Tag 4 – Sonntag, 21. Juni 2015
Bringing back the Sunshine – Maidstone nach Clacton-by-the-sea
„A man builds a house in England with the expectation of living in it and leaving it to his children; we shed our houses in America as easily as a snail does his shell.”
Harriett Beecher Stowe
Heute ist Sonntag und sonntags macht es immer keinen großen Sinn zeitig loszufahren, wenn es nicht weit zum ersten Ziel des Tages ist, das aber erst gegen Mittag aufmacht. Aber irgendwann habe ich dann doch alles erledigt und breche auf. So komme ich dann auf die Idee, dass ich doch nochmal über die Tower Bridge fahren könnte. Dafür bietet sich so ein Sonntagmorgen nämlich an. Erstens ist es recht leer in der Stadt und zweitens kostet es am Wochenende keine Congestion Charge in die City zu fahren. Von Osten fahre ich in die Stadt hinein und irgendwann bin ich dann auch am Tower und biege auf die Brücke ab. Was für ein Spaß, ich liebe es einfach über bekannte Brücken zu fahren.
Hinter der Brücke staut sich der Verkehr allerdings irgendwo und so drehe ich um und fahre nochmals über die Brücke. Dann drehe ich noch eine kleine Runde durch London, an der Themse lang, am Big Ben vorbei und auch dem Buckingham Palace.
Nun wird es aber Zeit, mein nächstes Ziel anzusteuern, das im Osten von London liegt. Auf den Eltham Palace bin ich eher zufällig gestoßen und da ich in diesem Jahr neben dem National Trust Pass auch den English Heritage Pass habe, fahre ich halt mal hin.
Eltham Palace wird zwar von English Heritage verwaltet, doch es gehört auch heute noch der Krone und wird als nicht bewohnte königliche Residenz geführt. Der Palast liegt im Londoner Stadtteil Eltham, das zu Greenwich gehört.
Vom Parkplatz bis zum Haus muss ich ein Stückchen laufen, denn der Palast liegt mitten in einem Wohngebiet und die Anwohner mögen die Autos der Touristen nicht so sehr. Nach einem kurzen Spaziergang erreiche ich über eine kleine steinerne Brücke den Eingang des Hauses. Hier ist gerade nicht viel los, sodass ich gleich eintreten kann.
Eltham Palace ist heute eines der schönsten Beispiele des Artdeko Stils in England. Nachdem es 1933 von Stephen Courtault gepachtet wurde, richtete er das Haus komplett neu ein. Die Eingangshalle hat eine Lichtkuppel und ist mit australischer Kastanie vertäfelt. Gestaltet wurde das Ensemble vom schwedischen Innenarchitekten Rolf Engströmer.
Auch der Rest des Hauses ist im Artdeko Stil eingerichtet. Die große Landkarte hinter dem Schreibtisch ist ebenfalls nur eine von vielen. Es gibt sogar ein ganzes Landkartenzimmer, denn die Familie reiste sehr gern um die Welt.
Besonders interessant ist der Keller des Palastes. Hier ist nicht nur ein Billardraum untergebracht, …
… sondern auch die Bombenschutzräume der Familie. Als London im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen bombardiert wurde, versteckte sich die Familie mit ihren Freunden in diesen Räumen. Das Haus wurde bei einem Angriff auch beschädigt. Nach dem Angriff verließen die Courtaulds Eltham Palace und kehrten nicht mehr zurück.
Der letzte Raum der Tour ist übrigens die große Halle, die noch im historischen Stil erhalten geblieben ist.
Auch von außen erkennt man die große Halle sofort.
Ein bisschen laufe ich noch durch den schönen Garten und komme mit einer englischen Familie ins Gespräch. Bevor wir uns verabschieden, machen wir noch gegenseitig Fotos von uns vor dem Palast.
Mein nächstes Ziel liegt dann nicht mehr im Großraum London und so fahre ich erst einmal auf die M25, dann über die Dartfort Crossing, deren Maut ich dieses Mal vorschriftsmäßig begleiche, und weiter auf die M11. Unterwegs halte ich an einem Rasthof und hier gibt doch tatsächlich auch einen Harry Ramsdens, wie in Eastbourne. Damit weiß ich also, was ich zum Lunch esse.
Kurz vor Cambridge verlasse ich dann die Autobahn und fahre wieder über Land, bis ich schließlich Anglesey Abbey erreiche. Als ich ankomme, ist der Himmel schon ziemlich zugezogen und das Haus sieht zuerst recht düster aus. Doch dann kommen plötzlich Sonnenstrahlen hervor und es sieht fast so aus, als seien Scheinwerfer aufgestellt worden.
Das Haus wurde vom 1. Baron Fairhaven wunderschön renoviert und mit Antiquitäten eingerichtet. Seit dem Tod von Lord Fairhaven im Jahr 1966 gehört Anglesey Abbey dem National Trust und ist für Besucher geöffnet.
Nach der Besichtigung des Hauses mache ich mich auf, den riesigen Garten genauer anzuschauen. Über fast 400.000 Quadratmeter erstreckt sich die parkähnliche Gartenanlage. Überall finden sich Nischen, in den Statuen stehen und sogar eine Mühle gehört zum Anwesen.
Neben dem Haus befindet sich auch ein wunderschöner Rosengarten, in dem tausende Blüten in allen Farben und Formen blühen.
Auf dem Weg zu meinem heutigen Übernachtungsort komme ich noch am Herrenhaus Melford Hall vorbei. Und da es erst kurz vor 16 Uhr ist, schaue ich noch vorbei. Melford Hall ist der Familiensitz der Barone Parker. Das Haus wurde größtenteils im 16. Jahrhundert erbaut. Im Jahr 1786 wurde es an die Parkers verkauft und ist seither deren Familiensitz. Seit 1960 gehört das Haus dem National Trust, aber die Familie bewohnt weiterhin einen Flügel von Melford Hall. Der zweite Flügel steht Besuchern offen.
Ein häufiger Besucher des Hauses war auch die berühmte Kinderbuchautorin Beatrix Potter. Als Cousine der Parkers übernachtete sie oft in einem der Gästezimmer.
Als ich aus dem Haus komme, hat die Sonne die Wolken am Himmel größtenteils vertrieben und taucht das Anwesen in ein wunderbares, sanftes Licht. So laufe ich noch ein bisschen im Garten umher.
Am Abend erreiche ich schließlich Clacton-by-the-Sea, wo ich im nagelneuen Premier Inn einchecke. Das gefällt mir auf Anhieb und ich habe sogar Meerblick aus dem Zimmer.
Nach dem Abstellen des Gepäcks gehe ich noch einmal nach unten. Auch hier ist die Strandpromenade schön bepflanzt und es gibt einen Pier.
Vom Pier aus habe ich schöne Blicke auf die Stadt. Auf dem Pier selber ist aber nicht viel los. Die Sommersaison hat noch nicht begonnen und es sind nur wenige Leute unterwegs.
Wieder auf dem Zimmer schaue ich noch eine ganze Weile aufs Meer. Das geht hier auch super gut, denn genau vor dem Fenster steht ein Sofa. Als die Sonne untergeht, werden die Wolken und die unzähligen Windräder in der Nordsee rötlich angestrahlt.
Meilen: 212
Wetter: bedeckt, später heiter; 16–21 Grad
Hotel: Premier Inn Seafront