Traumziele im Mittelmeer – mit dem Schiff von Rom nach Barcelona

Tag 4: Sams­tag, 22. Okto­ber 2022
Im Reich des Kai­sers – Elba – Teil 2

„Wege ent­ste­hen dadurch, dass man sie geht.” (Franz Kafka)

Am spä­ten Vor­mit­tag führt uns der Weg schließ­lich hin­aus aus Por­tof­er­raio. Rund acht Kilo­me­ter fah­ren wir gen Westen, um die Som­mer­re­si­denz von Napo­le­on Bona­par­te zu errei­chen. Um dort hin­zu­ge­lan­gen, bedarf es jedoch eines klei­nen Fuß­we­ges. Das Auto müs­sen wir auf einem gro­ßen Park­platz abstel­len, der in der Haupt­sai­son anschei­nend Park­ge­bühr kostet. Jetzt aber ist das Park­platz­wär­ter­häus­chen ver­waist und außer uns steht hier auch gera­de mal ein wei­te­res Auto. Viel los ist also nicht und die Leu­te, die auf dem Schiffs­aus­flug sind, sind anschei­nend auch schon durch. Kann uns nur recht sein, dann läuft wenig­stens kei­ner im Bild herum.

Zunächst kom­men wir an der Vil­la Napo­leo­ne vor­bei, einem Hotel, das aber nur von Juni bis Sep­tem­ber geöff­net hat. Die Sai­son scheint auf Elba sehr kurz zu sein. Das Hotel ist in einer Jugend­stil­vil­la unter­ge­bracht, die im 19. Jahr­hun­dert für eine römi­sche Fami­lie errich­tet wurde.

Ein Stück­chen wei­ter kön­nen wir in der Fer­ne schon die Vil­la von Napo­le­on erken­nen, wobei man wis­sen soll­te, dass zu Zei­ten des Kai­sers nur das klei­ne gel­be Haus exi­stier­te. Die Vil­la mit den Säu­len davor ent­stand erst lan­ge, nach­dem Napo­le­on schon ver­stor­ben war, doch dazu spä­ter mehr.

Napo­le­on ent­deck­te die Vil­la San Mar­ti­no bei einem Aus­ritt in die Wäl­der und ver­lieb­te sich sofort in das Anwe­sen, von dem man einen wun­der­schö­nen Blick auf den Hafen von Por­tof­er­raio hat. Was Napo­le­on jedoch nicht hat­te, waren die finan­zi­el­len Mit­tel zum Erwerb der Immo­bi­lie, denn eine zunächst ver­spro­che­ne Ren­te blieb aus. Statt­des­sen bat er sei­ne Schwe­ster um die Finan­zie­rung, die ihrem Bru­der die­sen Wunsch erfüllte.

Durch ein Git­ter­tor betre­ten wir das Anwe­sen und bege­ben uns zunächst zur Kas­se in einem Neben­ge­bäu­de. C. will sich wie­der nur im Gar­ten umschau­en, wäh­rend ich fünf Euro Ein­tritt für das Haus bezahle.

Ein recht stei­ler Anstieg führt hin­auf zum Haus. Alles sieht frisch reno­viert aus und tat­säch­lich sind die Bau­ar­bei­ten noch nicht ganz abge­schlos­sen, wie ich kur­ze Zeit spä­ter fest­stel­len werde.

Die Vil­la von Napo­le­on ist die­ses unschein­ba­re Gebäu­de im Stil eines Land­hau­ses in der Tos­ka­na erbaut. Der Kai­ser ließ das Gebäu­de jedoch auf­wen­dig umbau­en, im Nach­hin­ein eine ziem­li­che Geld­ver­schwen­dung, denn am Ende hielt er sich hier nur an weni­gen Tagen für eini­ge Stun­den auf.

Für die Nach­welt ist es jedoch ein schö­ner Ein­blick in ein pri­va­tes Haus des Kai­sers, denn im Gegen­satz zur Vil­la Muli­ni ist hier mehr erhal­ten geblie­ben. Das Haus ist an den Berg gebaut wor­den, sodass es ein Erd­ge­schoss mit den reprä­sen­ta­ti­ven Räu­men gibt, die auch besich­tigt wer­den kön­nen, sowie einen Kel­ler, in dem sich Küche, Bad und Umklei­de befanden.

Das Erd­ge­schoss des Hau­ses besteht aus zwei gro­ßen Räu­men in der Mit­te, flan­kiert von klei­ne­ren Zim­mern auf bei­den Sei­ten. Nach dem Ein­tre­ten sehe ich zunächst die Zim­mer für Gene­ral Antoine Drouot und Gene­ral Henri-​Gatien Bert­rand, zwei der treue­sten Gefolgs­leu­te des Kai­sers, die ihn in Schlach­ten, nach Elba und, im Fall von Bert­rand, sogar bis nach St. Hele­na begleiteten.

Die zwei gro­ßen Räu­me in der Mit­te sind am auf­wen­dig­sten deko­riert. Einer davon ist das Zim­mer des Lie­bes­kno­tens. Trotz sei­ner eher femi­ni­nen Aus­stat­tung wur­de der Raum für Ver­samm­lun­gen des Gene­ral­sta­bes von Napo­le­on auf der Insel genutzt.

Der Name des Rau­mes stammt übri­gens von dem auf­wen­di­gen Decken­ge­mäl­de, das zwei Tau­ben zeigt, die jeweils das Ende eines Kno­tens im Schna­bel hal­ten und aus­ein­an­der­flie­gen, um ihn fester zu zie­hen. Zunächst wirkt die Gestal­tung etwas befremd­lich für den Kai­ser, doch muss man wis­sen, dass er die Vil­la eigent­lich für sei­ne Frau Marie-​Louise ein­rich­ten ließ, die jedoch nie nach Elba kam.

Von hier kann ich nun auch die schö­ne Ter­ras­se sehen, die lei­der wäh­rend mei­nes Besuchs eine Bau­stel­le ist, sodass ich sie nicht betre­ten kann.

In der Fer­ne kann ich dann noch den Aus­blick erspä­hen, für den die Vil­la berühmt ist. Sogar die Aza­ma­ra Onward kann ich am Pier ent­decken. Lei­der spielt das Wet­ter hier aber nicht ganz mit und es ist recht diesig.

Wäh­rend die klei­ne­ren Räu­me der Vil­la auf der einen Sei­te für die Gene­rä­le ein­ge­rich­tet sind, befin­den sich auf der ande­ren Sei­te die Pri­vat­räu­me von Napo­le­on, dar­un­ter auch ein Schlafzimmer.

Beson­ders inter­es­sant ist auch hier die Decke, die mit zwei Sym­bo­len ver­ziert ist. Zum einen dem Rit­ter­or­den der Ehren­le­gi­on, den Napo­le­on am 19. Mai 1802 grün­de­te, zum ande­ren der Elba Bie­ne, die noch heu­te das Sym­bol der Insel ist.

Die wei­te­ren Räu­me wur­den als Vor­zim­mer und Emp­fangs­räu­me im Apart­ment von Napo­le­on genutzt.

Beson­ders präch­tig aus­ge­stat­tet ist noch der zwei­te gro­ße Raum des Hau­ses, der als Ein­gangs­hal­le und Ess­zim­mer genutzt wur­de. Hier erin­nern die Ver­zie­run­gen an den Ägyp­ten­feld­zug Napo­le­ons zwi­schen 1798 und 1801.

Vom Haus fol­ge ich nun der ori­gi­na­len Zufahrt, die Napo­le­on einst anle­gen ließ, um das Anwe­sen bes­ser zu errei­chen. Hier befin­det sich ein altes Gewächs­haus, das aber erst lan­ge nach Napo­le­on errich­tet wurde.

Am Fuße der Zufahrt haben sich die Stäl­le befun­den, noch heu­te sehr schön durch die Pfer­de­köp­fe an den Wän­den zu erkennen.

Kom­men wir nun zur zwei­ten Vil­la auf dem Anwe­sen, der Vil­la Demid­off. Die­ses Gebäu­de exi­stier­te zur Napo­le­ons Zei­ten nicht. Erst im Jahr 1851 erwarb der 1813 in St. Peters­burg gebo­re­ne Ana­to­le Demid­off die histo­ri­sche Vil­la San Mar­ti­no. Demid­off war ein glü­hen­der Napoleon-​Verehrer und von 1840 bis 1847 mit Napo­le­ons Nich­te Mat­hil­de Bona­par­te ver­hei­ra­tet. Er reno­vier­te nicht nur die inzwi­schen recht ver­fal­le­ne Vil­la, son­dern ließ unter­halb ein neu­es Gebäu­de errich­ten, das er als Napoleon-​Museum ein­rich­ten wollte.

Im Jahr 1856 war die Vil­la fer­tig­ge­stellt und wur­de am Fries mit dem kai­ser­li­chen Adler, den elba­ni­schen Bie­nen sowie dem N für Napo­le­on ver­se­hen. Das Gebäu­de besteht aus einem sech­zig Meter lan­gen Mit­tel­teil sowie zwei klei­ne­ren Seitenflügeln.

Auch innen ist das Muse­um, das heu­te Demidoff-​Galerie genannt wird, pracht­voll aus­ge­stat­tet. Die Aus­stel­lung selbst habe ich jedoch als etwas lieb­los emp­fun­den. Es fehl­ten auch die Skulp­tu­ren, die in Rei­se­füh­rern erwähnt wur­den. Ob das an der Reno­vie­rung lag, ver­mag ich nicht zu sagen, denn die ein­zi­ge Muse­ums­an­ge­stell­te, die weit und breit zu sehen war, beschäf­tig­te sich lie­ber mit ihrem Han­dy denn mit zah­len­den Gästen.

Vom Haus lau­fen wir anschlie­ßend die rund einen vier­tel Kilo­me­ter lan­ge Auf­fahrt zurück zum Park­platz. Schon hier bin ich übri­gens sehr froh über unse­re Ent­schei­dung einen Miet­wa­gen zu neh­men, denn so sind wir nicht nur unab­hän­gig, son­dern ich konn­te tat­säch­lich bei­de Häu­ser Napo­le­ons besu­chen, wäh­rend in dem teu­ren Schiffs­aus­flug nur die Vil­la San Mar­ti­no ent­hal­ten war.

Für uns geht es nur wie­der an die Küste und wir fol­gen zunächst der Insel­stra­ße, die im Nor­den und Westen von Elba teil­wei­se ent­lang der Küste führt und schö­ne Aus­blicke bietet.

An einer klei­nen Aus­buch­tung an der Stra­ße kön­nen wir auch hal­ten und den Blick auf Mar­cia­na Mari­na genie­ßen. Rund zwei­tau­send Men­schen leben in dem male­ri­schen Ort, der zu den bekann­te­sten Gemein­den auf Elba gehört.

Umso wei­ter wir nach Westen und in Rich­tung Süden kom­men, desto ein­sa­mer und rau­er wird die Gegend. Hier fal­len die Fel­sen oft stei­ler ins Meer ab und die Stra­ße schlän­gelt sich am Abgrund entlang.

Das doch rela­tiv kom­pak­te Elba ist mit sei­nen 224 Qua­drat­ki­lo­me­tern nach Sizi­li­en und Sar­di­ni­en, die zu den größ­ten Inseln des Mit­tel­meers zäh­len, bereits die dritt­größ­te Insel Ita­li­ens. Die Insel hat 147 Kilo­me­ter Küsten­li­nie und ist maxi­mal 27 Kilo­me­ter lang sowie 18 Kilo­me­ter breit. Im Win­ter leben rund 32.000 Men­schen auf Elba.

Eine wei­te­re Bil­der­buch­ge­mein­de ist Por­to Azzur­ro, der blaue Hafen. Bis 1947 hieß der Ort aller­dings Por­to Lon­go­ne und wur­de umbe­nannt, um dem Gefäng­nis­image zu ent­kom­men, denn in der Festung ist bis heu­te eine Haft­an­stalt unter­ge­bracht. Für Tou­ri­sten inter­es­sant ist aber eher die klei­ne Alt­stadt mit ihren engen Gas­sen und den Häu­sern aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Für mehr als ein paar Fotos reicht die Zeit in Por­to Azzur­ro heu­te aller­dings nicht und so sind wir schon bald wie­der unter­wegs. Wir umrun­den nun den Osten der Insel. Unter­wegs ent­decken wir auf einem Fel­sen die 395 Meter über dem Mee­res­spie­gel gele­ge­ne Festung For­tez­za del Vol­ter­raio. Der Ort, an dem die Festung steht, wur­de bereits von den Etrus­kern als Aus­guck genutzt. Zu einer Festung wur­de er im 12. Jahr­hun­dert wäh­rend der See­re­pu­blik Pisa aus­ge­baut. Inzwi­schen wur­de die Festung reno­viert und kann auch besucht wer­den, lei­der aber nur zwi­schen Mit­te Juni und Mit­te Sep­tem­ber, sodass wir dafür rund einen Monat zu spät dran sind.

So bleibt uns nur, der Insel­stra­ße wei­ter zu fol­gen, die uns am Nach­mit­tag zurück nach Por­tof­er­raio bringt.

Schon aus der Fer­ne kön­nen wir die Bucht und die Stadt schön sehen und aber­mals auch die Aza­ma­ra Onward erspähen.

Zurück am Hafen par­ken wir kurz vor dem Schiff, was hier pro­blem­los mög­lich ist, und gehen an Bord. Auch das ist bei einem klei­nen Schiff wie der Aza­ma­ra Onward ohne Auf­wand und Anste­hen mög­lich. Hier macht es sich wirk­lich bezahlt, nicht mit einem Megal­i­ner unter­wegs zu sein.

An Bord gibt es für uns einen schnel­len Lunch, denn so lang­sam macht sich ein wenig Hun­ger­ge­fühl breit. Lan­ge hal­ten wir uns aber nicht auf, denn wir wol­len noch ein wenig Por­tof­er­raio erkun­den und der Miet­wa­gen will ja auch noch abge­ge­ben werden.

Also zunächst wie­der run­ter vom Schiff und zurück zum Auto. Das bringt uns in weni­gen Minu­ten zum ande­ren Ende der huf­ei­sen­för­mi­gen Bucht von Por­tof­er­raio, in der einst auch Napo­le­on landete.

Am Ende des alten Piers steht der Tor­re del Mar­tel­lo, im Volks­mund Ham­mer­turm genannt. Der acht­ecki­ge Wehr­turm wur­de bereits 1548 erbaut. Heu­te ist er Teil einer Muse­ums­an­la­ge und kann auch besich­tigt wer­den. Dafür ist es aber lei­der schon zu spät, denn außer­halb der Sai­son haben die Muse­en auf Elba ver­kürz­te Öffnungszeiten.

In die Alt­stadt gelangt man am besten durch die Por­ta del Mare (rechts im Bild), ein altes Stadt­tor aus der Zeit der Medi­ci, das zusam­men mit Resten der Stadt­mau­er noch heu­te erhal­ten ist. Für einen aus­ge­dehn­ten Bum­mel bleibt uns aber heu­te auch hier kei­ne Zeit. Wenn man nur einen Tag hat, muss man halt Prio­ri­tä­ten setzen.

Wir hal­ten noch kurz an der äuße­ren Mole des alten Hafens, um von hier die Aus­sicht auf die Stadt zu genießen.

Dann wird es Zeit, das Auto zurück­zu­brin­gen. Kurz noch tan­ken und dann fah­ren wir wie­der zum Ein­kaufs­zen­trum. Die Abga­be ver­läuft unkom­pli­ziert und so sind wir schon weni­ge Minu­ten spä­ter auf dem Rück­weg zum Hafen. Kurz vor sechs sind wir wie­der am Schiff, wo wir etwas erle­digt, aber doch sehr guter Din­ge an Bord gehen.

Anschlie­ßend heißt es kurz frisch machen und dann tref­fen wir uns schon im Haupt­re­stau­rant zum Abend­essen, das auch heu­te wie­der mit lecke­ren Spei­sen aufwartet.

Am Abend dre­he ich noch eine kur­ze Run­de über das Pool­deck. Wir sind inzwi­schen längst wie­der auf See und fah­ren unse­rem näch­sten Ziel ent­ge­gen, der zweit­größ­ten Insel Italiens.

Wet­ter: hei­ter bis wol­kig, 18–25 Grad

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