Tag 19 – Montag, 12. Oktober 2015
Shipping out – Mahwah nach Berlin
„If you can’t stand the heat, get out of the kitchen – Harry S. Truman.”
Heute ist Columbus Day, eigentlich Feiertag in den USA, doch wieder mal so einer, wo man das gar nicht so richtig merkt. Nur Büros, Behörden und Postämter sind zu, Geschäfte aber ganz regulär geöffnet. Auf der Straße ist auch nicht weniger los, denn wer arbeitsfrei hat, macht halt einen Ausflug. Kein Wunder bei diesem Wetter. Auch ich breche mit Sack und Pack noch ein letztes Mal auf, denn mein Flug geht erst heute Abend und so habe ich noch ein paar Stündchen Zeit. Ich überlege, was ich mir denn am Hudson River noch anschauen könnte. Auf der Liste steht viel, aber letztendlich fällt meine Wahl auf West Point, die US Millitary Academy.
Im Visitor Center kaufe ich ein Ticket für die nächste Tour, denn da die Akademie auch ein aktiver Army Post ist, darf man, im Gegensatz zur Naval Academy in Annapolis, nicht einfach zu Fuß rein. Ginge auch so nicht, denn der Campus ist einfach riesig, wie ich später sehen werde.
Die Zeit bis zum Beginn der Tour verbringe ich im kleinen Museum, das dem Visitor Center angeschlossen ist. Auch hier wird, wie in der Navy Academy, dargestellt, wie Kadetten so auf dem Campus leben.
Mitbringen brauchen sie auch nichts, denn neben dem Zimmer werden auch sämtliche Artikel, die man zum Leben braucht, von der Army gestellt.
Natürlich darf auch hier eine Wand mit den bekanntesten Absolventen nicht fehlen. Wer ist West Point den Abschluss schafft, hat eine der härtesten und besten Ausbildungen der USA genossen und den Absolventen stehen im Leben alle Türen offen, was man auch an der Karrieren jener Herren sehen kann.
In einer Ecke entdecke ich dann noch etwas sehr Interessantes. In West Point wird auch geforscht, besonders nach neuen technischen Lösungen. Als die Freiheitsstatue Jahre nach dem 11. September wieder öffnete sollte, benötigte man ein neues und besseres Evakuierungssystem für die Krone. Dieses wurde hier von Kadetten erfunden. Es ist eine Art Stuhl, der über die Treppe geschoben wird. So kann man verletzte Personen auch einfacher von ganz oben evakuieren.
Dann aber startet die Tour. Auf dem Parkplatz besteige ich mit etwa zehn anderen Personen einen Bus, der uns auf das Gelände bringt. In bestimmten Bereichen am Eingang darf ich leider nicht fotografieren, erst im Bereich der Akademie sind Kameras wieder erlaubt. Unser erster Halt ist die berühmte Cadet Chapel.
Dann fahren wir weiter zu dem Platz, an dem alle großen Paraden und Vereidigungen stattfinden. Das Gelände ist einfach riesig. Es umfasst 65 Quadratkilometer und ist gleichzeitig der älteste, ununterbrochen genutzte Standort der US Army. Schon George Washington suchte den Platz für den Stützpunkt aus. Die Akademie wurde dann bereits 1802 von Thomas Jefferson eingerichtet, da dem Heer qualifizierte Offiziere fehlten. Heute ist West Point eine der renommiertesten Universitäten der USA. Wer hier die Aufnahme schafft und seine Studien mit dem Bachelor abschließt, dem stehen später alle Türen offen. Auch ist es eine der wenigen Eliteuniversitäten, die völlig kostenlos ist. Allerdings müssen sich die Studierenden danach fünf Jahre verpflichten und drei Jahre in der Reserve bleiben. Es besteht, seit 2005, auch ein Kadettenaustausch mit der Helmut-Schmidt-Bundeswehrakademie in Hamburg.
Unser letzter Stopp ist schließlich am Monument zur Erinnerung an die Kriege. Bemerkenswert sind besonders die kleinen Kanonen, die mit der Spitze nach unten in den Boden gerammt sind. Das soll die Menschen auffordern, friedlich miteinander zu leben.
Gleich hinter der Säule stehe ich dann am Million Dollar View. Das ist der wohl grandioseste Blick auf den Fluss. Hier lassen sich z.B. auch alle Offiziere fotografieren, wenn sie in einer der Kapellen geheiratet haben.
Nach gut einer Stunde ist die Tour vorbei und ich bin wieder am Auto. Über die Bear Mountain Bridge fahre ich ein letztes Mal auf die östliche Hudson Seite.
Ich stoppe noch ein letztes Mal am Hudson River. Hier in Tarrytown ist er sehr breit, fast so wie der Mississippi im Süden.
Schließlich muss ich aber doch wieder zurück nach New Jersey. Mein Navi will dafür durch den Lincoln Tunnel, doch ich biege einfach auf die George Washington Bridge ab. Natürlich Upper Deck, auch wenn das einen kleinen Umweg bedeutet. So viel Zeit muss aber einfach noch sein. Es ist einfach jedes Mal ein unglaublich irres Gefühl in diesem Verkehr über eine dieser Brücken zu fahren.
Doch irgendwann geht auch die schönste Fahrt zu Ende und ich bin nach zwei Wochen Reise wieder bei Alamo angelangt. Die Autoabgabe ist im Gegensatz zur Übernahme völlig problemlos und schon Minuten später bin ich am AirTrain. Der bringt mich dann zum Terminal, wo ich auch gleich meinen Koffer loswerde. Die Security geht trotz Schlange auch erfreulich schnell und so bin ich mal wieder viel zu früh im Terminal.
Hier trifft mich erstmal fast der Schlang, denn meinen geliebten United Terminal in Newark gibt es nicht mehr. Der wurde völlig renoviert und alle meine Lieblingsplätze sind einfach weg. Dafür gibt es jetzt ein neues Konzept, dass ich einfach nur schrecklich finde. Alle Restaurants, egal ob Snack oder Steakhouse, gehören irgendwie zur selben Kette und selbst an den Bars stehen überall diese iPads. Man, wenn ich Apple vorher schon nicht sonderlich gemocht hätte, dann wäre das hier der absolute Auslöser geworden. Das ist ja echter Overkill, aber ich konnte damals ja noch nicht ahnen, dass sowas selbst in deutschen Grundschulen schon Einzug gefunden hat. Aber zurück zum Essen, ich hatte ja Hunger. Ich nahm also in einem der Restaurants Platz, das mir nicht zu teuer erschien. Doch was ist das? Bestellen geht nicht beim Kellner, sondern nur am Tablet. Und da muss man auch sofort bezahlen, inklusive Tipp. Ansonsten gibt es keinen Bissen. Wie nervig ist das denn, denke ich noch, besonders wenn man zu zweit ist. Und schon zieht ein mexikanisches Ehepaar neben mir die Tablets aus der Halterung und legt sie auf den Tisch. Ich muss lauthals lachen und so kommen wir ins Gespräch. Das Essen ist dann auch höchstens mittelmäßig, aber die Getränke werden zumindest nachgefüllt. Oh Mann, wie ich meinen Garden State Diner vermisse.
Irgendwann geht dann das Warten aber auch vorbei und mein Flug wird aufgerufen. Wir heben auch pünktlich ab, aber ich sitze wieder auf der „falschen” Seite. Mist, zum zweiten Mal vergessen, dass ich doch eigentlich rechts sitzen wollte. Der Blick ist zwar auch von hier nicht schlecht, aber eben nicht auf Manhattan.
Sobald wir unsere Reiseflughöhe erreicht haben, beginnt auch prompt der Service. Es gibt total leckere Cracker mit Käse. Ich liebe US-Airlines, da gibt es irgendwie immer die besseren Snacks.
Das Essen ist dann leider nicht ganz so doll, was aber an dem wohl nervigsten Steward liegt, den ich jemals getroffen habe. Der flirtet lieber mit den zwei Schnepfen vor mir, als mir mal zu sagen, was es zur Auswahl gibt. Als ich frage, ist er einfach nur zickig. Die leicht angeschrumpelten Damen haben es ihm halt mehr angetan. Die waren ganz happig, dass er sich für sie interessierte. Das Eis zum Nachtisch war dann aber super lecker.
Ganz pünktlich landen wir dann in Berlin-Tegel und so geht diese Reise zu Ende, genau hier, wo sie vor 2 1/2 Wochen begonnen hat.
Zoll ist auch mal wieder keiner hier und so sind es nur wenige Meter vom Gepäckband bis zum Auto, mit dem mich meine Mutter abholt und nach Hause bringt.
Meilen: 108
Wetter: sonnig, 10–26 Grad