The undiscovered Country

Tag 3: Sams­tag, 28. Sep­tem­ber 2013
Home of the Rich and the Famous – von Mil­wau­kee nach Manitowoc

Früh bre­che ich heu­te auf, denn ich habe viel vor. Als die ersten Son­nen­strah­len über den Hori­zont schau­en, bin ich schon auf dem Free­way Rich­tung Madi­son unter­wegs. Madi­son ist die Haupt­stadt von Wis­con­sin und hier möch­te ich mir das Kapi­tol anse­hen. 2007 war ich zwar schon mal hier, aber da war wegen des plötz­li­chen Win­ter­ein­bruchs alles geschlos­sen. Nun also ein zwei­ter Ver­such und der ist heu­te auch mit Erfolg gekrönt.

WI State Capitol Collage

Von Madi­son fah­re ich noch ein­mal in den Süd­osten von Wis­con­sin, wo sich der Gen­e­va Lake befin­det. Den See und die Sta­te Histo­ric Site, die ich hier besu­chen möch­te, habe ich erst kurz vor mei­ner Abrei­se ent­deckt. Was ich dar­über gele­sen habe, hat mich aller­dings so fas­zi­niert, dass ich spon­tan beschlos­sen habe, das Pro­gramm von heu­te über den Hau­fen zu wer­fen und hier­her zu fah­ren, auch wenn dies einen „klei­nen” Umweg bedeutet.

Am Gen­e­va Lake ange­kom­men, habe ich kaum Zeit zu Par­ken, denn es ist bereits 10:25 Uhr und die erste Tour zum Black Point Estate beginnt bereits um 10:30 Uhr. Haupt­pro­blem dabei ist, dass man das Haus nur mit dem Boot errei­chen kann. Es gibt zwar auch eine klei­ne, enge Stra­ße dort­hin, aber die Anwoh­ner haben ver­bo­ten, dass Tou­ri­sten auf die­sem Weg kom­men, um der Lärm­be­lä­sti­gung zu ent­ge­hen. So lau­fe ich also schnell zum Boots­an­le­ger und erste­he mein Ticket. Danach heißt es sofort einsteigen.

Black Point Collage 5

Nach rund 45 Minu­ten Fahrt auf dem Gen­e­va Lake (ja, das ist kor­rekt so, denn die Stadt am See heißt Lake Gen­e­va, der See selbst aber Gen­e­va Lake – etwas ver­wir­rend am Anfang), erreicht das Boot an Anle­ger von Black Point. Da das Anwe­sen aber auf einem der höch­sten Hügel rings um den See liegt, heißt es danach erst ein­mal 120 Stu­fen nach oben klet­tern. Am Fuße der Trep­pe führt übri­gens auch der Rund­weg um den See vor­bei. 22 Mei­len ist er lang und man kann so den See ein­mal umrun­den, auch vor­bei an den Grund­stücken der Schö­nen und Rei­chen. Der Weg wur­de schon von den Pota­wato­mi India­nern genutzt und noch heu­te ist er kom­plett öffentlich.

Black Point 22

Dann end­lich errei­che ich Black Point Estate. Und nun ver­ra­te ich auch, war­um es mich so fas­zi­niert hat und ich hier unbe­dingt hier­her woll­te. Der erste Grund war das Haus selbst. Als ich ein Bild von die­sem schö­nen vik­to­ria­ni­schen Gebäu­de sah, woll­te ich dort auch hin. Der zwei­te Grund war die Geschich­te, die sich dahin­ter ver­birgt und die erschließt sich bei einem Besuch von Black Point sehr schön.

Black Point 20

Black Point hieß eigent­lich Vil­la Lore­ley und war das Som­mer­haus der Fami­lie Seipp.

Black Point 7

Con­rad Seipp, der Erbau­er des Hau­ses, emi­grier­te in den 1840er Jah­ren von Hes­sen nach Chi­ca­go. Zuerst fuhr er die Bier­wa­gen für die Mil­ler Braue­rei aus Chi­ca­go. Als er genug Geld gespart hat­te, kauf­te er eine klei­ne Braue­rei im Süden der Stadt, da er sich die teu­ren und begehr­ten Braue­rei­en in Down­town nicht lei­sten konn­te. Das war aber sein Glück, denn nach dem gro­ßen Chi­ca­go Feu­er 1871 war sei­ne Braue­rei eine der weni­gen, die das Infer­no unbe­scha­det über­stand. So begann ein unauf­halt­sa­mer Auf­stieg zu einer der größ­ten Braue­rei­en der USA. Der Eck­stein der Braue­rei ist heu­te im Gar­ten von Black Point zu sehen.

Black Point Collage 6

Black Point wur­de 1888 erbaut und alle Bau­ma­te­ria­li­en wur­den per Bahn nach Wil­liams Bay und dann per Boot über den See gebracht. Danach muss­ten sie noch die 120 Stu­fen nach oben getra­gen wer­den, denn es gab damals noch kei­ne Stra­ßen zum Anwesen.

Black Point Collage 3

Innen ist das Haus noch kom­plett so ein­ge­rich­tet wie es zu der Zeit war, als die Fami­lie Seipp hier leb­te. Des­halb ist es auch umso fas­zi­nie­ren­der einen Blick ins Inne­re des Hau­ses wer­fen zu können.

Black Point Collage 4

Über­all im Haus kann man ent­decken, dass die Besit­zer ursprüng­lich aus Deutsch­land kamen. Das Bunt­glas­fen­ster im Ess­zim­mer z.B. ist mit Deut­schen Inschrif­ten ver­ziert und wur­de in Hei­del­berg hergestellt.

Black Point Collage 7

Seipp war auch ein gro­ßer Ver­eh­rer von Hein­rich Hei­ne. Und so hängt die­ses Bild des Dich­ters inklu­si­ve einer Ori­gi­nal Unter­schrift im Wohn­zim­mer des Hau­ses. Eben­so gefun­den habe ich die Por­zel­lan­tel­ler aus Mett­lach und von Schloss Neuschwanstein…

Black Point Collage 1

… sowie ver­schie­de­ne deut­sche Bücher, denn bei den Seipps wur­de immer Deutsch und Eng­lisch gesprochen.

Black Point Collage 2

Auch der Rück­weg über den Gen­e­va Lake dau­ert wie­der rund 45 Minu­ten. Dies­mal führt die Fahrt am ande­ren Ufer ent­lang, sodass ich noch mehr schö­ne Vil­len ent­decken kann.

Lake Geneva Collage 1

Unter ihnen auch das größ­te Haus hier am See, das vom deut­schen Emi­gran­ten Otto Young erbaut wur­de. Young kam als mit­tel­lo­ser Mann nach New York und ver­kauf­te dort Thea­ter­schmuck. Nach dem gro­ßen Feu­er 1871 in Chi­ca­go, kam er in die Stadt und kauf­te dort das ver­meint­lich wert­los gewor­de­ne Land für einen Spott­preis auf. Das aber war der Grund­stein für sei­nen Reich­tum, denn heu­te ist die­ses Land der Chi­ca­go Loop (Down­town Chi­ca­go mit den teu­er­sten Grund­stücken überhaupt).

Lake Geneva Collage 2

Nach die­sem wun­der­schö­nen und loh­nens­wer­ten Aus­flug fah­re ich wie­der zurück in Rich­tung Küste. Nach ca. 1 Stun­de errei­che ich wie­der Mil­wau­kee, wo ich mich jetzt noch ein wenig umse­hen will. Mein erster Stopp ist das Pabst Man­si­on, das ich aber nur von außen bestaune.

Cap­tain Pabst ließ das Haus 1890–92 erbau­en. Pabst war der Grün­der der Pabst Braue­rei und war so zu Reich­tum und Wohl­stand gekom­men. Schon 1908 ver­kauf­te die Fami­lie das Haus aller­dings an die Erz­diö­ze­se von Mil­wau­kee und für die näch­sten 67 Jah­re wohn­te hier der Erz­bi­schof. 1975 woll­te die Erz­diö­ze­se das Anwe­sen ver­kau­fen und es war geplant, es abzu­rei­ßen, um für ein Park­haus Platz zu schaf­fen. Das wur­de jedoch in letz­ter Minu­te ver­hin­dert, als die Wis­con­sin Heri­ta­ge Inc. das Haus erwarb. Seit­dem ist es für Tou­ren geöffnet.

Wei­ter führt mich der Weg nach Down­town und zum River­walk. Er erstreckt sich über zwei Mei­len durch Down­town Mil­wau­kee und lädt zum Bum­meln und shop­pen ein. Auch Restau­rants sind hier zu finden.

Milwaukee Riverwalk Collage 2

Ich aber suche nach etwas, über das ich bei der Pla­nung der Rei­se ganz zufäl­lig gesto­ßen bin, näm­lich nach Ger­tie the Duck. Ger­tie ist eine Berühmt­heit in Mil­wau­kee, seit­dem im Jahr 1945 über 37 Tage lang ihre Geschich­te in einer Zei­tung ver­öf­fent­licht wur­de. Die klei­ne Ente ver­such­te unter den wid­rig­sten Umstän­den ihre Jun­gen auf­zu­zie­hen und wur­de so zum Sym­bol für ein kriegs­mü­des Amerika.

Doch Ger­tie ist nicht nur eine Geschich­te, die klei­ne Ente gab es wirk­lich. Sie niste­te genau dort, wo heu­te ihre Sta­tue steht, unter einem Brücken­pfei­ler der Wis­con­sin Bridge in Down­town Mil­wau­kee. Ursprüng­lich brü­te­te sie neun Eier aus. Trotz Flut und Feu­er über­leb­ten fünf von den Küken und mehr als zwei Mil­lio­nen Schau­lu­sti­ge kamen vor­bei, um die Klei­nen zu sehen.

Milwaukee Riverwalk Collage 1

Auch das Lady­bug Buil­ding in Down­town Mil­wau­kee sehe ich mir an. Durch Zufall bin ich auf die­se Kurio­si­tät gesto­ßen. Die drei Mari­en­kä­fer wur­den als Kunst­werk an der Haus­wand ange­bracht, um die tri­ste Gebäu­de­fas­sa­de zu ver­schö­nern. Jeder der Käfer hat einen Durch­mes­ser von über 3 Metern.

Milwaukee 1

In einem Vor­ort der Stadt steht das North Point Light­house am Ufer des Lake Michi­gan. Der 22 Meter hohe Leucht­turm über­blickt schon seit 1855 der See und ist eines der älte­sten Gebäu­de im heu­ti­gen Milwaukee.

North Point Lighthouse 1

Nach die­ser klei­nen Rund­fahrt ver­las­se ich Mil­wau­kee und fah­re wei­ter Rich­tung Nor­den. Einen kur­zen Stopp lege ich in Port Washing­ton ein, um mir den hie­si­gen histo­ri­schen Leucht­turm anzu­se­hen. Er wur­de 1860 erbaut und ist gleich in das Wohn­haus der Leucht­turm­wär­ters inte­griert wor­den. Damit ist er auch nicht der Ein­zi­ge sei­ner Art. Beson­ders hier an den Gro­ßen Seen gibt es eini­ge die­ser Exem­pla­re, ein paar von ihnen wer­de ich in den näch­sten Tagen auch noch besichtigen.

The 1860 Light Station 3

Zum Leucht­turm gehört ein klei­nes Muse­um, in dem frü­he Ret­tungs­boo­te der Coast Guard aus­ge­stellt wer­den, die den Leucht­turm vie­le Jah­re betrieb.

The 1860 Light Station 2

Auch der Blick auf den Lake Michi­gan ist von hier oben sehr schön. Und so sit­ze ich eine gan­ze Wei­le ein­fach nur auf der Bank die­ses View­points und genie­ße die Aus­sicht, bevor ich zu mei­nem heu­ti­gen Ziel weiterfahre.

The 1860 Light Station 1

Umso wei­ter ich nach Nor­den kom­me, desto mehr zieht sich lei­der der Him­mel zu und als ich in Mani­to­woc ankom­me, hat sich eine geschlos­se­ne Wol­ken­decke gebil­det. Da es heu­te Abend noch reg­nen soll, fah­re ich gleich noch zum histo­ri­schen Rahr-​West Man­si­on, um wenig­stens ein eini­ger­ma­ßen gutes Bild zu bekommen.

Rahr-West Museum & Mansion

Kaum habe ich alles im Kasten, fängt es auch schon an zu Tröp­feln und zu Stür­men. Des­halb fah­re ich auf schnell­stem Weg zum Super 8 und schaue mich nicht noch ein wenig in der klei­nen, nett restau­rier­ten Stadt um. Für $76.15 bekom­me ich die­ses doch recht klei­ne und auch nicht ganz sau­be­re Zim­mer. Na ja, für eine Nacht wird es schon gehen.

Super 8 Manitowoc Collage

Abend­essen gibt es heu­te bei Per­kins, wo ich einen super lecke­ren Straw­ber­ry & Greens Salat esse, bevor nach einem lan­gen Tag recht bald das Licht ausgeht.

Mei­len: 290
Wet­ter: 13–27 Grad, erst son­nig, spä­ter bewölkt
Hotel: Super 8, $76.15