Beyond the Sea – mit der AIDAmar von Warnemünde nach Schweden

Tag 3: Mitt­woch, 26. April 2023
Preis­ver­lei­hung – Stock­holm, Schwe­den – Teil 1

„Fah­re in die Welt hin­aus. Sie ist fan­ta­sti­scher als jeder Traum.” – Ray Bradbury

Als wir heu­te Mor­gen in die Stock­hol­mer Schä­ren ein­fah­ren, schlum­mern wir noch tief und fest. Aber ver­pas­sen tun wir da eh nicht viel. Erstens ist es noch dun­kel und zwei­tens auch sehr bedeckt. Als ich auf­wa­che, sehe ich das Land erst­mals am Bal­kon­fen­ster vor­bei­zie­hen. Und das ist ja das Schön­ste am Bal­kon, man kann mal die Tür öff­nen und gleich schauen.

Durch das düste­re Wet­ter sieht die Küste zunächst aller­dings recht trost­los aus. Die Bäu­me sind auch noch recht kahl, sodass sich kein beson­ders foto­ge­nes Gesamt­bild ergibt. Kur­ze Zeit spä­ter rücken die ersten Wohn­ge­bie­te der Vor­or­te von Stock­holm in das Blickfeld.

Der erste Blick auf Söder­malm, eine der Inseln, auf denen Stock­holm liegt, ist auch nicht so erbau­end. Der Him­mel ist immer noch wol­ken­ver­han­gen und grau. Das muss unbe­dingt bes­ser wer­den, sonst macht das heu­te kei­nen Spaß.

Die letz­ten mar­kan­ten Gebäu­de bevor wir anle­gen sind das ehe­ma­li­ge Müh­len­ge­bäu­de Kvar­nen Tre Kro­nor, das 2021 saniert und zu Woh­nun­gen umge­baut wur­de. Eben­falls gut zu sehen ist das Dan­viks­hem Gebäu­de, das zwi­schen 1912 und 1915 auf den Grund­mau­ern eines uralten Kran­ken­hau­ses erbaut wur­de. Heu­te wird das Gebäu­de als Pfle­ge­heim genutzt.

Ein erster Hoff­nungs­strahl, aka Son­nen­strahl, scheint schließ­lich auf den Ver­gnü­gungs­park Grö­na Lund. Gegrün­det wur­de der Park, zu dem neben Fahr­ge­schäf­ten auch Thea­ter und Büh­nen gehö­ren, bereits 1883 und war bis 2001 in Fami­li­en­hand. Die Fahr­ge­schäf­te sind jedes Jahr von Ende April bis Mit­te Sep­tem­ber geöffnet.

Wäh­rend sich die AIDA­mar lang­sam zum Anle­gen in Posi­ti­on bringt, habe ich noch einen schö­nen Blick auf den Stadt­teil Dan­vi­ken mit sei­nen frisch sanier­ten histo­ri­schen Gebäuden.

Und dann rückt auch noch die Gam­la Stan in mein Blick­feld. Die histo­ri­sche Alt­stadt von Stock­holm liegt auf einer klei­nen Insel und ist das Zen­trum der schwe­di­schen Haupt­stadt. Hier wol­len auch wir heu­te auf Ent­deckungs­tour gehen, oder bes­ser gesagt, ich möch­te sich mei­ner klei­nen Rei­se­grup­pe näher­brin­gen, denn ich habe Stock­holm schon 2019 aus­gie­big erkundet.

Nach­dem wir am Mast­ham­nen Crui­se Ter­mi­nal fest­ge­macht haben, geht es für uns erst noch zum Früh­stück. Wir kön­nen uns Zeit las­sen, denn einen Aus­flug haben wir nicht gebucht. Statt­des­sen habe ich beschlos­sen, mei­nen Rei­se­be­glei­tun­gen Stock­holm selbst zu zei­gen. So kön­nen wir uns auch in unse­rem eige­nen Tem­po fortbewegen.

Ein­mal von Bord öff­ne ich die Uber App und bestel­le uns ein Fahr­zeug zum Hafen. Das klappt auch wun­der­bar und so wer­den wir zügig zu unse­rem ersten Ziel, dem Rat­haus von Stock­holm gebracht. Das Rat­haus ist einer der weni­gen Orte, für den auf mei­ner letz­ten Rei­se kei­ne rech­te Zeit mehr blieb. Und so habe ich mei­ne Rei­se­grup­pe gefragt, ob Inter­es­se bestehen wür­de. Da das bejaht wur­de, habe ich die­ses beson­de­re Gebäu­de als unse­ren ersten Stopp auserkoren.

Das Sta­dshus von Stock­holm liegt auf der Insel Kungs­hol­men, der Königs­in­sel, einem wei­te­ren Stadt­teil der schwe­di­schen Haupt­stadt. Von hier haben wir einen schö­nen Blick hin­über zur Gam­la Stan und zur Insel Södermalm.

An der Stel­le, wo heu­te das Rat­haus steht, habe es bis 1878 eine dampf­ge­trie­be­ne Müh­le, die durch ein Feu­er zer­stört wur­de. Eine gan­ze Zeit lag das Grund­stück anschlie­ßend brach, doch als ein Ort für das neue Rat­haus gesucht wur­de, kam die­se ein­ma­li­ge Lage ins Gespräch. Schließ­lich wur­de zwi­schen 1911 und 1923 das neue Rat­haus nach Plä­nen von Rag­nar Öst­berg im Stil der schwe­di­schen Natio­nal­ro­man­tik erbaut.

Das Rat­haus selbst ist recht­eckig kon­zi­piert und um einen Innen­hof ange­legt, in den auch wir uns nun bege­ben. Von allen Sei­ten gut zu sehen ist der 106 Meter hohe Rat­haus­turm, der 2,5 Mil­lio­nen Back­stei­nen erbaut wur­de und dadurch rund 24.000 Ton­nen schwer ist. Bis in sei­ne Spit­ze füh­ren genau 365 Stu­fen, die im Som­mer auch erklom­men wer­den kön­nen. Auf der Spit­ze zu sehen sind drei Kro­nen, die an das 1697 bei einem Brand zer­stör­te Stadt­schloss Drei Kro­nen erin­nern sollen.

Bei unse­rem Rund­gang im Innen­hof ent­decken wir auch immer wie­der klei­ne Details, die die­ses ein­ma­li­ge Gebäu­de aus­ma­chen. Doch wir wol­len natür­lich mehr sehen und so kau­fen wir uns Tickets für die näch­ste Füh­rung durch das Rathaus.

Lan­ge müs­sen wir nicht war­ten, bis unse­re Füh­rung durch das Gebäu­de beginnt. Gestar­tet wird in der soge­nann­ten blau­en Hal­le, einem über­dach­ten Innen­hof. Wer sich nun über den Namen wun­dert, der ist nicht allein, denn von der Far­be Blau ist hier so gar nichts zu sehen. Das liegt dar­an, dass die Wän­de eigent­lich ver­putzt und blau gestri­chen wer­den soll­ten. Kurz vor dem Beginn der Arbei­ten änder­te der Archi­tekt jedoch sei­ne Mei­nung (das übri­gens nicht das ein­zi­ge Mal) und so blie­ben die Wän­de im unver­putz­ten Back­stein bestehen. Der Name jedoch blieb.

Die präch­ti­ge Hal­le dürf­te vie­len Besu­chern auch aus dem Fern­se­hen bekannt sein, denn hier fin­det in jedem Jahr das Ban­kett anläss­lich der Ver­lei­hung der Nobel­prei­se statt.

Für uns geht es jetzt jene Trep­pe hin­auf, die auch die Nobel­preis­trä­ger hin­un­ter­schrei­ten, wenn sie zum Gala­es­sen emp­fan­gen wer­den. Das ist schon ein tol­ler Moment ein­mal selbst auf die­sen Stu­fen zu ste­hen, die man schon so oft im Fern­se­hen betrach­ten konnte.

Nach­dem wir die blaue Hal­le ver­las­sen haben, tau­chen wir tie­fer in das Gebäu­de ein. Das Rat­haus ist auch heu­te noch der Sitz der Stadt­ver­wal­tung und des Stadt­par­la­ments. Rund drei­hun­dert Men­schen arbei­ten hier und es fin­den jedes Jahr unzäh­li­ge Ver­an­stal­tun­gen statt. Im Jahr 2023 fei­ert das Rat­haus übri­gens auch sei­nen ein­hun­dert­sten Geburtstag.

Zunächst geht es vor­bei an eini­ge reprä­sen­ta­ti­ven Räu­me, die für ver­schie­de­ne Ver­an­stal­tun­gen genutzt wer­den. Auch Hoch­zei­ten fin­den regel­mä­ßig im Rat­haus statt und die weni­gen Ter­mi­ne sind heißbegehrt.

Neben der blau­en Hal­le einer der präch­tig­sten Räu­me des Gebäu­des ist der Råd­sa­len, der Rats­saal. Hier tagt alle drei Wochen das Stock­hol­mer Stadt­par­la­ment. Die Möbel wur­den vom bekann­ten schwe­di­schen Archi­tek­ten Carl Malm­sten ent­wor­fen und die Tex­ti­li­en stam­men von Maja Sjöström.

Beson­ders beein­druckend ist auch die Dach­kon­struk­ti­on in die­sem Raum. Sie ist offen gestal­tet, sodass die Fach­werk­trä­ger zu sehen sind. Das Gesamt­bild soll an die Wikin­ger­zeit erin­nern. Das Blau in der Mit­te ist übri­gens nicht der rea­le Him­mel, son­dern eine gemal­te Kopie, die dem Raum noch mehr als die 19 Meter Decken­hö­he verleihen.

Wir durch­lau­fen ein wei­te­res Emp­fangs­zim­mer vor dem Rats­saal, bevor es wei­ter in den unte­ren Teil des gro­ßen Turms geht. Die Bestei­gung ist uns lei­der ver­wehrt, denn die ist nur im Som­mer möglich.

Aber auch der Sockel des 106 Meter hohen Rat­haus­turms ist inter­es­sant anzu­se­hen. Genannt wird die­ser Raum die Gruft der Hun­dert und ist durch jeweils eine Trep­pe mit dem Rats­saal und dem Für­sten­saal ver­bun­den. Der Name stammt aus dem ursprüng­li­chen Ent­wurf des Archi­tek­ten, der vor­sah, an den Wän­den hun­dert bedeu­ten­de Per­sön­lich­kei­ten aus dem Stadt­rat zu ver­ewi­gen, doch dazu kam es zur Ent­täu­schung von Öst­berg nie.

Beson­ders inter­es­sant ist die Kup­pel des Rau­mes, die von der isla­mi­schen Archi­tek­tur inspi­riert wur­de. Das Loch in der Mit­te hat­te aber auch einen prak­ti­schen Zweck, denn so konn­ten die Glocken in den Turm geho­ben wer­den. Zuge­mau­ert wur­de das Gewöl­be erst 1917 und dann mehr­mals umge­stal­tet, was nicht unge­wöhn­lich bei Öst­bergs Arbei­ten war.

Über eine Trep­pe geht es jetzt wei­ter in die Staats­eta­ge. Der erste Raum, den wir besich­ti­gen, ist das Oval. Hier fin­den sehr oft Trau­un­gen statt. Der recht klei­ne Raum ist mit fünf Wand­tep­pi­chen aus­ge­stat­tet, die 1914 vom Rats­aus­schuss ange­kauft wur­den. Her­ge­stellt wur­den die Tep­pi­che aber schon 1690 in der fran­zö­si­schen Stadt Beau­vais und hin­gen lan­ge im Schloss Tureholm.

Die Für­sten­ga­le­rie ist der drit­te der vier präch­ti­gen Säle im Rat­haus. Der gesam­te Raum ist 45 Meter lang und ein Teil wird durch fünf­zehn schwar­ze Dop­pel­säu­len abgetrennt.

Beson­ders wert­voll ist das Gemäl­de an der Nord­wand der Für­sten­ga­le­rie, denn es wur­de von Prinz Eugen, dem Bru­der von König Gustav V., gestal­tet. Zwi­schen 1917 und 1923 arbei­te­te er an dem Werk, das die Aus­sicht aus den Süd­fen­stern dar­stel­len sol­len. Die Bil­der soll­ten aber nie rea­li­stisch sein, da sie nicht mit der rea­len Aus­sicht kon­kur­rie­ren sollten.

Für uns geht es nun wei­ter durch eini­ge klei­ne­re Räu­me, von denen einer ein wei­te­res Oval gleich hin­ter der Für­sten­ga­le­rie ist.

Der zwei­te Raum ist der Drei-​Kronen-​Saal, der für klei­ne­re Zusam­men­künf­te genutzt wird. Er grenzt direkt an den Gol­de­nen Saal, ein wei­te­res High­light des Gebäudes.

Der gol­de­ne Saal ist ein 44 Meter lan­ger Ban­kett­saal, der einem den Atem raubt, wenn man ihn zum ersten Mal betritt. Geschaf­fen wur­de die­ses Gesamt­kunst­werk aus 18,6 Mil­lio­nen Mosa­ik­stein­chen aus Glas und Gold, die zwi­schen 1921 und 1923 von der berühm­ten Mosa­ik­fir­ma Puhl&Wagner in Ber­lin geschaf­fen wur­den. Gestal­tet wur­de das Mosa­ik vom damals noch sehr jun­gen Künst­ler Einar Fors­eth und zeigt Ereig­nis­se und Per­so­nen aus der Geschich­te Schwedens.

Über dem Zugang, durch den wir in den Saal gekom­men sind, ist die histo­ri­sche Burg Drei Kro­nen zu sehen, das ehe­ma­li­ge Stadt­schloss von Stock­holm. Dar­über ist der hei­li­ge Erich ohne Kopf zuse­hen. Das war übri­gens ein Ver­se­hen, denn das Mosa­ik war ein­fach zu groß. Man hat­te ver­ges­sen, den Boden­sockel mit ein­zu­be­rech­nen. Aus Kosten- und Zeit­grün­den wur­de die­ser Feh­ler jedoch nicht mehr abge­än­dert und so ist der hei­li­ge Erich bis heu­te kopflos.

Auf der lin­ken Sei­te des Durch­gangs sind bekann­te Bau­wer­ke aus Stock­holm zu sehen, dar­un­ter der Hafen, der Katha­ri­nen­auf­zug sowie die Kir­che auf Rid­dar­holm. Auf der rech­ten Sei­te ist hin­ge­gen das Rat­haus selbst zu sehen.

Die Nord­wand wird hin­ge­gen von einer Figur betont, der Köni­gin von Mälar. So wird Stock­holm seit min­de­stens 1860 auch genannt und das bezieht sich auf die domi­nie­ren­de Lage der Stadt am öst­li­chen Teil des Mälar­sees. In den Hän­den hält die Köni­gin, die inzwi­schen ein Sym­bol für Stock­holm ist, das Zep­ter und die Kro­ne. Auf ihrem Schoß sind das Stock­hol­mer Rat­haus, das Stadt­schloss sowie die gro­ße Kir­che zu sehen.

Zur Rech­ten der Köni­gin reprä­sen­tiert ein Wand­bild die west­li­che Welt. So sind hier der Eif­fel­turm oder auch die Wol­ken­krat­zer sowie die Frei­heits­sta­tue in New York zu sehen.

Das Bild zur Lin­ken zeigt hin­ge­gen die öst­li­che, exo­ti­sche Welt des Ori­ents. So gibt es etwa eine Moschee und einen Indi­schen Elefanten.

Zum Abschluss schau­en wir uns noch ein Modell des Rat­hau­ses an, das in der Vor­hal­le beim Ein­gang auf­ge­stellt ist. Hier kann man noch­mals schön die Dimen­sio­nen des impo­san­ten Gebäu­des ausmachen.


Für uns neigt sich der Besuch des Stock­hol­mer Rat­hau­ses damit dem Ende zu und ein wei­te­res Uber holt uns ab, um uns in die Gam­la Stan zu brin­gen. Von unse­ren Ent­deckun­gen in der Alt­stadt erzäh­le ich im zwei­ten Teil die­ses Tagesberichtes.

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