Islands & Highlands

TAG 8: 20. Juni 2012

Von könig­li­chen Ban­den und dem Bestre­ben nach Unab­hän­gig­keit – von Edin­burgh nach Aberdeen

Schlös­ser gibt es in Schott­land  ja vie­le, doch zwei heben sich von allen ande­ren beson­ders her­vor, denn sie sind das Zuhau­se der könig­li­chen Fami­lie, wenn die­se im hohen Nor­den des König­reichs weilt.

Haupt­wohn­sitz der Köni­gin und ihrer Fami­lie in Schott­land ist Holy­ro­od Palace im Her­zen von Edin­burgh. Es ist ein Schloss mit einer bewe­gen­den Geschich­te, die ich auf einer Audio­tour erfah­re. Zuerst geht es durch die offi­zi­el­len Räu­me, die die Köni­gin auch heu­te noch für Emp­fän­ge, Din­ner und Audi­en­zen nutzt.

Palace of Holyrood

Am inter­es­san­te­sten fin­de ich aber die Gemä­cher im älte­sten Trakt des Pala­stes, in denen schon Queen Mary of the Scots im 16. Jahr­hun­dert resi­dier­te. Hier war es auch, wo ihr tra­gi­sches Schick­sal sei­nen Lauf nahm, als ihr eifer­süch­ti­ger Ehe­mann mit eini­gen Hel­fern ihren Sekre­tär erstach und die hoch­schwan­ge­re Köni­gin dabei hilf­los zuse­hen musste.

Holyrood Palace (2)

Auf dem Gelän­de des Holy­ro­od Palace befin­det sich auch Holy­ro­od Abbey. Die Abtei wur­de bereits 1128 von König David I. errich­tet. Erst im 15. Jahr­hun­dert wur­de damit begon­nen, das Gäste­haus der Abtei in einen könig­li­chen Palast umzu­wan­deln. Die Abtei­kir­che selbst wur­de bis ins 17. Jahr­hun­dert als Pfarr­kir­che genutzt und ist seit dem 18. Jahr­hun­dert Ruine.

Holyrood Palace (4)

Neben Lon­don gibt es auch in Edin­burgh eine Queens Gal­lery, in der immer wie­der wech­seln­de Kunst­wer­ke aus der enor­men Samm­lung des bri­ti­schen Königs­hau­ses gezeigt wer­den. Heu­te neh­me ich mir aller­dings kei­ne Zeit für eine Besich­ti­gung, denn ich war schon mehr­mals in der Gale­rie in Lon­don und möch­te lie­ber noch ein biss­chen mehr von Edin­burgh sehen.

Queens Gallery

Das Edin­burgh Cast­le befin­det sich im Zen­trum von Edin­burgh auf dem Cast­le Rock. Erst­mals erwähnt wur­de das Cast­le bereits 1093, doch von die­ser Bau­sub­stanz ist fast nichts mehr erhal­ten, da die Anla­ge in den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten des Öfte­ren Schau­platz von Kampf­hand­lun­gen zwi­schen eng­li­schen und schot­ti­schen Trup­pen war. Heu­te sind in der Anla­ge eini­ge bedeu­ten­de Muse­en unter­ge­bracht, das inter­es­san­te­ste von ihnen ist wohl die schot­ti­sche Schatz­kam­mer, in der nicht nur die schot­ti­schen Kron­ju­we­len, son­dern auch der ori­gi­nal Stone of Sco­ne, der erst 1996 nach Schott­land zurückkehrte.

Edinburgh Castle

Von der Schloß­an­la­ge habe ich einen traum­haf­ten Blick über Edin­burgh und den Firth of Forth.

Blick vom Edinburgh Castle

Jeden Mit­tag pünkt­lich um 13 Uhr wird die One O’Clock Gun abge­feu­ert. Der Ursprung die­ser Tra­di­ti­on liegt in der Zeit der See­fah­rer, als die Segel­schif­fe im Firth of Forth eine exak­te Zeit­vor­ga­be brauch­ten, um ihre Chro­no­me­ter zu justie­ren. Auch wenn das Abfeu­ern der Kano­ne heu­te nicht mehr not­wen­dig wäre, so wird es doch als Tra­di­ti­on fortgesetzt.

Noon Gun

Als ich Edin­burgh Cast­le ver­las­se, kann ich vor den Toren schon die ersten Auf­bau­ar­bei­ten zum berühm­ten Mili­ta­ry Tat­too beob­ach­ten, das jedes Jahr im August statt­fin­det. Und gleich neben­an tref­fe ich dann auch auf den 2. Dudel­sack­spie­ler auf die­ser Tour.

Dudelsackspieler

Bei mei­nem Bum­mel durch die Fuß­gän­ger­zo­ne am Fuße des Edin­burgh Cast­le sticht mir das Glad­stone Hou­se ins Auge. Das Haus ist eines der weni­gen über­le­ben­den Miets­häu­ser aus dem 17. Jahr­hun­dert und heu­te ein Muse­um des Natio­nal Trust. Hier kann ich erkun­den, wie die Bür­ger Edin­burghs leb­ten. Im 18. Jahr­hun­dert waren die Adres­sen in der Old Town jedoch nicht mehr so gefragt, da immer mehr Men­schen hier­her­zo­gen und des­halb auch der Platz knapp wur­de. Des­halb wur­de die New Town errich­tet, in der der Natio­nal Trust ein wei­te­res Muse­um unter­hält, das ich heu­te auch noch besu­chen werde.

The Gladstone

Erst ein­mal lau­fe ich aber zurück zum schot­ti­schen Par­la­ment, das jetzt hof­fent­lich auch sei­ne Tore für Besu­cher geöff­net hat. Und ich habe Glück, ohne War­te­zeit kann ich in das futu­ri­stisch anmu­ten­de Gebäu­de eintreten.

Der Kampf Schott­lands für sei­ne Unab­hän­gig­keit ist nicht neu. Schon seit Jahr­hun­der­ten stre­ben die Schot­ten wie­der nach mehr Auto­no­mie, beson­ders nach­dem 1707 das ursprüng­li­che schot­ti­sche Par­la­ment im Rah­men des Act of Uni­on mit dem eng­li­schen Par­la­ment zum bri­ti­schen Par­la­ment zusam­men­ge­legt. Erst 1998 wur­de durch den Scot­land Act wie­der die Grund­la­ge für ein teil­wei­se eigen­stän­di­ges schot­ti­sches Par­la­ment getrof­fen. Das neu gewähl­te Par­la­ment kon­sti­tu­ier­te sich erst­mals am 12. Mai 1999.

Scottish Parliament

Das schot­ti­sche Par­la­ment hat die Ent­schei­dungs­ge­walt in den Berei­chen, die ihm vom bri­ti­schen Par­la­ment über­tra­gen wur­den, dar­un­ter Bil­dung, Gesund­heit, Land­wirt­schaft und Justiz. Hier kann das Par­la­ment Geset­ze erlas­sen und hat einen begrenz­ten Spiel­raum bei der Fest­le­gung von Steu­er­sät­zen. Außer­dem ist die schot­ti­sche Exe­ku­ti­ve dem Par­la­ment gegen­über rechenschaftspflichtig.

Scottish Parliament (2)

Nach die­sem inter­es­san­ten Besuch mache ich mich auf den Weg in die New Town. Unter­wegs tref­fe ich noch einen wei­te­ren Dudel­sack­spie­ler, der die vor­bei­ei­len­den Pas­san­ten mit tra­di­tio­nel­ler schot­ti­scher Musik verwöhnt.

Dudelsackspieler (2)

Mein Ziel vor Augen gehe ich nach einer Wei­le wei­ter und errei­che nach etwa einer hal­ben Stun­de Fuß­marsch das Geor­gi­an Hou­se. Nach­dem es den wohl­ha­ben­den Edin­burg­hern in der Old Town zu voll wur­de, zogen vie­le von ihnen in die neu gegrün­de­te New Town. Hier am Char­lot­te Squa­re war eine der besten und belieb­te­sten Adres­sen. Das Haus wur­de 1791 von Robert Adams, einem der berühm­te­sten schot­ti­schen Archi­tek­ten, errich­tet. Erster Eigen­tü­mer war John Lamont, 18th Chief des Clan Lamont, in des­sen Stil das Haus auch heu­te wie­der ein­ge­rich­tet ist.

The Georgian House

Am Nach­mit­tag ver­ab­schie­de ich mich von Edin­burgh und bre­che wie­der gen Nor­den auf. Zunächst fah­re ich über die Forth Road Bridge. Sie wur­de zwi­schen 1958 und 1964 erbaut und war damals die größ­te Brücke ihrer Art in Euro­pa. Die Brücke ist gut 2,5 Kilo­me­ter lang und über­spannt den Firth of Forth zwi­schen den Orten North Queens­fer­ry und South Queens­fer­ry. Fast 47.000 Ton­nen Stahl wur­den in der Kon­struk­ti­on ver­baut. Vor der Eröff­nung der Brücke ver­kehr­ten Fäh­ren auf der Strecke, zuletzt hat­ten sie ein Auf­kom­men von 600.000 Autos, 200.000 Last­wa­gen und 1,5 Mil­lio­nen Men­schen pro Jahr zu bewältigen.

Firth of Forth Bridge

Gleich neben der Forth Road Bridge befin­det sich die Forth Bridge, eine Eisen­bahn­brücke, die die wich­tig­ste Ver­bin­dung von den schot­ti­schen Low­lands in die High­lands ist. Die Brücke wur­de 1890 nach sie­ben Jah­ren Bau­zeit fer­tig­ge­stellt. Sie ist 2,5 Kilo­me­ter lang, besteht aus etwa 54.000 Ton­nen Stahl und wird von 6,5 Mil­lio­nen Nie­ten zusam­men­ge­hal­ten. Die Spann­wei­ten zwi­schen den Haupt­pfei­lern betra­gen 521 Meter. Zum Zeit­punkt ihrer Eröff­nung war sie die Brücke mit der größ­ten Spann­wei­te der Welt. Die in die­ser Grö­ßen­ord­nung welt­weit ein­zig­ar­ti­ge Kon­struk­ti­on hat sich im Lau­fe der Jah­re bewährt und ist wei­ter­hin regu­lär in Betrieb. Es wird zudem gesagt, dass die Brücke Gust­ave Eif­fel, der die Bau­ar­bei­ten von Beginn an beob­ach­te­te, als grund­le­gen­de Erfah­rung für den Bau des Eif­fel­turms diente.

Firth of Forth Railbridge (2)

Letz­tes Ziel des heu­ti­gen Tages soll für mich St. Andrews sein. Die Stadt ist vor allem für ihre tra­di­ti­ons­rei­che Uni­ver­si­tät, an der auch Prinz Wil­liam bis 2005 stu­dier­te und Kate Midd­le­ton ken­nen­lern­te, sowie als Hei­mat des Golf­sports berühmt. 1754 wur­de hier der Roy­al and Anci­ent Golf Club of St Andrews als einer der ersten Golf­clubs über­haupt gegrün­det. Sein berühm­tes Club­haus steht direkt am Old Cour­se, dem ver­mut­lich bekann­te­sten Golf­platz der Welt. Im Bri­tish Golf Muse­um wird die Geschich­te des Golf­spiels von den Anfän­gen an betrach­tet. Da es jedoch schon sehr spät am Nach­mit­tag ist, ent­schlie­ße ich mich lie­ber zur St. Andrews Cathe­dral zu fahren.

St. Andrews Cathedral (3)

Die Kathe­dra­le von St. Andrew wur­de 1158 als mit­tel­al­ter­li­ches Zen­trum der katho­li­schen Kir­che in Schott­land gebaut. Seit der Refor­ma­ti­on in Schott­land im 16. Jahr­hun­dert wur­de sie jedoch nicht mehr genutzt und zer­fiel immer wei­ter. Heu­te sind nur noch die­se ein­drucks­vol­len Rui­nen erhalten.

St. Andrews Cathedral (4)

St. Andrews Cathedral (5)

Mei­ne letz­te Nacht ver­brin­ge ich noch ein­mal in einem Pre­mier Inn. Dies­mal süd­lich von Aber­deen, denn mor­gen habe ich noch eini­ges vor, bevor es wie­der zurück nach Deutsch­land geht.

Mei­len: 156
Wet­ter: heiter/​ 13–19 Grad
HOTEL: Pre­mier Inn, £29

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