Tag 3: Mittwoch, 26. April 2023
Quer durch die Gamla Stan – Stockholm, Schweden – Teil 2
„Fahre in die Welt hinaus. Sie ist fantastischer als jeder Traum.” – Ray Bradbury
Das mit dem Uber fahren klappt hier in Stockholm ganz wunderbar. Der Fahrer bringt uns vom Rathaus direkt zum Schloss und setzt uns vor dem Haupteingang ab. Errichtet wurde das Gebäude zwischen 1697 und 1760 und ist ein Meisterwerk des Barock. Die vierflügelige Anlage beherbergt heute verschiedene Museen, wird aber auch noch zu repräsentativen Zwecken vom Königshaus genutzt. An der Stelle, an der heute das Schloss steht, stand übrigens die abgebrannte Burg „Drei Kronen”, die auch an den Wänden des Rathauses verewigt war.
Direkt vor dem Schloss befindet sich der Paradeplatz, eingerahmt von zwei Gebäuden, in denen die Palastgarden ihre Räume haben. Hier findet auch die tägliche Wachablösung statt, die bei unserem Besuch gerade vorbereitet wird.
Uns zieht es jetzt erst einmal in die Gassen der Gamla Stan, der Altstadt von Stockholm. Die relativ kleine Insel war über Jahrhunderte das eigentliche Stockholm, die anderen Stadtbezirke eher ländlich. So gibt es hier auch viele enge Gassen, die heute größtenteils Fußgängerzone sind. Noch heute verbirgt sich hinter vielen Gebäuden mittelalterliches Mauerwerk, denn über die Jahrhunderte wurden oft nur die Fassaden verändert.
Wir gelangen zum Stortoget Platz, an dem sich die alte Stockholmer Börse befindet. Gegründet wurde sie bereits 1863 und war bis 1998 in diesem repräsentativen Gebäude ansässig. Nach dem Auszug wurde das Gebäude Teil der schwedischen Akademie und beherbergt heute das Nobelpreis-Museum sowie die Nobelbibliothek.
Für uns geht es weiter durch die Gassen der Gamla Stan. Hinter einer Ecke kann ich den Turm der Nikolaikirche entdecken, die eine der zwei bedeutendsten Kirchen der Altstadt ist. Die Domkirche Stockholms wurde bereits 1279 erstmalig erwähnt, ihr heutiges Aussehen geht aber größtenteils auf einen Umbau im 17. Jahrhundert zurück.
Die Gamla Stan ist aber nicht nur für ihre historischen Gebäude berühmt, auch für einen Einkaufsbummel eignet sie sich perfekt. Bereits im 19. Jahrhundert wurde damit begonnen, in viele der Häuser große Schaufenster einzubauen und hinter denen verbergen sich noch heute allerhand interessante Geschäfte.
Die zweite bedeutende Kirche der Altstadt ist die Tyska Kyrka, die deutsche Kirche. Erbaut wurde sie zwischen 1639 und 1643 und gehört noch heute zur 1571 gegründeten deutschen Gemeinde. Gekrönt wird das Gotteshaus von einem 96 Meter hohen Turm, der das höchste Gebäude der Altstadt ist. Der Gottesdienst in der Kirche wird in deutscher Sprache, aber nach schwedischer Gottesdienstordnung abgehalten.
Während sich das Wetter zu Beginn unseres Rundgangs noch eher bedeckt zeigte, kommt jetzt plötzlich die Sonne heraus. So beschließen wir auf dem Rückweg zum Schloss nochmals am Stortoget Platz und der alten Börse vorbeizugehen, denn mit Sonne sehen die Fotos doch gleich viel schöner aus.
Zurück am Schloss begeben wir uns auf die andere Seite des riesigen Gebäudes, wo sich ein kleiner Schlossgarten befindet. Auf dem begrenzten Raum der Gamla Stan war für eine Parkanlage kein Platz, sodass dieses kleine Stück Land der einzige Garten des Palastes ist.
Während wir gerade weitergehen wollen, wird hinter uns plötzlich die Straße abgesperrt und schon einen Moment später können wir den Grund erkennen, die Wachablösung hat begonnen. Es freut uns besonders, dass wir die Soldaten in ihren historischen Uniformen nun doch noch sehen können, denn direkt vor dem Schloss war überhaupt kein guter Platz mehr zu bekommen.
Die königliche Garde ist eine Ehrengarde und für den Schutz der königlichen Familie zuständig. Bereits seit 1523 bewacht sie auch das königliche Schloss und nimmt an offiziellen Zeremonien, wie zum Beispiel bei Staatsbesuchen, teil.
Läuft man weiter um den Palast herum, kommt die kleine Insel Helgeandsholmen ins Blickfeld, auf der das markanteste Gebäude der schwedische Reichstag ist. Das heutige Gebäude wurde zwischen 1897 und 1905 errichtet und aus Platzgründen zwischen 1980 und 1983 grundlegend umgebaut und erweitert. Noch heute tagt in diesem Gebäude das schwedische Parlament.
Von der Seite können wir auch schön den Neubau sehen, der aus den alten Mauern herausragt. Um den Bau des modernen Plenarsaals zu ermöglichen, wurde das alte Reichsbankgebäude in den Reichtagskomplex mit einbezogen und der westliche Teil aufgestockt.
Von der Stallbron Brücke, über die ein Zugang zum Reichstag führt, haben wir nochmal einen schönen Blick über das Wasser zum Rathaus, wo unser Stockholm Besuch heute Morgen begonnen hat.
Nun heißt es schon wieder Abschied zu nehmen. Ein Tag ist einfach viel zu kurz, um alles von der Stadt zu sehen. Ich war ja schon einmal in Stockholm und meine Mitreisenden müssen wohl nochmal wiederkommen, wenn sie noch mehr von der Stadt erkunden wollen. Für heute bestelle ich uns erst einmal ein weiteres Uber, das uns zum Schiff zurückbringt.
Wieder an Bord gibt es für uns ein spätes Mittagessen und dann ruhen wir uns ein wenig von unserem Stockholm Tag aus. An Deck wird derweil schon alles für die Sail Away Party vorbereitet, denn die Fahrt durch die Schären von Stockholm ist eines der Highlights einer solchen Kreuzfahrt.
Was haben wir doch ein Glück mit dem Wetter heute! Nachdem es am Morgen noch düster und bedeckt war, scheint inzwischen die Sonne. So steht einer tollen Fahrt durch die Stockholmer Schären nichts mehr im Wege. Ich bin schon kurze Zeit später wieder an Deck und drehe eine kleine Runde um das Schiff, um zu fotografieren. Vor unserem Bug kann ich eine Fähre ausmachen, die gerade auf dem Weg zum Anleger ist.
Hinter uns liegt die MS Hamburg von Plantours Kreuzfahrten, die ich bereits 2019 in Hamburg besichtigt habe. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht ahnen, dass ich das Schiff nur drei Monate später an der Elbe für eine Kreuzfahrt wiedersehen sollte. Doch davon erzähle ich in einem anderen Reisebericht.
Jetzt genieße ich erst einmal noch den Blick auf Stockholm mit dem Gröna Lund Park im Vordergrund und der Gamla Stan weiter hinten.
Schön vom Heck der AIDAmar zu erkennen ist das Kastellet, eine kleine Zitadelle auf der Insel Kastellholmen. Eine Festung gab es auf der Insel schon seit 1667, doch das letzte Vorgängergebäude explodierte 1845, sodass ein Neubau geplant werden musste. Zwischen 1846 und 1848 entstand schließlich dieses Gebäude aus rotem Backstein, das bis 1990 vom Militär genutzt wurde. Auf der Spitze des Turms wird übrigens jeden Tag die schwedische Flagge gehisst, als Zeichen dafür, dass die Nation im Frieden ist.
Ich laufe an Deck ein Stück weiter und schon habe ich wieder einen anderen Ausblick. Die Halbinsel Djurgården rückt in mein Blickfeld. Auf dem Hügel hinter den schönen Villen befindet sich das Freilichtmuseum Skansen und dessen höchster Punkt ist der Aussichtsturm Bredablick.
Schön zu erkennen ist von meiner Position auch die italienische Botschaft, die sich in einem Landsatz namens Oakhill befindet. Der Name stammt vom Sommersitz des englischen Admirals Sir Thomas Baker, der sich hier in den 1820er Jahren ein Haus erbauen ließ. Das heute Gebäude stammt allerdings aus dem Jahr 1907 und wurde für Prinz Wilhelm von Schweden errichtet. Bereits 1926 erwarb Italien das Palais und nutzt es seitdem als Botschaft in Schweden.
In unmittelbarer Nachbarschaft sind über die Jahre noch weitere schöne Villen entstanden, die eine fantastische Aussicht auf das Wasser bieten.
Inzwischen ist die Gabriella, eine Fähre der Viking Line, am Anleger hinter uns angekommen. Und während dieses Schiff gerade anlegt, bereiten wir uns auf das Auslaufen vor.
Noch schnell ein letzter Blick zurück zur Gamla Stan. Schön zu erkennen sind sowohl die Türme der deutschen Kirche als auch der Nikolaikirche und natürlich der Rathausturm.
Dann heißt es aber „Leinen los” und die AIDAmar verlässt den Anleger in Stockholm. Schön war es noch einmal hier zu sein und meiner Familie die Stadt ein wenig näherbringen zu können. Nun aber freuen wir uns auf die Fahrt durch die Stockholmer Schären.
Die ersten Ausblicke erkenne ich noch vom Einlaufen wieder, jetzt liegen die Gebäude jedoch in schönstem Sonnenlicht und so drücke ich natürlich nochmals auf den Auslöser, als wir langsam am Stadtteil Danviken vorbeifahren. In dem schön restaurierten Backsteinbau am Ufer befindet sich heute ein Hotel, drumherum ist ein ganzes Wohnviertel entstanden.
Jetzt kann ich auch die gewaltigen Ausmaße des Danvikshem Gebäudes besser erkennen, das heute als Pflegeheim genutzt wird.
Der Blick zurück zeigt, dass sich die MS Hamburg noch immer am Dock befindet. Das Schiff läuft wohl etwas später aus, aber wir sollen es auf dieser Reise noch einmal treffen.
Der Platz am Heck, den wir für die Fahrt durch die Schären eingenommen haben, erweist sich als goldrichtig. Hier gibt es keine Scheiben, die beim Fotografieren stören, und trotzdem kann ich schnell von backbord nach Steuerbord und zurück wechseln. So entdecke ich auch die Ölmühle von Waldemarsudde, die 1784 zur Leinölproduktion erbaut wurde.
Neben historischen Orten sind am Ufer immer wieder schöne Villen zu sehen, von denen einige in Privathand und andere öffentlich zugänglich sind.
Ein Stück weiter entdecke ich an einem Anleger das Lightship Biskopsudden und so langsam verlassen wir auch den Großraum Stockholm. Die Gebäude am Ufer werden weniger und teilweise ist sogar das nackte Gestein zu sehen. Doch dann erhebt sich ein großes gelbes Gebäude vor meinen Augen, das ich mit der Kamera festhalte. Erbaut wurde es 1864 als Schulgebäude und diese Funktion hat die sogenannte Manillaskolan auch heute noch inne. Eine weitere Villa, die ich entdecke, ist Täcka Udden, die um 1870 für einen Kaufmann erbaut wurde, aber heute der SEB Bank gehört. Mit ihren Türmchen ist sie einfach nicht zu übersehen.
Nach einer Weile blicke ich noch einmal zurück – ein letztes Mal ist die Silhouette von Stockholm im Abendlicht zu sehen, bevor sie hinter einer Biegung aus meinem Blickfeld verschwindet.
Vor uns liegen nun noch so einige Seemeilen Fahrt durch die Schären und bei diesem traumhaften Wetter macht das einfach nur Spaß. Es ist zwar etwas frisch, aber am Heck sind wir doch recht windgeschützt und so genieße ich die Ausblicke auf die zahlreichen Inseln zu beiden Seiten des Schiffs.
Das Gebiet, das wir hier durchfahren, wird offiziell der Stockholmer Schärengarten genannt. Der Schärengarten ist das größte zusammenhängende Inselgebiet Schwedens und das zweitgrößte in der gesamten Ostsee. Rund sechzig Kilometer erstreckt sich das Gebiet mit seinen rund 24.000 Inseln nach Osten und eine Durchfahrt dauert mehrere Stunden.
Neben Kreuzfahrtschiffen wird diese Strecke auch von Fähren regelmäßig genutzt. Die Durchfahrt ist der einzige Weg, um Stockholm zu Wasser zu erreichen. Doch Achtung, die ganz großen Cruiseliner können die Strecke nicht fahren, da einige der Kurzen und Engstellen dafür nicht ausgelegt sind. So legen diese Schiffe schon vor der Einfahrt in den Schärengarten an. Für Schiffe von der Größe der AIDAmar ist es aber kein Problem durch diese wunderbare Inselwelt zu fahren, die man so nur vom Schiff erleben kann.
Einige der Inseln sind aber auch vom Land zu erreichen. So gibt es teilweise Brücken oder aber Fährverbindungen, von denen ich einige entdecken kann.
Ein ganz besonderes Erlebnis auf der Fahrt durch die Schären ist noch die Passage durch die sogenannte Ochsentiefe. Die Meerenge ist an ihrer schmalsten Stelle gerade mal 180 Meter breit und zwischen 17 und 38 Meter tief. Das Gebiet hatte schon immer eine strategische Bedeutung, denn wer nach Stockholm wollte, der musste hier vorbei. So wurde hier 1735 die Festung Fredriksborg errichtet, um die Meerenge besser verteidigen zu können.
Zwischen 1870 und 1877 wurde auf der gegenüberliegenden Seite eine weitere Festung erbaut, um Stockholm noch besser beschützen zu können. Bis 1925 blieben die beiden Festungen in Betrieb, heute können sie besichtigt werden.
Mit einem letzten Blick auf die Ochsentiefe verlassen wir da Heck. Es ist inzwischen empfindlich kalt geworden und wir haben schon mehr als zwei Stunden hier ausgeharrt. Inzwischen meldet sich auch der Hunger, sodass wir erst einmal zum Abendessen gehen.
Nach dem Essen genieße ich die Fahrt noch ein wenig von meinem Balkon, doch so langsam wird es dunkel und das letzte Stück werden wir wohl nicht mehr mitbekommen.
Immerhin bekomme ich noch etwas Landschaft zu sehen, bevor es endgültig dunkel wird. Will man die volle Fahrt genießen, muss man wohl eher im Juni zur Sommersonnenwende kommen, wenn es kaum noch dunkel wird hier oben im Norden.
Da es nun draußen nichts mehr zu sehen gibt, beschließe ich auch heute Abend wieder die AIDA Prime Time zu besuchen. Zu Gast ist dieses Mal der Braumeister der AIDAmar, der interessante Einblicke in die Kunst des Bierbrauens auf einem Kreuzfahrtschiff gibt.
Während der Show gehe ich allerdings nochmal kurz an Deck, denn den Sonnenuntergang will ich mir heute doch nicht entgehen lassen. Und hat sich, wie ich finde, auch richtig gelohnt.
Im Anschluss an die Prime Time gibt es im Theatrium wieder eine Show, die heute viel Akrobatik beinhaltet. Ein wenig schaue ich noch zu, doch bald fallen mir die Augen zu. Es war ein langer Tag und morgen steht ein weiterer Hafen an, sodass ich mich recht bald auf meine Kabine zurückziehe.
Wetter: bedeckt, später heiter, 5 bis 11 Grad