Past and Present – Rundreise durch Westböhmen

Tag 5: Sams­tag, 01.08.2020
Spu­ren­su­che – Mari­en­bad nach Pilsen

„Wege ent­ste­hen dadurch, dass man sie geht.” – Franz Kafka

Die­ser Tag steht noch ein­mal ganz im Zei­chen der Spu­ren­su­che. Wir wol­len nicht nur den Geburts­ort mei­ner Mut­ti besu­chen, son­dern auch ver­schie­de­ne ande­re Orte, die mit mei­ner Fami­lie in Ver­bin­dung ste­hen. Bevor wir aber abfah­ren, habe ich noch etwas vor. Ich lau­fe noch ein­mal schnell zur Kolon­na­de, weil ich den Brun­nen noch spie­len sehen will. Das soll heu­te früh wie­der mög­lich sein. So fol­ge ich dem Haupt­weg durch den Kurpark.

Und tat­säch­lich ist im Kur­park fast nichts mehr zu sehen von der Preis­ver­lei­hung am gest­ri­gen Abend. Alle Absper­run­gen sind ver­schwun­den und nur noch klei­ne Reste der Büh­ne zu sehen, die aber zügig abge­baut werden.

So errei­che ich nun auch die „Sin­gen­de Fon­tä­ne” mühe­los und war­te mit rund zwei Dut­zend Schau­lu­sti­gen auf eine der ersten Vor­füh­run­gen des Tages. Die Fon­tä­ne, die eine der neue­ren Attrak­tio­nen des Kur­or­tes ist, spielt regu­lär zu jeder unge­ra­den Stun­de und am Abend zwei­mal hin­ter­ein­an­der beleuchtet.

Am 30. April 1986 erklang die Fon­tä­ne zum ersten Mal und seit­dem zie­hen die Was­ser­spie­le, die aus 250 Düsen spie­len, die Besu­cher in ihren Bann. Das run­de Stein­becken, das von einer sti­li­sier­ten Blü­te geschmückt wird, wird mit moder­nen und klas­si­schen Stücken bespielt. Zehn Kom­po­si­tio­nen wech­seln sich nach einem fest­ge­leg­ten Plan ab und zu beson­de­ren Anläs­sen wer­den auch ande­re Stücke gespielt.

Sin­gen­de Fon­tä­ne, Mari­en­bad, Tschechien

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Nach der Vor­füh­rung lau­fe ich ins Hotel zurück. Wir checken dann aus und laden das Gepäck ins Auto, denn heu­te haben wir noch viel vor. Rich­tung Süden führt uns die Fahrt zuerst und dann über die Auto­bahn nach Osten, bis wir die Abfahrt nach Kladrau errei­chen. Mut­ti ist schon ein biss­chen auf­ge­regt, ist dies doch ihr Geburts­ort, in dem sie nun auch schon über drei­ßig Jah­re nicht mehr gewe­sen ist. 

Bevor wir jedoch in den Ort fah­ren, stat­ten wir der Haupt­se­hens­wür­dig­keit einen Besuch ab, dem Klo­ster Kladrau mit sei­ner impo­san­ten Schloss­kir­che. Wie ich zum Glück im Inter­net gele­sen habe, fin­det hier wohl heu­te noch ein Kon­zert statt, wes­we­gen die Anla­ge frü­her als üblich schließt. Und lei­der ist auch hier die Kir­chen­be­sich­ti­gung nur mit einer Füh­rung mög­lich, sodass wir uns etwas spu­ten müs­sen, um noch eine der stünd­lich statt­fin­den­den Tou­ren mit­ma­chen zu können. 

Ich par­ke unser Auto auf einem klei­nen Park­platz gegen­über des Ein­gangs und bin erst ein­mal etwas von den Socken. Nach­dem so vie­le Orte in den letz­ten fünf­zehn bis zwan­zig Jah­ren doch sehr auf­wen­dig restau­riert wur­den, sieht das Klo­ster doch recht mit­ge­nom­men aus.

Durch den Haupt­ein­gang betre­ten wir die Anla­ge und ent­rich­ten unser Ein­tritts­geld. Es wird uns mit­ge­teilt, dass es auch hier nur tsche­chisch­spra­chi­ge Füh­run­gen gibt und wir wie­der einen Schnell­hef­ter mit Erklä­run­gen in Deutsch bekom­men würden.

Im Innen­hof sehe ich dann, dass doch mit der Sanie­rung des Klo­sters begon­nen wur­de, die aber wohl noch eini­ge Zeit in Anspruch neh­men wird.

Herz­stück der Anla­ge ist die präch­ti­ge Kir­che, deren Turm von einer gol­de­nen Kro­ne geschmückt wird. Sie ist auch das ein­zi­ge Gebäu­de, das der­zeit besich­tigt wer­den kann, aber eben auch nur mit Füh­rung. Das Got­tes­haus ist heu­te natio­na­les Kul­tur­er­be und wur­de bereits im 12. Jahr­hun­dert zunächst im roma­ni­schen Stil erbaut, nach­dem das Klo­ster 1115 gegrün­det wur­de. Ihr heu­ti­ges Aus­se­hen bekam die Kir­che zwi­schen 1712 und 1726, als sie im Barock umge­baut wurde.

Da sich das Klo­ster auf einem Hügel über der Stadt befin­det, habe ich von hier oben einen schö­nen Blick auf den Ort, als ich zur Klo­ster­mau­er lau­fe, die das Gelän­de einfasst.

Die Füh­rung durch die Kir­che beginnt am Sei­ten­ein­gang, der durch eine reich ver­zier­te Tür ver­schlos­sen ist. Unser Gui­de ist eine tsche­chi­sche Stu­den­tin, die hier wäh­rend der Seme­ster­fe­ri­en jobbt. Sie hält den gro­ßen Schlüs­sel, der das Schloss zur Kir­che öff­net und uns so Ein­tritt gewährt.

Schon der erste Blick in das gro­ße Kir­chen­schiff ist beein­druckend. Rund drei­und­acht­zig Meter lang ist die Kir­che vom Haupt­al­tar bis zum Haupt­ein­gang und wird dabei von meh­re­ren Sei­ten­al­tä­ren sowie einer gro­ßen Orgel geschmückt.

In der Vie­rung befin­det sich eine Kup­pel, die reich ver­ziert ist und das Gebäu­de krönt. Sie ist der Platz, auf dem von außen die Kro­ne zu sehen ist. Im Volks­mund wur­de die Kir­che übri­gens auch als Schloss­kir­che bezeich­net, denn schon 1785 wur­de das Klo­ster auf­ge­löst und die Gebäu­de unter­schied­lich genutzt, bevor die gesam­te Anla­ge 1825 in die Hän­de der Für­sten zu Windisch-​Graetz kam, die hier bis zur Ent­eig­nung im Jahr 1945 resi­dier­ten. Mein Urgroß­va­ter war übri­gens gut bekannt mit dem Für­sten, für den er sich als orts­an­säs­si­ger Schmied in Kladrau um die Pfer­de kümmerte.

Die Füh­rung zieht sich nun ein­mal quer durch die Kir­che. Doch für uns ist das natur­ge­mäß nicht wirk­lich inter­es­sant, denn wir ver­ste­hen kein Wort, auch wenn Mut­ti noch eini­ge Brocken Tsche­chisch ver­steht. Sehr ange­nehm ist hier aber, dass man uns auf eige­ne Faust durch das Kir­chen­schiff zie­hen lässt, denn wir haben ja unse­re deutsch­spra­chi­gen Hef­ter. So kann ich auch in Ruhe fotografieren. 

Nach der ein­stün­di­gen Füh­rung fah­ren wir zurück in den Ort. Ich par­ke zuerst am Dorf­platz vor der Jakobs­kir­che, die die Stadt­kir­che von Kladrau ist. Mut­ti möch­te hier aber ein wenig her­um­lau­fen und erzählt mir Geschich­ten, wie sie hier als Kind mit ihrer Schwe­ster gespielt hat. Auch mit eini­gen der Gebäu­de ver­bin­det sie alte Erin­ne­run­gen an längst ver­stor­be­ne Ver­wand­te und vie­le Erlebnisse.

Die schö­ne Stadt­kir­che kön­nen wir lei­der nur von außen besich­ti­gen, denn sie ist ver­schlos­sen. Die Kir­che wur­de nach dem gro­ßen Stadt­brand 1843 neu errichtet.

Nach den Erin­ne­run­gen mei­ner Mut­ti bege­ben wir uns schließ­lich noch auf die Suche nach ihrem Geburts­haus. Der Ort hat sich zwar etwas ver­än­dert, ist grö­ßer gewor­den, nach­dem er in den letz­ten ein­hun­dert Jah­ren eine wech­sel­vol­le Geschich­te durch­lau­fen hat­te. Nach 1945 wur­den die Deutsch­böh­men, die hier leb­ten, ver­trie­ben und der Nie­der­gang begann. Im Jahr 1960 ver­lor Kladrau sogar das Stadt­recht, das erst 2007 wie­der ver­lie­hen wur­de. Seit­dem gibt es auch einen regen Zuzug und immer mehr Gebäu­de wer­den reno­viert. Nach ein biss­chen Suchen fin­den wir schließ­lich auch das Haus, in dem mei­ne Mut­ti ihre ersten Lebens­jah­re ver­brach­te. Links war damals die Schmie­de, die die Fami­lie ernähr­te und rechts die gute Stu­be, an deren gro­ßem Ess­tisch leicht sech­zehn Leu­te Platz hatten.

Schließ­lich fah­ren wir noch zum Fried­hof, der etwas außer­halb des Stadt­zen­trums liegt. Die alte Fried­hofs­ka­pel­le steht noch immer und wur­de sehr schön reno­viert. Und dann ent­decken wir neben einer klei­nen Ecke mit Grä­bern aus jün­ge­rer Zeit, eine gro­ße Anzahl alter Grab­stel­len, die die Zeit anschei­nend über­dau­ert hat.

Es gibt sogar einen Gedenk­stein für die deut­schen Ein­woh­ner und die Ver­stor­be­nen auf die­sem Fried­hof. So etwas wäre zu Zei­ten der Tsche­cho­slo­wa­kei nie denk­bar gewe­sen. Man besinnt sich auch hier auf die Ver­gan­gen­heit und ver­sucht Frie­den zu schließen.

Lei­der fin­den wir das Fami­li­en­grab mei­ner Vor­fah­ren nicht. Es muss eines derer gewe­sen sein, die die Zeit nicht über­dau­ert haben. Vie­le ande­re Grä­ber gibt es aber noch und so zie­hen wir ein biss­chen her­um und lesen auf den alten Grabsteinen.

Auch einen Blick in die Fried­hofs­ka­pel­le kön­nen wir wer­fen, denn wir viel Kir­chen in Tsche­chi­en, ist der Zutritt nur durch eine Git­ter­tür versperrt.

Rund um die Kapel­le sind die präch­tig­sten Grä­ber der bedeu­tend­sten Ein­woh­ner von Kladrau zu fin­den. An eini­ge Namen erin­nert sich Mut­ti auch noch, eini­ge waren auch mit der Fami­lie ver­wandt oder bekannt.

Als wir schon fast wie­der gehen wol­len, ent­decke ich noch eine Rei­he alter Grä­ber an der Fried­hofs­mau­er. Die möch­te ich mir nun auch noch anschauen.

Dabei ent­decke ich die­ses Grab, das den Namen Frank trägt, den Mäd­chen­na­men mei­ner Mut­ti. Ich rufe sie her­bei und fra­ge, ob das viel­leicht Ver­wand­te von uns sind. Und tat­säch­lich, das Grab gehört zu unse­rer Fami­lie. Die hier Bei­gesetz­ten sind zwar etwas weit­läu­fi­ger mit uns ver­wandt, aber es ist schon unglaub­lich, das zumin­dest ein Grab der Fami­lie all die­se Zeit über­dau­ert hat. Ihre letz­te Ruhe haben hier der Bru­der mei­nes Urgroß­va­ters mit sei­ner Frau gefunden.

Mit die­sem Fund been­den wir unse­ren Besuch auf dem Fried­hof und lau­fen wie­der zurück zum Auto.

Nur weni­ge Kilo­me­ter von Kladrau ent­fernt befin­det sich das Städt­chen Mies, das mei­ne Mut­ti in ihren Erzäh­lun­gen auch immer erwähnt hat. Hier leb­te mei­ne Oma als jun­ge Frau für vie­le Jah­re und so wol­len wir natür­lich auch vor­bei­schau­en. Als wir auf dem Markt­platz ankom­men, sind wir wie­der ein­mal ange­nehm über­rascht, wie toll hier alles reno­viert ist. Sogar Parkt­aschen gibt es, in denen ich auch unser Auto abstel­len kann.

Mies wur­de einst nach dem Fluss Mies benannt, der durch die Stadt fließt. Heu­te trägt die Stadt den Namen Stří­b­ro, was auf Deutsch Sil­ber heißt und auf den Sil­ber­berg­bau im spä­ten Mit­tel­al­ter verweist.

Wir lau­fen über den gro­ßen Markt­platz, auf dem an pro­mi­nen­ter Stel­le die barocke Pest­säu­le aus dem Jahr 1725 zu fin­den ist. Sie ist von einer Mari­en­sta­tue gekrönt und rund­her­um ste­hen ver­schie­de­ne Hei­li­ge. Die Säu­le erin­nert an die schlim­me Pest­epi­de­mie, die vie­le Ein­woh­ner der Stadt das Leben kostete.

Am Kopf des Markt­plat­zes ist das präch­ti­ge Rat­haus der Stadt zu fin­den. Bereits 1543 im Stil der Spät­re­nais­sance errich­tet, ist es beson­ders durch die Sgraf­fi­ti, mit denen es ver­ziert ist. Sgraf­fi­ti ist eine Deko­ra­ti­ons­tech­nik für Wän­de und der ita­lie­ni­sche Begriff bedeu­tet auf Deutsch so viel wie krat­zen. Die Bil­der ent­ste­hen, indem meh­re­re Putz­schich­ten auf eine Wand auf­ge­tra­gen wer­den und dann die obe­re wie­der abge­kratzt wird.

Und dann kön­nen wir noch an einem uner­war­te­ten High­light teil­neh­men. Schon wäh­rend wir über den Platz lau­fen, kann ich immer mehr Old­ti­mer sehen, die in die Stra­ße rund um den Markt ein­bie­gen. Tol­le Model­le sind da dabei und alle wun­der­schön restauriert. 

Schließ­lich ver­sam­meln sich die Fahr­zeu­ge mit ihren Besit­zern vor dem Rat­haus, wo sie auch näher ange­schaut wer­den kön­nen. Dazu zäh­len auch vie­le Model­le des tsche­chi­schen Auto­bau­ers Sko­da, wie die­se zwei Model­le aus dem Jahr 1937. 

Mir macht es Spaß zwi­schen den tol­len Autos hin und her zu strei­fen, wäh­rend Mut­ti sich nach einer Wei­le auf eine Bank setzt und dem Trei­ben von dort aus zusieht.

Irgend­wann ver­ab­schie­den wir uns aber doch und fah­ren wei­ter. Mut­ti hat­te mir noch von einem Stadt­tor erzählt, das es hier geben soll und nach ein wenig Suchen haben wir das dann tat­säch­lich auch noch gefun­den. Im Hin­ter­grund ist noch schön die Kir­che Aller­hei­li­gen zu sehen. 

Dies ist die alte Zufahrt in die Stadt, die über den Fluss und durch ein Brücken­tor aus dem Jahr 1555 führt. Zwar geht es von hier aus heu­te nicht mehr direkt in die Stadt, doch durch das Tor fah­ren, das geht noch immer. Und so machen wir das natür­lich auch.

Dann heißt es aber end­gül­tig Abschied neh­men von Mies. Wir fah­ren nun wie­der in Rich­tung Süden, wo sich noch zwei Orte befin­den sol­len, die mit der Geschich­te mei­ner Fami­lie ver­knüpft sind. Der erste Ort, den wir auf­su­chen ist Döl­lit­schen, das nur aus ein paar Häu­sern rund um einen Dorf­teich besteht. Heu­te heißt es Teli­ce, doch eine Gedenk­ta­fel am Orts­ein­gang erin­nert drei­spra­chig an die deut­sche Geschichte.

Das größ­te Anwe­sen des Ortes war ein Schlöss­chen mit Meie­rei und an deren Besuch erin­ne­re ich mich noch ganz genau. Ich wuss­te nicht mehr wo das war und war­um wir hier waren, aber an das gro­ße Tau­ben­haus auf dem Hof, das auch hier auf dem Bild zu sehen ist, erin­ne­re ich mich noch sehr genau, obwohl mein Besuch 1984 war. Scha­de, dass es davon kei­ne Bil­der gibt, denn weni­ge Mona­te spä­ter wur­de das gesam­te Anwe­sen ein­fach abge­ris­sen, so wie es vie­len histo­ri­schen Orten mit deut­scher Ver­gan­gen­heit wäh­rend des Kom­mu­nis­mus erging.

So bleibt uns nur eine klei­ne Run­de durch den Ort zu dre­hen und die noch bestehen­den Gebäu­de anzu­schau­en, von denen eini­ge aber auch leerstehen.

Vom Schloss erhal­ten ist aber die Sank-​Maria-​Hilf-​Kapelle, an die sich Mut­ti noch erin­nert. Hier steht eben­falls ein drei­spra­chi­ges Schild und erzählt die Geschich­te des klei­nen, 1720 erbau­ten, Got­tes­hau­ses. Lan­ge Zeit gam­mel­te auch die­ses Gebäu­de eben­falls vor sich hin, konn­te aber 2011 durch eine umfas­sen­de Reno­vie­rung geret­tet werden.

Dahin­ter sind noch ein paar Reste des ehe­n­ma­li­gen Hofes zu sehen, die die Abriss­wut vor knapp vier­zig Jah­ren über­lebt haben.

Ein paar Kilo­me­ter wei­ter, die wir auf schma­len, aber gut aus­ge­bau­ten Stra­ßen zurück­le­gen, gelan­gen wir nun nach Buck­ova. Der Ort ist eben­so win­zig und besteht eigent­lich nur aus einem Dorf­platz, der von Wohn­häu­sern ein­ge­fasst ist und in des­sen Mit­te eine Kapel­le steht. An die­sem Ort ist das Hoch­zeits­fo­to mei­ner Groß­el­tern ent­stan­den, das wir noch heu­te zu Hau­se haben.

Nun ist es nicht mehr weit bis nach Pil­sen, wo wir heu­te über­nach­ten wer­den, ganz so wie 1984, als wir zum letz­ten Mal in die­ser Gegend waren. Aus dem Augen­win­kel ent­decke ich unter­wegs am Stra­ßen­rand einen gro­ßen Gedenk­stein. Auch hier gibt es eine Erin­ne­rung an deut­sche Bewohner.

Am spä­ten Nach­mit­tag errei­chen wir Pil­sen, wo ich das Cour­ty­ard by Mar­riott Hotel reser­viert habe, das sich am Ran­de der Innen­stadt befindet.

Lan­ge blei­ben wir aber nicht im Hotel, denn wir wol­len uns noch ein wenig in der recht kom­pak­ten histo­ri­schen Alt­stadt umschau­en. Obwohl es schon ein lan­ger Tag war, ist auch Mut­ti mit dabei, denn sie ist neu­gie­rig, was sich hier so getan hat. Wir star­ten am spät­go­ti­schen Was­ser­turm, der einst Teil der Stadt­be­fe­sti­gung und Was­ser­spei­cher für die Brun­nen der Stadt war. Er befin­det sich ganz in der Nähe des Hotels.

Von hier lau­fen wir zum Platz der Repu­blik, der Mit­te des histo­ri­schen Stadt­kerns. Der 139 mal 193 Meter gro­ße Platz zählt zu den größ­ten Stadt­plät­zen Euro­pas und wird von der St. Bar­tho­lo­mä­us Kathe­dra­le domi­niert, die lei­der gera­de wegen Reno­vie­rung geschlos­sen ist.

Die Kathe­dra­le mit dem höch­sten Kirch­turm der tsche­chi­schen Repu­blik ist berühmt für ihre Mari­en­sta­tue sowie das Engels­köpf­chen, ein Glücks­brin­ger, der von den Besu­chern ger­ne berührt wird.

Am Ran­de des Plat­zes ist auch das reich ver­zier­te Renais­sance Rat­haus aus dem Jahr 1558 zu fin­den. Die rei­chen Ver­zie­run­gen sind wie in Mies aus Sgraf­fi­ti und zei­gen die böh­mi­schen Herr­scher sowie das Stadtwappen.

Rund um den Platz gibt es vie­le wun­der­schön reno­vier­te Häu­ser, die das gesam­te Ensem­ble zu einem tol­len Ort machen, der bei einem Stadt­rund­gang auf kei­nen Fall feh­len darf.

Auf einer Bank fin­de ich schließ­lich zwei der berühm­te­sten Figu­ren Pil­sens, Spe­jbl und Hur­ví­nek. Ich ken­ne die zwei noch aus dem Kin­der­fern­se­hen der DDR. Die Mario­net­ten zei­gen Vater und Sohn und wur­den 1919/​20 gefer­tigt. Pil­sen ist übri­gens berühmt für sei­ne Mario­net­ten und ihnen ist sogar ein gan­zes Muse­um gewidmet.

Durch eine der Sei­ten­stra­ßen lau­fen wir wei­ter zur Ring­stra­ße, die die Alt­stadt umgibt. Hier steht die 1892 im maurisch-​romanischen Stil errich­te­te gro­ße Syn­ago­ge. Sie ist die größ­te Syn­ago­ge Tsche­chi­ens und die zweit­größ­te in Europa. 

Ein paar Schrit­te wei­ter errei­chen wir das 1902 im Stil der Neo­re­nais­sance erbau­te Stadt­thea­ter, das auch heu­te noch in Betrieb ist.

Und dann lan­den wir an der Stra­ße mit dem klang­vol­len Namen Ame­rická, an der es in die­sem Haus einen ganz beson­de­ren McDo­nalds gibt. Der erin­nert näm­lich an die Fami­lie von Ray Kroc, den Grün­der der Fast­food Ket­te, die hier aus Pil­sen stamm­te, bevor sie in die USA auswanderte.

Der Rück­weg zum Hotel führt uns durch den Park­an­la­gen­ring, der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts anstel­le der abge­ris­se­nen Stadt­mau­ern ent­stand. An sei­nem Rand steht das west­böh­mi­sche Muse­um, das 1893 bis 1902 erbaut wur­de und eini­ge bedeu­ten­de Samm­lun­gen beherbergt.

Den letz­ten Ort, den wir uns anschau­en, sind die soge­nann­ten Fleisch­bän­ke. Schon seit 1392 steht die­ses Gebäu­de hier und dien­te bis in die 1950er Jah­re als Fleisch­markt­hal­le. Heu­te wur­de es zu einer Kunst­ga­le­rie umgebaut. 

Zurück im Hotel machen wir uns ein wenig frisch, bevor wir im Hotel­re­stau­rant zu Abend essen, da wir bei­de zu geschafft sind, um uns noch auf die Suche nach einem ande­ren Restau­rant zu begeben.

Auf dem Zim­mer schaue ich schließ­lich noch ein­mal die Plä­ne für mor­gen durch, denn lei­der soll sich im Lau­fe des Tages das Wet­ter ver­schlech­tern, eine Kalt­front zieht her­an. Mal schau­en, was wir da noch anschau­en kön­nen und wann uns der Regen einholt. 

Kilo­me­ter: 182
Wet­ter: son­nig, 18–33 Grad
Hotel: Cour­ty­ard by Mar­riott, Pilsen

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