Into the unknown

Tag 2: Frei­tag, 30. Sep­tem­ber 2016
Rich, Richer, Richest – Newark nach Tarrytown

„If your only goal is to beco­me rich, you will never achie­ve it.” – John D. Rockefeller

Als ich heu­te Mor­gen auf­wa­che, kann ich mir das Wet­ter wirk­lich nicht mehr schön­re­den. Der Wea­ther Chan­nel hat recht behal­ten, es schüt­tet wie aus Kan­nen. Und wenn ich den Meteo­ro­lo­gen glau­ben darf, soll das gan­ze vier Tage so wei­ter­ge­hen. Du lie­be Güte, da macht doch kei­ne Besich­ti­gung Spaß. Nun ist guter Rat teu­er. Da ich irgend­wie aber so gar kei­ne Lust auf vier Tage Sint­flut habe, und ja, als etwas ande­res kann man das da drau­ßen nicht bezeich­nen, fas­se ich den Ent­schluss, den Beginn der Tour völ­lig umzu­wer­fen. Ich suche nach Son­ne und fin­de sie in Vir­gi­nia. Nun gut, das ist ja so gar nicht die Rich­tung, die ich ein­schla­gen woll­te, aber der Drang hier weg­zu­kom­men ist stär­ker. So stor­nie­re ich drei Tage Hud­son Val­ley und buche kur­zer­hand um, aller­dings erst ein­mal nur die ersten paar Tage. Ein biss­chen Leid tut es mir schon um die Zie­le, die ich jetzt ver­pas­sen wer­de, aber dafür wer­de ich dann ande­res sehen, was ich eben­falls schon lan­ge auf mei­ner Bucket List habe.

Erst ein­mal muss ich aber mein Auto abho­len und so zie­he ich mich Regen­fest an und fah­re zurück zum Flug­ha­fen. Den Miet­wa­gen habe ich gleich wie­der bei Natio­nal reser­viert, weil ich ja schon weiß, dass die Ala­mo Sta­ti­on hier wirk­lich nicht toll ist. Die Reser­vie­rung lief aller­dings über den ADAC und es war dort nicht mög­lich mei­ne Eme­r­ald Num­mer ein­zu­ge­ben. So gehe ich an den Schal­ter und schil­de­re der Dame mein Pro­blem. Sie winkt aber gleich ab und sagt, dass das über­haupt kein Pro­blem sei, Haupt­sa­che ich habe die Num­mer dabei. Und so bin ich dann gleich auf dem Weg zur Eme­r­ald Line. Hier sticht mir ein dun­kel­grau­er Jeep Che­ro­kee ins Auge. Eigent­lich fin­de ich den neu­en Che­ro­kee ja pott­häss­lich, aber die­ser hier ist fast nagel­neu, hat eine Kom­fort­aus­stat­tung und sogar 4x4. Damit kön­nen die ande­ren Wagen nicht mit­hal­ten und wenn ich drin sit­ze, muss ich ihn mir ja nicht von außen anse­hen. Wenig spä­ter rol­le ich dann tat­säch­lich ohne Pro­ble­me vom Hof.

Heu­te kann mei­ne Flucht in den Süden aller­dings noch nicht begin­nen, denn ich habe ein Ticket für Kykuit, das Rocke­fel­ler Man­si­on, gekauft. Das Haus ist nur per Tour zu sehen und die ist oft schnell aus­ver­kauft. Es ist wirk­lich jam­mer­scha­de, dass heu­te so ein Wet­ter ist, aber lei­der nicht zu ändern.

Ich fah­re dann zwar wie­der über den schö­nen Pali­sa­des Park­way, aber auf­grund des Wet­ters hal­te ich gar nicht erst an. Die Aus­sicht ist mies und es ist ja nicht so, als wenn ich hier noch nicht gewe­sen wäre. Das ist der Vor­teil, wenn man eine Regi­on nicht zum ersten Mal besucht, es ist kein Kom­plettrein­fall bei schlech­tem Wetter.

Wenig spä­ter errei­che ich Tar­ry­town. Es reg­net noch immer, mal weni­ger, mal mehr. Ich habe Glück und bekom­me direkt vor dem Visi­tor Cen­ter einen Park­platz, sodass es nur weni­ge Schrit­te bis zur Tür sind. Blö­der­wei­se neh­me ich mei­nen Schirm nicht mit, was sich als fata­ler Feh­ler erwei­sen sollte.

Ich habe näm­lich den Aus­druck für mei­ne Reser­vie­rung im Auto lie­gen las­sen und als ich den holen will, schüt­tet es wie­der wie aus Kan­nen. Die net­te Dame am Emp­fang bemerkt jedoch mein Dilem­ma und borgt mir kur­zer­hand ihren Schirm, sodass ich den Aus­druck und mei­nen Schirm holen kann, ohne völ­lig durch­nässt zu werden.

Dann heißt es noch kurz auf den Beginn der Tour war­ten. Ich gehe kurz bis auf die Ter­ras­se, von wo ich einen Blick auf das Phil­ips­burg Man­or habe, dass man eben­falls besich­ti­gen kann.

Ich aber will ja nach Kykuit und so mache ich mich auf den Weg zum Bus­stopp. Da die Rocke­fel­ler Vil­la in einem Wohn­ge­biet liegt und auf dem Grund­stück auch noch Fami­li­en­mit­glie­der leben, kann man dort nicht selbst hin­fah­ren, son­dern wird vom Visi­tor Cen­ter mit einem Bus gefah­ren. Etwa zehn Minu­ten dau­ert die Fahrt durch Tar­ry­town bis man das Ein­gangs­tor von Kykuit pas­siert. Was ich an sol­chen Shut­tles ein­fach nicht mag, man kann nicht anhal­ten und mal eben foto­gra­fie­ren. So stop­pen wir erst direkt vor dem Haus. Zum Glück nie­selt es momen­tan nur ein biss­chen, sodass ich wenig­stens ein paar Bil­der machen kann.

Kykuit ist für John D. Rocke­fel­ler erbaut wor­den. Das Haus ist rela­tiv klein und wohn­lich mit sei­nen nur 40 Zim­mern. Rocke­fel­ler woll­te sich hier wohl­füh­len, wenn er im Früh­ling und Herbst im Hud­son Val­ley weil­te. Im Jahr 1913 war das Haus fer­tig­ge­stellt und war danach das Zuhau­se für vier Gene­ra­tio­nen der Rocke­fel­ler Fami­lie. Der Name Kykuit stammt übri­gens aus dem Hol­län­di­schen und bedeu­tet so viel wie Aus­blick, denn das Haus steht auf dem höch­sten Punkt der Pocan­ti­co Hills. Von hier kann man nicht nur den Hud­son River über­blicken, son­dern, zumin­dest bei gutem Wet­ter, auch das 25 Mei­len ent­fern­te New York sehen.

Kykuit ist seit 1994 für die Öffent­lich­keit zugäng­lich, wird aber vom Rocke­fel­ler Brot­hers Fund ver­wal­tet. Die Tou­ren durch Haus und Gar­ten wer­den von Histo­ric Hud­son Val­ley durch­ge­führt, einer Orga­ni­sa­ti­on, die 1951 von John D. Rocke­fel­ler jr. gegrün­det wur­de, um histo­ri­sche Orte am Hud­son River zu erhalten.

Letz­te Bewoh­ner des Hau­ses waren Nel­son Rocke­fel­ler und sei­ne Fami­lie. Nel­son Rocke­fel­ler war nicht nur Gou­ver­neur von New York, son­dern auch Vize­prä­si­dent der USA. Wäh­rend die­ser Zeit waren hier auch vie­le US-​Präsidenten wie Lyn­don B. John­son, Richard Nixon, Gerald Ford und Ronald Rea­gan zu Gast. Auch ande­re Per­sön­lich­kei­ten wie Nel­son Man­de­la, Kofi Annan oder König Hus­sein von Jor­da­ni­en besuch­ten die Rocke­fel­lers im Haus.

Selbst heu­te noch woh­nen um die zehn Rocke­fel­ler Fami­li­en auf dem Land rund um Kykuit. Eini­ge der Häu­ser kann man durch die Bäu­me erken­nen. Berühm­te­ster Nach­bar ist übri­gens Bill Clin­ton, der nur weni­ge Mei­len nörd­lich wohnt und öfter den Park zum Lau­fen nutzt.

Wäh­rend der gesam­ten Besich­ti­gung der Innen­räu­me darf ich lei­der kei­ne Fotos machen, was wirk­lich scha­de ist. Das Haus ist sehr gemüt­lich ein­ge­rich­tet und nicht mit rie­si­gem Prunk und Gloria.

Nach der Tour durch das Haus wird auch der Gar­ten besucht. Bedau­er­li­cher­wei­se macht das heu­te nicht so viel Spaß, denn es ist nass und nie­selt immer wie­der. Die Gestal­tung des Gar­tens wur­de zuerst dem Büro von Fre­de­rick Law Olm­sted über­ge­ben, doch Rocke­fel­ler gefie­len die Arbei­ten nicht und so über­nahm er die Gestal­tung sel­ber. Im Jahr 1906 beauf­trag­te er dann den Archi­tek­ten Wil­liam Wel­les Bos­worth und die Gar­ten­an­la­ge wird als sei­ne beste Arbeit in den USA gewertet.

Da die Rocke­fel­lers viel Kunst sam­mel­ten, fin­det sich die­se nicht nur im Haus, son­dern auch im Gar­ten. Über­all fin­det man Skulp­tu­ren und Wer­ke berühm­ter Künst­ler. Es gibt auch Tou­ren, die sich extra auf die Kunst­wer­ke in Haus und Gar­ten konzentrieren.

Die Tour endet auf der schö­nen Ter­ras­se des Hau­ses, doch der Aus­blick auf den Hud­son River ist heu­te lei­der wolkenverhangen.

Been­det wird die Tour schließ­lich an den ehe­ma­li­gen Stal­lun­gen. Heu­te liegt hier das Pocan­ti­co Con­fe­rence Cen­ter, in dem regel­mä­ßig bedeu­ten­de Tref­fen statt­fin­den, oft auch von der UN, denn zu die­ser hat­ten die Rocke­fel­lers ganz beson­de­re Bezie­hun­gen. Zwei der Brü­der woll­ten 1945 sogar ihre Häu­ser als Haupt­quar­tier zur Ver­fü­gung stel­len, doch das Fami­li­en­ober­haupt, John D. Rocke­fel­ler jr. mein­te, dass die­se zu weit von New York ent­fernt sind. Er stif­te­te kur­zer­hand das Land, auf dem heu­te das UN-​Gebäude am Hud­son River steht.

Aber zurück zum Gebäu­de, des­sen ober­stes Stock­werk wei­ter­hin eini­ge Stal­lun­gen beinhal­ten, die heu­te als Muse­um umge­baut sind. Zu sehen sind zahl­rei­che Kut­schen und Old­ti­mer, die über die Jah­re von der Fami­lie genutzt wur­den. Im Ober­ge­schoss gibt es, genau­so wie im drit­ten und vier­ten Stock des Haupt­hau­ses, heu­te Unter­künf­te für Gäste der Fami­lie sowie pro­mi­nen­te Red­ner und Teil­neh­mer der Konferenzen.

Nach fast vier Stun­den bin ich schließ­lich wie­der zurück am Visi­tor Cen­ter. Der Besuch von Kykuit hat mir gefal­len, auch wenn er mit $40 nicht ganz bil­lig war. Aller­dings wür­de ich das Haus kei­nem Erst­be­su­cher emp­feh­len, zumin­dest nicht die­se aus­führ­li­che Tour. Da gibt es ande­re Häu­ser, die deut­lich leich­ter zu errei­chen sind. Inter­es­siert man sich aber für einen umfas­sen­den Ein­blick in die Zeit des Gild­ed Age, so gehört eine Besich­ti­gung von Kykuit genau­so dazu wie die der New­port Mansions.

Da es immer wie­der mal mehr, mal weni­ger reg­net, fah­re ich auf direk­tem Weg ins Hotel. Über­nach­ten wer­de ich heu­te im wirk­lich net­ten Mar­riott West­che­ster. Es ist ja immer nicht so ein­fach, etwas Bezahl­ba­res rund um New York zu fin­den, aber hier gab es am Wochen­en­de einen Son­der­preis. Ich bekom­me ein sehr schö­nes Zim­mer mit Bal­kon. Der Bal­kon geht aber nicht nach außen, son­dern in das Atri­um des Hotels.

Zum Abend­essen fah­re ich heu­te in die Cheese­ca­ke Fac­to­ry. Wenn schon das Wet­ter nicht mit­spielt, so will ich wenig­stens mei­nen Gau­men etwas verwöhnen.

Mei­len: 100
Wet­ter: 13–16 Grad, Regen
Hotel: West­che­ster Marriott

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