Into the unknown

Tag 5: Mon­tag, 03. Okto­ber 2016
Von Hel­den und Anfüh­rern – Hern­don nach Scranton

„The world moves, and ide­as that were once good are not always good.” – Dwight D. Eisenhower

Es geht wie­der Rich­tung Nor­den heu­te, denn inzwi­schen steht fest, das Schlecht­wet­ter­ge­biet ver­zieht sich lang­sam und ihm fol­gen soll eine traum­haf­te Spät­som­mer­wo­che. So ist es für mich kei­ne Fra­ge, dass ich den Rest der Tour wie geplant machen möch­te. Heu­te ist aber erst ein­mal der letz­te unge­plan­te Tag dran und der führt mich durch Mary­land nach Pennsylvania.

Als Erstes mache ich aber einen win­zig klei­nen Abste­cher nach West Vir­gi­nia. In Har­pers Fer­ry war ich zwar schon mal, aber heu­te ist so gran­dio­ses Wet­ter, sodass ich nicht wider­ste­hen kann. Har­pers Fer­ry liegt auf einer Land­spit­ze, an der der Shen­an­do­ah River in den Poto­mac River mün­det. Das Städt­chen ist aber kein rei­nes Muse­um, nur die äußer­ste Süd­spit­ze ist nicht mehr bewohnt und wird vom Natio­nal Park Ser­vice als Natio­nal Histo­ric Park verwaltet.

Inter­es­sant ist, dass man noch immer mit dem Auto durch die histo­ri­schen Stra­ßen fah­ren darf. Aller­dings sind hier unten in der Stadt die Park­plät­ze rar, was durch momen­ta­ne Bau­ar­bei­ten noch ver­schärft wird. So fah­re ich zurück zum Visi­tor Cen­ter, das in eini­ger Ent­fer­nung liegt. Hier gibt es gro­ße Park­plät­ze und einen Shut­tle­bus, der die Besu­cher zurück nach Har­pers Fer­ry bringt.

Doch was macht aus­ge­rech­net Har­pers Fer­ry so beson­ders? Den klei­nen Ort gibt es schon vie­le Jahr­hun­der­te, doch bekannt wur­de er erst durch den Auf­stand von John Browns am 16. Okto­ber 1859. Er woll­te einen Skla­ven­auf­stand her­bei­ru­fen. Bewaff­nen woll­te er die Skla­ven durch den Dieb­stahl von Hand­feu­er­waf­fen aus der hie­si­gen Fabrik. Doch der Plan schei­ter­te. Nur wenig spä­ter soll­te es dann mit der Ruhe ganz vor­bei sein, denn der Bür­ger­krieg brach aus. Wegen der Waf­fen­fa­brik ein begehr­tes Ziel, wech­sel­te der Ort gan­ze zwölf­mal den Besit­zer. Dann kehr­te wie­der Ruhe und Beschau­lich­keit ein, die man auch heu­te noch spü­ren kann, wenn man durch die alten Stra­ßen wan­delt. Der 1944 gegrün­de­te Park ist kein rei­nes Muse­um, son­dern auch heu­te noch ein leben­di­ges Städt­chen, das sich den Charme der alten Zeit bewahrt hat.

Das hier nichts los ein, täuscht übri­gens. Ich bin nur sehr früh auf­ge­bro­chen, um eini­ger­ma­ßen gut foto­gra­fie­ren zu kön­nen. Am spä­ten Vor­mit­tag sind die Gas­sen schon gut gefüllt, doch früh am Mor­gen liegt alles noch ruhig dar.

Ich kom­me zum Haus von Phil­ip Fran­kel, das eines der Gebäu­de ist, die man nicht nur von außen anschau­en kann. Fran­kel ver­kauf­te in die­sem Geschäft von 1858 bis 1860 Beklei­dung für Her­ren und Jun­gen, die schon vor­ge­fer­tigt war. Das war zur dama­li­gen Zeit eine klei­ne Revo­lu­ti­on, denn Klei­dung muss­te nicht mehr extra genäht wer­den, son­dern konn­te fer­tig erwor­ben wer­den. Die Laden­ein­rich­tung wur­de nach Bil­dern aus alten Zei­tun­gen und Pro­spek­ten nachgebaut.

Ich gehe wei­ter durch den Ort. Wenn nicht ab und zu ein Auto vor­bei­fah­ren wür­de, wür­de ich mich fast in eine ande­re Zeit zurück­ver­setzt füh­len. Aber auch so macht es Spaß, zwi­schen den alten Mau­ern auf Ent­deckungs­tour zu gehen. Oft kann man auch Hin­ter­hö­fe betre­ten oder ver­steck­te Ecken besu­chen. So tref­fe ich auch auf Tom und Mary, die eben­falls schon öfter hier waren. Sie sind aus Ohio und besu­chen hier in der Gegend ihre Kin­der. Wir unter­hal­ten uns eine Wei­le, bevor wie­der jeder sei­nes Weges geht.

Wie schon erwähnt, liegt Har­pers Fer­ry am Zusam­men­fluss von Poto­mac und Shen­an­do­ah River und die­se Stel­le ist in weni­gen Minu­ten gut zu Fuß erreich­bar. Bis zum Ufer rei­chen die Häu­ser nicht, denn bei Hoch­was­ser ist hier alles überflutet.

Im Fluss ste­hen Reste alter Brücken, die für vie­le Jahr­zehn­te Lebens­adern waren. Heu­te gibt es nur noch eine Eisen­bahn­brücke mit ange­schlos­se­ner Fuß­gän­ger­brücke. Die Autos über­que­ren den Fluss an ande­rer Stel­le. Die Fuß­gän­ger­brücke ist jedoch eine ganz beson­de­re. Umso näher ich kom­me, desto mehr Wan­de­rer sehe ich. Eini­ge von ihnen sind nur für einen Tages­trip aus­ge­stat­tet, ande­re schei­nen ihren gan­zen Haus­rat dabei­zu­ha­ben. Das ist auch kein Wun­der, denn hier quert der berühm­te Appa­la­chen Trail. So kom­me ich denn auch dazu, ein wenig auf dem Trail unter­wegs zu sein.

Zurück im Ort will ich noch zur Kir­che lau­fen, die am Hang des Ber­ges liegt. Doch bevor ich die Trep­pen in die Ober­stadt erklim­me, schaue ich mich noch in ein paar Häu­sern um.

Die White Hall Tavern ist auch so ein geschichts­träch­ti­ger Ort. Hier tra­fen sich die Men­schen nicht nur in ihrer Frei­zeit, hier wur­den Geschäf­te abge­schlos­sen und Plä­ne geschmie­det. Wenn die­se Wän­de reden könn­ten, was sie wohl zu erzäh­len hätten?

Auch Meri­we­ther Lewis von den berühm­ten Ent­deckern Lewis and Clark war in Har­pers Fer­ry. Ihm gewid­met ist ein klei­nes Muse­um an der Haupt­stra­ße. Dar­ge­stellt wird auch, wie er sich wohl auf die gro­ße Rei­se vor­be­rei­te­te, die ihm bevor­stand. Ob er wohl ahn­te, dass was alles auf ihn zukom­men wür­de? Wahr­schein­lich nicht. Doch die Hoff­nung, einen Land­weg nach Ore­gon zu fin­den, wird er auch hier schon in sich getra­gen haben.

Men­schen aller Natio­nen und Haut­far­ben nann­ten Har­pers Fer­ry einst ihr Zuhau­se. Der deut­sche Aus­wan­de­rer Fre­de­rick Roe­der betrieb hier von 1845 bis 1860 eine Bäcke­rei. Nicht nur sein Geschäft war in die­sem Haus unter­ge­bracht, er leb­te auch hier mit sei­ner Frau und sie­ben Kin­dern. Doch die Geschich­te von Fre­de­rick Roe­der endet trau­rig. Als der Bür­ger­krieg star­te­te und Har­pers Fer­ry zum Kriegs­ge­biet wur­de, sym­pa­thi­sier­te Roe­der mit den Nord­staa­ten, die gera­de auf der gegen­über­lie­gen­den Fluss­sei­te ihr Lager auf­ge­schla­gen hat­ten. Er lief zum Ufer, um einen Blick auf die ame­ri­ka­ni­sche Flag­ge zu wer­fen, die sie gehisst hat­ten und wur­de dabei von einer Kugel getrof­fen. Roe­der war das erste Kriegs­op­fer in Har­pers Ferry.

Nur ein paar Türen wei­ter wird in einem klei­nen Muse­um die Geschich­te des Civil War in Har­pers Fer­ry erzählt.

Noch ein paar Türen wei­ter, ent­decke ich einen Uhren­mach­er­la­den. Manch­mal ist es gar nicht so leicht her­aus­zu­fin­den, wel­che Häu­ser geöff­net sind, denn Schil­der sind nur sehr klein und unschein­bar ange­bracht, damit sie das histo­ri­sche Gesamt­bild nicht zerstören.

Nun klet­te­re ich die Stu­fen zur Ober­stadt hin­auf. Man muss schon manch­mal schau­en, wo man hin­tritt, denn die Trep­pe besteht aus Natur­stei­nen, die weder glatt noch gleich groß sind. Ein erster Blick zurück zeigt den Teil der Stadt, den ich bereits aus­gie­big erkun­det habe.

Das erste Haus gleich hin­ter den Stu­fen gehört auch noch zum Park und ist zu besich­ti­gen. Es trägt den pas­sen­den Namen Man­si­on on the Hill. Das Haus hat dann auch eine ganz beson­de­re Geschich­te, denn der Bau­platz wur­de vom Stadt­grün­der Robert Har­per gewählt, um sich hier nie­der­zu­las­sen. Von 1775 bis 1782 bau­te er an sei­nem Domi­zil, starb jedoch, bevor er ein­zie­hen konn­te. Erbin des kin­der­lo­sen Har­per war sei­ne Nich­te Sarah Har­per Wag­ner. Ihre Enke­lin Sarah Ann hei­ra­te­te am 6. Sep­tem­ber 1832 in die­sem Haus Noah H. Sway­ne, der 1862 von Prä­si­dent Lin­coln zum Rich­ter am Supre­me Court ernannt wur­de. Die Sway­ne Fami­lie leb­te für 89 Jah­re in dem Haus.

Ein Stück wei­ter errei­che ich die Rui­ne der St. John’s Epis­co­pal Church. Im Jahr 1852 erbaut, wur­de sie im Bür­ger­krieg als Laza­rett genutzt und stark beschä­digt. Zwar bau­te man die Kir­che danach wie­der auf, doch 1895 wur­de sie zu Gun­sten eines Neu­baus end­gül­tig verlassen.

Rund­her­um beginnt dann schon ein Teil der Ober­stadt, der heu­te noch bewohnt ist. Die Bewoh­ner die­ses Hau­ses haben da einen ganz beson­ders schö­nen Aus­blick über das histo­ri­sche Areal.

Ich lau­fe schließ­lich wie­der über die Trep­pen nach unten. Schließ­lich ist hier auch der Shut­tle­stopp, von wo aus ich wie­der zum Auto kom­me. Der Bus fährt im Herbst alle hal­be Stun­de, sodass ich noch etwas Zeit bis zur näch­sten Abfahrt habe. Dabei ent­decke ich in einem Hin­ter­hof die­se Flut­mar­ken. Wahn­sinn, wie hoch das Was­ser hier ste­hen kann. Rings­her­um gibt es Schil­der mit Bil­dern von Flu­ten, die die klei­ne Stadt mehr­mals zer­stör­ten. Die gro­ße Flut von 1870 war es schließ­lich, die dazu führ­te, dass die Unter­stadt nahe­zu kom­plett ver­las­sen wur­de. Für uns heu­te ein Glücks­fall, denn sonst wären vie­le Gebäu­de wohl nicht mehr so erhal­ten geblieben.

Hier am Fluss­ufer sind dann auch noch die letz­ten Reste der Indu­strie­an­la­gen zu sehen, die Har­pers Fer­ry einst groß mach­ten. Zuerst war es die Waf­fen­pro­duk­ti­on. Nach ihrer Zer­stö­rung sie­del­te man eine Braue­rei an, doch 1914 kam die Pro­hi­bi­ti­on nach West Vir­gi­nia. Danach wur­de hier Was­ser abge­füllt, doch eine Flut im Jahr 1942 zer­stör­te auch die letz­ten Indu­strie­an­la­gen und been­de­te so das Zeit­al­ter der Fabri­ken in Har­pers Ferry.

Heu­te leben noch gut 300 Ein­woh­ner in der Ober­stadt von Har­pers Fer­ry, doch Arbeit fin­den sie hier nur noch durch den Tou­ris­mus oder in den umlie­gen­den Städ­ten. Die Glanz­zei­ten von Har­pers Fer­ry sind vor­bei und doch ist ein Besuch des Städt­chens ein Erleb­nis, das ich nicht mis­sen möch­te. Hier wird Geschich­te leben­dig, hier kann sie ange­fasst und erlebt wer­den – etwas, was es so nur noch sel­ten gibt.

Schließ­lich bringt mich der Shut­tle­bus wie­der zurück zum Park­platz. Hier ist es inzwi­schen voll gewor­den. Men­schen drän­gen sich in die Bus­se und wol­len in die Stadt. Ich aber bin froh so früh am Mor­gen hier gewe­sen zu sein, als es noch ruhig war und ich mich in aller Ruhe umse­hen konnte.

Nach so viel her­um­lau­fen habe ich Hun­ger bekom­men und hal­te bei einem Pan­da Express in Fre­de­rick. Die Stadt liegt bereits in Mary­land und hier habe ich auf einer frü­he­ren Rei­se sogar schon ein­mal übernachtet.

Wenn man so unge­plant in ande­ren Regio­nen unter­wegs ist, dann wird auch das Besich­ti­gungs­pro­gramm eher spon­tan zusam­men­ge­stellt. So bin ich gestern Abend bei der Pla­nung der Rou­te auf das Mono­ca­cy Batt­le­field gesto­ßen, das auch von Natio­nal Park Ser­vice ver­wal­tet wird. In Mary­land habe ich schon eini­ge Batt­le­fields besucht, aber von die­sem hat­te ich zuvor noch nicht gehört. Ein Grund mal vorbeizuschauen.

Die Schlacht am Mono­ca­cy River fand am 9. Juli 1864 statt und ging in die Geschich­te als „The batt­le that saved Washing­ton” ein. Das Schlacht­feld war eines der nörd­lich­sten des Civil War und die Trup­pen der Kon­fö­de­rier­ten schaff­ten es fast bis nach Washing­ton vorzurücken.

Zuerst besu­che ich das Visi­tor Cen­ter und besor­ge mir eine Kar­te, denn das Batt­le­field erstreckt sich über ver­schie­de­ne Berei­che, die man mit dem Auto anfah­ren muss.

So errei­che ich Best Farm, die erst seit 1993 zum Natio­nal Park Ser­vice gehört. Hier wur­de zuvor für Jahr­hun­der­te Land­wirt­schaft betrie­ben, so auch zu Zei­ten des Civil Wars, als John T. Best hier das Land bestell­te. Viel­ver­spre­chend begann das nicht, denn gleich im ersten Jahr wur­de sei­ne Farm über­rannt und die Nord- und Süd­staa­ten­trup­pen lie­fer­ten sich hier erbit­ter­te Kämp­fe, die dazu führ­ten, dass die Farm fast voll­stän­dig zer­stört wurde.

Über ver­steck­te Zufahr­ten fah­re ich wei­ter zum näch­sten histo­ri­schen Gebiet des Schlacht­fel­des. Dazwi­schen ste­hen immer wie­der moder­ne Farm­häu­ser, denn gro­ße Tei­le des Schlacht­fel­des wur­den nach dem Krieg besie­delt, bevor die rest­li­chen Flä­chen unter Schutz gestellt wurden.

Schließ­lich errei­che ich die Wort­hing­ton Farm. Gleich am Park­platz fällt mir die­ses Schild auf. Hier wird die Geschich­te auch Kind­ge­recht erzählt.

Nur kurz ist der Weg zum Farm­haus, das 1851 von Grif­fin Tay­lor erbaut wur­de. Ursprüng­lich war es als Clif­ton Hou­se bekannt, doch 1862 wur­de es an John T. Wort­hing­ton ver­kauft und erhielt so sei­nen heu­ti­gen Namen. Wort­hing­ton leb­te hier übri­gens bis zu sei­nem Tod im Jahr 1905 und sei­ne Nach­fah­ren sogar bis 1953.

In die Geschich­te ein­ge­gan­gen ist Wort­hing­ton Farm aber beson­ders durch Glenn Wort­hing­ton. Der damals 6‑Jährige harr­te mit sei­ner Fami­lie im Kel­ler des Hau­ses aus, wäh­rend um ihn her­um die Schlacht tob­te. Durch Rit­zen im Mau­er­werk beob­ach­te­te er die Schlacht, ein Erleb­nis, das sich für immer in sein Gedächt­nis brann­te. Im Jahr 1932 ver­öf­fent­lich­te er schließ­lich ein Buch über sei­ne Erin­ne­run­gen, das noch heu­te so den besten Augen­zeu­gen­be­rich­ten über die Schlacht, die Washing­ton ret­te­te, zählt.

Jetzt geht es erst ein­mal Rich­tung Nor­den wei­ter, immer über Land­stra­ßen, denn das ist der direk­te Weg zu mei­nem näch­sten Ziel.

Ich fah­re wei­ter über die Staats­gren­ze nach Penn­syl­va­nia und errei­che Get­tys­burg. Hier habe ich nun die Qual der Wahl zwi­schen dem Batt­le­field und der Eisen­hower Natio­nal Histo­ric Site. Bei­des wird lei­der auf­grund des fort­ge­schrit­te­nen Tages nicht mehr mög­lich sein.

Ich mache die Ent­schei­dung davon abhän­gig, ob ich für die Eisen­hower Site noch ein Ticket bekom­me, denn die­se kann man, anders als das Batt­le­field, nicht allein besu­chen. Ich habe Glück und bekom­me eines der letz­ten Tickets, sodass ich die Eisen­hower Natio­nal Histo­ric Site besu­chen wer­de. Schon 2011 war ich in Abile­ne, Kan­sas, wo das Geburts­haus von Eisen­hower steht und auch sei­ne Pre­si­den­ti­al Libra­ry. Hier aber haben sich der Prä­si­dent und sei­ne Frau ein Heim geschaf­fen. Die Tour star­tet am Visi­tor Cen­ter des Batt­le­fields, denn allein darf man zur Eisen­hower Farm nicht fah­ren. Nur mit einem Shut­tle­bus ist das möglich.

Die Fahrt führt wei­te Strecken über die Schlacht­fel­der von Get­tys­burg. Über­all sind Monu­men­te zu sehen, die an die Schlacht erin­nern. Doch der Bus fährt immer wei­ter, bis zu einer Grund­stücks­zu­fahrt. Man fragt sich unwei­ger­lich, wie Eisen­hower auf die Idee kam, sich genau hier anzu­sie­deln. Das und vie­les ande­re mehr wird beim Besuch erklärt.

Der Bus hält vor der gro­ßen Scheu­ne. Hier endet die Zufahrt zum Grund­stück. Der klei­ne Anbau vorn am Gebäu­de ist übri­gens gleich der erste Hin­weis dar­auf, dass hier einst ein Prä­si­dent leb­te. Ich habe ja schon eini­ge Häu­ser von Prä­si­den­ten besucht und die­sen Raum gab es immer. Hier saß Tag und Nacht jemand vom Secret Ser­vice und über­wach­te das Grund­stück, um die Sicher­heit des Prä­si­den­ten zu gewährleisten.

In einem Teil der Scheu­ne ist heu­te nicht nur das Visi­tor Cen­ter unter­ge­bracht, son­dern auch ein klei­nes Muse­um, das die Lebens­ge­schich­te von Dwight D. Eisen­hower und sei­ner Fami­lie erzählt. Eisen­hower wur­de am 14. Okto­ber 1890 in sehr ein­fa­chen Ver­hält­nis­sen gebo­ren und wuchs in Abile­ne, Kan­sas auf. Weil mili­tä­ri­sche Uni­ver­si­tä­ten kei­ne Stu­di­en­ge­büh­ren ver­lang­ten und er das Auf­nah­mepro­ce­de­re bestand, schaff­te es Eisen­hower nach West Point auf die Mili­tär­aka­de­mie, die er 1915 ver­ließ. Die­se Zeit präg­te ihn sehr und führ­te ihn auch erst­ma­lig hier nach Get­tys­burg auf die Schlachtfelder.

Eisen­hower hat­te übri­gens deut­sche Wur­zeln. Sei­ne Fami­lie, damals mit dem Namen Eisen­hau­er, emi­grier­te 1741 aus dem deut­schen Karls­brunn bei Saar­brücken nach Ame­ri­ka. Zuerst sie­del­ten sie nahe York in Penn­syl­va­nia, bevor sie um 1880 wei­ter nach Kan­sas zogen.

Sei­ne Eltern lern­ten sich in Kan­sas ken­nen, leb­ten aber zwi­schen­zeit­lich auch in Texas, wo Dwight Eisen­hower auch gebo­ren wur­de, wes­we­gen es im dor­ti­gen Den­ni­son eben­falls eine Eisen­hower Sta­te Histo­ric Site gibt, bevor sie nach Kan­sas zurück­kehr­ten. Die Eisen­hower waren nicht reich und leb­ten lan­ge Zeit „on the wrong side of the tracks”.

Auf sei­nem ersten Posten nach Ver­las­sen der Aka­de­mie lern­te er Mamie Doud ken­ne, die er 1. Juli 1916 hei­ra­te­te. Die Bei­den hat­ten zwei Söh­ne, von denen einer im Alter von drei Jah­ren an Schar­lach ver­starb. Sohn David aber mach­te Karie­re und starb er 2013 im Alter von 91 Jahren.

Im Jahr 1950 kauf­ten die Eisen­ho­wers eine Farm, die das erste Heim wer­den soll­te, das die Eisen­ho­wers jemals besa­ßen. Durch die Mili­tär­kar­rie­re von Eisen­hower war die Fami­lie bis­her unzäh­li­ge Male umge­zo­gen. Auch hier in der Nähe leb­ten sie schon ein­mal, als Eisen­hower sein erstes Kom­man­do in Camp Colt über­nahm. Mamie war es, die dar­auf bestand, end­lich ein Haus zu kau­fen, ohne zu ahnen, dass sich hier bald die Füh­rer der Welt die Klin­ke in die Hand geben würden.

Die Farm der Eisen­ho­wers war aber nicht nur ein Rück­zugs­ort für die Fami­lie, son­dern hier wur­den auch Fel­der bestellt und vor allem Rin­der gezüch­tet. Davon zeu­gen noch vie­le Relik­te auf der Farm, wie die­se alten Trak­to­ren oder auch eige­ne Tanksäulen.

Herz­stück der Farm ist natür­lich das Wohn­haus der Eisen­ho­wers. Das heu­ti­ge Haus wur­de zwi­schen 1953 und 1955, denn als Eisen­hower Prä­si­dent wur­de, woll­te Mamie ein neu­es Wohn­haus auf der Farm. Der Bau dau­er­te so lan­ge, weil Mamie vie­le Son­der­wün­sche hat­te, aber vor allem, weil Eisen­hower nur gewerk­schaft­lich orga­ni­sier­te Bau­ar­bei­ter anstell­te, die er eigens aus Washing­ton kom­men ließ, doch 1955 wur­de das Haus schließ­lich ein­ge­weiht. Dazu war auch die gesam­te Beleg­schaft aus dem Wei­ßen Haus geladen.

Heu­te darf jeder Besu­cher ganz allein durch die Räu­me des Hau­ses wan­deln. Dabei zu sehen gibt es auch vie­le klei­ne Mit­bring­sel, die Mamie Eisen­hower aus der gan­zen Welt zusam­men­ge­tra­gen hat.

Ein beson­de­rer Raum ist die Veran­da. Hier ver­brach­ten die Eisen­ho­wers viel Zeit, schau­ten Fern­se­hen und tra­fen sich sogar mit Poli­ti­ker aus aller Welt. Auf die­sen Sofas nah­men schon Niki­ta Khrush­chev, Win­s­ton Chur­chill und Charles de Gaul­le Platz. Auch Kali­for­ni­ens dama­li­ger Gou­ver­neur Ronald Rea­gan war schon zu Gast. Die Eisen­ho­wers selbst ver­brach­ten fast alle Wochen­en­den hier, was des Öfte­ren von der demo­kra­ti­schen Oppo­si­ti­on kri­ti­siert wurde.

Eine ganz beson­de­re Tape­te ziert das Trep­pen­haus. Auf den Wän­den sind alle Sie­gel der Bun­des­staa­ten der USA zu sehen.

Im Ober­ge­schoss lie­gen die Schlaf- und Gäste­zim­mer. Auch Sohn David hat­te sei­nen eige­nen Raum, wenn er zu Besuch bei den Eltern war.

Im Jahr 1967 schenk­ten die Eisen­ho­wers das Haus dem Natio­nal Park Ser­vice. Bei­de nut­zen das Anwe­sen jedoch bis zu ihrem Tod wei­ter. Erst 1980 wur­de es für Tou­ri­sten geöffnet.

Wie­der drau­ßen gehe ich hin­über zum klei­nen Gäste­haus, das ein ganz beson­de­res Gelän­der hat.

Ich lau­fe ein­mal um das Haus her­um, das man frü­her auch von der Veran­da aus betre­ten konn­te. Davor fin­den sich auch meh­re­re Vogel­trän­ken, die Mamie Eisen­hower per­sön­lich im Gar­ten aufstellte.

Über einen klei­nen Weg ver­lässt man schließ­lich den Wohn­be­reich und erreicht die eigent­li­che Farm. Und die ist auch heu­te noch in Betrieb. Wie schon zu Eisen­ho­wers Zei­ten wer­den hier Rin­der gezüchtet.

In eini­gen alten Scheu­nen fin­den sich wei­te­re Muse­ums­tücke, wäh­rend man die noch in Benut­zung befind­li­chen Scheu­nen nur von außen besich­ti­gen kann.

Einen der alten Stäl­le, ganz am Ende der Farm, kann man auch von innen besich­ti­gen. Hier züch­te­te Eisen­hower sei­ne preis­ge­krön­ten Rin­der. Er konn­te damit vie­le Erfol­ge ver­zeich­nen, was nicht zuletzt die vie­len Aus­zeich­nun­gen zei­gen. Auch Staats­gä­ste brach­te er wäh­rend sei­ner Zeit als Prä­si­dent immer wie­der hierher.

Nach der Besich­ti­gung fah­re ich zurück zum Inter­sta­te. Ich will noch ein wenig Strecke machen, um näher an die Gren­ze zu New York Sta­te zu gelan­gen. Ich will schließ­lich wie­der an die alte Rou­te anknüp­fen, die ich wegen des Regens ver­las­sen hatte.

So durch­que­re ich Penn­syl­va­nia von Süd nach Nord bis nach Scran­ton, wo ich im letz­ten Jahr die Steam­town Natio­nal Histo­ric Site besucht habe. Das Hamp­ton Inn, in dem ich über­nach­te, liegt in einem bekann­ten Ski­ge­biet hier an der Ost­kü­ste. Jetzt, Anfang Okto­ber, ist davon aber noch nicht viel zu sehen, sodass die Über­nach­tung zu sehr mode­ra­ten Prei­sen ange­bo­ten wird.

Nur unweit vom Hotel ent­fernt liegt ein Kino und da der neue Bridget Jones Film gera­de ange­lau­fen ist, über­le­ge ich nicht lang, son­dern schaue mir den heu­te Abend noch an. Ich gehe ja sehr gern in den USA ins Kino. Mei­stens ist es nicht voll, es gibt nicht halb so vie­le Stö­rer und Quat­scher und vor allem kei­ne elend lan­ge Wer­bung vor dem Film. Es gibt schon Wer­bung, aber die läuft nur vor der Start­zeit, pünkt­lich um acht beginnt die Trai­ler­show und danach sofort der Film. Auch hat man freie Platz­wahl und kann so aus­pro­bie­ren, wo es sich am besten sitzt. Nur das Pop­corn, dar­an kann ich mich ein­fach nicht gewöh­nen. Weder sal­zig noch but­te­red tref­fen irgend­wie mei­nen Geschmack.

Mei­len: 294
Wet­ter: 13–25 Grad
Hotel: Hamp­ton Inn

zurück   Start   weiter