Hot and Cold – Kalifornien & Alaska

Tag 6: Mitt­woch, 24. April 2019
Wet­ter­ka­prio­len – Juneau, Teil 1

„To the lover of wil­der­ness, Alas­ka is one of the most won­derful count­ries in the world.” – John Muir

Am Mor­gen wer­de ich mit Son­nen­schein geweckt. Doch Wet­ter­tech­nisch kann man sich in Alas­ka zu die­ser Jah­res­zeit auf nichts ver­las­sen, das habe ich gestern schon gelernt. Aber die Hoff­nung stirbt ja bekannt­lich zuletzt. Nach dem Früh­stück mache ich mich auf den Weg in die Stadt. Mein erstes Ziel ist das Governor’s Man­si­on, in dem die Gou­ver­neu­re von Alas­ka woh­nen. Und das hält gleich ein­mal eine Über­ra­schung bereit, es ist näm­lich gar nicht ein­ge­zäunt und ich kom­me wirk­lich dicht her­an. Das habe ich so noch nir­gend­wo erlebt.

Das Haus des Gou­ver­neurs wur­de 1912 gebaut, lan­ge bevor Alas­ka ein Bun­des­staat wur­de. Der Gou­ver­neur des Alas­ka Ter­ri­to­ri­ums Wal­ter Eli Clark war der Erste, der hier ein­ge­zo­gen ist. Bis 1936 hat­te das Haus aller­dings eine Holz­front, erst dann wur­de das Haus ver­putzt und bekam sein heu­ti­ges Aussehen.

Zum Gebäu­de gehö­ren eine gro­ße Ter­ras­se mit Säu­len im Süd­staa­ten­de­sign sowie ein Totem­pfahl der Urein­woh­ner Alaskas.

Hin­ter dem Governor’s Man­si­on erhe­ben sich die heu­te mit Schnee über­zucker­ten Ber­ge, was dem Gan­zen eine sehr schö­ne Note gibt.

In der Gegend um das Governor’s Man­si­on gibt es noch eini­ge ande­re net­te Vil­len zu bestaunen.

Inter­es­sant ist auch die Ver­bin­dung zur näch­sten Quer­stra­ße, die für Fuß­gän­ger hier über Trep­pen erfolgt, denn gro­ße Tei­le von June­aus Wohn­vier­teln befin­den sich an recht stei­len Hän­gen, sodass nicht über­all Stra­ßen gebaut wer­den konnten.

Auf mei­ner wei­te­ren Fahrt durch die Wohn­vier­tel der Stadt kom­me ich an der Wickers­ham Sta­te Histo­ric Site vor­bei, die ich ger­ne besucht hät­te. Doch lei­der ist das Haus nur sai­so­nal geöff­net und die Sai­son in Alas­ka beginnt erst Anfang Mai.

Das reprä­sen­ta­ti­ve Holz­haus wur­de 1899 für den Minen­be­sit­zer gebaut und 1928 von James Wickers­ham gekauft, der hier bis zu sei­nem Tod im Jahr 1939 leb­te. Wickers­ham wur­de von Prä­si­dent McKin­ley zum Rich­ter im Alas­ka Ter­ri­to­ri­um ernannt und war spä­ter auch Kon­gress­ab­ge­ord­ne­ter und ein­fluss­rei­cher Poli­ti­ker. Sei­ne Nicht eröff­ne­te das Haus bereits 1958 als Muse­um, bevor es 1984 vom Staat Alas­ka gekauft wurde.

Auch in der Nähe die­ses Hau­ses ent­decke ich wie­der einen der Fuß­we­ge, der über vie­le Trep­pen zur näch­sten Quer­stra­ße führt.

Wie steil die Stra­ßen teil­wei­se sind, mer­ke ich aber auch, als ich wie­der zurück in die Stadt fah­re. Das hat ein biss­chen was von San Fran­cis­co, nur eben viel klei­ner und gemüt­li­cher. Ver­kehr herrscht in Juneau an die­sem spä­ten April­tag fast gar nicht. Voll wird es hier nur, wenn die Kreuz­fahrt­schif­fe in der Som­mer­sai­son anlegen.

Ich fah­re zurück in das kom­pak­te Stadt­zen­trum, in dem sich vor allem Büro und Geschäf­te befin­den. Zuerst aber hal­te ich an der Russisch-​orthodoxen Kir­che St. Nicho­las, die 1893 erbaut wur­de. Zwar sie­del­ten Rus­sen schon Mit­te des 19. Jahr­hun­derts in Alas­ka, jedoch nicht in Juneau, auch nach­dem die Stadt 1881 gegrün­det wur­de. Statt­des­sen wur­de die Kir­che durch die Tlin­git Urein­woh­ner gegrün­det, von denen eini­ge in Sit­ka zum russisch-​orthodoxen Glau­ben über­ge­tre­ten waren.

Zu Fuß lau­fe ich von der Kir­che zum wohl bedeu­tend­sten Gebäu­de in Alas­ka, dem Sta­te Capi­tol. So klein und abge­le­gen Juneau auch ist, es ist die Haupt­stadt die­ses rie­si­gen Staa­tes und die­ses Gebäu­de ist der Sitz der Regie­rung und des Par­la­ments. Unter rus­si­scher Herr­schaft war zuerst Kodi­ak die Haupt­stadt, spä­ter wur­de der Ver­wal­tungs­sitz nach Sit­ka ver­legt. Doch das viel spä­ter gegrün­de­te Städt­chen Juneau über­hol­te die alte Haupt­stadt bald in Wachs­tum und Bedeu­tung, sodass 1900 beschlos­sen wur­de, hier­her umzuziehen.

Bereits 1911 wur­den Gel­der zum Bau eines Kapi­tols bewil­ligt, doch der Erste Welt­krieg sowie Schwie­rig­kei­ten beim Ankauf des Grund­stückes ver­zö­ger­ten den Bau. Erst 1929 konn­te der erste Spa­ten­stich getä­tigt wer­den. Zwei Jah­re spä­ter konn­te das im Art Deco Stil gestal­tet Gebäu­de ein­ge­weiht wer­den, beher­berg­te aber lan­ge Zeit ver­schie­de­ne Bun­des­bü­ros und sogar ein Gericht und ein Post­amt. Erst mit der Grün­dung des Staa­tes Alas­ka im Jahr 1959 wur­de es offi­zi­ell zum allei­ni­gen Sitz des Parlaments.

Das Kapi­tol von Alas­ka kann kom­plett auf eige­ne Faust erkun­det wer­den und es fin­det am Ein­gang auch kei­ne Sicher­heits­kon­trol­le statt. Alles ist ziem­lich relaxt und ich wer­de nur von einem Sicher­heits­mann begrüßt, der mir einen Gebäu­de­plan aus­hän­digt. Jedes Kapi­tol eines Bun­des­staa­tes ist im Prin­zip eine ver­klei­ner­te Kopie des Kapi­tols in Washing­ton und so gibt es auch hier ein Reprä­sen­tan­ten­haus, das ich zuerst besichtige.

Auf den Flu­ren sind vie­le histo­ri­sche Bil­der zu fin­den wie die­ser Zei­tungs­ar­ti­kel aus dem Jahr 1959, der über die Ent­schei­dung des Kon­gres­ses berich­tet, Alas­ka zum 49. Staat der USA zu machen.

Eben­falls im zwei­ten Stock des Gebäu­des befin­det sich der Senat. Bei­de Par­la­ments­kam­mern sind eher schlicht gehal­ten und sehen sich recht ähn­lich, was nicht in vie­len US-​Kapitolen der Fall ist. Mei­stens gibt es doch eini­ge Abgren­zun­gen, um die Kam­mern direkt bes­ser zu unterscheiden.

Eine Eta­ge höher befin­den sich die Büros der Exe­cu­ti­ve. Sowohl der Gou­ver­neur des Staa­tes als auch der Vize­gou­ver­neur ist hier zu fin­den. An den Wän­den sind Foto­gra­fien der Per­so­nen, die die­se Ämter in der Ver­gan­gen­heit innehatten.

Wei­ter­hin gibt es vie­le Büros und Bespre­chungs­räu­me, so auch die­sen Saal, in dem auch öffent­li­che Sit­zun­gen statt­fin­den, die dann mit Kame­ras über­tra­gen werden.

Am spä­ten Vor­mit­tag ent­schlie­ße ich mich, das Stadt­zen­trum erst ein­mal zu ver­las­sen und die wei­te­re Besich­ti­gung auf spä­ter zu ver­schie­ben. Weit sind die Wege hier eh nicht, sodass es kei­nen gro­ßen Unter­schied macht. Ich fah­re nun wie­der in Rich­tung Flug­ha­fen, bie­ge dann aber zum Men­den­hall Gla­cier ab. Ich habe ja von gestern noch eine Rech­nung offen, den Weg zu den Nug­get Falls, den ich schon 2006 nicht machen konnte.

Zu sehen und auch zu hören ist mein Ziel ja schon vom Aus­sichts­punkt nahe dem Park­platz, doch heu­te will ich den gro­ßen Was­ser­fall nicht nur aus der Fer­ne bestaunen.

Ein Plan am Beginn des Weges erklärt den Pfad, der rund eine Mei­le lang sein soll und es wer­den 45 Minu­ten für den Hin- und Rück­weg ange­ge­ben. Das klingt ja erst ein­mal nicht wei­ter schlimm und so beschlie­ße ich, mich auf den Weg zu machen.

Zuerst führt der Weg ein­fach nur durch den Wald. Irgend­wann bekom­me ich mit, dass sich noch eines wei­te­res Paar auf dem Pfad befin­det, was mir auch ganz recht ist, denn am Visi­tor Cen­ter hän­gen eini­ge War­nun­gen über Bären­sich­tun­gen, auch wenn die­ser Weg nicht erwähnt wur­de, son­dern nur der gro­ße Rund­weg um das gesam­te Gebiet. Wenn hier im Som­mer Hun­der­te oder gar Tau­sen­de Tou­ri­sten unter­wegs sind, wird das eher kein Pro­blem sein, doch momen­tan ist es gäh­nend leer und doch recht ein­sam, sobald man sich vom Park­platz wegbewegt.

Nach einer Wei­le lich­tet sich der Wald zum ersten Mal und ich habe einen schö­nen Blick auf den Men­den­hall Gla­cier. Eigent­lich hieß der Glet­scher übri­gens Auke Glet­scher wie die Bucht, an der ich gestern schon gewe­sen bin. Doch 1892 ent­schied Prä­si­dent Har­ri­son den Glet­scher in Men­den­hall Gla­cier umzu­be­nen­nen, um damit die Lei­stun­gen von Cor­win Men­den­hall zu wür­di­gen. Men­den­hall war Super­in­ten­dent der US Coast und Geo­de­tic Sur­vey und über­wach­te damals die Grenz­zie­hung zwi­schen Alas­ka und Kanada.

Der zwan­zig Kilo­me­ter lan­ge Men­den­hall Gla­cier mün­det in den Men­den­hall Lake, einen bis zu sech­zig Meter tie­fen Glet­scher­see, der heu­te fried­lich daliegt und auf dem ich sogar ein Pad­del­boot in der Fer­ne entdecke.

Eine Wei­le im Blick habe ich nun auch wie­der mein Ziel, die Nug­get Falls, die aber noch mehr zu hören als zu sehen sind. Die mei­ste Zeit des Weges ist das rau­schen­de Was­ser das lau­te­ste Geräusch, das ich wahrnehme.

Schließ­lich führt der Weg aber wie­der mehr am Berg ent­lang und die Aus­sicht ver­schwin­det. Dafür geht es nun über einen Board­walk, der ein Stück wei­ter gera­de von zwei Arbei­tern gepflegt wird. Wahr­schein­lich sind das die letz­ten Arbei­ten, bevor die Sai­son in ein paar Tagen star­ten wird, wenn das erste Kreuz­fahrt­schiff anlegt.

Der Wald hier ist noch recht kahl. Anschei­nend gibt es hier doch eini­ge Laub­bäu­me, die noch nicht aus­ge­grünt sind. Nur das Moos auf den Stäm­men gibt der Land­schaft etwas Far­be und erin­nert mich an die Regen­wäl­der des pazi­fi­schen Nord­we­stens. Das ist auch gar nicht so weit her­ge­holt, denn auch hier gibt es noch Regen­wäl­der, die zu den nörd­lich­sten der Erde gehören.

Ziem­lich bald ist es aber schon wie­der grün, denn hier domi­niert ein­mal mehr der Nadel­wald. Da sich die Son­ne immer wie­der zwi­schen den Wol­ken hin­durch­schiebt, ist es ein ange­neh­mer Spar­zier­gang, auch wenn es nicht son­der­lich warm ist. Win­ter­jacke und Hand­schu­he sind auch heu­te Pflicht.

An den Stel­len, an denen der Weg etwas abwärts geht, öff­net sich die Land­schaft und gibt den Blick auf die umlie­gen­den und mit Schnee über­zucker­ten Ber­ge frei.


Das letz­te Stück ist dann wie­der weni­ger bewal­det und ich sehe den Glet­scher durch die kah­len Bäu­me schei­nen. Für mich erscheint der Men­den­hall ziem­lich groß, doch er gehört zu den klei­ne­ren der 38 gro­ßen Glet­scher des Juneau Eis­fel­des. Sei­ne Zun­ge ist knapp zwei­ein­halb Kilo­me­ter breit und sei­ne Höhe wur­de mit bis zu 67 Meter bemessen.

Kurz bevor ich mein Ziel errei­che, ent­decke ich eine Pla­ket­te an einem der Fel­sen ent­lang des Weges. Sie wur­de zu Ehren von Romeo dem Wolf ange­bracht. Romeo leb­te zwi­schen 2003 und 2009 in die­sem Gebiet und war dafür bekannt, dass er ger­ne mit Wan­de­rern und auch Hun­den inter­agier­te. Lei­der wur­de er 2009 von Wil­de­rern erschossen.

Nach einer knap­pen hal­ben Stun­de habe ich die Nug­get Falls erreicht. Der Weg hat für mich etwas län­ger gedau­ert, denn ich habe zum Foto­gra­fie­ren immer wie­der angehalten.

Der Was­ser­fall fällt in zwei Kas­ka­den über 115 Meter in die Tie­fe. Gespeist wird er vom Men­den­hall Creek, der sein Was­ser wie­der­um vom Nug­get Glet­scher bezieht. Das Was­ser trifft dann auf eine Sand­bank am Fußes des Men­den­hall Lakes, in den es auch abfließt.

Der Was­ser­fall ist schon ziem­lich beein­druckend und es ist fan­ta­stisch, dass ich die­ses Natur­schau­spiel für eini­ge Zeit sogar für mich allein habe. Das kann man wäh­rend der Sai­son so wohl eher nicht erleben.

Nug­get Falls, Men­den­hall Gla­cier, Juneau, Alaska

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Fas­zi­nie­rend ist auch, dass sich gera­de ein wenig die Wol­ken heben und die Ber­ge hin­ter dem Men­den­hall Gla­cier freigeben.

Der Glet­scher selbst schim­mert an eini­gen Stel­len bläu­lich und es ist beein­druckend, die­se Eis­schich­ten so rela­tiv nah zu sehen.

Nach einer guten hal­ben Stun­de mache ich mich schließ­lich wie­der auf den Rück­weg. Der führt noch ein­mal den­sel­ben Weg ent­lang, den ich auch gekom­men bin.

Es ist schon frü­her Nach­mit­tag, als ich zurück am Auto bin. So lang­sam bekom­me ich Hun­ger und beschlie­ße, mir erst ein­mal etwas zu essen zu kau­fen, bevor ich mei­ne Besich­ti­gun­gen fortsetze.

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