Tag 12: Dienstag, 23. Mai 2017
Odds and Ends – Eastbourne nach Berlin
„Whenever I go to England, I’m on pilgrimage. I walk the countryside around Eastbourne because that’s where Sherlock Holmes retired.” – Laurie R. King
Es ist mein letzter Tag dieser Reise, der heute anbricht. Doch wie immer, habe ich erst einen späten Flug gebucht und so noch viel Zeit mir etwas anzuschauen. Zwar muss ich von Eastbourne noch zum Flughafen, aber auch das wäre ohne Stopp in rund zwei Stunden zu schaffen. Deshalb beschließe ich erst einmal einen kurzen Sparziergang an der Strandpromenade zu machen. Mein nächstes Ziel ist nicht weit entfernt und öffnet erst am späten Vormittag. Ich laufe aus dem Hotel, über die Straße und stehe dann gleich an der Promenade, die hier mit Palmen gesäumt ist. Wüsste ich es nicht besser, ich würde mich fast ein wenig wie in den Tropen fühlen.
Der gepflasterte Boardwalk führt durch die ganze Stadt, immer am Meer entlang. Diesen Weg schlage auch ich ein. Von hier habe ich einen schönen Blick über den Strand bis hin zur 300 Meter langen Seebrücke, die zwischen 1866 und 1872 erbaut wurde, als Eastbourne zum beliebten Seebad aufstieg.
Ich laufe diesmal aber nicht zum Pier, wo ich erst bei meinem letzten Besuch ausführlich war, sondern schlage die entgegengesetzte Richtung ein.
Schließlich erreiche ich den Wish Tower, einen von 74 Türmen entlang der Südküste am Ärmelkanal. Erbaut wurden sie als Verteidigungsstellungen gegen Napoleon in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts.
Ich folge dem Weg noch ein Stück weiter und habe von hier einen schönen Blick auf die ersten Kreidefelsen des Beachy Head, wo ich gestern Abend noch entlang gefahren bin.
Schließlich kehre ich zur Royal Promenade zurück, die hier dem Meer folgt und an der sich die tollen viktorianischen Hotels befinden, um zu meinem Hotel zurückzukehren.
Nach diesem schönen Morgenspaziergang verabschiede ich mich nun endgültig von Eastbourne und breche in Richtung London auf. Mein erster Halt ist aber gar nicht weit entfernt. Michelham Priory ist ein früheres Priorat und gehört heute der archäologischen Gesellschaft von Sussex. 1229 gegründet, wurde das Priorat ebenfalls von Heinrich VIII. im Jahr 1537 aufgelöst. Durch das Torhaus betrete ich das Anwesen.
Michelham Priory besteht heute nur noch aus diesem Haupthaus, denn die Kirche sowie diverse Nebengebäude wurden abgerissen, bevor das Anwesen um 1600 an Thomas Sackville, 1. Earl of Dorset verkauft wurde. Bis ins 20. Jahrhundert bliebt Michelham Priory Privatbesitz und wurde 1942 von kanadischen Truppen als Basis genutzt. Auf Grund einer Stiftung kann das Anwesen heute als Museum geöffnet werden.
Rund um das Haus ist einer schöner Garten angelegt. Ich folge verschiedenen Pfaden und entdecke dabei Kunstwerke, die überall aufgestellt wurden.
Schließlich verlasse ich das Anwesen wieder und kehre zum Auto zurück. Jetzt heißt es erst einmal weiter nach Norden fahren. London kommt immer näher, doch bevor ich auf die Ringautobahn M25 fahre, lege ich noch einen Stopp am Chiddingstone Castle ein.
Das heutige Chiddingstone Castle ist noch ein recht neues Gebäude, erst im 19. Jahrhundert wurde es gebaut, allerdings unter Einbeziehung früherer Gebäude an gleicher Stelle und gehörte für über 300 Jahre der Familie Streatfeild. Richard Streatfeild ließ das erste Haus im 16. Jahrhundert auf dem Anwesen errichten. Das heutige Haus wurde von Henry Streatfeild erbaut. Im Jahr 1900 Zog die Familie jedoch aus und verkaufte das Anwesen 1938 an Lord Astor. Ein weiteres Mal wurde es schließlich 1955 verkauft, diesmal an Denys Eyre Bower, einen früheren Bankangestellten und Antiquitätenhändler, der Chiddingstone Castle so einrichtete, wie es heute zu sehen ist.
Denys Eyre Bower kaufte das Anwesen, um hier seine Sammlungen auszustellen, doch dieser Plan kam erst einmal zu einem abrupten Ende, als er 1957 wegen Mordversuches an seiner Freundin sowie versuchten Selbstmordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. 1962 wurde er jedoch entlassen, nachdem seine Anwältin Ruth Eldridge erfolgreich einen Justizirrtum nachwies. Nach seiner Rückkehr nach Chiddingstone Castle öffnete Bower das Anwesen für Besucher, bis er 1977 verstarb. Chiddingstone Castle vermachte er dem Staat, der die Denys Eyre Bower Stiftung gründete, die das Anwesen noch heute verwaltet.
Nachdem ich mir die verschiedenen Sammlungen angesehen habe, laufe ich noch ein wenig um das Gebäude. Lange halte ich mich aber nicht auf, denn der Himmel hat sich nun komplett zugezogen und ich habe auch noch etwas vor, bevor ich zum Flughafen muss.
Nur wenige Fahrminuten später erreiche ich schließlich die M25, die mich nach Heathrow bringen wird. Bevor ich zum Flughafen fahre, habe ich jedoch noch einen Auftrag zu erledigen. Das Eis ist es nicht, das hole ich mir nur auf dem Weg. Softeis mit Flake mag ich immer wieder gerne.
Dann erreiche ich Windsor, wo ich mich schon auskenne und so auf Anhieb einen Parkplatz finde. Ich laufe hinüber zum Windsor Castle, wo ich dank meines Jahrespasses, in den ich mein Ticket vom Januar umgewandelt habe, kostenlos Zutritt habe. So kann ich an der Kassenschlange vorbeigehen und direkt die Sicherheitsschleuse hinter mich bringen. Dann gehe ich einmal durch die komplette Anlage hindurch. Besichtigen will ich gar nichts, war ich ja erst vor vier Monaten hier. Mein Ziel ist einer der königlichen Shops, wo ich den Auftrag habe, ein Geschenk zu kaufen. In Windsor liegen diese Läden allerdings alle innerhalb der Burg, sodass ich hineingehen musste. Nur in London könnte man in einige Geschäfte so hinein, doch wäre es weitaus umständlicher gewesen, extra deshalb in die Stadt zu fahren. Gleich nach erfolgreichem Einkauf gehe ich wieder hinaus. Das war dann wohl mein kürzester Windsor Castle Besuch.
Jetzt heißt es aber endgültig Abschied nehmen und zurück zum Flughafen fahren. Am späten Nachmittag lande ich bei Sixt, wo ich meinen Volvo abgebe. Das ich mit dieser Anmietung noch meine Freude haben werde, ahne ich noch nicht (dazu mehr im Auto Post). Jetzt bringt mich erst einmal das Shuttle zum Terminal zwei, wo ich bei Eurowings einchecke. Danach geht es zügig durch die Sicherheitskontrolle und schon stehe ich in der Haupthalle des Queens Terminal, wie der Terminal zwei offiziell heißt.
Da ich dieses Mal einen BEST Tarif gebucht habe, darf ich auch in London die Lufthansa Lounge nutzen. Diese ist jedoch ziemlich enttäuschen, weil sie einfach brechend voll ist. Es ist kaum möglich einen Sitzplatz zu finden und auch die Verpflegung ist nicht sonderlich ansprechend. Das, was ich aussuche, schmeckt zwar, ist aber auch so ziemlich alles, was im Angebot ist.
Gegen halb sieben gehe ich schließlich zu meinem Gate und warte auf das Boarding.
Der Einstieg erfolgt pünktlich und ich nehme wieder im BEST Bereich der Maschine Platz. Auch der Rückflug ist nicht ausgebucht, sodass ich eine ganze Reihe für mich habe.
Kurz nach sieben verlässt die Maschine das Gate und macht sich auf den Weg zur Startbahn. In Heathrow ist es immer wieder toll einen Fensterplatz zu haben, denn an kaum einem europäischen Flughafen kann man so viele unterschiedliche Airlines sehen.
Und dann entdecke ich auch noch die Concorde, die hier seit 2002 geparkt ist. G‑BOAB ist eine der Maschinen, die einst für British Airways unterwegs war, doch während viele ihrer Schwestern heute toll renovierte Museumsstücke sind, fristet diese Concorde ein trauriges Dasein. Verschiedene Pläne gab es auch für diesen Flieger, so sollte sie von der Decke des Terminal 5 hängen oder in einem besonderen Museum landen, doch all diese Pläne scheiterten. Und während die Maschine aus der Ferne intakt aussieht, so enthüllte ein Zeitungsartikel doch jüngst, dass man ihr komplettes Innenleben herausgerissen hätte und sich die Ratten und Mäuse im Rumpf tummeln. Momentan steht nicht fest, was mit der Maschine passieren soll, doch es gibt zumindest neue Pläne, sodass auch diese Concorde hoffentlich eines Tages wieder in ganzer Pracht bewundert werden kann.
Nachdem meine Maschine einen kurzen Moment genau vor der Concorde gehalten hatte, rollen wir weiter zur Startbahn und heben kurze Zeit später Richtung Westen ab. Gleich nach dem Start habe ich dann einen schönen Blick auf das Staines und das King George VI. Reservoir.
Dann überfliegen wir auch schon die M25, den Autobahnring rund um London, auf dem ich vor ein paar Stunden noch unterwegs war.
Während der A319 immer höher steigt, entdecke ich plötzlich den Long Walk in Windsor und kann sogar eine kleine Ecke von Windsor Castle erkennen.
Nach dem Erreichen der Reiseflughöhe beginnt der Service an Bord. Wie schon auf dem Hinflug, kann ich mir alles was ich möchte aus der Karte aussuchen. Ich wähle ein Sandwich sowie die Tapas Box.
Auf dem Weg nach Berlin kann ich dann noch den Sonnenuntergang bestaunen.
Gegen 22 Uhr erreicht die Maschine schließlich Berlin und nach einer großen Kurve fliegen wir den Flughafen Tegel von Osten an, sodass ich einen schönen Blick über die Innenstadt habe.
Pünktlich setzt der A319 in Berlin-Tegel auf und damit ist eine weitere schöne Reise nach England zu Ende.
Meilen: 107
Wetter: heiter, später bedeckt, 11–18 Grad