Fun in the Sun – Silvester in Florida

Tag 2: Frei­tag, 28. Dezem­ber 2018
Visi­ting the Past – Tampa

„A bad day in Flo­ri­da is still bet­ter than a good day any­whe­re else.” – anonym

Mein erster Mor­gen in Flo­ri­da – ein­fach schön, wie­der hier zu sein. Das Wet­ter passt auch und so hält es mich nicht lan­ge im Hotel. Ich packe mei­ne Sachen und auf geht es. Weit muss ich aber nicht, denn ich blei­be heu­te noch in der Tam­pa Bay Area. Für mich geht die Fahrt zuerst aber noch­mal zum Flug­ha­fen, denn ich will wis­sen, ob sich mein Gepäck end­lich ange­fun­den hat. Die Aus­kunft der Hot­line war da nicht sehr ergiebig.

Heu­te ist eine net­te Dame da, kein Ver­gleich zu dem Stink­stie­fel von gestern, die sich mei­nen Fall gleich anschaut. Inzwi­schen sta­peln sich vor dem Büro des Lost and Found die Kof­fer, die wohl beson­ders aus Dal­las gekom­men sind. Nach kur­zem Blick in den Com­pu­ter führt sie mich durch die Rei­hen von Gepäck und meint, ich sol­le ein­fach mal Aus­schau hal­ten, dann gin­ge es schnel­ler, als wenn wir war­ten, bis das alles sor­tiert ist. Und tat­säch­lich, ganz hin­ten, steht mein Kof­fer. Zu allem Über­fluss stel­len wir fest, dass er gestern schon da war, sogar vor mir. Er ist näm­lich auf dem Flug mit­ge­flo­gen, auf dem ich kei­nen Sitz mehr bekom­men habe. Der Mit­ar­bei­ter gestern hat mir anschei­nend wirk­lich nicht zuge­hört und war ein­fach davon aus­ge­gan­gen, dass ich auch zu den Pas­sa­gie­ren aus Dal­las gehö­re. Nun ja, Ärgern hilft nicht mehr, son­dern lie­ber freu­en, denn es ist ja kein wirk­li­cher Scha­den ent­stan­den und ich kann nun ganz ent­spannt mei­ne Rei­se star­ten. Die beginnt mit einer Fahrt nach Ybor City, um dem dor­ti­gen Sta­te Park einen Besuch abzustatten.

Das Sta­te Park Muse­um befin­det sich in der ehe­ma­li­gen Fer­li­ta Bak­ery, der wahr­schein­lich älte­sten Bäcke­rei in den USA, die kuba­ni­sches Brot her­stell­te. Gegrün­det wur­de sie 1896 durch den Ein­wan­de­rer Fran­cis­co Fer­li­ta, der ita­lie­ni­sche, spa­ni­sche und kuba­ni­sche Wur­zeln hat­te. Das heu­ti­ge Gebäu­de wur­de, wie die Jah­res­zahl am Gie­bel erzählt, 1923 erbaut, denn ein Jahr zuvor wur­de die erste Bäcke­rei durch ein Feu­er zer­stört. Fer­li­ta aber bau­te sein Geschäft wie­der auf. Dies­mal grö­ßer und bes­ser als zuvor. Erst 1973 wur­de das Geschäft geschlos­sen und kur­ze Zeit spä­ter als Muse­um wie­der eröffnet.

Doch Brot ist es nicht, wofür Ybor City bis weit über die Stadt­gren­zen hin­aus bekannt war, denn Ybor City war einst die Welt­haupt­stadt der Zigar­ren­in­du­strie. Es war das Jahr 1886, als die erste Zigar­ren­fa­brik in Tam­pa eröff­ne­te. Kur­ze Zeit vor­her kam Don Vicen­te Mar­ti­nez Ybor an die­sen Ort, der sei­ner­zeit nicht viel mehr als ein Sumpf mit eini­gen Nadel­wäl­dern war. Mit der Eröff­nung der ersten Fabrik ent­stand jedoch eine Indu­strie, die in den näch­sten fünf­zig Jah­ren meh­re­re hun­dert Mil­lio­nen Zigar­ren jähr­lich her­stel­len sollte.

An sol­chen Tischen saßen die Arbei­ter und roll­ten die exklu­si­ven Zigar­ren. Es war eine gut bezahl­te Arbeit, sodass Tam­pa in nur zwan­zig Jah­ren von einem klei­nen Dorf zu einer flo­rie­ren­den Groß­stadt anwuchs.

Aber natür­lich ist im Muse­um auch der Ofen zu sehen, in dem die Fer­li­ta Bak­ery einst das kuba­ni­sche Brot herstellte.

Zum Muse­um gehört ein klei­ner Gar­ten, in dem die Blu­men­scha­len jedoch von recht eigen­wil­li­gen Gästen bela­gert werden. 😀

Neben der Bäcke­rei gibt es eine klei­ne Ansamm­lung von Häu­sern, wie sie einst die Arbei­ter der Zigar­ren­in­du­strie bewohn­ten. Eines der Gebäu­de kann auch besich­tigt wer­den, jedoch nur mit einer Füh­rung, die bei mei­nem Besuch lei­der nicht statt­fand. So bleibt mir nur ein Blick von draußen.

So lang­sam ist Mit­tags­zeit und ich suche etwas zum Lunch. Da sehe ich einen Culver’s, den ich damals in Wis­con­sin ken­nen und lie­ben gelernt habe. So ist mei­ne Wahl für heu­te getrof­fen und es ist ein­fach wie­der rich­tig lecker.

Über Mit­tag zieht es sich immer mehr zu, auch wenn die Son­nen nicht ganz ver­schwin­det. So ent­schei­de ich mich nach Lar­go zu fah­ren, das sich auf der ande­ren Sei­te der Tam­pa Bay befin­det. Die Fahrt ist immer wie­der spek­ta­ku­lär, denn die Stra­ßen füh­ren hier über lan­ge Brücken, deren ande­res Ende man meist nur erah­nen kann. Schließ­lich errei­che ich das Heri­ta­ge Vil­la­ge, das einen klei­nen Ein­blick in das alte Flo­ri­da vor rund 100 Jah­ren gibt.

Mein Weg führt mich zuerst ins Besu­cher­zen­trum, denn hier soll es eine Kar­te der Anla­ge geben. Das Are­al ist immer­hin ein­und­zwan­zig Hekt­ar groß. Außer­dem gibt es hier die kosten­lo­sen Tickets für das Seven Gab­les Hou­se, das ein­zi­ge Gebäu­de, das ich nicht auf eige­ne Faust anschau­en kann. Mit Ticket und Kar­te in der Hand, schaue ich mich dann gleich noch ein biss­chen im ange­schlos­se­nen Muse­um um, das eine Ein­füh­rung in die Zeit des alten Flo­ri­das gibt.

Dann wird es auch schon Zeit für mich zum Seven Gab­les Hou­se zu gehen, denn natür­lich möch­te ich nicht mei­ne Start­zeit für die Füh­rung verpassen.

Das Haus im Queen Anne Stil wur­de 1907 erbaut und befand sich ursprüng­lich auf einer Klip­pe über der Bucht. Um es vor dem Abriss zu schüt­zen, wur­de jedoch 1976 der Umzug not­wen­dig. Dazu wur­de das Gebäu­de auf ein Floß gela­den und so von Cle­ar­wa­ter zu sei­nem jet­zi­gen Stand­ort verschifft.

Das Haus steht noch heu­te so, wie es Besu­cher schon immer zu Gesicht beka­men. Die Haus­tür befin­det sich auf der Rück­sei­te, die in Rich­tung Land zeig­te. Die Front über­blick­te das Wasser.

Da das Haus wäh­rend der fast sieb­zig Jah­re, die es an der Cle­ar­wa­ter Bay stand, ver­schie­de­ne Funk­tio­nen hat­te, sind kei­ne ori­gi­na­len Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de mehr vor­han­den. Alle drei­zehn Räu­me sind jedoch heu­te wie­der mit Mobi­li­ar aus jener Zeit ein­ge­rich­tet, das lie­be­voll zusam­men­ge­tra­gen wurde.

Nach die­ser schö­nen und kurz­wei­li­gen Füh­rung set­ze ich mei­ne Tour über das Gelän­de auf eige­ne Faust fort. Das näch­ste Gebäu­de, das ich besu­che, ist das Plant Hou­se. Benannt ist es nach Hen­ry Plant, dem Eisen­bahn­ma­gna­ten. Er ließ Häu­ser wie die­ses für eini­ge sei­ner Mit­ar­bei­ter erbauen.

Auch wenn das 1890 erbau­te Haus mit sei­nen sie­ben Zim­mern recht ein­fach aus­sieht, so hat­te es doch einen Luxus zu bie­ten, den zu jener Zeit nur weni­ge Wohn­häu­ser in Flo­ri­da hat­ten. Es gab elek­tri­schen Strom, flie­ßen­des Was­ser und ein­ge­bau­te Badezimmer.

Ein wei­te­res histo­ri­sches Gebäu­de ist die Safe­ty Har­bor Chruch. Die 1905 erbau­te Kir­che über­leb­te zwei Hur­ri­ka­ne und wird noch heu­te manch­mal für Hoch­zei­ten genutzt.

Gleich neben­an befin­det sich eine 1980 erbau­te Replik des Wil­liams Park Band­stand aus St. Peters­burg, der dort ursprüng­lich 1894 errich­tet, aber spä­ter wie­der abge­ris­sen wurde.

Eine sehr wich­ti­ge Indu­strie der Regi­on war neben den Zigar­ren der Han­del mit Schwäm­men. Der gebür­ti­ge Grie­che Dro­sos Ala­hu­zos eröff­ne­te in die­sem Gebäu­de 1930 sein Geschäft, das ab 1955 von Geor­ge Kou­sa­le­os und sei­ner Gulf of Mexi­co Spon­ge Com­pa­ny bis in die 1970er Jah­re wei­ter­ge­führt wurde.

Im Gegen­satz zu den ande­ren Gebäu­den ist der McK­ay Creek Boat Shop kein histo­ri­sches Haus. Er wur­de erst 2015 ein­ge­weiht, um Ver­bin­dung der Regi­on zum Was­ser zu erzäh­len. Schon immer wur­den in Flo­ri­da in klei­nen Werf­ten Boo­te gebaut, mit denen die unzäh­li­gen Kanä­le und Gewäs­ser befah­ren wer­den konnten.

Das Moo­re Hou­se ist hin­ge­gen wie­der ein histo­ri­sches Gebäu­de, das einst das Zuhau­se der Fami­lie Moo­re war. Geor­ge Washing­ton und Fran­ces Moo­re kamen 1875 aus Ken­tucky auf die Pinellas Halb­in­sel, um näher bei den Eltern zu sein. Sie bau­ten sich die­ses Haus und zogen auf ihrer klei­nen Farm fünf Kin­der groß.

Das klei­ne gel­be Gebäu­de, das heu­te fast neben­an steht, wur­de ursprüng­lich 1915 auf dem Gelän­de der Uni­on Aca­de­my in Tar­pon Springs errich­tet und war die erste soge­nann­te „Negro School” in Pinellas County.

Auf mei­nem wei­te­ren Weg kom­me ich am 1888 erbau­ten Lowe Hou­se vor­bei, das schon zwei Mal in sei­nem Leben umge­zo­gen ist. 1970 wur­de es zuerst Teil der Tam­pa Histo­ri­cal Socie­ty, bevor es 1988 hier­her nach Lar­go kam. Das Haus ist nicht ein­ge­rich­tet und beher­bergt im Erd­ge­schoss eine klei­ne Ausstellung.

Für mich ein abso­lu­tes High­light des Muse­ums ist der H.C. Smith Store. Im Jahr 1915 wur­de das Gebäu­de an der Ecke 6th Ave­nue und 5th Street South in St. Peters­burg erbaut und dien­te dort als Lebens­mit­tel­ge­schäft und Werk­statt. Nach einem Ver­kauf an die Stadt kam es 1988 auf das Gelän­de Muse­ums und wur­de hier lie­be­voll restauriert.

Neben Werk­statt und Tank­stel­le zeigt der klei­ne Laden, dass frü­her oft fast alles in einem Gebäu­de zu bekom­men war. So gibt es neben der Laden­the­ke einen Fri­seur und ein Postamt.

Das 1915 erbau­te Wal­sing­ham Hou­se zeigt eigent­lich eine kom­plett restau­rier­te Arzt­pra­xis aus der Zeit von vor hun­dert Jah­ren, war jedoch wäh­rend mei­nes Besuchs lei­der geschlossen.

Dahin­ter befin­den sich noch wei­te­re Gebäu­de, die erst kürz­lich ihren Weg hier­her gefun­den haben und gera­de reno­viert wer­den. So keh­re ich um und lan­de als Näch­stes am alten Bahn­hof von Sulp­hur Springs. So wie die­ser sahen einst unzäh­li­ge klei­ne Sta­tio­nen ent­lang der Bahn­li­ni­en aus, die fast alle längst ver­schwun­den sind.

Rich­tig als, zumin­dest wenn man von der Besied­lung Süd­flo­ri­das aus­geht, ist die McMullen-​Coachman Log Cabin. Bereits 1852 wur­de das ein­fa­che Wohn­haus erbaut, das ein typi­sches Bei­spiel aus der Pio­nier­zeit in Flo­ri­da ist.

Nur wenig jün­ger ist das Boy­er Cot­ta­ge aus dem Jahr 1878, das ursprüng­lich am Anclo­te River in Spring Bayou als „Honey­moon Cot­ta­ge” erbaut wur­de und nie­mals elek­tri­schen Strom oder flie­ßen­des Was­ser bekam, sodass es noch ori­gi­nal erhal­ten ist.


Als Letz­tes stop­pe ich noch an der 1912 erbau­ten Har­ris School, die bis 1923 als sol­che genutzt wur­de. Die­ses Gebäu­de ist jedoch eine Replik und wur­de 1987 anläss­lich des 75. Grün­dungs­ta­ges von Pinellas Coun­ty ein­ge­weiht. Heu­te fin­den hier Ver­an­stal­tun­gen für Kin­der statt.

Was für ein schö­ner Nach­mit­tag das doch war. Hier bin ich wirk­lich voll auf mei­ne Kosten gekom­men. Die Aus­stel­lun­gen sind lie­be­voll gemacht und wer­den von vie­len Ehren­amt­li­chen gepflegt. Ich blei­be bis zur Schließ­zeit, bevor ich wei­ter fahre.

Mein Hotel für heu­te Nacht befin­det sich nun auch ganz in der Nähe. Bei mei­ner Recher­che nach Unter­künf­ten bin ich auf das Fen­way Hotel gesto­ßen und da ich histo­ri­sche Hotels lie­be, ist mei­ne Wahl dar­auf gefal­len. Das Haus liegt direkt am Was­ser und hat nach einer umfang­rei­chen Sanie­rung gera­de neue eröff­net. Seit­dem gehört es zur Auto­graph Coll­ec­tion von Mar­riott, sodass ich hier sogar Sta­tus Vor­tei­le und Punk­te bekomme.

Am Abend bre­che ich heu­te noch­mals auf, denn so kurz nach Weih­nach­ten sind noch vie­le der Lich­ter­shows zu sehen. So auch im Flo­ri­da Bota­ni­cal Gar­den, der sich nach Ein­bruch der Dun­kel­heit in ein Lich­ter­meer ver­wan­delt. Doch wäh­rend es sol­che Shows natür­lich nicht nur in Flo­ri­da gibt, hat die­se einen ent­schei­den­den Vor­teil, die Tem­pe­ra­tu­ren. Hand­schu­he und Win­ter­man­tel kön­nen getrost zu Hau­se bleiben.

Über eine Mil­li­on Lich­ter ver­wan­delt den Gar­ten in eine abso­lu­te Augen­wei­de. Ein Rund­weg führt mich zu den schön­sten Instal­la­tio­nen, die über das Gelän­de des Flo­ri­da Bota­ni­cal Gar­den ver­teilt sind. Der Bota­ni­sche Gar­ten zeigt tags­über eigent­lich die ver­schie­de­nen Pflan­zen, die in die­ser Regi­on hei­misch sind, doch zur Weih­nachts­zeit ver­wan­delt er sich seit fast zwan­zig Jah­ren in ein Lichtermeer.

Im Zen­trum des Gar­tens gibt es dazu noch musi­ka­li­sche Auf­füh­run­gen sowie ver­schie­de­ne Stän­de, an denen Spei­sen und Geträn­ke ange­bo­ten werden.

Nach rund zwei Stun­den habe ich alles gese­hen und foto­gra­fiert und keh­re nach die­sem schö­nen Abschluss eines tol­len Tages zufrie­den zurück in mein Hotel.

Mei­len: 91
Wet­ter: hei­ter bis wol­kig, 75–85 F
Hotel: Fen­way Hotel, Auto­graph Coll­ec­tion, Dunedin

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