The Star-​Spangled Banner

Tag 6 – 14. Sep­tem­ber 2014
The Star-​Spangled Ban­ner - Bal­ti­more

„Then, in that hour of deli­ver­ance, my heart spo­ke. Does not such a coun­try, and such defen­ders of their coun­try, deser­ve a song?” – Fran­cis Scott Key

Heu­te ist er also da, der Tag, wegen dem ich die­se gan­ze Rei­se gebucht habe. Heu­te vor 200 Jah­ren schrieb Fran­cis Scott Key ein Gedicht, das er „The Star-​Spangled Ban­ner” nann­te und das 1931 zur offi­zi­el­len ame­ri­ka­ni­schen Natio­nal­hym­ne wurde.

Und obwohl heu­te Sonn­tag ist, stei­ge ich schon zei­tig aus den Federn, denn ich will ver­su­chen, die mor­gend­li­chen Fest­lich­kei­ten in Fort McHen­ry mit­zu­er­le­ben. Ob das klappt, ist noch nicht ganz sicher, denn auf­grund des recht klei­nen Gelän­des wird nur eine gerin­ge Anzahl an Per­so­nen bis ganz nach vorn gelassen.

Erst ein­mal fah­re ich jedoch von Colum­bia nach Down­town Bal­ti­more, wo ich wie­der mei­nen vor­re­ser­vier­ten Park­platz ein­neh­me. Das ist wirk­lich super orga­ni­siert und klappt auch heu­te pro­blem­los. Und wei­ter geht es zur Bus­hal­te­stel­le. Schon gestern hat­te ich ver­sucht her­aus­zu­fin­den, wie ich denn um 8 Uhr früh nach Fort McHen­ry kom­me. Das Auto fiel aus, das muss­te am Inner Har­bor blei­ben, denn das gan­ze Gebiet rund um das Fort war Sperr­zo­ne. Nur Anwoh­ner durf­ten dort hin. Am Visi­tor Desk emp­fahl man mir den Charm City Cir­cula­tor, einen kosten­lo­sen Bus, der alle wich­ti­gen Punk­te von Bal­ti­more verbindet.

An der Hal­te­stel­le ange­kom­men, tref­fe ich auf meh­re­re Leu­te, die das­sel­be Ziel haben. Nur der Bus, der kommt und kommt nicht. Fast schon glau­ben wir, dass der heu­te nicht fährt, doch dann kommt er plötz­lich um die Ecke. Das wäre also geschafft.

Von der End­hal­te­stel­le geht es dann noch ein Stück im Eil­tem­po zu Fuß wei­ter. War­um im Eil­tem­po? Schließ­lich will ich so vie­le Leu­te wie mög­lich abhän­gen und mei­ne Chan­ce erhö­hen ins Fort zu kommen.

38 - Spectacular Sign

37 - Airshow Sign

An der Sicher­heits­kon­trol­le geht es erstaun­lich zügig vor­an. Auch heu­te habe ich kei­ne Pro­ble­me, denn ich habe wie­der nur die Kame­ra und den klei­nen durch­sich­ti­gen Pla­stik­beu­tel dabei. Dann habe ich es geschafft, ich bin im Fort – aber noch immer nicht ganz am Ziel, denn die Zere­mo­nie mit dem Wech­sel der Flag­ge fin­det im win­zig klei­nen Innen­hof des Forts statt.

1 - Carnival Cruise Ship kommt

Aber man glaubt es kaum, heu­te ist mein Glücks­tag, denn ich kom­me nicht nur in den Innen­hof, bevor die­ser wegen Über­fül­lung geschlos­sen wird, son­dern lan­de durch einen glück­li­chen Zufall auch noch in der ersten Rei­he, ganz dicht an der Büh­ne, gleich neben den Ehren­gä­sten. Als die Ame­ri­ka­ner hier hören, dass ich aus Deutsch­land bin, las­sen sie mich zum Foto­gra­fie­ren sogar noch ein Stück wei­ter vor.

Dann mar­schie­ren Sol­da­ten und Bür­ger der Mary­land Miliz in histo­ri­schen Kostü­men ein.

2 - Maryland Militia

Auch Sol­da­ten der Army, Navy, Mari­nes, Air Force und Coast Guard sto­ßen hin­zu. Mit­ar­bei­ter des Natio­nal Park Ser­vice holen die US-​Flagge ein, es ist kurz vor 9 Uhr, die Son­ne scheint, aber es ist emp­find­lich kalt.

3 - US Flagge einholen

Letz­te Vor­be­rei­tun­gen machen auch die TV-​Teams. Dazu gehört natür­lich der Weißabgleich.

4 - Weißabgleich

Den Zuschau­ern gibt wäh­rend­des­sen ein Park­ran­ger Ein­blicke in den histo­ri­schen Tag und beant­wor­tet auch Fra­gen. Eine war zum Wet­ter und wie das denn vor 200 Jah­ren gewe­sen sei. Und die Ant­wort, die ist wirk­lich ver­blüf­fend. Das Wet­ter war an die­sem 13. und 14. Sep­tem­ber 1814 fast genau­so wie heu­te. Am 13. reg­ne­te es und war unge­müt­lich, am 14. schien die Sonne.

Und dann ist es so weit. Um Punkt 9 Uhr begin­nen die Festlichkeiten.

Collage Fort McHenry

6 - Salut

Deren Höhe­punkt ist natür­lich das ent­fal­ten und his­sen der Fah­ne. Und die ist rie­sig. Aber nicht nur die Grö­ße ist ori­gi­nal, auch die Her­stel­lung erfol­ge exakt nach den histo­ri­schen Anga­ben. So näh­ten bis zu 200 Per­so­nen an den rie­si­gen Stars & Stripes und das nur in Handarbeit.

Collage Flagge hissen

Es ist mucks­mäus­chen­still, als die Fah­ne schließ­lich nach oben gezo­gen wird und ich bekom­me eine Gän­se­haut, wenn ich nur dar­an den­ke, dass genau das hier auch vor 200 Jah­ren passierte.

11 - Fahne hochziehen

12 - Fahne hochziehen

Dann weht sie hoch über dem Fort, die ame­ri­ka­ni­sche Flag­ge, die Fran­cis Scott Key zu sei­nen Zei­len inspirierte.

Collage Flagge hissen 2

Mit dabei sind auch die Ehren­gä­ste, unter ihnen Colin Powell und der Gou­ver­neur von Mary­land, Mar­tin O’Malley.

Collage Ehrengäste

17 - Marines

Nach dem His­sen der Flag­ge wer­den alle vier Stro­phen des Gedich­tes von Fran­cis Scott Key gele­sen. Je eine Stro­phe wur­de von Colin Powell, der Schü­le­rin Caro­li­ne Chri­sten­sen, der Vize-​Weltmeisterin im Halb­schwer­ge­wicht, Fran­chon Crews, sowie des Bru­ders eines 9/​11 Opfers, Ken Nacke, vorgetragen.

20 - Colin Powell

Collage Fort McHenry 2

Colin Powell hielt dann noch eine län­ge­re Rede. Er ist wirk­lich ein bril­lan­ter Red­ner und es war ein Erleb­nis die­sem Mann zuhö­ren zu dürfen.

22 - Colin Powell

Zum Abschluss wur­de die Natio­nal­hym­ne natür­lich auch noch gesun­gen. Da bekom­me ich wie­der eine Gän­se­haut. Jeder, wirk­lich jeder, ob Ehren­gast, Sol­dat, Kind oder Greis sing mit. Hand aufs Herz gibt es übri­gens nur bei den Zivi­li­sten, alle in Uni­form salutieren.

23 - Nationalhymne

Dann mar­schie­ren die Trup­pen wie­der ab und ich kann die Kostü­me auch ganz aus der Nähe bestau­nen. Auch die sind übri­gens in Hand­ar­beit und mit histo­risch kor­rek­ten Stof­fen und Hilfs­mit­teln entstanden.

Collage Abzug

Die Krö­nung ist das Vor­bei­se­geln der Pri­de of Bal­ti­more II, einem exak­ten Nach­bau eben jenes Schif­fes, auf dem Fran­cis Scott Key unter­wegs war.

28 - historische Schiffe im Hafen

Die Salut­schüs­se wer­den ein­mal von moder­nen Howit­zer­ka­no­nen und aus den histo­ri­schen Fort­ka­no­nen abgefeuert.

29 - Salutschüsse

30 - Band

Als ich dann wei­ter­lau­fe, kom­me ich auch wie­der an den kochen­den Damen vor­bei. Heu­te macht das alles viel mehr Spaß, denn die Son­ne scheint und es ist viel wär­mer als gestern.

Collage Fort McHenry 3

Lang­sam knurrt auch mein Magen. Doch das ist natür­lich kein Pro­blem, denn über­all gibt es Stän­de. Die zei­gen sogar in der Aus­la­ge, wie das zu bestel­len­de Essen aus­sieht. Ein super Service.

Collage Food Vendors

Mit vol­lem Magen ver­las­se ich nun das Fort, denn ich habe ja noch ein Ziel, das ich besu­chen will. Und das gar nicht so ein­fach, denn lan­ge Zeit kann ich zwar auf der Kar­te sehen, wo die Fre­gat­te Nie­der­sach­sen fest­ge­macht hat, doch kei­ner kann mir sagen, wie ich dort hin­kom­me. Irgend­wann fin­de ich dann doch eine Ran­ge­rin, die aus Bal­ti­more kommt und sie weist mir den Weg. Zu Fuß mache ich mich auf den Weg durch Locust Point, das frü­her ein­mal ein Lager­vier­tel war, aber heu­te schicke Wohn­häu­ser und klei­ne Knei­pen beherbergt.

Collage Locust Point

Und tat­säch­lich, nach gut zwei Mei­len errei­che ich den Hafen und sehe die deut­sche Flag­ge samt Bun­des­ad­ler wehen. Ein unge­wöhn­li­ches Bild mit­ten in Amerika.

Collage Fregatte Niedersachsen 2

52 - Fregatte Niedersachsen

An Bord wer­de ich von Mari­ne­of­fi­zie­ren begrüßt und mache dann erst ein­mal den Rund­gang. Der fin­det aller­dings nur über Deck statt. In War­ne­mün­de konn­te ich auch unter Deck, aber mir wird erklärt, dass das nur in Deutsch­land mög­lich sein. Wenn man im Aus­land ein Open Ship anbie­tet, ist die Besich­ti­gung immer nur auf Deck möglich.

44 - Fregatte Niedersachsen

46 - Fregatte Niedersachsen

75 - Fregatte Niedersachsen

Collage Fregatte Niedersachsen

54 - Coast Guard

55 - historisches Schiff

Beson­ders beliebt bei den Ame­ri­ka­nern ist, dass die deut­schen Sol­da­ten hier ech­tes deut­sches Bier aus­schen­ken. Damit kann man mich aller­dings nicht begei­stern. Dafür kom­me ich mit drei deut­schen Sol­da­ten ins Gespräch, die mir mehr über ihr Leben an Bord berich­ten. In den USA habe ich ja schon viel dar­über gehört, in Deutsch­land wird dar­über lei­der fast nie gespro­chen. Wäh­rend unse­res Gesprächs kann ich auch nach­voll­zie­hen, wie sehr es die jun­gen Män­ner bedrückt, dass ihr Dienst in Deutsch­land kaum gewür­digt wird. Hier in den USA kommt ihnen die­sel­be Auf­merk­sam­keit und Dank­bar­keit ent­ge­gen, wie den eige­nen Sol­da­ten. Für die Deut­schen ganz unge­wohnt, was mich sehr nach­denk­lich und irgend­wie trau­rig stimmt. Irgend­wann laden die drei mich dann ein, mir das Schiff auch von Innen zu zei­gen. Da ich deut­scher Staats­bür­ger bin, sein das kein Pro­blem und sie müss­ten mich nur anmel­den. Gesagt, getan, und so bekom­me ich eine ganz pri­va­te Füh­rung auf der Fregatte.

53 - Fregatte Niedersachsen

56 - Royal Navy Ship

Als ich noch auch dem Deck der Nie­der­sach­sen ver­wei­le, beginnt auch die Air­show des heu­ti­gen Tages. Zuerst demon­strie­ren Heli­ko­pter ihr Kön­nen. Heu­te vor einem strah­lend blau­en Himmel.

57 - Army Helicopter

Dann der Höhe­punkt der Show, der Auf­tritt der Blue Angels. Und heu­te kön­nen sie auch ihr gesam­tes Kön­nen zei­gen. Auch wenn ich die Show schon zwei Mal gese­hen habe, so ist das hier doch etwas Beson­de­res. Es ist ein viel grö­ße­rer Luft­raum und die Show fin­det über dem gesam­ten Hafen von Bal­ti­more statt.

Collage Blue Angels

Collage Blue Angels 2

Nach dem Ver­las­sen der Nie­der­sach­sen will ich nicht noch ein­mal den gan­zen Weg zum Bus zurück­lau­fen und ent­schei­de mich dafür, das Was­serta­xi nach Fells Point zu neh­men. Lei­der herrscht hier so ein Andrang, dass ich erst ein­mal eine gute hal­be Stun­de war­ten muss. Dann aber geht es los, ein­mal quer über den Hafen.

68 - Water Taxi

Da ich nun schon mal hier bin, schaue ich mich auch in Fells Point kurz um. Die Gegend hier ist geprägt von alten Häu­sern, unter ihnen das älte­ste Gebäu­de von Bal­ti­more. Es gibt vie­le klei­ne Geschäf­te und hüb­sche Wohn­vier­tel. Schon seit 1763 haben sich hier beson­ders deut­sche und pol­ni­sche, aber auch iri­sche Immi­gran­ten nie­der­ge­las­sen. Das mari­ti­me Erbe des Gebiets ist unverkennbar.

Collage Fells Point

Hier wäre ich gern noch ein wenig mehr unter­wegs gewe­sen, doch heu­te bin ich ein­fach zu müde. Aber irgend­wann möch­te ich mich in Fells Point gern noch ein­mal umse­hen. Jetzt aber stei­ge ich in das näch­ste Was­serta­xi, das mich zurück zum Inner Har­bor brin­gen soll.

73 - Red Knolls Lighthouse

74 - Lightship

Mit mei­ner Ankunft am Inner Har­bor ist dann auch die­ses schö­ne Wochen­en­de schon wie­der vor­bei. Hier wer­den bereits die Buden zusam­men­ge­packt und ich mache mich auf zu mei­nem Auto. Ich bin ein­fach geschafft, habe Hun­ger und will mich frisch machen.

In Colum­bia ange­kom­men, leuch­tet der Him­mel auch heu­te in schö­nen Far­ben, wäh­rend ich über die Stra­ße zum Oli­ve Gar­den laufe.

76 - Sunset

Nach einem lecke­ren Essen, siche­re ich noch die Bil­der, bevor ich in Bett fal­le und sofort ein­schla­fe. Mor­gen ist ein neu­er Tag und mor­gen will ich nach New York.

Mei­len: 30
Wet­ter: son­nig; 12–25 Grad
Hotel: Home­wood Sui­tes Colum­bia, $221.71 (2 Nächte)

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