Hot and Cold – Kalifornien & Alaska

Tag 3: Sonn­tag, 21. April 2019
Blu­men­meer – Palm­da­le nach San Diego

„Every flower is a soul blosso­ming in natu­re.” – Gerard De Nerval

Kali­for­ni­en weckt mich heu­te so, wie ich mir das vor­ge­stellt habe, mit strah­lend blau­em Him­mel und viel Son­ne. Und noch etwas ist anders, es ist fast völ­lig wind­still. Soll­te ich wirk­lich noch Glück haben? Egal, ich muss es wenig­stens noch­mal ver­su­chen. Also wer­fe ich alle Plä­ne über den Hau­fen und fah­re noch ein­mal zurück zu den Pop­py Gebie­ten, die etli­che Mei­len außer­halb von Palm­da­le liegen.

Als ich in die Nähe der ersten Hügel kom­me, sieht es schon etwas mehr oran­ge aus. Ja, so kann­te ich das von 2017, doch bald schon soll­te ich eines Bes­se­ren belehrt wer­den. Die­ses Mal aller­dings im posi­ti­ven Sinne.

Als ich zum ersten Mal anhal­te, sieht das schon recht viel­ver­spre­chend aus. Das sind doch bedeu­tend mehr Blü­ten als noch 2017, als ich schon dach­te, vie­le Pop­pies gese­hen zu haben. Noch aller­dings sind die Köp­fe nur halb geöff­net, doch mehr als gestern Nach­mit­tag ist auf jeden Fall schon zu sehen.

Umso wei­ter ich fah­re, desto mehr Oran­ge sehe ich. Wahn­sinn, bald sind sämt­li­che Hügel nur noch von oran­ger Far­be bedeckt. Über­all leuch­tet es.

So beschlie­ße ich, gar nicht erst bis zum Sta­te Park zu fah­ren. Auch außer­halb gibt es genü­gend Flä­che, wo die klei­nen, oran­gen Blü­ten zu fin­den sind. An einem wil­den Park­platz, wo sich bereits eini­ge Autos befin­den, hal­te ich an. Ich schnap­pe mir mei­ne Kame­ra und mache mich auf den Weg, den näch­sten Hügel zu erklim­men. Hier gibt es eini­ge Wege, die durch das Blü­ten­meer füh­ren. Lei­der hal­ten sich nicht alle Besu­cher dar­an, etwas das ich so gar nicht ver­ste­hen kann. Aber dazu spä­ter mehr.

Nach­dem ich ein paar Meter einen Hügel hin­auf­lau­fe, ste­he ich dann in einem Traum von Oran­ge. Wohin ich auch schaue, die Pop­pies blü­hen bis zum Hori­zont und heu­te haben sie auch ihre Köpf­chen geöff­net. Ja so hat­te ich mir das vor­ge­stellt, ich bin im sieb­ten Him­mel. Das, was ich hier heu­te sehe, über­trumpft das Erleb­nis von 2017 bei wei­tem. Das ist ein wah­rer Superbloom.

Was ich dann erle­ben muss, lässt mir aber fast die Hut­schnur plat­zen. Umso län­ger ich mich hier auf­hal­te, desto mehr Men­schen kom­men den klei­nen Pfad ent­lang. Die mei­sten sind rück­sichts­voll, doch eine Grup­pe aus fünf Chi­ne­sin­nen meint anschei­nend, dass nur sie ein Anrecht auf die Natur hat und danach ist es ihnen egal. Wie die Tram­pel­tie­re mar­schie­ren sie mit­ten in die Blu­men, um die tol­len Sel­fies und Insta­gram Bil­der zu machen. Ohne Rück­sicht auf Ver­lu­ste tre­ten sie alles nie­der. Irgend­wann spre­che ich sie an, doch das juckt die Damen wenig.

Das Gan­ze ist umso ärger­li­cher, weil nicht nur die jet­zi­gen Blü­ten zer­stört wer­den. Pop­pies sind recht fra­gi­le Pflan­zen und das Zer­tre­ten kann sie kom­plett ver­nich­ten, das die Pflan­ze dadurch auch im Boden abstirbt und so even­tu­ell auch im näch­sten Jahr nicht mehr nach­wächst. Aber Haupt­sa­che die Damen haben ihre Bil­der. Lei­der sind wir hier außer­halb des Sta­te Parks, sodass ich nicht ein­fach einen Ran­ger rufen kann. Total ärger­lich das Ganze.

Ich zie­he mich zurück und lau­fe ein Stück wei­ter, wo es weni­ger Men­schen gibt und ich die­sen Fre­vel an der Natur nicht mehr mit anse­hen muss. Sonst kann ich die­ses tol­le Erleb­nis gar nicht rich­tig genie­ßen. Schon weni­ge Minu­ten spä­ter habe ich die Pop­pies wie­der ganz für mich allein und mei­ne Kame­ra glüht fast von den gan­zen Auf­nah­men, die ich hier mache. Der Kon­trast mit den oran­gen Blü­ten und dem knall­blau­en Him­mel ist ein­fach fantastisch.

Irgend­wann muss ich mich aber doch auf den Rück­weg machen. Kurz vor dem Park­platz bit­tet mich eine Dame ein Foto von ihr zu machen und revan­chiert sich dann auch bei mir. Natür­lich ste­hen wir nicht mit­ten im Feld, son­dern auf dem klei­nen Pfad, nur die Per­spek­ti­ve lässt es hier anders erscheinen.

Bevor ich abfah­re, mache ich noch ein Foto von mei­nem Miet­wa­gen, der mich hier für die drei Tage begleitet.

Es ist schon Mit­tag als ich end­lich auf­bre­che. Den Groß­teil mei­ner Tages­pla­nung kann ich nun ver­ges­sen, denn ich muss heu­te noch nach San Die­go fah­ren. Als ich die Ber­ge rund um Los Ange­les über­que­re, tau­che ich augen­blick­lich wie­der in den Hoch­ne­bel ein. Na super, graue Sup­pe am Him­mel hat­te mir gera­de noch gefehlt. Zum Glück hat­te ich solch einen tol­len Vormittag.

So fällt es dann auch gar nicht so schwer, ein­fach auf dem Free­way durch­zu­fah­ren. Als ich an Down­town vor­bei­kom­me, sind nicht mal die Spit­zen der Wol­ken­krat­zer zu sehen, so tief hän­gen hier die Wol­ken. Auf einen Stopp habe ich so gar kei­ne Lust und so hal­te ich erst wie­der in San Cle­men­te, wo ich das Casa Roman­ti­ca besu­chen will.

Casa Roman­ti­ca ist ein Her­ren­haus in San Cle­men­te, das heu­te Teil eines Kul­tur­zen­trums ist. Erbaut wur­de es 1927 für einen der Grün­der der Stadt, Ole Han­son. Han­son, der 1918 bis 1919 Bür­ger­mei­ster von Seat­tle war, kam nach Kali­for­ni­en, um hier neu­es Land zu erschlie­ßen. Er ent­deck­te die Gegend um das heu­ti­ge San Cle­men­te in den frü­hen 1920er Jah­ren und woll­te hier ein spa­ni­sches Dorf am Meer gründen.

Bis 1925 über­zeug­te Han­son mit sei­nem Kom­pa­gnon schon über drei­hun­dert Men­schen hier Grund­stücke zu erwer­ben. Im Jahr 1927 beauf­trag­te er schließ­lich den Archi­tek­ten Carl Lind­bom ihm ein Wohn­haus zu errich­ten. Das Haus wur­de mit den fein­sten Mate­ria­li­en aus­ge­stat­tet und war ein wah­res Traum­haus. Noch heu­te zeu­gen vie­le klei­ne Details von der traum­haf­ten Aus­stat­tung des Anwe­sens, auch wenn vom Mobi­li­ar so gut wie nichts mehr erhal­ten ist.

Lei­der konn­ten Han­son und sei­ne Fami­lie das Haus nur weni­ge Jah­re genie­ßen, denn die gro­ße Depres­si­on been­de­te den Traum vom Immo­bi­li­en­im­pe­ri­um. Im Jahr 1934 wur­de das Anwe­sen von der Bank of Ame­ri­ca zwangs­ver­stei­gert. Anschlie­ßend ging das Haus durch vie­le Hän­de, wur­de lan­ge Zeit als Pri­vat­re­si­denz und spä­ter als Senio­ren­re­si­denz genutzt. Erst im Jahr 2000 kauf­te die Stadt San Cle­men­te das Anwe­sen ihres Stadt­grün­ders und wan­del­te er zu einem Kul­tur­zen­trum um, in dem Ver­an­stal­tun­gen, Aus­stel­lun­gen und Kon­zer­te stattfinden.

Da sich das Wet­ter wei­ter­hin so gar nicht koope­ra­tiv zeigt, fah­re ich nach der Besich­ti­gung direkt zurück auf den Free­way. Die Küsten­stra­ße kann ich mir so spa­ren. Kurz vor San Die­go reißt der Him­mel jedoch auf und die Son­ne kommt her­vor. Bin­nen Minu­ten sind die grau­en Wol­ken ver­schwun­den und der blaue Him­mel ist zurück. Wun­der­bar, es ist die rich­ti­ge Ent­schei­dung gewe­sen ein­fach wei­ter­zu­fah­ren. So habe ich noch ein paar schö­ne Stun­den in mei­ner kali­for­ni­schen Lieblingsstadt.

Ich fah­re nach Coro­na­do, von wo ich wie gewohnt einen tol­len Blick auf die Stadt und den Hafen habe. Heu­te sehe ich nicht nur den Flug­zeug­trä­ger USS Mid­way, son­dern kann auch noch zwei Kreuz­fahrt­schif­fen beim Able­gen zuse­hen. Die Dis­ney Magic und die Nieuw Amster­dam von Hol­land Ame­ri­ca sind zu Zie­len an der Mexi­can Rivie­ra unterwegs.

Am spä­ten Nach­mit­tag fah­re ich in Rich­tung Flug­ha­fen, wo ich die­ses Mal das nagel­neue Hamp­ton Inn gebucht habe. Das Hotel wur­de erst kürz­lich eröff­net und ist so gar nicht im typi­schen Hamp­ton Stil gebaut.

Beson­ders die Lob­by ist durch ihr offe­nes Design sehr schön geworden.

Neben einem schö­nen Pool gibt es rund um das Hotel ver­schie­de­ne klei­ne Sitz­ecken, sodass man die lau­en Som­mer­aben­de auch schön drau­ßen genie­ßen kann.

Aus mei­nem Zim­mer im ober­sten Stock­werk habe ich sogar einen schö­nen Blick bis nach Downtown.

Nach­dem ich mein Gepäck aus­ge­la­den habe, brin­ge ich den Miet­wa­gen zum benach­bar­ten Miet­wa­gen­zen­trum und las­se mich mit dem Hotels­hut­tle wie­der abho­len. Mor­gen flie­ge ich wei­ter und einen gan­zen Tag für das Auto zah­len, nur damit es auf dem Park­platz steht und dort auch noch Kosten ver­ur­sacht, das woll­te ich nicht.

Am Abend lau­fe ich noch bis zur benach­bar­ten Liber­ty Sta­ti­on, einem Gebiet, das ich inzwi­schen sehr gut ken­ne. Auf dem ehe­ma­li­gen Navy Stütz­punkt ist in den letz­ten Jah­ren ein neu­es Stadt­vier­tel ent­stan­den und es gibt neben zwei Hotels auch eini­ge Restaurants.

Mei­len: 230
Wet­ter: son­nig, bedeckt, spä­ter wie­der son­nig, 60–75 Grad F
Hotel: Hamp­ton Inn & Sui­tes San Die­go Air­port Liber­ty Station

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