Past and Present – Rundreise durch Westböhmen

Tag 6: Sonn­tag, 02.08.2020
Wet­ter­ka­prio­len – Pil­sen nach Karlsbad

„Die Rei­se gleicht einem Spiel; es ist immer Gewinn und Ver­lust dabei und meist von der uner­war­te­ten Sei­te.” – Johann Wolf­gang von Goethe

Der Tag beginnt mit einem Früh­stück im Hotel. Ein Blick aufs Wet­ter­ra­dar zeigt mir, dass es hier in Pil­sen am Vor­mit­tag noch son­nig sein soll, sodass wir beschlie­ßen, noch ein wenig in der Gegend zu blei­ben und zwei der schö­nen Schlös­ser zu besu­chen, zumin­dest von außen, denn innen geht wie­der nur mit Füh­rung auf Tsche­chisch und heu­te ist eines der bei­den sowie­so zu.

So fah­ren wir zuerst ein­mal zum soge­nann­ten Wald­schloss, das heu­te den Namen Zamek Kozel trägt. Die Anfahrt ist dann aller­dings etwas aben­teu­er­lich, denn die Haupt­zu­fahrts­stra­ße ist wegen Bau­ar­bei­ten gesperrt. Es gibt aber eine aus­ge­wie­se­ne Umlei­tung, die aber führt über Forst­stra­ßen mit­ten durch die Wäl­der, die anson­sten für den Durch­gangs­ver­kehr gesperrt sind. Mehr­mals fra­gen wir uns unter­wegs, ob das denn noch stimmt, doch es kom­men tat­säch­lich immer wie­der Schil­der und am Ende lan­den wir auf dem Park­platz des Schlos­ses, nur eben durch die Hintertür. 

Das Jagd­schloss im klas­si­zi­sti­schen Stil wur­de Ende des 18. Jahr­hun­derts als ein­stöcki­ge vier­flü­ge­li­ge Anla­ge erbaut. Lei­der ist heu­te geschlos­sen, sodass wir das Schloss nur von außen besich­ti­gen kön­nen, denn im Gegen­satz zu den Innen­räu­men ist der Park täg­lich offen.

So star­ten wir dann unse­ren Rund­gang ein­mal um das Schloss her­um, das von einem Gar­ten umge­ben ist. Außer­dem gibt es nur eine weit­läu­fi­ge Park­an­la­ge, deren Besuch wir aber heu­te ausschließen.

Die wohl schön­ste Sei­te der Anla­ge ist die mit der gro­ßen Ter­ras­se und der Ein­rah­mung durch einen Zaun, des­sen Pfei­ler mit recht fili­gra­nen Glas­va­sen ver­ziert sind.

Hier habe ich die Mög­lich­keit, durch die Ter­ras­sen­tür einen Blick ins Inne­re zu wer­fen und kann das auf­wen­dig deko­rier­te Gesell­schafts­zim­mer so wenig­stens durch die Schei­ben bestaunen.

Inter­es­sant ist auch der Brun­nen vor dem Gebäu­de, der einen erleg­ten Hirsch und eine Jagd­aus­rü­stung zeigt, ganz pas­send zu einem Jagdschloss.

Nach die­sem schö­nen Rund­gang neh­men wir die Umlei­tung zurück zur Haupt­stra­ße. Ganz in der Nähe gibt es noch ein wei­te­res herr­schaft­li­ches Gebäu­de, das Schloss Nebilau, das wir nur auch noch besu­chen. Das 1706 erbau­te Schloss besteht aus zwei Gebäu­den und ist ein wun­der­ba­res Bei­spiel des rei­nen Wie­ner Barocks, wie er in Böh­men errich­tet wurde.

Auch hier wäre es mög­lich eine Schloss­füh­rung zu machen, doch da die­sen Som­mer weit weni­ger Tou­ri­sten unter­wegs sind, wur­de der Zeit­plan aus­ge­dünnt und bis zur näch­sten Tour ist es uns ein­fach zu lang, sodass wir uns wie­der nur auf dem Gelän­de umsehen.

Der vor­de­re Flü­gel des Schlos­ses wur­de wun­der­schön restau­riert und erstrahlt wie­der in sei­nem alten Glanz. Man kann sich leb­haft vor­stel­len, wie die Herr­schaf­ten hier über den schön ange­leg­ten Innen­hof flanierten.

Der hin­te­re Flü­gel braucht jedoch noch eini­ges an Arbeit, bis er wie­der eben­so schön aus­sieht. Hier ist noch gut zu sehen, wie der Zahn der Zeit wäh­rend des Kom­mu­nis­mus an den Gebäu­den nag­te. Das Dach ist jedoch schon gemacht und auch eini­ge Innen­räu­me sind wie­der her­ge­stellt worden.

So kön­nen wir im Erd­ge­schoss die klei­ne Schloss­ka­pel­le besich­ti­gen, die für die Besu­cher ohne Füh­rung offen steht.

Ich gehe noch die Trep­pe ins Ober­ge­schoss, Mut­ti will lie­ber unten war­ten. Wenn man hier die Flu­re anschaut, kann man kaum glau­ben, wie unfer­tig die Fas­sa­de noch aussieht.

Hier oben soll sich auch das Prunk­stück des Schlos­ses befin­den, ein kom­plett bemal­ter Saal, der aber nur im Rah­men der Füh­rung zu sehen ist. Als ich jedoch gera­de wie­der gehen will, öff­net sich die Tür und eine Grup­pe ver­lässt den Raum. Neu­gie­rig schaue ich um die Ecke. Da kommt eine net­te jun­ge Dame her­aus, die die Füh­rung durch­ge­führt hat und fragt mich, ob ich kurz hin­ein­schau­en möch­te. Die­se Chan­ce las­se ich mir natür­lich nicht ent­ge­hen und kom­me so doch dazu die­ses Klein­od zu besich­ti­gen, auch wenn ich nur weni­ge Minu­ten Zeit habe.

Zum Abschluss wer­fe ich noch einen kur­zen Blick auf die Gar­ten­an­la­ge, deren schö­ne Hecken­mu­ster man erst von hier oben rich­tig erken­nen kann.

Zum Abschluss gehe ich noch um das Schloss her­um in den Gar­ten, der aber bis­her nur in klei­nen Tei­len wie­der­her­ge­stellt ist. Hier ist auch noch eini­ges zu tun, denn bis auf einen Rosen­gar­ten gibt es noch viel Wildnis.

Nun wird es aber doch Zeit für uns in Rich­tung Nor­den zu fah­ren. Ein paar Zie­le habe ich auf dem Weg nach Karls­bad noch her­aus­ge­sucht. Mal schau­en, wie lan­ge das Wet­ter hält. Mit jedem Kilo­me­ter neh­men momen­tan die Wol­ken schon mal zu und der Wind frischt auf, doch noch ist auch blau­er Him­mel zu sehen, durch den immer mal ein paar Son­nen­strah­len schei­nen. So errei­chen wir dann die Klo­ster­an­la­ge Plaß, heu­te Pla­sy, in der gleich­na­mi­gen Ortschaft.

Die gro­ße Klo­ster­an­la­ge wur­de für den Zister­zi­en­ser­or­den gebaut und schon 1146 gegrün­det. Über die Jahr­hun­der­te wur­de sie mehr­mals um- und aus­ge­baut, bis sie ihr heu­ti­ges Aus­se­hen erhielt. Das Klo­ster hat­te bis 1785 Bestand bevor es auf­ge­löst wur­de und der Besitz zunächst an die Kro­ne fiel.

Im Jahr 1826 wur­de die gesam­te Klo­ster­an­la­ge an die Für­sten Met­ter­nich ver­kauft, die bis 1945 Eigen­tü­mer blie­ben. Sie bau­ten vie­le der Gebäu­de um und mach­ten aus dem ehe­ma­li­gen Klo­ster wie­der eine pro­spe­rie­ren­de Anla­ge, die mit ihren dazu­ge­hö­ri­gen Län­de­rei­en erfolg­reich bewirt­schaf­tet wurde.

Wäh­rend des Kom­mu­nis­mus ver­fiel die Anla­ge lei­der stark, doch bereits 1993 wur­de mit der Sanie­rung begon­nen. Bei der Grö­ße der Gebäu­de wird es aber wohl noch lan­ge dau­ern, bis alles fer­tig ist. Am ehe­ma­li­gen Korn­spei­cher zum Bei­spiel wur­den bis­her größ­ten­teils nur Siche­rungs­maß­nah­men durchgeführt.

Auf der gegen­über­lie­gen­den Stra­ßen­sei­te und hin­ter Bäu­men ver­bor­gen, befin­det sich ein wei­te­rer inter­es­san­ter Bau, das Mau­so­le­um der Für­sten Met­ter­nich. Auch der berühm­te Kanz­ler hat hier sei­ne letz­te Ruhe­stät­te gefunden.

Wir lau­fen nun zurück zur Klo­ster­an­la­ge, die wir zumin­dest ein­mal umrun­den wol­len, denn sie besteht aus vie­len unter­schied­li­chen Gebäu­den, von denen eini­ge wirk­lich schon restau­riert sind, an ande­ren aber noch gear­bei­tet wird.

In eini­gen Gebäu­den sind heu­te schon wie­der Muse­en unter­ge­bracht, so auch in der ehe­ma­li­gen Fabrik der Anla­ge, wo sich nun ein Tech­nik­mu­se­um befindet.

Nach unse­rer aus­führ­li­chen Außen­be­sich­ti­gung ent­schei­den wir uns wei­ter­zu­fah­ren, denn wir haben noch ein Stück Strecke vor uns und wol­len das Wet­ter noch so lan­ge nut­zen, wie es hält. Unser näch­ster Halt ist das Schloss Manet­in in der gleich­na­mi­gen Ort­schaft, in die wir durch das histo­ri­sche Stadt­tor gelan­gen, das heu­te eher einem Tor­bo­gen ähnelt.

Der Ort Manet­in wur­de bereits 1169 zum ersten Mal erwähnt, doch das heu­ti­ge Schloss geht erst auf das Jahr 1712 zurück. Es wur­de errich­tet, um einen abge­brann­ten Vor­gän­ger­bau zu erset­zen. Auch hier könn­ten wir wie­der an einer Füh­rung teil­neh­men, aber auch hier fin­det sie nur und Tsche­chisch statt und noch dazu erst in über einer Stun­de. So ent­schei­den wir uns aber­mals dazu, nur den Schloss­gar­ten zu besichtigen.

Nach dem Gang durch eine Zufahrt im Haupt­ge­bäu­de lan­den wir zunächst in einem Sei­ten­hof, wo sich frü­her wohl die Stal­lun­gen und das Kut­schen­haus befun­den haben. Von hier führt ein wei­te­res Tor in den Garten.

Die Gar­ten­an­la­ge ist hier sehr schön ange­legt und es wur­den auch vie­le Blu­men gepflanzt. Scha­de nur, dass die Spring­brun­nen außer Betrieb sind. War­um, das konn­te ich nicht herausfinden.

Hin­ter der barocken Gar­ten­an­la­ge schließt sich noch ein klei­ner eng­li­scher Land­schafts­gar­ten mit einem recht alten Baum­be­stand an. Auch hier dre­hen wir eine klei­ne Runde.

Nach der Schloss­be­sich­ti­gung möch­te ich mich noch kurz an der Haupt­stra­ße des Ortes umschau­en, die gleich gegen­über auf einer klei­nen Anhö­he liegt. Vom Schloss geht es die­se Schrä­ge hinauf.

Schon ste­hen wir auf der schön ange­leg­ten Haupt­stra­ße, deren Häu­ser­fron­ten toll restau­riert sind. Die­ser klei­ne Teil des Ortes ist wirk­lich toll ange­legt worden.

Gegen­über steht auch die Stadt­kir­che, die aber lei­der ver­schlos­sen ist.

Wir keh­ren zum Auto zurück und set­zen unse­re Fahrt fort. Der Him­mel zieht sich nun lei­der völ­lig zu, sodass die Son­ne kaum noch eine Chan­ce hat. Trotz­dem will ich noch nach Raben­stein fah­ren, einem win­zi­gen Ort, den ich im Rei­se­füh­rer ent­deckt habe. Schon vor der Orts­ein­fahrt sehen wir wie­der klei­ne Kapel­len am Stra­ßen­rand, die auf einen ehe­ma­li­gen Kreuz­weg hinweisen.

Raben­stein an der Schnella oder Rabšte­jn nad Stře­lou, wie der Ort heu­te heißt, nennt sich selbst das klein­ste Städt­chen in Mit­tel­eu­ro­pa. Bereits 1269 wur­de der Ort erst­mals erwähnt und erhielt recht schnell eine Burg­an­la­ge, von der heu­te aber fast nichts mehr erhal­ten ist. Im Jahr 1483 wur­de ein erstes Klo­ster gestif­tet, das jedoch mehr­mals abbrann­te. Die heu­ti­gen Gebäu­de sind auch in einem sehr deso­la­ten Zustand und teil­wei­se sogar abge­sperrt, das sich Zie­gel und Mau­er­stei­ne lösen könnten.

Ein­zig die Klo­ster­kir­che ist einem guten Zustand und wird noch heu­te genutzt. Auch ein Blick in das Inne­re ist mög­lich, da der Ein­gang wie­der nur mit einem Git­ter ver­sperrt ist.

Vor der Kir­che führt eine Trep­pe zur unte­ren Stra­ße, doch die­se sieht recht bau­fäl­lig aus und hat kein Gelän­der, sodass wir uns ent­schlie­ßen, mit dem Auto um das Gelän­de zu fahren.

Vor einem alten Gedenk­stein kann ich kurz am Stra­ßen­rand hal­ten und noch einen Blick auf das Schloss wer­fen, das lei­der eben­falls nicht zugäng­lich ist. Es gibt zwar ein Schild am Tor, das wir jedoch nicht lesen können.

So fah­ren wir dann wie­der wei­ter und gelan­gen nach einem Stück Fahrt auf klei­nen Neben­stra­ßen wie­der auf die Haupt­strecke nach Karls­bad. So kom­men wir auch durch Pet­schau, heu­te Bečov nad Teplou. Hier steht eine wei­te­re Schloss­an­la­ge, die wir auf­grund des schlech­ten Wet­ters jedoch nicht mehr besu­chen. Inzwi­schen ist der Him­mel grau und es hat zu reg­nen begon­nen. Die ange­kün­dig­te Schlecht­wet­ter­front scheint nun end­gül­tig ange­kom­men zu sein.

Am frü­hen Abend sind wir zurück in Karls­bad. Lei­der schüt­tet es wie aus Kan­nen, als wir beim tol­len Hotel Impe­ri­al vor­fah­ren, das wie das Grand­ho­tel Pupp zu den ersten Adres­sen der Stadt gehört. Das Foto ist erst zehn Tage spä­ter ent­stan­den, als ich noch­mals im Hotel gewe­sen bin.

Im Jahr 1912 eröff­ne­te das Hotel Impe­ri­al, das auf eine Idee des Karls­ba­der Ban­kiers und Unter­neh­mer Alfred Schwalb zurück­geht. Die Stadt hat­te sei­ner­zeit nicht genü­gend Kapa­zi­tä­ten, um alle Besu­cher unter­zu­brin­gen. So kauf­te Schwalb Grund­stücke ober­halb des Kur­be­zirks auf und ließ zwi­schen 1910 und 1912 das Hotel errich­ten. In den fol­gen­den Jah­ren zog das Hotel vie­le inter­na­tio­na­le Gäste an und auch heu­te noch kom­men vie­le berühm­te Per­sön­lich­kei­ten hierher. 

Wir erhal­ten ein schö­nes Zim­mer mit einem klei­nen Bal­kon, den wir auf­grund des schlech­ten Wet­ters aber lei­der kaum nut­zen können.

Am Abend reg­net es wei­ter in Strö­men, sodass wir das Hotel nicht mehr ver­las­sen. Zum Glück konn­ten wir den Kur­be­zirk ja schon bei bes­se­rem Wet­ter vor ein paar Tagen besu­chen. So kommt es uns auch ganz gele­gen, dass ich die Über­nach­tung mit Halb­pen­si­on gebucht habe und wir das Abend­essen im Hotel­re­stau­rant ser­viert bekommen.

Es gibt ein gro­ßes Buf­fet mit sehr guter Aus­wahl und vie­len schmack­haf­ten Spei­sen. Auch nicht-​alkoholische Geträn­ke sind inklu­diert, sodass wir es uns hier erst ein­mal gut­ge­hen las­sen, wäh­rend drau­ßen fast die Welt untergeht.

Auf dem Zim­mer pla­ne ich spä­ter noch unse­re Heim­fahrt, denn mor­gen ist die schö­ne Rei­se lei­der schon wie­der vor­bei. Lei­der soll das Wet­ter eher wech­sel­haft blei­ben, sodass ich noch nicht ein­schät­zen kann, was wir über­haupt machen können.

Kilo­me­ter: 148
Wet­ter: wol­kig, spä­ter Regen, 14–26 Grad
Hotel: Hotel Impe­ri­al, Karls­bad (Kar­l­o­vy Vary)

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