Tag 9: Mittwoch, 19. Februar 2020
Between Swiss and China – London nach Hannover
„There’s nowhere else like London. Nothing at all, anywhere.” – Vivienne Westwood
Der vorletzte Morgen dieser Reise ist angebrochen und mein letzter Tag in London. Da ich nach dem Frühstück noch etwas Zeit habe, entschließe ich mich zu einem weiteren Sparziergang, auch wenn das Wetter heute nicht so richtig mitspielt. Es ist grau und trübe, aber was solls, ich laufe trotzdem los und lande am Leicester Square, einem der zentralen Plätze von London.
Hier fühlt man sich doch glatt ein wenig wie in der Schweiz und das hat einen besonderen Grund oder eigentlich sogar zwei. Um die Anwesenheit dieser Schweizer Symbole zu erklären, muss ich allerdings etwas ausholen. Zwischen 1963 und 1966 wurde an einer Ecke des Platzes das sogenannte Swiss Centre erbaut, in dem Schweizer Waren präsentiert wurden. Dazu gehörten Schuhe von Bally, Uhren, Käse und Schokolade, hier hatten Mövenpick und Swissair ihre Büros. Doch mit der Zeit wurde das Gebäude unpopulär und 2008 schließlich abgerissen. Heute steht an seine Stelle ein moderner Glaskasten, in dem sich die M&Ms World befindet. Was aber geblieben ist, sind das Schweizer Glockenspiel und ein Holzbaum mit den Wappen der 26 Kantone.
Die 23 Glocken spielten dreimal täglich Schweizer Volksmelodien, englische Märsche, Elvis oder auch die Beatles. Ob sie das noch heute tun, weiß ich nicht. Zumindest wurden sie 2011 restauriert und befinden sich noch immer am angestammten Platz. Genauso wie die Handgeschnitzten Schweizer Figuren darunter. Gleich dahinter steht eine Art Maibaum, an dem sich nochmals die Wappen der Schweizer Kantone wiederfinden.
Leicester Square befindet sich mitten im Londoner West End, das berühmt für seine Einkaufmeilen und Theater ist. Der Begriff reicht bereits ins 19. Jahrhundert zurück, als die Einwohner das wohlhabende West End vom armen East End abgrenzen wollten.
Ein paar Ecken weiter lande ich von der Schweiz nun plötzlich in Asien, genauer gesagt im Chinatown von London. Dieses Gebiet wurde aber erst in den 1970er Jahren zu einer chinesischen Restaurantmeile. Viele Jahrhunderte lebten die meisten Chinesen im damaligen Chinatown im Londoner East End, einer ärmlichen Gegend am Londoner Themseufer. Dieses Gebiet wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und so siedelten sich die Chinesen zunächst im gesamten Stadtgebiet an, bevor sich wieder ein kleines Chinatown entwickelte.
Die meisten der rund achtzig Restaurants und Geschäft befinden sich rund um die Gerrard Street und so sind hier auch einige chinesische Symbole wie diese Löwen zu finden. Viele der Schilder in diesem Gebiet sind ebenfalls zweisprachig, so ein wenig asiatisches Feeling aufkommt.
Relativ schnell habe ich Chinatown jedoch schon wieder verlassen und laufe weiter durch die Straßen des West Ends. Unterwegs entdecke ich immer wieder interessante Gebäude und Auslagen in Geschäften.
Schließlich erreiche ich den Covent Garden Market. Covent Garden ist eine Institution in London und der Stadtteil inzwischen zum Ausgehviertel avanciert. Doch auch der Handel ist hier schon seit vielen Jahrhunderten ansässig. Die Covent Garden Markthallen zeugen noch heute davon. Hier ist ein bunter Mix an Geschäften zu finden, der Einheimische und Touristen gleichermaßen anzieht.
Ein Stückchen weiter gelange ich dann zu einem der absoluten Luxushotels der Stadt, dem Savoy. Es gibt Luxus und es gibt das Savoy heißt es, eine Institution ist das Hotel auf jeden Fall und noch immer weltberühmt. Auf der einen Seite schauen die Zimmer auf die Themse, doch hier stehe ich zunächst vor dem Hintereingang.
Das Savoy Hotel wurde von Richard D’Oyly Carte, dem Besitzer des nahen Savoy Theater erbaut und 1889 eröffnet. Mit seinen 263 Zimmern ist es eines der prestigereichsten und opulentesten Hotels Londons. Der Name stammt vom Savoy Palace, der ein an dieser Stelle gestanden hat. Er war die nobelste Residenz von London im Mittelalter, bis er 1381 während einer Revolte zerstört wurde.
Die Hotelzufahrt mit dem Namen Savoy Place hat übrigens noch eine Besonderheit. Sie ist die einzige Straße im Vereinigten Königreich in der Rechtsverkehr herrscht und das ganz offiziell.
Vom Savoy Place laufe ich über eine Seitengasse zu The Strand, der breiten Prachtstraße, die sich hier am nördlichen Themseufer entlangtzieht. Auf dieser Seite befindet sich ein weiterer Eingang zum Savoy Hotel, dessen erster Manager übrigens der Schweizer César Ritz war. Und ja, das war jener Ritz, der später das ebenfalls berühmte und genauso luxuriöse Ritz Hotel in der Nähe des Green Parks gründete.
Das Hotel, das seit 2005 dem reichsten arabischen Prinzen und Investor gehört, hat unzählige Prominente beherbergt. Unter ihnen waren König Edward VII., Charlie Chaplin, Marilyn Monroe, Louis Armstrong, Frank Sinatra, John Wayne, Elizabeth Taylor, Richard Burton, Maria Callas, Coco Chanel, Christian Dior, Sophia Loren, Julie Andrews, Marlon Brandon, Jane Fonda, Barbra Streisand, Jimi Hendrix, The Beatles, Elton John, U2, Led Zeppelin, The Who, George Clooney, Whoopi Goldberg, Stephen Fry, US-Präsident Harry Truman um nur einige zu nennen. Die Maler Claude Monet und James Whistler lebten sogar einige Zeit in Zimmern mit Blick auf die Themes und erschufen hier einige ihrer Werke. Auch Bob Dylan wohnte 1965 im Hotel und drehte in einer Gasse um die Ecke eines seiner Musikvideos.
Zwischen Hotel und Themse befindet sich nur noch das Victoria Embankment, eine Parkanlage entlang der Themse, in der selbst im tristen Februar ein paar farbige Blüten zu finden sind.
So langsam wird es Zeit für mich zurück zum Hotel zu laufen. Ich folge der Straße The Strand, die mich wieder zum Trafalgar Square bringen soll. Kurz vor dem Ziel biege ich noch einmal ab, denn in einer kleinen Seitenstraße möchte ich noch ein besonderes Haus anschauen, zumindest von außen, denn für die Innenbesichtigung bleibt mir heute keine Zeit.
In der Craven Street Nummer 36 steht das letzte noch erhaltene Wohnhaus von Benjamin Franklin, einem der Gründerväter der USA. Franklin lebte und arbeitete in dem 1730 erbauten Stadthaus für sechzehn Jahre während seiner Zeit in London.
Zurück im Hotel muss ich dann leider schon wieder meine Sachen packen, doch bevor es endgültig so weit ist, erfüllt mir der nette Concierge, der interessanterweise Amerikaner aus Miami ist, wie ich gestern bei einem Gespräch erfahren habe, noch einen Wunsch. Das Hotel verfügt über eine Dachterrasse mit Bar, die allerdings im Winter nicht täglich geöffnet ist. Da ich aber nett gefragt habe, bekomme ich eine kleine Privattour.
So geht es mit einem speziellen Aufzug, der sich gleich neben der Rezeption befindet, hinauf auf das Dach des Hotels und von hier hinaus auf die Terrasse.
Und die bietet einen richtig tollen Ausblick über die Dächer von London und natürlich den Trafalgar Square.
Jetzt heißt es aber endgültig Abschied nehmen und ich mache mich mit meinem Gepäck wieder auf den Weg zum Flughafen. Dieses Mal allerdings nach Heathrow und für den Weg nutze ich die Piccadilly Line, die immer noch die günstigste Fahrt zum größten Londoner Flughafen bietet.
Heute jedoch ist etwas anders, denn ich fliege nicht zurück nach Berlin, sondern nach Hannover. Und dieser Kurzstreckenflug war zumindest im Februar 2020 einer der wenigen British Airways Flüge, der nicht in Terminal 5, sondern in Terminal 3 startet. Und hier gibt es bekanntlich einige der besten Lounges in Europa. Dazu gehört die Cathay Pacific First Lounge mit ihrem Tollen Blick auf das Flugfeld.
Nachdem ich ein wenig den vielen Flugzeugen zugeschaut habe, entschließe ich mich im Restaurant der Lounge noch für ein spätes Mittagessen.
Eine leckere Suppe und dann noch typisch englische Fish and Chips, danach bin ich auch für den Rückflug nach Deutschland gestärkt.
Der startet dann pünktlich am späten Nachmittag und London weint wieder einmal, weil ich heute abfliegen muss. Auf dem Weg zur Startbahn begegne ich noch einem der neuen Airbus 350‑1000 von British Airways, mit dem ich auch schon unterwegs gewesen bin.
Wenige Minuten später sind wir auch schon in der Luft und ich kann noch einen schnellen Blick auf den Terminal 5 des Flughafens werfen, bevor wir in den Wolken verschwinden.
In der Business Class an Bord wird unterwegs wieder einmal die typisch englische Tea Time serviert, die ich immer besonders mag. Sandwiches und Scones mit Clotted Crème sind einfach richtig lecker.
Bei unserer Landung in Hannover knapp neunzig Minuten später ist es bereits dunkel, sodass nicht sehr viel zu erkennen ist. Sehr geschäftig scheint der Airport an diesem Abend aber nicht zu sein, denn an den Gates sind nicht mal eine Handvoll anderer Maschinen zu sehen.
Für die heutige Nach habe ich mich im Maritim Hotel am Flughafen einquartiert, das die einzige Option in Hannover ist, wenn man eine Unterkunft mit direktem Zugang zum Terminal sucht. Die Lobby des Hotels ist zwar imposant, aber von der restlichen Performance des Hotels bin ich nicht überzeugt.
Ich bekomme ein altbackenes Zimmer, das seinen Zenit längst überschritten hat und wirklich mal eine Renovierung vertragen könnte. Hier hat man das aber anscheinend nicht nötig, denn als Platzhirsch am Flughafen bekommt man das Haus so oder so voll.
Immerhin verfügt das Hotel über einem Pool, in dem ich am Abend noch ein paar Runden drehe.
Kilometer: —
Wetter: wolkig, später Regen, 3–5 Grad
Hotel: Maritim Airport Hotel Hannover