Tag 5: Monatg, 31. Dezember 2018
Last but not least – Ft. Myers nach Miami
„The new year stands before us, like a chapter in a book, waiting to be written.” – Melody Beattie
Nun ist er da, der letzte Tag des Jahres und wieder beginnt er für mich mit strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. So lasse ich mir das gefallen. Nach dem Frühstück im Hotel packe ich recht zügig meine Sachen und mache mich auf den Weg, denn Silvester will ich in Miami feiern, doch da muss ich erst einmal hinkommen.
Über den Tamiami Trail fahre ich weiter nach Süden, vorbei an Naples, das ich diesmal links liegen lasse und biege dann in Richtung Osten ab. Am Tor zu den Sümpfen der Everglades befindet sich der kleine Collier-Seminole State Park, an dem ich schon einige Male vorbeigefahren bin. Doch heute biege ich ab.
Die Einfahrt wird von einem Florida Panther bewacht. Die Pumaart lebt in den Sümpfen Floridas, doch ein lebendes Exemplar habe ich leider noch nie zu Gesicht bekommen.
Der erste Stopp, den ich einlege, ist an der sogenannten „Walking Dredge”, einem riesigen Baugerät, das für Südflorida eine ganz besondere Bedeutung hat. Eigentlich knüpfe ich die Geschichte mit dieser Besichtigung von hinten auf, aber das ist nicht zu ändern, wenn man den Tamiami Trail von Westen nach Osten fährt anstatt umgekehrt.
Es war also das Jahr 1923, die Straße durch die Everglades wurde gerade gebaut, um eine Ost-West-Verbindung in Südflorida zu schaffen. Mehr zu den Anfängen gibt es später, nämlich an jenem Ort, wo die Entscheidungen getroffen wurden, die zum Einsatz dieser Maschine führten.
Die Monster-Maschine war aber nicht allein. Einst gab es mehrere Walking Dredges, die am Tamiami Trail eingesetzt wurden und so den Bau der Straße beschleunigten. Unermüdlich gruben sich die Maschinen durch den Sumpf, um das Geröll, das durch das Sprengen des Kalksteins entstanden ist, aus dem Weg zu räumen.
Der Sumpf hier, das ist der Big Cypress Swamp. Heute ein Naturschutzgebiet, wurde er einst von den Caloosa Indianern bewohnt und ist noch heute die Heimat der Seminolen, einem Stamm, der in Südflorida ansässig ist. Der Sumpf ist reich an Tier- und Pflanzenwelt. Dazu zählt auch die Zypresse, die den Namen „wood eternal” – ewiges Holz, trägt. Es wird gesagt, sie sei die älteste noch immer existierende Pflanze der Erde.
Ich fahre ein Stück weiter in den Park hinein und komme zu diesem Haus, von dem ich leider nur das Erdgeschoss anschauen kann, in dem außer ein paar Fotos nichts weiter zu sehen ist. Das Gebäude selbst wurde 1940 als Wohnsitz für den Parkaufseher erbaut.
Nur ein paar Meter weiter wurde dem Mann ein Denkmal gesetzt, der hier so viel geschaffen hat – Barron Collier. Auch der Park selbst ist dem wohlhabenden Geschäftsmann zu verdanken, der hier eigentlich einen National Park schaffen wollte, um einen Teil des ursprünglichen Floridas zu erhalten. Der Staat lehnte jedoch ab und so wurde zuerst ein County Park und ab 1944 der State Park eingerichtet.
Barron Collier kam aus Memphis, wo er mit sechzehn Jahren die Schule abgebrochen hatte und zuerst für eine Eisenbahngesellschaft arbeitete. Später startete er sein erstes eigenes Geschäft. Nach Florida kam Collier zum ersten Mal 1911 und verliebte sich in die Westküste des Staates. Über die Jahre kaufte er immer mehr Land auf, das vielen zuerst wertlos erschien, durch die immer weiter fortschreitende Besiedlung aber über kurze Zeit immens an Wert gewann. So wurde Barron Collier zum größten Landbesitzer und Bauherrn in Florida und hatte schließlich auch das nötige Kapital, um den Tamiami Trail fertigzustellen. Als Lohn verlangte er vom Staat übrigens keinen Cent, nur ein County wurde aus dem schon existierenden Lee County abgetrennt und nach ihm benannt. Collier County existiert noch heute und beherbergt einige der nobelsten und teuersten Adressen in Florida.
Ich gehe noch ein Stück weiter und treffe auf einen kleinen Nachbau einer Seminole Siedlung. Sie Seminole Indianer bauten Anfang des 20. Jahrhunderts kleine Siedlungen neben dem neuen Tamiami Trail, um den vorbeifahrenden Touristen Handwerksarbeiten zu verkaufen oder kleine Alligatorenshows vorzuführen. Noch heute gibt es solche Orte an der Straße, doch sind sie inzwischen weitaus professioneller aufgebaut, seitdem sich die Seminole und die Miccosukee in festen Siedlungen niedergelassen haben. Auch Kanus wie dieses verloren dadurch ihre Bedeutung, nachdem die Stämme Tausende von Jahren damit durch die Sümpfe navigiert waren.
Die Straße durch den Park führt noch weiter und endet schließlich an einem Bootsanleger mit großem Parkplatz. Hier können private Boote zu Wasser gelassen werden, um die Sümpfe zu erkunden. Auf der anderen Seite des Anlegers startet ein kleiner Wanderweg, der Royal Palm Hammock.
Ich folge dem Pfad eine Weile durch das tropische Unterholz, entschließe mich dann aber umzukehren. Die ganze Runde soll 45 Minuten dauern und ich will ja heute noch nach Miami kommen, sodass ich nicht zu viel Zeit vertrödeln will.
Nachdem ich den Park verlassen habe, folge ich wieder dem Tamiami Trail. An der einzigen großen Kreuzung, die es hier draußen in der Wildnis noch gibt, biege ich jedoch noch einmal ab. Die Straße führt zuerst nach Everglades City und anschließend nach Chokoloskee. Vor Jahren war ich schon einmal hier und habe eine Tour durch die Sümpfe gemacht sowie der Smallwood Store besucht. Der historische Laden wurde, wie die gesamte Gegend, im Jahr 2017 heftig von Hurrikan Irma getroffen, doch inzwischen ist zumindest hier nur noch wenig davon zu sehen.
Bereits seit 1906 gibt es das von Ted Smallwood gegründete Geschäft, das die Menschen am Rande der Zivilisation mit allem versorgte, was sie zum Leben so brauchten. Heute ist der Laden mehr Museum denn Geschäft, obwohl schon noch einige Souvenirs verkauft werden.
Während der Smallwood Store selbst wieder geöffnet ist, sehe ich an vielen anderen Stellen noch immer die Zerstörungen des Hurrikans. Auch das Dock für die Bootstouren existiert nicht mehr und muss erst wieder aufgebaut werden. So folge ich der Straße zurück zum Tamiami Trail, der mich nun nach Ochopee, wo sich das kleinste Postamt des Landes befindet – ein Ort, an dem ich jedes Mal halte, wenn ich hier vorbeikomme.
Einige Meilen weiter biegt die Loop Road ab. Sie führt als ungepflasterte Straße durch das Big Cypress National Preserve, doch die Geschichte dieses Stückchens Straße durch die Sümpfe begann schon viel früher.
Es war im Jahr 1915, als James Franklin Jaudon, ein wohlhabender Geschäftsmann und Landbesitzer aus Miami, auf die Idee kam, eine Straße in Ost-West-Richtung durch die Sümpfe zu bauen und so Floridas Ost- mit der Westküste zu verbinden. Mit seiner Firma baute er bereits einige Jahre von Miami aus an der Straße, bis er zu jener Ecke kam, an der heute die Loop Road beginnt, oder in meinem Fall endet, weswegen ich den Rest der Geschichte auch später erzählen werde. Zuerst einmal nehme ich das erste Stück der Straße unter die Räder.
Die Loop Road fährt man nämlich nicht wegen der Strecke an sich, sondern wegen der Möglichkeit viele Tiere aus dem Auto sehen zu können. Das gelingt manchmal mehr und manchmal weniger. Ich bin die Straße schon mehrmals gefahren und heute ist die Ausbeute eher mittelmäßig.
Was ich besonders vermisse, sind die Alligatoren, die ich auf früheren Touren zuhauf gesehen habe. Doch dann entdecke ich tatsächlich noch einige im Unterholz.
Aber zurück zur Loop Road. Die Straße führt ganze 24 Meilen durch die Sümpfe und sollte eigentlich Teil des Tamiami Trails sein. An einer Stelle wurde die Siedlung Pinecrest gegründet, die sogar zu einem neuen Miami wachsen sollte. Es war das Jahr 1921, sechs Jahre nach seiner Idee zur Straße, als James Franklin Jaudon und sein Chevelier Corporation an diese Stelle gelangten und die Straße zuerst als Piste durch die Sümpfe schlugen. Doch 1923 ging der Firma das Geld aus. Das war der Zeitpunkt, der Barron Collier auf den Plan rief, dessen Geschichte ich zuvor im State Park gelernt habe. Da Collier das Geld für den restlichen Bau zur Verfügung stellte, ließ er die Straße auf einer anderen Trasse zu Ende bauen und die Loop Road wurde so nicht mehr gebraucht.
Am Ende der Straße, zumindest wenn man wie ich von Westen startet, liegt das verschlafene Nest Pinecrest, das aus nicht viel mehr als ein paar Häusern besteht. Ja genau, das Pinecrest, das einst Miami Konkurrenz machen sollte. Doch genauso wie die Loop Road verfiel auch der Ort in eine Art Dornröschenschlaf, nachdem der Chevelier Corporation das Geld ausgegangen war.
Schließlich trifft die Loop Road wieder auf den Tamiami Trail, dem ich nun fast schnurgerade bis nach Miami folge. Am späten Nachmittag erreiche ich schließlich die Stadt und fahre direkt nach Downtown, wo ich ein Hotel gebucht habe.
In Miami gibt es jedes Jahr zwei Silvesterpartys, eine in Downtown und eine in South Beach. Ich habe mich für Downtown entschieden und hier das W Miami gebucht, allerdings nicht mit Bargeld, sondern mit Punkten, die einen enorm guten Gegenwert hatten, denn am heutigen Abend verlangte das Hotel rund 900 Dollar für ein Zimmer. Auch die umliegenden Häuser waren nicht günstiger und da ich gerne zu Fuß zum Feuerwerk wollte, um den Verkehr zu vermeiden, fiel die Wahl auf dieses Hotel.
Das Hotel befindet sich auf den unteren Etagen eines Hochhauses, in dem sich sonst noch Eigentumswohnungen befinden. Es gehörte ursprünglich zu einer asiatischen Kette, was man noch deutlich an der Ausstattung sehen kann. Inzwischen wurde es jedoch von Marriotts Marke W Hotels übernommen.
Ich bekomme ein cooles Zimmer im asiatischen Stil, das sogar über einen kleinen Balkon verfügt. Hier fühle ich mich sofort wohl und werde sicherlich einen tollen Aufenthalt haben.
Das Abendessen fällt dagegen heute recht knapp aus, denn ein Restaurant mag ich nicht aufsuchen. Dafür laufe ich zwei Blocks zum nächsten Publix, um mir einiges einzukaufen.
Nach dem Essen ruhe ich mich noch ein wenig auf meinem Zimmer aus und beobachte das Treiben auf den Straßen Miamis von meinem Balkon.
Schließlich wird es Zeit zum Bayfront Park zu laufen, wo die große öffentliche Silvesterparty stattfindet. Ich hätte auch Zutritt zur Party des Hotels am Pool auf dem Dach, doch ich will lieber im Park feiern, da mir das mehr zusagt. Rund zehn Minuten laufe ich, dann bin ich schon da. Das ist wirklich Klasse, denn Parkplätze sind hier heute Abend Mangelware und es werden bis zu achtzig Dollar für einen Stellplatz verlangt. Gut, im Hotel langen sie auch ordentlich zu, aber immerhin kostet es nicht mal die Hälfte und das ist auch das Einzige, was ich bezahlen muss.
Am Bayfront Park angekommen, sehe ich dann auch gleich das Highlight der Silvesterparty, die Big Orange, die sich an der Fassade des Intercontinental Hotels befindet. Wo New York seinen Ball Drop hat, hat Miami um Mitternacht seine Orange. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich doch viel lieber hier unter Palmen und bei knapp zwanzig Grad im Gras sitze, denn im dichten Gedränge am Times Square im eiskalten New York zu stehen.
Unter der Orange läuft übrigens der Countdown bis Mitternacht. Und während Familie und Freunde in Deutschland längst das neue Jahr begrüßt haben, habe ich noch etwas mehr als eine Stunde Zeit bis zum großen Feuerwerk.
So schaue ich mich dann erst einmal ein bisschen auf dem Partygelände um, wo es kleine Konzerte und jede Menge Stände mit Leckereien gibt. Es ist eine schöne und entspannte Atmosphäre mit vielen Familien und Einheimischen, die unterwegs sind. Das gefällt mir sehr gut, denn so ein rein touristisches Event wollte ich nicht besuchen.
Schließlich steigt die Spannung, denn es sind nur noch Minuten bis Mitternacht. Die Menschen suchen sich einen guten Platz, um die Orange und das Ufer im Auge zu haben, wo gleich das Feuerwerk abgeschossen wird.
In den letzten Sekunden vor Mitternacht schauen dann alle gebannt auf den Countdown unter der Orange, was für mich das Filmen etwas erschwert. So konnte ich partout keinen Platz finden, um die Fassade ordentlich ins Bild zu bekommen, weswegen leider nur die Hochkantvariante blieb.
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Genau um Mitternacht startet dann das große Feuerwerk direkt über dem Hafen von Miami. Ganz in der Ferne kann ich sogar noch die Raketen vom Feuerwerk in South Beach erkennen.
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Nach dem Feuerwerk mache ich mich dann so langsam auf den Weg zurück ins Hotel. Dank meiner Unterkunft ganz in der Nähe ist das auch kein großes Problem. Was bin ich froh, jetzt nicht noch fahren zu müssen, denn momentan sind die Straßen ziemlich verstopft, weil viele Leute wieder nach Hause wollen.
Meilen: 190
Wetter: heiter, 75–86 F
Hotel: W Miami Hotel