Stadtrundgang durch Stettin (Szczecin), Polen
Stettin – die Stadt des Greifen, war früher die Hauptstadt des Herzogtums Pommern unter der Herrschaft der Herzöge aus der Dynastie der Greifen. Heute gehört die Stadt zu Polen und ist Hauptstadt der Woiwodschaft Zachodniopomorskie und die größte Stadt in Westpommern. Auf einem Stadtrundgang habe ich mir die schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt angesehen.
Ich starte meinen Stadtrundgang am Courtyard by Marriott Hotel, in dem ich während meines Besuchs von Stettin wohne. Gleich gegenüber des Hoteleingangs steht das alte Berliner Tor. Das im 18. Jahrhundert erbaute Stadttor gehörte einst zur Festung Stettin. Über dem Tor befindet sich das Wappen des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I., unter dessen Regentschaft es erbaut wurde.
Mein Weg führt mich als nächstes zum ehemaligen Palast des Pommerschen Landtages. Das Gebäude wurde 1726 bis 1729 auf Anordnung König Friedrich Wilhelm I. erbaut und sollte zunächst als Sitz der pommerschen Landesständeversammlung dienen. Nach dem Ende der Monarchie wurde das Haus saniert und 1926 bis 1927 zu einem Museum umgebaut. Heute ist es eine Dependance des Nationalmuseums Stettin und beherbergt die alte Kunstgalerie.
Ganz in der Nähe befindet sich noch ein weiteres Stadttor, das Königstor. Es war ebenfalls Teil der Festung Stettin und zeigt in einer Kartusche den preußischen Adler.
Schräg hinter dem Tor befindet sich dagegen ein ganz modernes Gebäude, das aber ebenso sehenswert ist, die Philharmonie von Stettin. Die Philharmoniker wurden bereits 1948 in Stettin gegründet, traten jedoch bis 2014 im Rathaus der Stadt auf. Erst zwischen 2011 und 2014 wurde die neue Philharmonie nach Plänen der spanisch-italienischen Architekten Alberto Veiga und Fabrizio Barozzi erbaut.
Das historische Gebäude nebenan ist hingegen Sitz der Polizeikommandatur von Westpommern. Das Haus im neugotischen Stil wurde zwischen 1902 und 1905 errichtet.
Ein weiteres schönes Bauwerk, das sich in Sichtweite der Philharmonie befindet, ist die St. Peter und Paul Kirche. Ein erstes Gotteshaus wurde an dieser Stelle bereits 1124 erbaut und war wahrscheinlich das älteste religiöse Gebäude in Stettin. Mit dem Backsteinbau wurde zwischen 1223 und 1237 begonnen. Bis 1460 entstand schließlich eine Kirche, die 1534 protestantisch wurde. Auch in den folgenden Jahrhunderten gab es immer wieder Umbauten, die letzten erst im Jahr 1901, als das Gotteshaus seinen neugotischen Giebel mit den Zinnen bekam.
In die Kirche hinein kann ich leider nicht, aber es gibt immerhin ein Guckloch, das mir einen Blick in das Kirchenschiff gewährt. Was ich so aber nicht gut sehen kann, ist die einzigartige Deckenbemalung. Sie kann ich aus meinem Blickwinkel nur erahnen.
Für mich geht es nun weiter zum wohl bekanntesten Ort von Stettin, der Hakenterrasse. Das fünfhundert Meter lange Ensemble am Ufer der Oder entstand zwischen 1900 und 1914 auf dem Gelände des ehemaligen Fort Leopold und wurde nach dem langjährigen Oberbürgermeister von Stettin, Hermann Haken, benannt.
Geplant wurde die Terrasse durch Stadtbaurat Wilhelm Meyer-Schwartau und vollständig aus Sandsteinblöcken gebaut. Über zwei geschwungenen Treppen gelangt man auf die obere Ebene, an den Seiten wird die Anlage durch zwei wuchtige Leuchter flankiert, die an kleine Leuchttürme erinnern.
In der Mitte, zwischen den beiden Treppenaufgängen, liegt die Springbrunnengrotte. Während meines Besuchs war der Brunnen allerdings außer Betrieb und scheint es auch schon längere Zeit gewesen zu sein.
In Stein geschlagen ist auch der Name „Haken-Terrasse” sowie die Baujahre 1902 bis 1907. Alles ist in deutscher Sprache erhalten.
Auch den preußischen Adler gibt es weiterhin. Was allerdings verändert wurde, sind die Namen der Hansestädte am Geländer. Die sind inzwischen nicht nur in polnischer Sprache geschrieben, sondern einige Orte auch verschwunden.
Auf dem Halbrund vor dem heutigen Nationalmuseum, das bereits 1913 bis 1945 als Stadtmuseum genutzt wurde, steht die Skulptur „Herkules im Kampf mit Nessos”, die 1913 von Karl Ludwig Menzel geschaffen wurde.
Von der Hakenterrasse habe ich einen schönen Panoramablick auf die Westoder, an der sich auch der Stettiner Hafen befindet.
Gleich neben dem Nationalmuseum befindet sich ein weiterer prächtiger Bau, das einstige Regierungsgebäude des Regierungsbezirks Stettin. Erbaut wurde es zwischen 1906 und 1911 und beherbergt heute die Verwaltung der Woiwodschaft Westpommern.
Auf meinem Weg zum Ufer der Oder stoße ich einmal mehr auf den roten Weg, der sich durch die gesamte Innenstadt schlängelt. Er führt in 42 Stationen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und wer will, kann auch gänzlich dieser Route folgen.
Für mich geht es nun also direkt an das Oderufer, dessen Uferpromenade in Teilen erst kürzlich neu gestaltet wurde. Der 840 Kilometer lange Fluss, der in Teilen auch die deutsch-polnische Grenze bildet, mündet nördlich der Stadt in das Oderhaff, auch Stettiner Haff genannt.
Am Ufer zu finden sind unterschiedliche Skulpturen, von denen einige nautische Gerätschaften darstellen und andere an Persönlichkeiten erinnern.
Der Uferweg ist besonders in der warmen Jahreszeit zu empfehlen, denn dann öffnen hier auch kleine Restaurants und Cafés.
In der Nähe des Flussufers stoße ich auf den Turm der Sieben Mäntel, der einst Teil der rund 2500 Meter langen Stettiner Stadtbefestigung war. Der Name des Turmes bezieht sich auf die Legende über einen unehrlichen Hofschneider, der den Auftrag erhielt, sieben Mäntel für die Reise des Herzogs Bogusław X. ins Heilige Land zu nähen. Der Schneider erlag der Überredungskunst seiner Frau und fertigte aus Stoffresten ein Kleid für sie an. Zur Strafe wurde er in diesen Turm eingesperrt. Früher befand sich in diesem Gebiet eine dichte Bebauung mit Mietshäusern, die aber im Zweiten Weltkrieg durch Aliiertenangriffe größtenteils zerstört wurden. Heute ist das Gebiet direkt am Turm eher hässlich, denn man läuft über einer großen Brücke entlang.
Ein Stück weiter in dagegen noch ein winziger Rest der historischen Altstadt erhalten. Das alte Rathaus wurde bereits im 15. Jahrhundert auf den Überresten einer älteren Bebauung errichtet und im Krieg ebenfalls schwer beschädigt. Im Gegensatz zur restlichen Bebauung wurde es aber 1968 restauriert.
Vor dem Gebäude ist eine alte Wasserpumpe erhalten, von denen es früher viele im gesamten Stadtgebiet gab.
Ein weiteres interessantes Gebäude ist das Loitzenhaus. Es ist eines der wenigen erhaltene Beispiele der früheren Architektur in der Stadt und wurde 1539 bis 1547 für die reiche Kaufmannsfamilie Loitz erbaut. Hans Loitz war langjähriger Bürgermeister der Stadt und Inhaber einer Bank, die Geschäftsbeziehungen in ganz Europa unterhielt. Die Familie wurde jedoch ruiniert, als in den 1570er Jahren die letzten Mitglieder der Dynastie der Jagiellonen starben, die große Schulden bei der Familie hatten, die nun nicht mehr zurückgezahlt wurden.
Ein weiterer interessanter Ort der Altstadt ist der Rynek Sienny, einer der vier noch existierenden Marktplätze der Stadt, der bis 1945 Heumarkt hieß. Der Platz war einst von historischen Mietshäusern eingerahmt, die aber größtenteils im Krieg zerstört wurden. Nur drei Fassaden wurden wiederhergestellt, jedoch erst in den 1990er Jahren. Das Linsing Mietshaus (blaue Fassade) wurde ursprünglich bereits 1677 im barocken Stil erbaut. Im Jahr 1877 fand jedoch ein Umbau im Stil der Neorenaissance statt, wie er auch heute wieder zu sehen ist. Das Mevius Mietshaus (pinke Fassade) stammt aus derselben Zeit und wurde auch in den 1990er Jahren neu aufgebaut. Ebenso zum Ensemble gehört das Mönische Haus, das rechts im Bild zu sehen ist.
Meinen vorletzten Stopp lege ich an der Jakobskathedrale ein. Eine katholische Kirche ist das Gotteshaus allerdings erst wieder seit 1945, zuvor feierten hier seit der Reformation evangelische Gläubige den Gottesdienst. Ursprünglich wurde die Kirche im 13. bis 15. Jahrhundert errichtet, jedoch über die Jahrhunderte immer wieder umgebaut. Sein heutiges Aussehen erhielt sie erst nach dem Krieg, als die Ruine bis 1971 wieder aufgebaut wurde.
Schließlich führt mich der Weg noch zum Stettiner Schloss, das ebenfalls im Krieg schwer beschädigt, aber zwischen 1958 und 1980 wieder aufgebaut wurde. Inzwischen wird es in großen Teilen als Kulturzentrum genutzt und auch die Oper ist hier untergebracht. Die Bauerarbeiten sind aber schon wieder im vollem Gange, um das prächtige Gebäude zu erhalten, sodass ich bei meinem Besuch auch um einige Baustellen navigieren muss.
Das Schloss geht bereits auf einen slawischen Burgwall aus dem 12. Jahrhundert zurück, ein fester Bau entstand aber erst im 15. Jahrhundert. Schließlich wurde das Ensemble zwischen 1490 und 1577 zum Herrschersitz der Greifen ausgebaut. Nachdem die Greifen mit Bogislaw XIV. im Jahr 1622 ausgestorben waren, teilten sich Preußen und Schweden Pommern. Schließlich wurde das Schloss zum preußischen Verwaltungssitz, dauerhafter Herrschersitz war es aber nie wieder.
Der Renaissanceflügel, der dem Schloss vorgesetzt ist, wurde Anfang des 17. Jahrhunderts von Herzog Phillip II. in Auftrag gegeben, um seine umfangreiche Kunstsammlung unterzubringen. Die Fertigstellung erlebte er allerdings nicht mehr und so vollendete Franz I. den Bau. An die beiden Stifter wird noch heute auf dieser Stiftungstafel erinnert.
Am Südflügel hingegen kann ich die über dreihundert Jahre alte astronomische Uhr entdecken. Im Jahr 1693 wurde sie den Stettiner Bürgern von den Schweden geschenkt, für ihren tapferen Kampf gegen die brandenburgische Belagerung. In der Mitte der Uhr befindet sich ein Maskaron, dessen Augen dem Uhrzeigen folgen, während im geöffneten Mund das Datum zu sehen ist.
Ich verlasse das Areal durch das Schlosstor, das 1735 unter preußischer Herrschaft entstanden ist und an die Siege von König Friedrich Wilhelm I. erinnern soll.
Damit endet mein Stadtrundgang durch Stettin, auf dem ich mich in der Hauptstadt von Westpommern umgesehen habe. Die lebendige Stadt bietet aber noch viel mehr, vor allem Kunst und Kultur, wie Ausstellungen und Konzerte, sind das ganze Jahr über ein Besuchermagnet.
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