­de 1926 erbaut und ersetzt einen frü­he­ren Bau aus dem Jahr 1907. Es mar­kiert den süd­li­chen Beginn des Boardwalk.

Noch älter als der Board­walk ist die histo­ri­sche Lebens­ret­tungs­sta­ti­on. Gegrün­det wur­de der Mary­land Life Savings Ser­vice bereits 1878 und die Life Savings Sta­ti­on um 1890 erbaut. Einst stand das Gebäu­de etwas wei­ter nörd­lich und wur­de 1977 an die­se Stel­le ver­setzt, um als Muse­um eröff­net zu werden.

Vor dem Muse­um steht die­ser zwei­ein­halb Ton­nen schwe­re Anker, der in den 1870er Jah­ren vor der Küste gebor­gen wur­de. Er stammt aus einem der zahl­rei­chen Schif­fe, die in den Gewäs­sern vor Mary­land untergingen.

Gleich dane­ben ste­hen eini­ge Schau­kä­sten, die die Geschich­te der Ret­tungs­schwim­mer und die eines ganz beson­de­ren Fisches erzäh­len. Die­ser Fisch ist der Wei­ße Mar­lin, denn Oce­an City wird auch die Mar­lin Haupt­stadt der Welt genannt. Tau­sen­de die­ser Fische wur­den vor der Küste gefan­gen und der hier aus­ge­stell­te war der Größ­te von ihnen. Im Jahr 1980 wur­de er gefan­gen und wog stol­ze 135 Pfund.

Und noch einen zwei­ten Rekord­hal­ter gibt es zu bestau­nen, den größ­ten Fisch, der je in Mary­land gefan­gen wur­de. Grace Czer­ni­ak war im Juli 1983 auf einem Angel­aus­flug vor der Küste, als sie die­sen Tiger­hai am Haken hat­te. Der Fisch war so groß, dass er erst zur einer spe­zi­el­len Waa­ge gebracht wer­den muss­te, bevor sein Gewicht von 1200 Pfund fest­ge­stellt wurde.

Ich zah­le mei­ne fünf Dol­lar Ein­tritt und gehe in das Muse­um hin­ein. Zuerst besich­ti­ge ich den gro­ßen Aus­stel­lungs­raum, der sich mit der Geschich­te der Lebens­ret­ter an Mary­lands Küste zwi­schen 1878 bis 1914 beschäf­tigt. Hier aus­ge­stellt sind Boo­te und ande­re Uten­si­li­en, die zur Ret­tung Schiff­brü­chi­ger genutzt wurden.

Auch die Geschich­ten der Lebens­ret­ter und der Geret­te­ten wer­den erzählt. Oft kamen die Ret­ter in letz­ter Minu­te und setz­ten nicht sel­ten ihr eige­nes Leben aufs Spiel um zu helfen.

Ein wei­te­rer Aus­stel­lungs­raum beschäf­tigt sich mit Oce­an City als Urlaubs­ort. Zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts kamen die ersten Gäste, um den Strand und die Son­ne zu genießen.

Und dann hat man hier noch Sand zusam­men­ge­tra­gen. Sand aus aller Her­ren Län­der und von jedem Kon­ti­nent, aber auch aus jedem Bun­des­staat der USA. Da zeigt sich erst ein­mal, wie vie­le unter­schied­li­che Sand­sor­ten es eigent­lich gibt.

Ein klei­nes Aqua­ri­um ist im Raum hin­ter dem Shop unter­ge­bracht. Klei­ne­re Fische, die hier behei­ma­tet sind, sind eben­so zu sehen, wie eini­ge Seepferdchen.

Im Ober­ge­schoss zeigt die größ­te Aus­stel­lung die Geschich­te des Board­walk von Oce­an City. Die­se Ver­gnü­gungs­mei­le zieht die Urlau­ber schon seit über 100 Jah­ren an, auch wenn sich eini­ge Frei­zeit­be­schäf­ti­gun­gen mit der Zeit ver­än­dert haben.

Schließ­lich ent­decke ich auch Sal, die berühm­te­ste Lady von Oce­an Beach für mehr als 40 Jah­re. Mr. Jester, der Eigen­tü­mer von Jesters Fun­hou­se am Board­walk, kauf­te die Pup­pe, die sich beweg­te und regel­mä­ßig lach­te. Nach­dem Mr. Jester 1970 in Ren­te gegan­gen war, lan­de­te die Pup­pe in einem Lager­raum, wo sie von Van­da­len beschä­digt wur­de. 1980 schenk­te die Fami­lie sie dem Muse­um, das Sal lie­be­voll restau­rier­te. Bis heu­te ist sie im Muse­um zu sehen.

Fast so berühmt wie Sal war auch Bru­no. Wenn man auf ein Brett nahe der Hüt­te trat, begann der Hund zu bel­len und sprang her­aus, als wenn er bei­ßen woll­te. Bel­len tut ein übri­gens heu­te noch auf Knopf­druck, auch wenn Bru­no heu­te durch eine Glas­schei­be geschützt wird.

Zusam­men­ge­tra­gen hat das Muse­um auch vie­le Sou­ve­nirs, die von rund 100 Jah­ren in Oce­an Beach ver­kauft wur­den. Die Por­zel­lan­ge­fä­ße wur­den teil­wei­se sogar in Öster­reich und Deutsch­land hergestellt. 

Ein klei­ner Raum zeigt die Geschich­te der Urein­woh­ner die­ser Regi­on. Fund­stücke und Bil­der zei­gen, wie die Men­schen hier schon vor der Ankunft der wei­ßen Sied­ler lebten.

In dem klei­nen Muse­um am Board­walk gibt es noch viel mehr zu ent­decken und es ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Und auch wenn sich vie­les in Oce­an City über die Jahr­zehn­te ver­än­dert hat, eines ist gleich geblie­ben, die klei­ne Stadt am Atlan­tik ist noch immer ein belieb­tes Sommerurlaubsziel.

Ich aber ver­las­se nur Oce­an City und fah­re wei­ter nach Nor­den. Ich über­que­re die Staats­gren­ze zu Dela­ware und schla­ge den Weg nach Lewes ein. Bei mei­nem letz­ten Besuch habe ich von hier die Fäh­re nach Cape May genom­men, heu­te aber will ich mich nur ein wenig in der Stadt umsehen. 

Lewes wur­de 1631 von der Dutch West India Com­pa­ny gegrün­det. Die ersten Sied­ler soll­ten hier eine Wal­fang­sta­ti­on grün­den, Tabak anbau­en und im Pelz­han­del tätig sein. Der Ort war die erste euro­päi­sche Sied­lung und wur­de ursprüng­lich Swaa­nen­da­el, was soviel wie Tal des Schwans heißt, genannt. Die Hol­län­der blie­ben jedoch nur rund drei Jah­re und im Jahr 1664 über­nah­men die Bri­ten das Gebiet. Der Namen Lewes bekam der Ort 1682 von Wil­liam Penn.

Ich par­ke mein Auto an der Cham­ber of Com­mer­ce, die als klei­ne Tou­ri­sten­in­for­ma­ti­on fun­giert. Dane­ben gibt es einen hol­län­di­schen Gar­ten und natür­lich Tul­pen, die hier über­all gera­de in vol­ler Blü­te stehen.

Das wohl berühm­te­ste Haus in Lewes ist das Zwaa­nen­da­el Hou­se. 1931 wur­de es im hol­län­di­schen Stil gebaut, um den 300. Jah­res­tag der ersten euro­päi­schen Besied­lung zu fei­ern. Das Gebäu­de ist eine exak­te Kopie des Rat­hau­ses von Hoorn in Hol­land, das bereits 1613 gebaut wur­de. Im Gebäu­de gibt es eine klei­ne Aus­stel­lung zur hol­län­di­schen Besied­lung und auch zum moder­nen Holland.

Als Näch­stes fah­re ich zum Ryves Holt Hou­se. Ryves Holt war 1745 bis 1763 der ober­ste Rich­ter der drei süd­li­chen Coun­ties von Dela­ware und vie­le Jah­re Mit­glied des Parlaments.

Da das Haus, das 1665 gebaut wur­de, auch das wohl älte­ste Gebäu­de in Dela­ware ist, ist es heu­te ein Muse­um und zwei Räu­me sind mit typi­schen Möbeln aus jener eingerichtet.

Mei­ne Fahrt nach Nor­den geht nun wei­ter. Ich ver­las­se die Küste und fah­re in Lan­des­in­ne­re von Dela­ware, das zu gro­ßen Tei­len auf einer Halb­in­sel zwi­schen Atlan­tik und Che­sapea­ke Bay liegt. Nach kur­zer Fahrt errei­che ich die Haupt­stadt Dover. Mein Ziel heu­te ist aber nicht der Regie­rungs­sitz, son­dern das Old Sta­te­hou­se, das einst das erste Gebäu­de in Dover war, in dem die poli­ti­schen Geschicke von Dela­ware gelenkt wurden.

Ursprüng­lich wur­de das zwi­schen 1787 und 1791 gebau­te Gebäu­de vom Kent Coun­ty als Gericht gebaut, was auch heu­te noch im Erd­ge­schoss zu sehen ist. Hier gibt es noch einen typi­schen Gerichts­saal aus jener Zeit. Kurz dar­auf zog jedoch die Regie­rung von Dela­ware nach Dover, sodass das Old Sta­te­hou­se von 1791 bis 1873 vom Par­la­ment und dem Gericht gemein­sam genutzt wur­de. Das Par­la­ment zog sogar erst 1933 aus, als das neue Kapi­tol fer­tig­ge­stellt wurde.

Über eine geschwun­ge­ne Trep­pe gelan­ge ich ins Ober­ge­schoss, wo die Regie­rungs­ge­schäf­te von Dela­ware für über 100 Jah­re gelenkt wurden.

Im Ober­ge­schoss kön­nen die histo­ri­schen Räu­me des Senats und des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses besich­tigt werden.

Im Flur füh­ren zwei klei­ne Trep­pen in das Dach­ge­schoss. Dort ist es so nied­rig, dass ich schon ein wenig den Kopf ein­zie­hen muss. Hier sind klei­ne Besu­cher­bal­kons ein­ge­rich­tet, sodass das Volk schon damals die Mög­lich­keit hat­te, den Debat­ten im Par­la­ment zu folgen.

Ich gehe noch ein wenig wei­ter durch den histo­ri­schen Stadt­kern von Dover.

Hier liegt auch der Ort, an dem einst die Gol­den Fleece Tavern zu fin­den war, die all­ge­mein als der Geburts­ort des „Ersten Staa­tes”, wie Dela­ware auch genannt wird, bekannt ist. Hier traf man sich, um gegen den Wider­stand gegen die Kro­ne zu pla­nen und hier war es auch, wo die Par­la­men­ta­ri­er von Dela­ware als erste beschlos­sen, die Unab­hän­gig­keits­er­klä­rung zu unterzeichnen.

Bevor ich wei­ter­fah­re, wer­fe ich noch einen kur­zen Blick auf das neue Kapi­tol. Hin­ein gehe ich aber nicht, denn das habe ich schon auf einer frü­he­ren Rei­se gemacht.

Wäh­rend ich auf dem Free­way nach Nor­den fah­re, kann ich ein inter­es­san­tes Phä­no­men beob­ach­ten. Plötz­lich sehen die Wol­ken fast wie abge­schnit­ten aus und dahin­ter gibt es blau­en Him­mel. Beim DWD wer­den die­se Wol­ken­kan­te und ihre Ent­ste­hung sehr schön erklärt. Es ist auf jeden Fall fas­zi­nie­rend, das zu beobachten.

In Wilm­ing­ton unter­bre­che ich mei­ne Fahrt noch ein­mal und errei­che das Hendrick­son Hou­se, auch eines der älte­sten Häu­ser in Dela­ware und das älte­ste noch erhal­te­ne schwe­di­sche Haus im Staat. Eigent­lich stand das Haus einst in Penn­syl­va­nia und gehör­te einem Far­mer und sei­ner Frau, wur­de aber 1958 als Teil der Old Swe­des Histo­ric Site hier­her ver­setzt. Ver­wal­tet wird das Gebäu­de von der Gemein­de der angren­zen­den Old Swe­dish Church und soll­te bei mei­ner Ankunft eigent­lich noch offen sein. Ist es aber nicht. Die Dame schließt ein­fach mal 30 Minu­ten frü­her und macht sich aus dem Staub, sodass mir nur der Blick von außen bleibt.

Anschlie­ßend gehe ich hin­über zur Old Swe­des Church, die 1699 von der damals über­wie­gend schwe­di­schen Gemein­de ein­ge­weiht wur­de. Zu jener Zeit war Schwe­den eine gro­ße Welt­macht und ver­such­te selbst mit Kolo­ni­sten in der Neu­en Welt Fuß zu fas­sen. Lan­ge dau­er­te die Besied­lung aller­dings nicht und heu­te gibt es nur noch weni­ge Zeug­nis­se aus die­ser Zeit. Zu den erhal­te­nen Gebäu­den gehö­ren die alte Kir­che und der sie umge­ben­de Friedhof.

Wäh­rend eines Spar­zier­gangs über den Fried­hof ent­decke ich jedoch nicht nur schwe­di­sche Grä­ber, son­dern auch eng­li­sche und deut­sche Sied­ler haben hier ihre letz­te Ruhe gefunden.

In die Kir­che selbst kom­me ich aber eben­falls nicht hin­ein, denn die etwas unfreund­li­che Dame, die ihren Posten ein­fach eine hal­be Stun­de frü­her ver­las­sen hat, hat auch dazu den Schlüssel.

Schließ­lich bin ich wie­der zurück an der Dela­ware Memo­ri­al Bridge, die mich zurück nach New Jer­sey bringt. Ein biss­chen Weh­mut kommt schon auf, denn so lang­sam naht das Ende die­ser klei­nen Rundfahrt.

Über den Inter­sta­te 95, der hier aus bis zu 12 Spu­ren besteht, errei­che ich schließ­lich wie­der den Groß­raum New York.

Am frü­hen Abend errei­che ich Mea­dow­lands in New Jer­sey, wo ich das Renais­sance Hotel mit einem Frei­zer­ti­fi­kat aus einer frü­he­ren Akti­on reser­viert habe.

An der Rezep­ti­on wer­de ich freund­lich begrüßt und mir wird für mei­ne Loya­li­tät zu Mar­riott gedankt. Durch mei­nen Gold Sta­tus (jetzt Pla­ti­num) bekom­me ich nicht nur das Früh­stück kosten­los, son­dern auch ein Upgrade auch einen King Room mit Bal­kon auf der Con­cier­ge Etage.

Der erste Blick ins Zim­mer gefällt mir gut. Alles sieht frisch und modern aus. Mit­tel­punkt des Zim­mers ist das gro­ße, beque­me King Size Bett, in dem ich aus­ge­zeich­net geschla­fen habe.

Das Bad ist kom­pakt, aber eben­falls modern ein­ge­rich­tet und frisch reno­viert. Alles ist abso­lut sauber.

Zum Zim­mer gehört auch ein klei­ner Bal­kon mit Sitz­mö­beln, vom dem der Blick bis nach Man­hat­tan reicht.

Den wei­te­ren Abend ver­brin­ge ich dann noch ein wenig mit Packen. So viel habe ich ja nach die­ser kur­zen Tour nicht und es passt sogar alles wie­der in Kof­fer, trotz ein paar Ein­käu­fen. Wäre dies­mal aber auch kein Pro­blem gewe­sen, wenn nicht, denn ich hät­te zwei Gepäck­stücke auf­ge­ben können. 

Spä­ter gehe ich noch ein­mal ein wenig auf mei­nen Bal­kon, natür­lich mit dicker Jacke, denn es ist ziem­lich frisch. Aber der Blick hin­über nach Man­hat­tan ist schon toll. Aber auch den Free­way vor dem Hotel zu foto­gra­fie­ren macht Spaß.

Nach ein paar Minu­ten geht es für mich dann aber doch zurück ins war­me Zim­mer. Ich siche­re noch ein letz­tes Mal die Bil­der und ver­staue dann auch das Net­book und die Fest­plat­te, bevor ein letz­tes Mal auf die­ser Rei­se schla­fen gehe. 

Mei­len: 266
Wet­ter: bedeckt mit Auf­hei­te­run­gen, 46–68 Grad
Hotel: Renais­sance Mea­dow­lands Hotel

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