Past and Present – Rundreise durch Westböhmen

Tag 3: Don­ners­tag, 30.07.2020
Hol­ly­wood lässt grü­ßen – Karls­bad nach Franzensbad

„Es gibt nur drei Städ­te auf der Welt, wo ich leben möch­te: in Wei­mar, in Karls­bad und in Rom.” – Johann Wolf­gang von Goethe

Der Tag beginnt mit einem Früh­stück im Grand­ho­tel Pupp. Es soll­te das beste Mor­gen­mahl der gan­zen Rei­se sein und so las­sen wir uns ein wenig Zeit und genie­ßen das Ange­bot in die­sem tol­len Ambiente.

Längst strahlt die Son­ne wie­der vom knall­blau­en Him­mel, als wir das Hotel ver­las­sen. Der Blick auf den süd­li­chen Kur­be­zirk und die Teplá ist wie­der fan­ta­stisch. Das Grand­ho­tel Pupp liegt da wirk­lich super, denn kaum ist man aus der Tür getre­ten, steht man schon mit­ten im Geschehen.

Am Vor­mit­tag steht noch ein­mal Karls­bad auf dem Pro­gramm. Gleich um die Ecke vom Hotel befin­det sich die Stand­seil­bahn zum Aus­sichts­punkt Dia­na. Es gibt zwar auch zahl­rei­che Wan­der­we­ge, doch zusam­men mit Mut­ti ist die Bahn um eini­ges bequemer.

Erst im Jahr 1909 geneh­mig­te der Stadt­rat den Bau einer Stand­seil­bahn, deren Jun­fern­fahrt schließ­lich im August 1912 erfolg­te. Für rund fünf­zig Jah­re wur­den dann offe­ne Wagons genutzt, die nur von Früh­jahr bis Herbst fuh­ren. Erst 1965 kamen die ersten geschlos­se­nen Wagen auf die Strecke. Nach nur zwölf Jah­ren wur­de der Betrieb aller­dings schon wie­der ein­ge­stellt und erst 1988, nach einer umfas­sen­den Sanie­rung, mit neu­en Wagen wie­der aufgenommen.

Die Tal­sta­ti­on im Kur­be­zirk liegt auf 333 Metern Höhe, die Mit­tel­sta­ti­on auf 473 Metern und die Berg­sta­ti­on schließ­lich auf 555. Meter. Ins­ge­samt legt die Bahn eine Strecke von 437 Metern zurück, wofür sie knapp sie­ben Minz­ten benö­tigt. Bis zu 49 Pas­sa­gie­re pas­sen in einen Wagon und pro Stun­de kön­nen mit den zwei Wagen so 365 Per­so­nen beför­dert werden.

Auf jeder Fahrt tref­fen sich die bei­den Wagen an der Mit­tel­sta­ti­on, wo sich die ein­zi­ge Aus­weich­stel­le der Strecke befin­det. Von hier star­ten wei­te­re Wan­der­we­ge zu belieb­ten Aus­sicht­punk­te der Umgebung.

Wan­der­we­ge gibt es im Gebiet um Karls­bad sowie­so vie­le. Eini­ge füh­ren nur zurück ins Tal, ane­re bis in die umlie­gen­den Gemein­den. Heut­zu­ta­ge ist alles gut aus­ge­schil­dert und so ein wah­res Para­dies für Urlau­ber, die gern auf Schu­sters Rap­pen unter­wegs sind.

Das Ziel von Mut­ti und mir aber ist der vier­zig Meter hohe Aus­sichts­turm, denn von der Berg­sta­ti­on selbst ist noch nicht wirk­lich etwas zu sehen. Viel zu hoch sind die Bäu­me und viel zu undurch­dring­lich ihr Blatt­werk. Der Turm auf der Dia­nahö­he wur­de übri­gens im Zuge des Baus der Stand­seil­bahn errich­tet und 1914 eröffnet.

Auf den Turm füh­ren 150 Stu­fen, doch die muss nur neh­men, wer das wirk­lich möch­te, denn schon seit Beginn gibt es einen elek­tri­schen Auf­zug, der die Besu­cher nach oben befördert.


Oben ange­kom­men, gibt es eine offe­ne Aus­sichts­ter­ras­se, die einen schö­nen Rund­um­blick erlaubt. In die eine Rich­tung haupt­säch­lich auf die Wäl­der, die Karls­bad umgeben.

Die ande­re Rich­tung aber erlaubt einen schö­nen Blick auf die Stadt, der lei­der am Mor­gen etwas im Gegen­licht liegt. Für Foto­gra­fen emp­fiehlt sich also eher der Nachmittag.

Schön zu erken­nen ist sowohl die Teplá mit einem Teil des Kur­be­zirks, als auch die noch recht neue Spru­del­quel­le, die erst in den 1970er Jah­ren eröff­net wur­de, lei­der in einem etwas häss­li­chen Gebäude.

Auf der gegen­über­lie­gen­den Anhö­he ist das Hotel Impe­ri­al zu erken­nen, in dem ich die zwei­te Nacht in Karls­bad am Ende der Rei­se reser­viert habe. Ich konn­te mich zwi­schen dem Grand­ho­tel Pupp und dem Hotel Impe­ri­al nicht ent­schei­den, sodass ich kur­zer­hand bei­de gebucht habe. Und das pass­te auch wun­der­bar in die Planung.

In der Fer­ne sind wei­te­re Stadt­tei­le des moder­nen Karls­bad zu erken­nen, sowie die ein­ge­mein­de­ten Vor­or­te. Die Berg­ket­te ganz im Hin­ter­grund ist das Erz­ge­bir­ge, das sich zwi­schen Deutsch­land und Tsche­chi­en erhebt. 

Ein Bau­werk sticht mir noch ins Auge, die russisch-​orthodoxe Kir­che am Ran­de des Kur­be­zirks mit ihren gol­de­nen Türmchen. 

Zum Aus­sichts­punkt gehö­ren auch ein Restau­rant, ein Schmet­ter­lings­haus, ein Strei­chel­zoo sowie eine Pfaue, von denen mich beson­ders der Albi­no fasziniert.

Bevor wir zur Berg­sta­ti­on zurück­keh­ren, sehe ich noch das Hin­weis­schild zum Hir­schen­sprung. Die Hirsch­skulp­tur auf einer Fels­spit­ze ist eines der Wahr­zei­chen der Stadt, kann aber nur über einen Wan­der­weg erreicht wer­den, den ich mit Mut­ti zusam­men nicht gehen will. Spä­ter wer­de ich den Hir­schen aber noch aus dem Tal ent­decken, ein gar nicht sol­eich­tes Unterfangen.

Wir set­zen uns nun wie­der bequem in die Stand­seil­bahn und tre­ten die rund sie­ben­mi­nü­ti­ge Rei­se ins Tal an.

Zurück in der Stadt lau­fen wir noch ein­mal Rich­tung Nor­den am Fluss ent­lang. Nun sind ande­re Gebäu­de von der Son­ne ange­strahlt, die gestern im Schat­ten lagen und so möch­te ich noch ein wenig schau­en und fotografieren.

Dabei kom­men wir auch an der klei­nen Piz­ze­ria vor­bei, in der wir gestern zu Abend geges­sen haben.

Mein Haupt­ziel ist noch ein­mal die Markt­ko­lon­na­de, die gestern recht gut besucht war. Heu­te Mor­gen ist es jedoch schön leer, sodass ich auch in Ruhe foto­gra­fie­ren kann.

Die Markt­ko­lon­na­de im Schwei­zer Stil wur­de zwi­schen 1882 und 1883 erbaut und war eigent­lich nur als tem­po­rä­rer Wan­del­gang gedacht. Noch ein­mal neu gebaut wur­de die Kolon­na­de jedoch nie, nur eine Ver­län­ge­rung gab es um 1905. Und so steht das ein­sti­ge Pro­vi­so­ri­um mit sei­nen kost­ba­ren Schnit­ze­rei­en noch heute.

Drei Quel­len gibt es in der Markt­pro­me­na­de, die Karls­quel­le, benannt nach Kai­ser Karl IV., der auch Namens­ge­ber der Stadt ist, die Markt­quel­le, die der Kolon­na­de ihren Namen gab und an einen alten Markt erin­nert, der einst an die­ser Stel­le stand, und die unte­re Schloss­quel­le, die auch hier im Bild zu sehen ist.

Wei­ter lau­fen wir heu­te aber nicht, denn so lang­sam rückt die Check-​out-​Zeit näher. So schlen­dern wir gemüt­lich zurück zum Hotel, packen unse­re Sachen und ver­ab­schie­den uns vom Grand­ho­tel Pupp. Auch Karls­bad las­sen wir erst ein­mal hin­ter uns, doch die Stadt wer­den wir am Ende der Rei­se noch ein­mal besu­chen. Nun aber fol­gen wir der Stra­ße nach Westen. Weit fah­ren brau­chen wir nicht, denn schon weni­ge Kilo­me­ter hin­ter der Stadt­gren­ze erhebt sich eine mäch­ti­ge Burg mit dem Namen Loket, auf Deutsch Elbogen.

Auch der klei­ne Ort zu ihren Füßen trägt die­sen Namen, den er erhal­ten hat, da der Fluss Eger hier eine Schlei­fe bil­det, die einem Elbo­gen gleicht. Übri­gens wird der deut­sche Name noch immer mit einem L geschrie­ben, wie es in frü­he­rer Zeit üblich war.

Ich fah­re in den klei­nen Orts­kern, der recht gut gefüllt ist. Vor der Stadt gibt es gro­ße Park­plät­ze, doch ich will mein Glück ver­su­chen, da der Weg von außer­halb natür­lich um eini­ges wei­ter ist. Und ich habe Glück. Ich fin­de einen Park­platz direkt auf dem Markt­platz, der zwar kosten­pflich­tig ist, aber das gilt hier sowie­so überall.

Wem Loket jetzt bekannt vor­kom­men soll­te, der hat gar nicht so unrecht. Im Jahr 2006 wur­den hier Tei­le des James Bonds Films „Casi­no Roya­le” gedreht. Über­haupt wird der klei­ne Ort öfter von Film­crews besucht und vie­le Ein­woh­ner sind inzwi­schen rou­ti­nier­te Statisten.

Doch nicht nur heu­te strö­men die Men­schen in das hüb­sche Städt­chen, schon Johann Wolf­gang von Goe­the weil­te mehr­mals in dem Ort. Im Jahr 1823 fei­er­te er gar sei­nen 74. Geburts­tag hier und in sei­nen Tage­bü­chern hielt er fest: „Es liegt über alle Beschrei­bung schön und lässt sich als ein Kunst­werk von allen Sei­ten betrach­ten.“ Eben­so zu Gast war der Maler Carl Spitz­weg, in des­sen Auf­zeich­nun­gen zu lesen ist: „Der Fluß läuft daselbst wie in Was­ser­burg, der die Stadt zur Halb­in­sel umschließt.“

Der Fluss, der Loket so male­risch von drei Sei­ten umschließt, ist die Eger, auf Tsche­chisch Ohře. Der Neben­fluss der Elbe ent­springt im bay­ri­schen Fich­tel­ge­bir­ge und mün­det bei Leit­me­ritz in die Elbe.

Die Brücke, von der ich auf den Fluss schaue und die auch die Ver­bin­dung in den Ort ist, sieht heu­te recht schlicht aus. Sie wur­de jedoch erst in den 1930er Jah­ren gebaut. Davor gab es hier eine Ket­ten­brücke, die 1836 ein­ge­weiht wur­de und eine der ersten Brücken die­ser Art in Böh­men war.

Von der Brücke haben wir einen schö­nen Blick auf die Burg. Wahr­schein­lich geht die Burg bereits auf das 12. Jahr­hun­dert zurück. Sicher ist, dass sie im Jahr 1234 als könig­lich böh­mi­sche Grenz­burg erwähnt wur­de. Aller­dings erlitt die Anla­ge nach dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg zunächst das Schick­sal vie­ler Bur­gen, sie ver­lor an Bedeu­tung und ver­fiel Zuse­hens. Erst Ende des 18. Jahr­hun­derts mit Beginn der Bur­gen­ro­man­tik wur­de sie reno­viert und sei 1993 ist sie ein Muse­um, das besich­tigt wer­den kann.

Wir aber schau­en heu­te nur von außen und fah­ren dann wei­ter bis nach Fal­ken­au, Tsche­chisch Soko­lov. Schon zuvor habe ich im Rei­se­füh­rer gele­sen, dass die Stadt nicht wirk­lich schön sein soll. Gro­ße Tei­le wur­den im Zwei­ten Welt­krieg zer­stört und in kom­mu­ni­sti­schen Zei­ten wur­de sie als Plat­ten­bau­sied­lung wie­der­auf­ge­baut. Schon nach weni­gen Kilo­me­tern bestä­tigt sich der Ein­druck, Soko­lov ist wirk­lich kei­ne Schön­heit und noch ein­schnei­den­der ist der Kon­trast, wenn man gera­de aus einem Ört­chen wie Loket mit sei­nem Post­kar­ten­idyll kommt. Für mich gibt es auch nur einen Grund hier­her­zu­kom­men, das Schloss Falkenau.

Ursprüng­lich stand an die­ser Stel­le eine Burg, die bereits seit dem 12. Jahr­hun­dert bestand. Sie wech­sel­te mehr­mals den Besit­zer, bis sie 1622 an die Fami­lie Nostitz ver­kauft wur­de. Im Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg wur­de die Burg jedoch beschä­digt und brann­te völ­lig aus. Dar­auf­hin ließ die Fami­lie Nostitz die Burg zwi­schen 1659 und 1663 in ein Renais­sance­schloss umbau­en. In den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten wur­de Tei­le der Anla­ge mehr­mals umge­baut und reno­viert, bis das Schloss Ende des 19. Jahr­hun­derts sein heu­ti­ges Aus­se­hen bekam.

Von der präch­ti­gen Innen­aus­stat­tung ist lei­der so gut wie nichts erhal­ten, denn nach dem Zwei­ten Welt­krieg nutz­ten zuerst die Ame­ri­ka­ner, spä­ter die Rus­sen das Gebäu­de als Kom­man­dan­tur. Dabei wur­de die Innen­ein­rich­tung fast voll­stän­dig zer­stört. In den 1960er Jah­ren wur­de das Gebäu­de saniert und sei­ner heu­ti­gen Nut­zung als Biblio­thek und Muse­um zugeführt.

Bald ver­las­sen wir Fal­ken­au wie­der, denn irgend­wie ist der Rest der Stadt ziem­lich depri­mie­rend. Die Fahrt führt uns nun in den Nord­west­lich­sten Zip­fel von Tsche­chi­en, der wie eine Spit­ze in das Gebiet von Sach­sen ragt. Hier befin­det sich der 1903 ein­ge­weih­te Bis­marck­turm von Asch auf dem Hain­berg, der einer von nur drei Bis­marck­tür­men in Tsche­chi­en ist. Lei­der kommt man näher nur auf einem Wan­der­weg her­an, sodass uns für heu­te die­ser Blick rei­chen muss.

Auf dem Weg nach Süden kom­men wir durch das win­zi­ge Ört­chen Lie­ben­stein, das von dem gleich­na­mi­gen Schloss über­ragt wird. Die alte Schloss­an­la­ge war in der Zeit des Kom­mu­nis­mus völ­lig ver­fal­len, wur­de jedoch nach der Wen­de zuerst gesi­chert und dann von einem pri­va­ten Inve­stor nach und nach saniert. Ganz abge­schlos­sen sind die Arbei­ten aber immer noch nicht.

Nur weni­ge Kilo­me­ter wei­ter befin­det sich die Burg See­berg, die, im Gegen­satz zu den vor­he­ri­gen Gebäu­den, wie­der besich­tigt wer­den kann. Direkt vor dem Burg­tor befin­det sich ein klei­ner Park­platz, wo wir das Auto abstel­len. Der Ein­tritt in das Gebäu­de ist wie­der sehr mode­rat und mei­ne Mut­ter bekommt auch noch Rabatt, der sich für Rent­ner meist um die fünf­zig Pro­zent bewegt.

Die Burg See­berg wur­de 1322 in einer Urkun­de Lud­wig IV. von Bay­ern erst­ma­lig erwähnt, als die­ser das Reichs­le­hen Eger­land an den böh­mi­schen König Johan­nes von Luxem­burg für 20.000 Reichs­mark Sil­ber ver­pfän­de­te. Kai­ser Sieg­mund von Luxem­burg über­ließ die Anla­ge 1434 sei­nem treu­en Die­ner dem Reichs­kanz­ler und Ege­rer und Elbo­ge­ner Burg­gra­fen Cas­par Schlick. Spä­ter wech­sel­te Burg See­berg immer wie­der die Besit­zer, bis sie im Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg erobert, geplün­dert und in Brand gesteckt wurde.

Im Jahr 1703 kehr­te die Burg schließ­lich in das Eigen­tum der Stadt Eger zurück, die sie als Meie­rei sowie Unter­kunft für arme Weber und Tage­löh­ner nutz­te. Neue Auf­merk­sam­keit erhielt Burg See­berg erst im Zuge der Bur­gen­ro­man­tik, als das Gebäu­de umfas­send reno­viert wur­de. Im Jahr 1915 eröff­ne­te so eine Burg­gast­stät­te, die sich gro­ßer Beliebt­heit erfreu­te und bis in die 1950er Jah­re als Aus­flugs­ziel dien­te. Danach über­nahm ein staat­li­cher Land­wirt­schafts­be­trieb die Burg und unter des­sen Ver­wal­tung ver­fiel das gesam­te Anwe­sen. Erst dem Lei­ter des städ­ti­schen Muse­ums Fran­zens­bad sowie einer Grup­pe Enthu­sia­sten ist es zu ver­dan­ken, dass in den 1980er Jah­ren Geld zur Restau­rie­rung der Anla­ge zur Ver­fü­gung gestellt wur­de. Seit 1990 ist Burg See­berg als Muse­um wie­der für die Öffent­lich­keit zugänglich.

Den goti­schen Süd­pa­last kann ich auch von innen besich­ti­gen. Mut­ti nimmt der­weil auf einer der Bän­ke Platz, weil sie die hohen Stu­fen nicht lau­fen mag. Der Palast ist mit Möbeln und Kunst aus dem 19. Jahr­hun­dert aus­ge­stat­tet, im Flur aber wird auch moder­ne Kunst gezeigt.

Aus einem der Fen­ster habe ich einen Aus­blick auf die Land­schaft und ein­decke dabei ein Feld, in das ein Herz gemäht wurde.

Durch die Küche gelan­ge ich wie­der nach drau­ßen und auf eine Ter­ras­se hin­ter dem Haus, wo ich Mut­ti auf einer Bank vor­fin­de, im Gespräch mit einer deut­schen Besu­che­rin aus Ful­da. Wie klein die Welt doch ist, denn in rund zwei Wochen wer­de ich auch nach Ful­da fahren.

Auch von hier ist das Herz im Feld noch ein­mal gut zu sehen.

Wäh­rend Mut­ti sich noch ein biss­chen unter­hält, lau­fe ich ein­mal um die inne­re Burg her­um. Dabei bekom­me ich neue Per­spek­ti­ven auf das Gebäu­de und lan­de wie­der im ersten Vor­hof, wo ich wie­der auf mei­ne Mut­ti tref­fe, die inzwi­schen auch wie­der nach vorn gelau­fen ist.

Nun ist es nicht mehr weit bis zu unse­rem heu­ti­gen Über­nach­tungs­ziel Fran­zens­bad, dem zwei­ten der drei Kur­bä­der im tsche­chi­schen Bäder­drei­eck. Die Hotel­su­che in Fran­zens­bad gestal­te­te sich als nicht so ein­fach. Die mei­sten Hotels hier sind Kur­ho­tels und nur weni­ge auch für nor­ma­le Besu­cher geeig­net und die waren bereits gut gebucht. Dann bin ich auf die Revel­ton Stu­di­os gesto­ßen, die sehr gute Bewer­tun­gen hat­ten und noch ein frei­es Zimmer.

Schon die klei­ne Lob­by gefällt mir sehr gut. Das Hotel besteht aus­schließ­lich aus Stu­di­os und auch die Rezep­ti­on ist nicht den gan­zen Tag besetzt. Das stört aber nicht wei­ter, denn die Türen las­sen sich mit einem Code öff­nen, den ich zuvor schon per E‑Mail bekom­men habe.

Unser Stu­dio ist das Stu­dio Lon­don, das im bri­ti­schen Stil ein­ge­rich­tet ist. Mir gefällt es sehr gut mit der klei­nen Küchen­zei­le, der Sitz­ecke, dem gemüt­li­chen Bett und dem klei­nen Balkon.

Nach­dem wir unser Stu­dio bezo­gen haben, lau­fen wir noch­mal los um uns ein biss­chen in Fran­zens­bad umzu­se­hen. Das Kur­zen­trum ist nicht son­der­lich groß, sodass wir schau­en wol­len, wie weit wir zu Fuß kom­men. Gleich gegen­über des Hotels befin­det sich die 1819 erbau­te Hei­lig­kreuz Kirche.

Wir lau­fen bis zur Fuß­gän­ger­zo­ne, der Pro­me­na­de Narod­ni. Hier ste­hen vie­le der schön­sten Gebäu­de im Kur­zen­trum, von denen lei­der eini­ge leer ste­hen. So ganz hat sich Fran­zens­bad von sei­nem Nie­der­gang wäh­rend des Kom­mu­nis­mus noch nicht wie­der erholt, auch wenn immer mehr aus­län­di­sche Gäste hierherkommen.

Fran­zens­bad wur­de 1793 mit der För­de­rung von Kai­ser Franz II., dem letz­ten Kai­ser des Hei­li­gen Römi­schen Rei­ches Deut­scher Natio­nen. Der neu gegrün­de­te Ort erhielt zuerst den Namen Kaiser-​Franzensdorf, der spä­ter in Kaiser-​Franzensbad und danach in Fran­zens­bad geän­dert wur­de und eine der bekann­te­sten Heil­quel­len wur­de Fran­zens­quel­le genannt. Das Bad gelang­te zu gro­ßem Ruhm und es gab immer mehr Heil­bä­der und Hotels. Der Ruhm von Fran­zens­bad begann erst mit der Welt­wirt­schafts­kri­se Ende der 1920er Jah­re zu ver­blas­sen. Nach dem Zwei­ten Welt­krieg wur­den schließ­lich alle Kur­ein­rich­tun­gen ver­staat­licht. Eine Repri­va­ti­sie­rung fand erst nach der Wen­de statt und damit ein­her­ge­hend eine Renais­sance des klein­sten der drei Kurbäder.

So erstrah­len vie­le Gebäu­de heu­te wie­der in altem Glanz. Bereits 1992 wur­de das gan­ze Kur­ge­biet unter Denk­mal­schutz gestellt und seit­dem sorg­fäl­tig reno­viert. Dabei wur­de vor allem Schön­brun­ner Geld und wei­ßer Stück genutzt, die belieb­te­sten Far­ben der Habs­bur­ger Monarchie. 


Als erste der Kolon­na­den errei­chen wir die Neue Kolon­na­de, die 1912 erbaut wur­de, nach­dem ein älte­res Gebäu­de abge­ris­sen wur­de. Der Ein­gang zur Kolon­na­de, die neben einer Gas­quel­le auch Geschäf­te beher­bergt, wird von zwei Sphin­xen bewacht.

Nur weni­ge Schrit­te wei­ter befin­det sich der 1923 geschaf­fe­ne Franzl, das Wahr­zei­chen des Kur­ba­des. Die Sta­tue im Park ist aller­dings eine Kopie. Das Ori­gi­nal steht heu­te im städ­ti­schen Muse­um. Der Franzl mit einem Fisch auf einer Kugel gilt als Frucht­bar­keits­sym­bol. Die Tra­di­ti­on besagt, dass Frau­en mit Kin­der­wunsch, die das „beste Stück“ der Skulp­tur berüh­ren, inner­halb eines Jah­res schwan­ger werden.

Gleich gegen­über steht das Casi­no, ein Gemein­schafts­haus, das auf­grund der wach­sen­den Bedürf­nis­se der Kur­gä­ste errich­tet wur­de. Noch heu­te wird hier eine Loka­li­tät betrieben.

Wir ver­las­sen den inne­ren Kur­be­zirk und lau­fen wei­ter zur Loui­sen­quel­le. Der Pavil­lon wur­de 1827 errich­tet und die 1806 ent­deck­te Quel­le ist die zweit­äl­te­ste in Fran­zens­bad. Benannt wur­de sie nach Marie-​Louise von Öster­reich, einer Toch­ter von Franz II.

Etwas abseits des Kur­zen­trums befin­det sich das ele­gan­te Hotel Har­vey, das ein brei­tes Ange­bot an Kur- und Spa­be­hand­lun­gen anbietet.

Unser Ziel ist das Rybars­ka Basta, ein Restau­rant, für das in der Innen­stadt Wer­bung gemacht wur­de. Das ist näm­lich auch so ein Pro­blem in Fran­zens­bad, es gibt nicht wirk­lich vie­le Restau­rants, denn Kur­gä­ste haben in ihren Ein­rich­tun­gen meist Voll­pen­si­on und die Stadt selbst nur rund 5.000 Ein­woh­ner. Die­ses Restau­rant aber ist ein rich­ti­ger Glücks­griff, wie wir bald feststellen.

Das uri­ge klei­ne Lokal wur­de in einem 1909 erbau­ten Gebäu­de ein­rich­tet, das einst als Ver­eins­heim dien­te. Im Jahr 1973 bekam das Gebäu­de noch einen Anbau und wur­de als staat­li­che Gast­stät­te für Fisch­ge­rich­te eröff­net. Im Juli 1987 hat dann eine der Bedie­nun­gen die Lei­tung des Lokals über­nom­men, das sie nach der Wen­de zuerst als Päch­te­rin und schließ­lich ab 1993 als Eigen­tü­me­rin weiterbetrieb.

Das Jahr 2000 war dann das Jahr, in dem die Gast­stät­te reno­viert wur­de und erhielt ihr heu­ti­ges Aus­se­hen. Gleich­zei­tig stiegt die Toch­ter der Besit­ze­rin in den Betrieb ein und lei­tet die­sen heu­te, nach­dem ihre Mut­ter 2014 ver­stor­ben war. Seit­dem ver­sucht sie das Lokal so zu erhal­ten, wie es ihre Mut­ter ein­ge­rich­tet hat.

Das Wich­tig­ste an einem Lokal ist natür­lich die Küche und die ist rich­tig super. Sowohl der Fisch, den mei­ne Mut­ter hat­te, als auch mein Schnit­zel haben aus­ge­zeich­net geschmeckt. Hier wür­de ich jeder­zeit wie­der essen.

Auf dem Rück­weg zum Hotel lau­fen wir wie­der durch einen der Parks inmit­ten des Kur­zen­trums. Hier befin­det sich auch die Glau­ber­quel­le I, eine von meh­re­ren Glau­ber­salz­quel­len in Franzensbad.

Zurück geht es dann wie­der über die Pro­me­na­de, wo die Schat­ten inzwi­schen immer län­ger werden. 

Kurz vor dem Hotel kom­men wir noch am Spring­brun­nen und am Kur­pa­vil­lon vor­bei, die wir uns natür­lich auch noch anschau­en, wie auch die Sta­tue von Franz I. 

Schließ­lich sind wir fast wie­der am Hotel, doch ich mache noch ein paar Fotos von den umlie­gen­den Gebäu­den, die gera­de wun­der­schön im Abend­licht leuchten.

Kilo­me­ter: 118
Wet­ter: son­nig, 15–29 Grad
Hotel: Revel­ton Stu­di­os, Fran­zens­bad (Fran­tiš­ko­vy Lázně)

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