Tag 8 – Donnerstag, 25. Juni 2015
Can you stand the Rain – Newcastle-upon-Tyne nach Kendal
„The weather in England can really darken your spirits.”
Claire Forlani
Heute scheint wieder die Sonne, noch. Na toll, ist das jetzt jeden Morgen dasselbe Muster? Anscheinend schon, wie ich später leidvoll erfahren muss. Bevor ich Newcastle wieder verlasse, will ich noch zum Angel of the North fahren. Anthony Gormley schuf die rostbraune Stahlskulptur. Zwanzig Meter hoch ist sie und hat eine Flügelspannweite von 54 Metern.
Von 1994 bis 1998 wurde an dem Kunstwerk gebaut und es verschlang eine Million Pfund. Wegen seiner ungeschützten Position musste der Engel in ein Fundament aus 165 Tonnen Beton gestellt werden und zwanzig Meter tief verankert werden. An dieser Stelle können Windgeschwindigkeiten von bis zu 160 km/h auf die Statue einwirken.
Ich fahre noch einmal zurück zur Nordsee. Zum auf Wiedersehen sozusagen, denn nun führt mich der Weg von dieser Küste und an die Irische See. An der Tynemündung läuft gerade eine Fähre aus Holland ein, wohin regelmäßige Schiffsverbindungen bestehen.
Gleich nebenan stehen die Tynemouth Priory & Castle, die aber zu so früher Stunde noch geschlossen haben.
Auch die Seaton Delaval Hall hat leider noch zu und so bleibt mir nur der Blick von außen. Inzwischen hat es sich auch komplett zugezogen und es fängt, wie gestern, an zu regnen.
Ich fahre durch weite, einsame Hochmoore nach Westen.
Unterwegs sehe ich einen KFC, wo ich mir Lunch kaufe. Kaum zurück im Auto setzt sich dieser kleine Kerl auf meine Motorhaube und schaut mich neugierig eine ganze Weile an.
Kurz nach Mittag erreiche ich den Lake District. Es regnet und ich biege auch noch falsch ab, sodass ich am falschen Ufer des Lake Windermere lande. Zum Glück gibt es über den See auch eine Fähre, sodass ich wenigstens nicht den ganzen Weg zurück muss.
Mein erstes Ziel im Lake District ist Hill Top, das Heim der Kinderbuchautorin Beatrix Potter. Enttäuschenderweise darf ich hier mal wieder nicht fotografieren und irgendwie sind hier weder die Guides nett noch gefällt mir das Haus außerordentlich. Das allerdings könnte auch an den Horden von Japanern liegen, die sich durch die kleinen Räume zwängen. Noch nie zuvor habe ich irgendwo in England so viele Asiaten auf einer Stelle gesehen. Mag wohl daran liegen, dass die Autorin auch bei japanischen Kindern äußerst beliebt ist.
Auf dem Weg zum Parkplatz beobachte ich diese Szene, als ein weiterer Bus Japaner anreist. Sowas erlebt man auf englischen Straßen täglich. Hier wird man zum Meister im Ausweichen und rückwärts fahren.
Wray Castle habe ich bei meinen Recherchen eher zufällig entdeckt, doch auch dieser Besuch hält nicht das, was ich mir erhofft habe. Im Gegenteil, ich bin sogar etwas schockiert, was der National Trust hier anstellt. Statt Erhaltung eines historischen Gebäudes kommt mir das Ganze eher wie eine Kinderbetreuungsstätte vor.
Viel besser gefällt mir da schon Sizergh, eine Burg in der Nähe von Kendal. Heinrich II. schenkte das Land in den 1170er Jahren der Deincourt. Durch die Heirat von Elizabeth Deincourt und Sir William de Stirkeland kam das Anwesen 1239 in die Hände der Familie Strickland, wo es bis 1950 blieb. Die Familie lebt allerdings noch heute hier, auch wenn sie das Haus dem National Trust gestiftet hat. Es ist fast unvorstellbar, dass diese Burg seit über 800 Jahren von derselben Familie bewohnt wird.
Die Burg ist von einem großen Garten umgeben, den ich mir auch noch schnell ansehe, bevor es wieder zu regnen beginnt.
Da es noch nicht so spät ist, will ich noch nicht ins Hotel. Ich habe mir für den Fall, dass ich noch Zeit haben sollte, eine kleine Liste gemacht. Hätte ja sein können, dass ich im Lake District schlechtes Wetter habe und so wollte ich nicht unvorbereitet sein.
Ich fahre nach Ulverston, dem Geburtsort von Stan Laurel. Das ist der Stan Laurel aus Dick und Doof, dem weltbekannten Komikerduo. Ein kleines Museum zeigt allerhand Erinnerungsstücke an den berühmten Engländer.
Am 16. Juni 1890 wurde Stan Laurel, vermutlich in diesem Bett, hier in Ulverston geboren. Sein wohl größter Fan war Bill Cubin, der alles über Laurel und Hardy sammelte, was er in die Hände bekam und ein kleines Museum einrichtete. Auch wenn Bill Cubin schon 1997 starb, so existiert sein Museum doch weiter. Seine Kinder und Enkel leiten das Haus heute.
Ein letztes Ziel steht für heute auf meinem Plan und ich nehme es in Angriff, auch wenn der Himmel noch immer stahlgrau ist. Furness Abbey wurde 1147 gegründet und 1537 aufgelöst. Die Anlage ist aus rotem Sandstein errichtet worden.
Im Visitor Center gibt es ein Bild, das zeigt, wie die Abtei einst aussah.
Im Museum sind auch viele Stücke zu sehen, die auf dem Gelände gefunden wurden. Dazu gehören Statuen und viele Gebäudeteile.
Die zwei kostbarsten Stücke aber sind dieser Ring und ein Teil eines Stabes, die bei Ausgrabungen gefunden wurden.
Nach dieser Besichtigung kehre ich nach Kendal zurück, wo ich das Days Inn reserviert habe. Der Lake District ist sehr beliebt und es gibt nur wenige bezahlbare Hotels in der Gegend, sodass ich auf das Days Inn gestoßen bin. Eigentlich war ich mit denen auch immer sehr zufrieden, doch dieses Haus gefällt mir nicht so sehr.
Nur die Aussicht auf den Killington Lake ist recht nett, mehr aber auch nicht.
Meilen: 240
Wetter: bedeckt und Regen; 13–18 Grad
Hotel: Days Inn