Into the unknown

Tag 16: Frei­tag, 14. Okto­ber 2016
Fluss­ge­schich­ten – Pitts­field nach Parsippany

„As to the pre­si­den­cy, the two hap­piest days of my life were tho­se of my ent­rance upon the office and my sur­ren­der of it.” – Mar­tin Van Buren

Mei­ne Auto­schei­ben sind tat­säch­lich zuge­fro­ren, als ich am Mor­gen mein Auto bela­de. Es ist emp­find­lich kalt, doch die Son­ne scheint wie­der vom knall­blau­en Himmel.

Ursprüng­lich war geplant noch eini­ge schö­ne Häu­ser hier in der Gegend zu besu­chen, doch dazu müss­te ich noch eini­ge Stun­den war­ten, denn so früh ist noch nichts geöff­net. So ent­schei­de ich mich dage­gen und fah­re wei­ter nach New York Sta­te. Ich habe vor, noch eini­ge der Häu­ser hier am Hud­son River, die ich am Anfang der Rei­se eben­falls strei­chen muss­te oder auf frü­he­ren Rei­sen nur unzu­rei­chend gese­hen habe, zu besuchen.

Punkt 9 Uhr errei­che ich die Mar­tin van Buren Natio­nal Histo­ric Site, die schon wie­der in New York Sta­te liegt. Hier in Kin­der­hook, unweit des Hud­son River, war Prä­si­dent Mar­tin Van Buren zu Hau­se. Die Ran­ger zie­hen gera­de die Fah­ne hoch, als ich das klei­ne Visi­tor Cen­ter errei­che. Ich bin der erste Besu­cher heu­te und weil nach rund fünf­zehn Minu­ten auch noch kei­ner kommt, krie­ge ich eine Privattour.

„Lin­den­wald” nann­te Mar­tin Van Buren sein Haus, das er 1839 erwarb. Der Name geht auf die Lin­den­bäu­me zurück, die die Stra­ße zwi­schen Alba­ny und New York säum­ten. Ein­ge­zo­gen ist von Buren erst 1841, nach­dem er bei der näch­sten Wahl gegen Wil­liam Hen­ry Har­ri­son (das war der Prä­si­dent, der gera­de mal einen Monat im Amt war) ver­lo­ren hatte.

Die Tour star­tet im wohl größ­ten Raum des Hau­ses, der sowohl als Ein­gangs­hal­le als auch als Fest­saal dien­te. Der Natio­nal Park Ser­vice restau­rier­te das Haus im Stil von Mar­tin Van Buren, nach­dem er es 1974 über­nom­men hatte.

Nach­dem Mar­tin Van Buren am 24. Juli 1862 in Lin­den­wald gestor­ben war, blieb das Haus nicht lan­ge in den Hän­den sei­ner Fami­lie. Sein Sohn hat­te finan­zi­el­le Pro­ble­me und war gezwun­gen, das Haus zu ver­kau­fen. Spä­ter gehör­te das Haus der Jero­me Fami­lie, aus der auch Jen­nie Jero­me abstamm­te, die spä­ter Lady Chur­chill wur­de und Mut­ter von Win­s­ton Chur­chill war.

Mar­tin Van Buren lieb­te neue Erfin­dun­gen und so kauf­te er auch die­se Kaf­fee­ma­schi­ne. Sie wur­de um 1850 her­ge­stellt und konn­te auch Kaf­fee brau­en, war jedoch eher zur Zier­de gedacht.

Eben­falls gezeigt wer­den im Haus die Räu­me des Per­so­nals sowie etli­che Schlaf­zim­mer, denn auch die vier über­le­ben­den Söh­ne des Prä­si­den­ten leb­ten mit ihren Fami­li­en eini­ge Zeit im Haus.

Nach etwa einer Stun­de fah­re ich wei­ter ins Zen­trum von Kin­der­hook. Hier auf dem Fried­hof ist der Prä­si­dent mit sei­ner Fami­lie beerdigt.


In Kin­der­hook gibt es aber noch vie­le ande­re histo­ri­sche Orte zu ent­decken. So fin­de ich die­sen Gedenk­stein für Robert Living­ston, auf den ich heu­te noch ein­mal sto­ßen werde.

Auch am soge­nann­ten Bur­go­y­ne Hou­se kom­me ich vor­bei. Hier über­nach­te­te der bri­ti­sche Gene­ral John Bur­go­y­ne am 22. Okto­ber 1777, als er nach der von den Bri­ten ver­lo­re­nen Schlacht von Sara­to­ga von dort nach Bos­ton gebracht wurde.

Ein biss­chen wei­ter süd­lich errei­che ich die Cler­mont Sta­te Histo­ric Site. Sie­ben Gene­ra­tio­nen der Living­ston Fami­lie leb­ten für über 200 Jah­re auf dem Anwe­sen. Das Haus kann nur mit einer Füh­rung besich­tigt wer­den und lei­der ist das Foto­gra­fie­ren verboten.

Cler­mont hat eine span­nen­de Geschich­te hin­ter sich. Ursprüng­lich 1740 gebaut, wur­de es 1777 von den Bri­ten nie­der­ge­brannt, als die­se gen Sara­to­ga segel­ten. Spä­ter wur­de das Haus von Mar­ga­ret Beek­man Living­ston wie­der auf­ge­baut, so wie es noch heu­te erhal­ten ist. Ihr Mann, Robert Living­ston, war einer der fünf Män­ner, die die Unab­hän­gig­keits­er­klä­rung ver­fasst haben und unter Prä­si­dent Washing­ton der erste Außen­mi­ni­ster der USA.

Vom Gar­ten habe ich dann noch einen wun­der­schö­nen Blick auf den Hud­son River und das West­ufer mit den Cats­kill Moun­ta­ins, wo sich auch lang­sam die Herbst­fär­bung der Bäu­me zeigt.

Ich fah­re wei­ter nach Süden. Es gibt min­de­stens ein Dut­zend wun­der­schö­ne Anwe­sen hier am Fluss­ufer, die man besich­ti­gen kann. Die mei­sten habe ich schon besucht, so auch die Van­der­bilt Natio­nal Histo­ric Site. Eigent­lich woll­te ich bei dem schö­nen Wet­ter nur ein paar Außen­auf­nah­men machen, doch als ich erfah­re, dass man jetzt auch im Haus foto­gra­fie­ren darf, ent­schlie­ße ich mich, die Tour noch ein­mal mit­zu­ma­chen. Bei mei­nem letz­ten Besuch herrsch­te hier noch strik­tes Foto­ver­bot, wie in so vie­len Häu­sern am Hud­son. Der Natio­nal Park Ser­vice hat die­ses jedoch in sei­nen Anwe­sen inzwi­schen aufgehoben.

Im Jahr 1895 kauf­ten Fre­de­ric Wil­liam und Loui­se Van­der­bilt das Anwe­sen am Hud­son River und lie­ßen hier von 1896 bis 1899 ein Haus errich­ten. Das Anwe­sen war gut von New York zu errei­chen, denn die fami­li­en­ei­ge­ne Eisen­bahn fuhr direkt dar­an vor­bei. Im Gegen­satz zu den Feri­en­häu­sern sei­ner Brü­der, war das Haus eher von mode­ra­ter Grö­ße, jedoch genau­so opu­lent ausgestattet.

Der erste Weg führt mich zum klei­nen Neben­ge­bäu­de, in dem heu­te das Visi­tor Cen­ter unter­ge­bracht ist. Hier gibt es die Tickets für die Tou­ren, die stünd­lich statt­fin­den. Mit dem Natio­nal Park Pass kostet mich das Anwe­sen kei­nen zusätz­li­chen Eintritt.

Alle Tou­ren star­ten immer zur vol­len Stun­de auf der Ost­sei­te des Hau­ses. Mei­ne Grup­pe ist mit rund fünf­zehn Teil­neh­mern nicht so groß und der Ran­ger, der die Füh­rung über­nimmt, macht einen super Job.

Wenn man das Haus betritt, lan­det man zuerst in einer gro­ßen Hal­le, die sich über zwei Stock­wer­ke erstreckt und ein Ober­licht besitzt. Von die­ser Hal­le gehen alle Räu­me ab, die von den Van­der­bilts genutzt wur­den. Im Erd­ge­schoss sind das die Zim­mer, in denen Gäste emp­fan­gen wur­den und natür­lich der gro­ße Speisesaal.

In der nord­west­li­chen Ecke des Hau­ses liegt das Trep­pen­haus, das in die obe­re Eta­ge führt. Auch von hier erreicht man wie­der die Hal­le und kann sowohl nach unten als auch nach oben zum Ober­licht schauen.

An der Süd­sei­te des Hau­ses lie­gen die aus­schwei­fend deko­rier­ten Schlaf­zim­mer von Fre­de­ric Van­der­bilt und sei­ner Frau Louise.

Das wohl beein­druckend­ste Zim­mer ist das Schlaf­zim­mer von Loui­se Van­der­bilt. Und wer schon ein­mal im Schloss Ver­sailles war, dem wird es selt­sam bekannt vor­kom­men. Das ist auch kein Zufall, denn Loui­se Van­der­bilt bewun­der­te Kai­se­rin Jose­phi­ne und ließ ihr Schlaf­zim­mer als exak­te Kopie errichten.

Die wei­te­ren Zim­mer im Ober­ge­schoss sind als Gäste­zim­mer eingerichtet.

Im zwei­ten Stock sowie im Kel­ler lagen die Räu­me für das Per­so­nal. Wäh­rend der zwei­te Stock nicht besucht wer­den kann, führt die Tour zum Ende durch den Kel­ler und zeigt hier die Küche und die Arbeits­räu­me des Butlers.

Zum Grund­stück gehört auch ein gro­ßer Gar­ten, denn Fre­de­ric Van­der­bilt inter­es­sier­te sich sehr für Gar­ten­bau. Der Rosen­gar­ten wur­de sogar von ihm per­sön­lich ange­legt und hier blüh­ten einst über 2000 Rosenstöcke.

Nach dem Tod von Fre­de­ric Van­der­bilt im Jahr 1938 erb­te sei­ne Nich­te Mar­ga­ret „Dai­sy” Van Alen das Anwe­sen. Auf Emp­feh­lung von Prä­si­dent Roo­se­velt schenk­te sie das Haus und einen Teil des Grund­stücks im Jahr 1940 dem Natio­nal Park Ser­vice. Somit ist die­ses Haus das ein­zi­ge Van­der­bilt Anwe­sen, das vom NPS ver­wal­tet wird.

Sowohl bei der Ein­fahrt als auch beim Ver­las­sen des Anwe­sens kann man erah­nen, wie groß das Gelän­de ist. Eine gan­ze Wei­le fährt man durch die Park­an­la­gen und hat beim Ver­las­sen des Grund­stücks wie­der einen schö­nen Blick auf den Hud­son River.

Nur weni­ge Mei­len süd­lich des Van­der­bilt Man­si­on und eben­falls in Hyde Park, liegt Spring­wood, das Heim von Frank­lin Del­ano Roo­se­velt. Schon zwei Mal war ich hier und habe das Grund­stück sowie die Pre­si­den­ti­al Libra­ry besucht, doch im Haus war ich bis­her nie. Heu­te jedoch habe ich Glück und es gibt noch genau ein Ticket für die näch­ste Tour.

Auch hier ver­sam­melt sich die Grup­pe vor der Haus­tür, jedoch bin ich ziem­lich schockiert, denn man lässt um die 50 Men­schen auf ein­mal ins Haus. Anders sind die Mas­sen, die Roo­se­velts Haus sehen wol­len, wohl auch nicht zu bewäl­ti­gen. Somit ist es auch schier unmög­lich in der Ein­gangs­hal­le auch nur ein Foto zu machen. Zum Glück wer­den die Besu­cher nach der Ein­füh­rung etwas getrennt, denn anson­sten wür­de das hier nur eine Qual sein. Aber auch so ist es recht schwie­rig, eini­ge Fotos zu machen.

Im Jahr 1866 kauf­te James Roo­se­velt das Anwe­sen am Hud­son River, zu dem damals auch eine Pfer­de­renn­bahn sowie Stal­lun­gen gehör­ten. Bis zu sei­nem Tod im Jahr 1900 nahm James Roo­se­velt vie­le Ver­än­de­run­gen am Haus vor und moder­ni­sier­te es grund­le­gend. Der letz­te gro­ße Umbau fand aber erst 1915 statt, als sein Sohn Frank­lin D. Roo­se­velt zusam­men mit sei­ner Mut­ter Sara das Haus zu einem Ort umbau­te, an dem er sei­ne wach­sen­de Fami­lie unter­brin­gen und sei­ne Gäste emp­fan­gen konnte.

Spring­wood war zeit sei­nes Lebens der Mit­tel­punkt für Frank­lin D. Roo­se­velt. Hier wur­de er gebo­ren und hier leb­te er auch nach 1905 mit sei­ner Frau Ele­a­n­or und Mut­ter Sara zusam­men. Selbst wäh­rend sei­ner Prä­si­dent­schaft weil­te Roo­se­velt über 200 Mal hier und nut­ze Spring­wood im Som­mer auch als Wei­ßes Haus. Beim ersten Staats­be­such eines bri­ti­schen Mon­ar­chen in den USA im Jahr 1939, näch­tig­ten King Geor­ge VI. und Köni­gin Eliza­beth sogar in Spring­wood. Auch alle Wahl­aben­de ver­brach­te Roo­se­velt in die­sem Haus.

Der letz­te Besuch von Roo­se­velt fand im März 1945, etwa zwei Wochen vor sei­nem Tod statt. Der Prä­si­dent ver­starb am 12. April 1945 in Warm Springs in Geor­gia. Sei­ne letz­te Ruhe fand er aber, auf eige­nen Wunsch, hier im Rosen­gar­ten. Sei­ne Frau Ele­a­n­or wur­de 1962 neben ihm begra­ben. Und noch jemand hat hier sei­ne letz­te Ruhe gefun­den, Fala, der gelieb­te Scotch Ter­ri­er des Präsidenten.

Es ist schon spä­ter Nach­mit­tag, als ich Hyde Park ver­las­se. Nun muss ich mich aber ein biss­chen spu­ten, denn ich muss heu­te noch New Jer­sey errei­chen. Für wei­te­re Häu­ser bleibt lei­der kei­ne Zeit mehr und eini­ge somit wei­ter­hin auf mei­ner Liste, doch einen Stopp mache ich noch. Der Walk­way over the Hud­son hat mich schon inter­es­siert, seit­dem ich das erste Mal davon gehört habe. Besucht habe ich den Sta­te Histo­ric Park aber bis­her noch nicht. Ich muss ein wenig suchen, bis ich den rich­ti­gen Park­platz fin­de. Es gibt näm­lich zwei, einen direkt am Fluss­ufer und einen mit­ten in der Stadt, der der rich­ti­ge ist, wenn man den Park zu Fuß erkun­den will.

Am 1. Janu­ar 1889 wur­de mit der Pough­keep­sie Bridge eine Eisen­bahn­brücke eröff­net, die eine lang­ersehn­te Ver­bin­dung der bei­den Fluss­ufer des Hud­son River zwi­schen New York und Alba­ny dar­stell­te. Die Brücke wur­de als ein Mei­ster­werk der Inge­nieurs­kunst beti­telt. Sie ist 2062 Meter lang und befin­det sich fast 65 Meter über dem Was­ser. Bis 1974 war die Brücke ein Teil der direk­ten Eisen­bahn­rou­te zwi­schen den Neu­eng­land­staa­ten und dem mitt­le­ren Westen.

Noch heu­te ste­hen an den Zugän­gen, wo einst das Gleis ver­lief, alte Signal­an­la­gen. Von den Glei­sen selbst ist jedoch nichts mehr zu sehen, denn hier wur­de ein Fuß­weg ange­legt und seit 2009 ist die Brücke als Walk­way over the Hud­son bekannt.

Über zehn Jah­re dau­er­ten die Restau­rie­rung und der Umbau der Brücke für Fuß­gän­ger. Dabei wur­den fast 15 Mil­lio­nen Dol­lar aus­ge­ben. Doch die Inve­sti­ti­on hat sich gelohnt und der Walk­way over the Hud­son ist heu­te bei Ein­hei­mi­schen wie Besu­chern glei­cher­ma­ßen beliebt. Wer nicht den gan­zen Weg lau­fen will, kann übri­gens auch vom Fluss­ufer aus mit einem Fahr­stuhl auf die Brücke fahren.

Der Aus­blick von hier oben auf den Hud­son River ist gran­di­os und zählt für mich zu den schön­sten am Fluss.

Und da es hier tags­über in der Son­ne ziem­lich heiß wer­den kann, wird auch an die vie­len Hun­de gedacht, die hier mit diver­sen Jog­gern und Spa­zier­gän­gern unter­wegs sind. Ein wirk­lich inter­es­san­ter und unge­wöhn­li­cher Gas­si Weg ist das hier.

Über die 1923 erbau­te Mid-​Hudson River Bridge fah­re ich nun auf die ande­re Ufer­sei­te. Die 900 Meter lan­ge Brücke wur­de 1930 von Frank­lin D. Roo­se­velt ein­ge­weiht, als die­ser noch Gou­ver­neur von New York war.

Das letz­te Stück nach New Jer­sey fah­re ich auf dem Inter­sta­te, denn es wird bereits dun­kel. Wei­te­re Stopps sind heu­te nicht mehr ein­ge­plant, obwohl es noch vie­le Orte zu besich­ti­gen gäbe. Da dies nicht mein erster und bestimmt auch nicht mein letz­ter Besuch am Hud­son River ist, fah­re ich jetzt aber ohne Halt wei­ter. Schließ­lich errei­che ich New Jer­sey und kur­ze Zeit spä­ter Par­sippa­ny, wo ich das Hamp­ton Inn reser­viert habe. Jetzt beginnt das Aus­la­den, denn mor­gen wer­de ich den Miet­wa­gen abge­ben, sodass alles zurück in die Kof­fer muss.

Zum Abend­essen gehe ich in den nahe gele­ge­nen TGI Fri­days, wo es neben einem Bur­ger mei­ne gelieb­ten Pota­to Skins gibt.


Mei­len: 199
Wet­ter: 1–13 Grad, sonnig
Hotel: Hamp­ton Inn

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