England on the Rocks – Gibraltar und England

Tag 2: Sonn­tag, 9. Juni 2019
First Impres­si­ons – Lon­don nach Gibraltar

„The­re are no for­eign lands. It is the tra­vel­ler only who is for­eign.” – Robert Lou­is Stevenson

Nun geht es also los nach Gibral­tar. Schon so lan­ge woll­te ich das bri­ti­sche Über­see­ge­biet ein­mal besu­chen, doch irgend­wie hat es nie geklappt. Eigent­lich hat­te ich immer geglaubt, dass ich auf einer Spa­ni­en­rei­se hin­kom­men wür­de, doch so macht es natür­lich dop­pelt Spaß. Beson­ders, da die­ser Flug aus Ter­mi­nal 3 in Heath­row star­tet und ich hier Zugang zur genia­len Cathay Paci­fic First Lounge habe.

Zur Lounge gehört ein klei­nes Restau­rant, wo ich erst ein­mal Früh­stück esse, denn im Moxy hät­te ich das sepa­rat bezah­len müs­sen und es wäre bestimmt nicht so lecker gewe­sen wie hier.

Gegen 11:00 Uhr gehe ich schließ­lich zu mei­nem Gate, das sich prak­ti­scher­wei­se gleich um die Ecke befin­det und an dem bereits ein Air­bus 320 der Bri­tish Air­ways wartet.

Nur das Boar­ding, das ver­zö­gert sich immer wei­ter. Schließ­lich erfah­re ich den Grund dafür. Der Pilot steckt in einem Stau auf der M25 fest, der sich wegen eines schwe­ren Unfalls nichts auf­löst. So muss­te ein Ersatz­pi­lot ange­for­dert wer­den und das dau­ert nun etwas.

Rund eine Stun­de spä­ter beginnt der Ein­stieg und mit reich­lich 90 Minu­ten Ver­spä­tung star­tet der Air­bus 320 schließ­lich in Rich­tung Gibral­tar. Da ich Pas­sa­gier der Busi­ness Class bin, wird mir an Bord ein Mit­tag­essen serviert.

Eine schö­ne Aus­sicht habe ich erst wie­der an der spa­ni­schen Küste, zu der wir eine Wei­le par­al­lel entlangfliegen.

Kur­ze Zeit spä­ter setzt die Maschi­ne bereits auf dem Flug­ha­fen von Gibral­tar auf. Am Ende der Lan­de­bahn dreht die Maschi­ne um und fährt auf sel­bi­ger zurück zum Ter­mi­nal. Dabei habe ich mei­nen ersten schö­nen Blick auf den Fel­sen von Gibraltar.

Der Aus­stieg fin­det in Gibral­tar über Trep­pen auf dem Vor­feld des Ter­mi­nals statt. Dazu wer­den bei­de Türen geöff­net und es geht dann die weni­gen Meter zu Fuß in das Terminalgebäude.

Der Flug­ha­fen­ter­mi­nal von Gibral­tar befin­det sich am nörd­li­chen Ende der Halb­in­sel gleich gegen­über des Grenz­über­gangs zu Spa­ni­en. Ich ver­las­se den Ter­mi­nal zu Fuß, um zu mei­nem Hotel zu lau­fen, das sich gleich auf der ande­ren Sei­te der Lan­de­bahn befindet.

Auf mei­nem Weg zum Hotel wer­de ich nun zum ersten Mal die Start- und Land­bahn zu Fuß über­que­ren. Das habe ich auf einem akti­ven kom­mer­zi­el­len Flug­ha­fen auch noch nicht gemacht. Hier aber ist das gar nicht anders mög­lich, denn die­se Stra­ße ist schlicht­weg der ein­zi­ge Weg auf die Halb­in­sel. Eigent­lich sieht das Gan­ze ja eher wie ein gro­ßer Bahn­über­gang aus, nur dass hier kei­ne Züge kom­men, son­dern eben Flug­zeu­ge landen.

Ein­fach so auf der Bahn her­um­lau­fen geht aber auch an die­ser Stel­le nicht. Sowohl Autos als auch Fuß­gän­ger haben einem fest­ge­leg­ten und ange­zeich­ne­ten Weg zu fol­gen. Das wird von den Behör­den über­wacht. Trotz­dem ist es ein ein­ma­li­ges Gefühl, mit­ten über einen akti­ven Flug­ha­fen zu laufen.

An einem Punkt ste­he ich dann mit­ten auf der Start- und Lan­de­bahn. Kom­plett mit Sack und Pack blei­be ich einen Moment ste­hen und schaue in die Rich­tung, aus der mein Air­bus 320 aus Lon­don vor gera­de mal einer hal­ben Stun­de gelan­det ist.

Dann gehe ich aber wei­ter, denn umschau­en kann ich mich auch noch, wenn das Gepäck im Zim­mer steht. Ein Bild mache ich aber noch, denn mir fällt am Hang des Fel­sens ein alter Burg­turm ins Auge. Was es damit auf sich hat, erfah­re ich jedoch erst morgen.

Nun ist es nicht mehr weit bis zu mei­nem Hotel, dem Holi­day Inn Express. Hotels sind in Gibral­tar teu­er und rar gesät. Die mei­sten Tou­ri­sten kom­men als Tages­be­su­cher und über­nach­ten im angren­zen­den Spa­ni­en. Ich aber woll­te unbe­dingt hier näch­ti­gen und so bin ich auf das noch recht neue Hotel gesto­ßen, das zumin­dest einen akzep­ta­blen Preis ange­bo­ten hat.

Dafür gibt es dann auch kei­nen gro­ßen Luxus, aber ein sau­be­res Zim­mer, in dem ich gut über­nach­ten kann und so sehr kur­ze Wege habe, wäh­rend mei­ner begrenz­ten Zeit in Gibraltar.

Am besten gefällt mir die Aus­sicht. Wäh­rend eine Sei­te auf die Stra­ße und die dahin­ter­lie­gen­de Fels­wand des Fel­sen von Gibral­tar schaut, sehe ich über den gro­ßen Fried­hof hin­weg zum Flug­ha­fen und haben auch die Run­way kom­plett im Blick.

Lan­ge blei­be ich aber nicht im Zim­mer, denn es zieht mich raus in die Stadt. Durch den ver­spä­te­ten Abflug habe ich genug Zeit ver­lo­ren und nun bin ich neu­gie­rig auf das berühm­te bri­ti­sche Über­see­ge­biet. Als Erstes fällt mir wie­der die Burg­an­la­ge auf, die im strah­len­den Son­nen­schein am Fels­hang thront. Dar­un­ter gibt es die Rui­nen alter Verteidigungsanlagen.

Ein klei­nes Stück wei­ter ste­he ich vor dem Land­port, der soge­nann­ten Land­pfor­te, die einst der ein­zi­ge Weg von der Land­sei­te nach Gibral­tar war. Gebaut wur­de sie 1727, nach­dem der Fel­sen bereits drei­zehn Mal bela­gert wur­de. Heu­te könn­te ich natür­lich eben­so an der Stra­ße ent­lang lau­fen, aber wer will das schon, wenn man die­sen histo­ri­schen Weg neh­men kann?

Auf der ande­ren Sei­te des recht dunk­len Tun­nels wer­de ich dann in die Alt­stadt von Gibral­tar ent­las­sen, wo ich einen klei­nen Stadt­rund­gang mache.

Dabei lan­de ich vor dem Par­lia­ment Buil­ding, dem Sitz des Par­la­men­tes von Gibral­tar. Sieb­zehn Abge­ord­ne­te küm­mern sich hier in einem Ein­kam­mer­par­la­ment um die Gesetz­ge­bung für das klei­ne Überseegebiet.

Ich lau­fe wei­ter durch die Stadt und habe kein rech­tes Ziel vor Augen. Ich las­se mich ein­fach trei­ben, um ein erstes Gefühl für Gibral­tar zu bekommen.

Schließ­lich errei­che ich die South Basti­on, die frü­her ein­mal der süd­li­che Ein­gang zur Stadt war. Auch wenn sie von den Bri­ten ange­legt wur­de, so sind eini­ge der Mau­ern doch viel älter. Bereits im 16. Jahr­hun­dert ließ Kai­ser Karl V. eine Mau­er mit­ten durch Gibral­tar zie­hen, um das Land dahin­ter vor Fein­den zu schützen.

An der South Basti­on steht seit 2005 eine Sta­tue von Hora­tio Nel­son, die anläss­lich des 200. Jubi­lä­ums sei­nes Sie­ges in der Schlacht von Tra­fal­gar. Sie zeigt den Vize­ad­mi­ral der bri­ti­schen Mari­ne wie er bei sei­nem letz­ten Besuch von Gibral­tar aus­ge­se­hen hat.

Hin­ter der South Basti­on geht die Stra­ße nun recht steil berg­an. Hier befin­det sich die Tal­sta­ti­on der Seil­bahn auf den Fel­sen von Gibral­tar. Die­sen aus­gie­big zu erkun­den, habe ich mir für mor­gen vor­ge­nom­men, denn heu­te wür­de dafür die Zeit nicht mehr reichen.

Gleich neben­an befin­det sich das wohl berühm­te­ste Hotel von Gibral­tar, The Rock Hotel. Im Jahr 1932 von John Chrichton-​Stuart, 4. Mar­quis of Bute erbaut, ist es eine Insti­tu­ti­on und ein Anlauf­punkt der Schö­nen und Rei­chen. Zu den berühm­ten Gästen nach der Eröff­nung zähl­ten Win­s­ton Chur­chill oder der Schau­spie­ler Errol Flynn.

Unter­halb des Hotel­ge­län­des befin­det sich der sechs Hekt­ar gro­ße Bota­ni­sche Gar­ten von Gibral­tar. Das Gelän­de wur­de bereits 1816 ange­legt. Ursprüng­lich soll­te es zur Erho­lung der hier sta­tio­nier­ten Sol­da­ten die­nen. In den 1970er Jah­ren war der Gar­ten jedoch ver­wil­dert und unge­nutzt. Erst 1991 konn­te der Bota­ni­sche Gar­ten wie­der­eröff­net werden.

Im Her­zen des Gar­tens befin­det sich das Eliott Memo­ri­al, das Geor­ge Augu­stus Eliott, 1st Baron of Heath­field ehrt, der ein erfolg­rei­cher bri­ti­scher Armee­of­fi­zier war und wäh­rend der gro­ßen Bela­ge­rung von Gibral­tar in den Jah­ren 1779 bis 1783 das Kom­man­do über das Über­see­ge­biet hatte.

Der Gar­ten ist eine schö­ne Oase der Ruhe und es gibt inter­es­san­te Pflan­zen zu ent­decken. Ich lau­fe ein­mal quer durch das Gelän­de, bevor ich an der Stra­ße, die den Park und das The Rock Hotel trennt, wie­der herauskomme.

Von hier habe ich einen schö­nen Blick auf die Wind­sor Sus­pen­si­on Bridge, eine Hän­ge­brücke, die vor eini­gen Jah­ren am Fel­sen instal­liert wurde.

Eigent­lich bin ich aber wegen der Bus­hal­te­stel­le hier, denn ich möch­te noch zur süd­lich­sten Spit­ze von Gibral­tar. Der Fuß­weg dort­hin ist mir aber doch ein wenig zu lang, sodass ich mich für den Bus ent­schie­den habe. An der Ibrahim-​al-​Ibrahim-​Moschee, die 1995 bis 1997 erbaut wur­de, stei­ge ich wie­der aus. Sie ist ein Geschenk des sau­di­schen Königs und die süd­lich­ste Moschee Euro­pas sowie einer der größ­ten Moscheen in einem nicht-​muslimischen Land.

Dann sind es nur noch eini­ge Meter Fuß­weg und ich habe den Euro­pa Point erreicht. Hier ste­he ich am süd­lich­sten Ende der Land­zun­ge, die Gibral­tar bil­det. Flan­kiert wird der Punkt von einem foto­ge­nen Leucht­turm, der 1841 erbaut wurde.

Neben dem Leucht­turm gibt es auch Reste einer alten Basti­on, denn die Meer­enge war von je her hef­tig umkämpft. Wer hier das Sagen hat­te, kon­trol­lier­te den Zugang zum Mit­tel­meer. Noch bis in die 1960er Jah­re wur­de das gan­ze Are­al hier mili­tä­ri­sches genutzt und war für die Öffent­lich­keit nicht zugänglich.

Das hat sich inzwi­schen geän­dert und so habe ich heu­te einen traum­haf­ten Blick auf die berühm­te Stra­ße von Gibral­tar. Die Meer­enge, die das Mit­tel­meer mit dem Atlan­tik ver­bin­det, ist eine der am mei­sten befah­re­nen Rou­ten für Schif­fe welt­weit. Sie ist sech­zig Kilo­me­ter lang und zwi­schen vier­zehn und 44 Kilo­me­ter breit.

Bei kla­rer Sicht wie heu­te, ist vom Euro­pa Point das afri­ka­ni­sche Fest­land zu sehen. Die gro­ße Sied­lung in der Fer­ne ist die spa­ni­sche Exkla­ve Ceuta.

Ich lau­fe das gesam­te Gebiet zu Fuß ab, das 2011 völ­lig neu gestal­tet wur­de und so mehr Besu­cher anlocken soll. Am heu­ti­gen frü­hen Abend bin ich aber fast allein unter­wegs und kann die Aus­sicht so in aller Ruhe genießen.

Eine Wei­le ste­he ich ein­fach nur am Gelän­der einer Aus­sichts­platt­form und beob­ach­te die Schif­fe, die gera­de in Rich­tung Atlan­tik unter­wegs sind. Wo kom­men sie wohl her und wo fah­ren sie hin? Natür­lich könn­te ich das jetzt alles in einer App nach­se­hen, doch manch­mal muss das Han­dy auch ein­fach in der Tasche bleiben.

Mit einem letz­ten Blick auf die Süd­spit­ze des Fel­sens von Gibral­tar, die Moschee und den Oze­an ver­ab­schie­de ich mich schließ­lich wie­der vom Euro­pa Point.

Der Bus bringt mich in rund zwan­zig Minu­ten wie­der­zu­rück in die Stadt, wo ich am Markt­platz aus­stei­ge, um mir noch ein klei­nes Restau­rant zum Abend­essen zu suchen, bevor ich ins Hotel zurückkehre.

Aus mei­nem Zim­mer beob­ach­te ich spä­ter noch ein wenig das Trei­ben auf dem Flug­ha­fen, wo gera­de wie­der zwei Maschi­nen aus Lon­don abge­fer­tigt werden.

Mei­len: —
Wet­ter: son­nig, 18–25 Grad
Hotel: Holi­day Inn Express, Gibraltar

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