Tag 9: Freitag, 04. Januar 2019
Art in the Garden – Miami nach Vero Beach
„Miami will always be special to me.” – Christian Yelich
Als ich am Morgen die Vorhänge zurückziehe, ist zur Abwechslung mal kein blauer Himmel zu sehen. Es gibt einige Wolken und die Sonne ist auch noch nicht aufgegangen. Die Wolken sind die Vorboten einer Kaltfront, die Florida gerade überzieht. Wobei kalt auch relativ ist, denn eigentlich war es in der letzten Woche überdurchschnittlich warm, selbst für diese Region.
Aber da ich das Wetter sowieso nicht ändern kann, genieße ich einfach mal den Ausblick aus meinem Zimmer im 23. Stock. Aus dieser Höhe sieht der Anbruch eines neuen Tages auch mal interessant aus.
Schließlich taucht die Sonne aus dem Meer auf. Ein magischer Moment, mit dem ich, aufgrund der Wolken, so gar nicht gerechnet habe.
Als die Sonne dann immer höher klettert, mache ich mich für den Tag fertig. Ich will gerade zum Frühstück, da klingelt mein Telefon. Es ist der Veranstalter der Bootstour, die ich heute gebucht habe. Leider müssen sie absagen. Man könne mich umbuchen oder das Geld erstatten. Ich wähle die Erstattung, denn Umbuchen klappt leider nicht, da die nächste Tour erst in fünf Tagen stattfindet. So bin ich dann doch etwas traurig, denn ich hatte gehofft, Stiltsville, die Holzhaussiedlung mitten im Ozean, endlich mal aus der Nähe sehen zu können.
Mit etwas schlechter Laune fahre ich so in den 25. Stock, wo sich das Restaurant befindet, in dem ich mein Frühstück bekomme. Als man mich fragt, ob ich drinnen oder draußen frühstücken will, bin ich dann doch etwas überrascht und wähle natürlich draußen. So werde ich auf eine kleine Terrasse geführt, die einen fantastischen Ausblick hat. Das hebt meine Laune doch gewaltig an. Das Frühstück ist dann auch sehr lecker. Ich wähle kubanisches Brot mit Eggs Benedict und Pulled Pork.
Am späten Vormittag wird es schließlich Zeit meine Sachen zu packen und weiterzufahren. Ich entscheide mich gegen den Interstate und wähle die A1A, die Küstenstraße, die sich durch ganz Florida am Atlantik entlangzieht. Die Fahrt ist schon immer wieder schön, auch wenn man das Wasser nicht immer zu Gesicht bekommt, da an der Küste Hotels oder Wohnhäuser den Blick versperren.
Schließlich erreiche ich Pompano Beach, wo ich mir das Sample-McDougald House anschauen möchte. Das geht heute zwar leider nur von außen, aber ich will den Stopp trotzdem einlegen.
Die historische Villa wurde 1916 erbaut, stand aber ursprünglich an anderer Stelle. Um es zu erhalten, wurde das Haus 2001 an diese Stelle versetzt und als Museum eröffnet.
Für den weiteren Weg nach Norden wähle ich dann doch den Interstate, da die Fahrt sonst einfach zu lange dauert und ich noch etwas vorhabe. Viele Orte an der Atlantikküste lasse ich heute links liegen, denn ich habe sie alle schon mehrmals besucht. In meinen Reiseberichten Viva Florida 500 und New Tales from the South habe ich einige der Orte vorgestellt. Mein Ziel heute ist Vero Beach, wo ich nicht nur übernachten werde, sondern noch den McKee Botanical Garden besuchen will. Der Garten hat zwar auch eine ganze Menge Geschichte zu bieten, doch der Hauptgrund für den heutigen Besuch ist ein anderer.
Schon auf dem Parkplatz des Botanischen Gartens sind erste tolle Pflanzen wie dieser Banyan Tree zu sehen.
Auch einige Skulpturen und einen Baumstumpf mit Geschichte kann ich entdecken.
Schließlich entdecke ich noch eine weitere Skulptur und die gehört zu der Ausstellung, die ich hier besuchen möchte. Derzeit stellt der Künstler Seward Johnson hier seine Werke aus. Und da ich seit einigen Jahren ein Fan bin und schon einige Ausstellungen Johnsons gesehen habe, möchte ich natürlich diese Gelegenheit nicht verpassen.
Ersteinmal zahle ich allerdings am Eingang meinen Eintritt für den Botanischen Garten, der bereits seit fast hundert Jahren existiert.
Hinter dem Eingang entdecke ich dann gleich drei weitere Skulpturen von Seward Johnson.
Dann tauche ich erst einmal ein bisschen tiefer in die Geschichte des Gartens ein. Es war das Jahr 1922 als Arthur McKee und Waldo Sexton, die in Florida Wohngebiete entwickelten, ein 32 Hektar großes Stück Land mit tropischem Bewuchs kauften, um hier Zitruspflanzen anzubauen. Sie fanden aber, dass da Land zu schön sei, um es damit zu zerstören und entschlossen sich, einen Park anzulegen. Der Park trug den Namen McKee Jungle Gardens und öffnete 1932 seine Pforten.
Die Hall of Giants, die heute noch erhalten ist, wurde 1941 erbaut. Das Gebäude wurde nach einem polynesischen Zeremonienort entworfen und ist extra darauf zugeschnitten, den größten Mahagoni Tisch der Welt unterzubringen.
Und der steht auch heute noch genau dort, wo er nach der Fertigstellung platziert wurde.
Das Gebäude wurde aber auch für alle Arten von Feierlichkeiten und Events genutzt und hat so manches rauschende Fest gesehen.
Nebenan gibt es sogar eine offene Küche, in der viele Speisen für die Veranstaltungen zubereitet wurden.
Und hier komme ich dann auch wieder zu den Seward Johnson Skulpturen zurück, die überall im Garten aufgestellt wurden.
Ich folge einem Pfad durch den Garten und es macht Spaß, immer wieder nach den Figuren Ausschau zu halten, die meist wie dem Leben entsprungen wirken.
In der Mitte des Gartens durchzieht ein großes Gewässer die Anlage, das kleine Buchten und versteckte Plätze formt.
Einer der bekanntesten Orte des Gartens ist die alte Steinbrücke, die auch gern für Fotos genutzt wird. Nachdem der Garten 1976 zuerst wegen schwindender Besucher geschlossen wurde, verschwand auch die Brücke im Dickicht, wurde aber in den 1990er Jahren während der Restaurierung wiederentdeckt.
Leider hat der traumhafte Garten heute nicht mehr seine originale Größe, denn nach der Schließung wurden Teile des Landes verkauft und darauf Wohnblöcke gebaut. Nur das Herzstück der Anlage ist so heute noch zu sehen, nachdem es wiederentdeckt und vor der endgültigen Zerstörung gerettet wurde.
Ich laufe weiter und komme durch ein Gebiet mit chinesischen Fächerpalmen, die fast ein Dach über dem Weg bilden. Diese schnell wachsende Pflanze hat sich aus einzelnen Samen über die Jahre verbreitet und inzwischen gibt es einen ganzen Fächerpalmenwald.
Neben den Skulpturen von Seward Johnson, die nur während der Ausstellung zu sehen sind, verfügt McKee Gardens auch über eigene Kunstwerke. Die Skulptur „Tower” wurde 1979 von Hans Godo Fräbel geschaffen und ist seine Version des Turmbaus zu Babel.
Verschlungen winden sich die Wege durch den Garten, der in Teilen dicht mit tropischen Pflanzen bewachsen ist. Durch die vielen Windungen fühle ich mich oft allein, denn andere Besucher sind so kaum zu sehen. Nur die Vögel zwitschern in den Bäumen und ab und zu huscht ein Gecko über den Pfad.
Während es im Herzen des Gartens den großen Teich gibt, stoße ich nun auf ein Netz von kleinen Wasserwegen, das der Irrgarten des Wassers genannt wird. Verschlungen windet sich der Wasserlauf hier durch die tropische Vegetation und wird immer wieder von kleinen Brücken überspannt.
Ein noch relativ neues Bauwerk ist dagegen der Bambus Pavillon. Er wurde erst 2002 errichtet und ist das erste Bauwerk, das ganz aus Bambus errichtet wurde und dafür in den USA eine offizielle Genehmigung erhalten hat. Der Bambus kommt aus der südamerikanischen Andenregion und das Gebäude wurde von kolumbianischen Arbeitern gebaut.
Bambus gibt es im Garten aber auch in seiner natürlichen Form zu sehen. Die Pflanze, die in fast allen tropischen Gegenden der Erde wächst, ist ein Überlebenskünstler. Es gibt Arten, die in einem Tag bis zu einem Meter wachsen können und das Holz ist als Baumaterial gut zu gebrauchen.
Schließlich gelange ich zum Folly, einem Bauwerk, das einer Ruine ähneln soll. Besonders in europäischen Schlossgärten wurden solche Bauwerke in den vergangenen Jahrhunderten gern angelegt. Sie gleichen verfallen Gebäuden, die es in Wirklichkeit nie gab. Hier im Garten ist die Ruine auch noch dekorativ von Pflanzen überwuchert.
Am Ende meines Rundgangs, der im Uhrzeigersinn durch den Garten führte, gelange ich noch einmal zu einem Highlight, dem Royal Palm Grove. Die Königspalme ist in Florida heimisch und kann bis zu dreißig Meter hoch werden. Damit ist sie die größte Palmenart der Welt. Diese Allee wurde 2002 angelegt, um an den Palmenwald zu erinnern, der einst im Jungle Garden von Mckee existierte.
Unter den Palmen ist dann auch die größte Skulptur der Seward Johnson Ausstellung zu sehen, Unconditional Surrender. Das inzwischen wohl bekannteste Werk des Künstlers wurde inzwischen mehrmals kopiert und ist unter anderem am Hafen von San Diego und am Tamiami Trail in Sarasota zu finden.
Zur Schließzeit verlasse ich den McKee Botanical Garden, der mir sehr gut gefallen hat. Auch ohne die Ausstellung ist er ein richtiges Kleinod, das einen Besuch lohnt. Ich habe es nun nicht mehr weit bis zum Hampton Inn, das ich für heute Nacht reserviert habe. Nachdem ich mein Zimmer bezogen und das Gepäck ausgeladen habe, fahre ich noch zu Bob Evans, wo ich heute zu Abend esse.
Als ich am Abend noch den Wetterbericht schaue, wird wieder viel vom Wetterumschwung berichtet. Die Kaltfront ist im Anmarsch, aber zumindest in Florida sollen die Auswirkungen wohl doch nur mäßig zu spüren sein. Während der Norden des Landes gerade im Schnee versinkt, soll es hier gerade mal zehn Grad kühler werden.
Meilen: 204
Wetter: heiter bis wolkig, 75–94 F
Hotel: Hampton Inn Vero Beach