Cross Country – Frühling in Schottland

Tag 7 – Don­ners­tag, 31. Mai 2018
Out of luck – Edin­burgh nach Sunderland

„Did not strong con­nec­tions draw me else­whe­re, I belie­ve Scot­land would be the coun­try I would choo­se to end my days in.” – Ben­ja­min Franklin

Es gibt tat­säch­lich noch einen Schlecht­wet­ter­tag auf die­ser Rei­se und der ist heu­te, obwohl schlech­tes Wet­ter auch etwas über­trie­ben ist, aber die Son­ne macht sich rar.

Schon früh habe ich ent­schie­den, die­ses Mal auch auf Edin­burgh zu ver­zich­ten, da ich die Stadt bereits 2012 aus­gie­big besucht habe und das bei sehr schö­nem Wet­ter. Da macht es kei­nen Sinn, im Hoch­ne­bel zur Burg zu fah­ren. So geht es für mich zum Früh­stück nur zu Star­bucks, bevor ich wei­ter nach Süden fah­re, in die soge­nann­ten Bor­ders, das Grenz­land zwi­schen Schott­land und Eng­land. Hier befin­det sich Flo­ors Cast­le, ein Anwe­sen, das noch heu­te den Dukes of Rox­burg­he gehört.

Das präch­ti­ge Haupt­ge­bäu­de wur­de ab 1721 unter Auf­sicht des Archi­tek­ten Wil­liam Adam erbaut und in spä­te­ren Jah­ren immer wie­der erwei­tert. Sein heu­ti­ges Aus­se­hen erhielt Flo­ors Cast­le 1837 durch eine mas­si­ve Erwei­te­rung und einen Umbau unter dem Archi­tek­ten Wil­liam Playfair.

Ich kann mir das Schloss auf eige­ne Faust anschau­en, nur Foto­gra­fie­ren ist mal wie­der nicht erlaubt. Auf der Home­page des Anwe­sens gibt es aber eini­ge Ein­drücke zu sehen.

Bevor ich wei­ter­fah­re, dre­he ich noch eine Run­de durch den Gar­ten von Flo­ors Cast­le. Da es heu­te Vor­mit­tag aber eher frisch und win­dig ist, hal­te ich mich nicht sehr lan­ge auf.

So fah­re ich bald wei­ter zu einem wei­te­ren Her­ren­haus, das aber kei­nem Adli­gen, son­dern einem berühm­ten Autor gehör­te. Abbots­ford befin­det sich wie Flo­ors Cast­le am River Tweed und wur­de für Sir Wal­ter Scott erbaut. Scott war der Begrün­der des Geschichts­ro­mans und einer der meist­ge­le­se­nen Autoren sei­ner Zeit.

Zuerst lan­de ich im Besu­cher­zen­trum, wo nicht nur eine Skulp­tur des Autors steht, son­dern auch sei­ne Lebens­ge­schich­te erzählt wird. Scott war einer von zwölf Geschwi­stern und infi­zier­te sich bereits mit zwei Jah­ren mit Polio. Des­halb hat­te er sein gan­zes Leben lang ein gelähm­tes Bein. Er stu­dier­te Jura in Edin­burgh und wur­de mit 21 Jah­ren Anwalt. Die­sen Beruf übte er auch zeit sei­nes Lebens aus, obwohl er als Schrift­stel­ler eben­falls gro­ßen Erfolg hatte.

Er gilt als eine der bedeu­tend­sten Figu­ren Schott­lands, da er es war, der das Schott­land­bild der dama­li­gen Zeit maß­geb­lich wan­del­te. Die Schot­ten gal­ten, ins­be­son­de­re in Eng­land, noch immer als Hin­ter­wäld­ler und Ban­di­ten. Sei­ne Roma­ne, die in den wil­den High­lands spiel­ten und von edlen Clan-​Chiefs und ihren treu­en Gefolgs­leu­ten han­del­ten, zeich­ne­ten ein ganz ande­res Bild von Schott­land. Schließ­lich schaff­te es Scott, bei einem Besuch von König Geor­ge IV. in Edin­burgh, die seit den Jako­bi­ten­auf­stän­den ver­bo­te­nen schot­ti­schen Riten wie­der auf­füh­ren zu las­sen. So gab es Vor­füh­run­gen im Kilt und mit Dudel­sack. Dies war der Beginn eines immer stär­ke­ren Inter­es­ses an der High­land­kul­tur und des Tou­ris­mus, der bis heu­te die Rei­sen­den anzieht.

Abbots­ford ist heu­te ein Muse­um und kann auf eige­ne Faust besich­tigt wer­den. So mache auch ich mich vom Besu­cher­zen­trum auf den Weg zum Herrenhaus.

Beson­ders beein­druckend im Haus sind die zahl­rei­chen Samm­lun­gen von Wal­ter Scott. So hat er Rüstun­gen und Waf­fen zusammengetragen, …

… aber auch unzäh­li­ge Bücher, die heu­te eine wert­vol­le Biblio­thek bilden.

Ab 1824 bis zu sei­nem Tod im Jahr 1832 leb­te der schot­ti­sche Dich­ter in sei­nem Haus, das noch bis 2004 von Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen bewohnt wur­de. Heu­te gehört es dem Abbots­ford Trust, der sich um das Anwe­sen küm­mert und es für Besu­cher öffnet.

Zum Haus gehört auch eine schö­ne Gar­ten­an­la­ge, die ich mir trotz trü­bem und küh­len Wet­ter noch kurz anschaue.

Dann fah­re ich aber doch wei­ter und nach einer kur­zen Mit­tags­pau­se kom­me ich mei­nem näch­sten Ziel näher, einem Her­ren­haus, dass ich auf mei­ner ersten Schott­land Rei­se genau an mei­nem Geburts­tag schon ein­mal besucht habe. Damals hat­te ich sehr schlech­tes Wet­ter und auch heu­te sah es ja bis­her nicht so toll aus, doch anschei­nend hat Petrus Mit­leid mit mir. Jeden­falls kommt kurz vor mei­ner Ankunft die Son­ne heraus.

Man­der­s­ton – so der Name des Hau­ses, ist für mich eines der schön­sten Her­ren­häu­ser in Schott­land. Ja, es gibt beein­drucken­de­re Schlös­ser und Bur­gen, aber die­ses Haus ist so ein rich­tig tol­ler Land­sitz mit einer traum­haf­ten Aus­stat­tung. Und da ich innen mal wie­der nicht foto­gra­fie­ren darf, emp­feh­le ich den klei­nen Film über Man­der­s­ton zu schau­en. Beson­ders das hand­ge­fer­tig­te Trep­pen­ge­län­der aus rei­nem Sil­ber ist ein abso­lu­ter Traum.

Noch heu­te ist Man­der­s­ton in pri­va­ter Hand und zur­zeit lebt der 4. Lord Pal­mer hier. Als ich in der Hal­le ste­he und gera­de in den wun­der­schö­nen Gar­ten gehen will, spricht mich ein älte­rer Herr an und fragt mich, ob es mir hier gefällt. Ich unter­hal­te mich kurz mit ihm, bevor er durch eine der Türen im Haus ver­schwin­det. Zuerst dach­te ich, er gehört zum Per­so­nal, bis eine der Damen, die sich um die Besu­cher küm­mern, mir ver­rät, dass ich soeben mit Lord Pal­mer, dem Haus­herrn, per­sön­lich gespro­chen habe.

Zum Anwe­sen gehört die­se traum­haft schö­ne Gar­ten­an­la­ge. Es macht ein­fach nur Spaß, alles zu erkun­den und ent­decken. Beson­ders im Früh­jahr, wenn alles blüht, ist es ein­fach fan­ta­stisch. Rie­si­ge Rho­do­den­dron­bü­sche und Aza­leen sind im Gar­ten zu finden.

Die Ter­ras­se direkt vor dem Haus ist hin­ge­gen im for­ma­len Stil gestaltet.

Man­der­s­ton wur­de übri­gens erst vor rund 120 erbaut. Zuvor gab es hier schon ein Land­haus, doch Sir James Mil­ler, der dama­li­ge Erbe, woll­te sei­nen Schwie­ger­va­ter sowie sei­ne jun­ge Braut beein­drucken und ließ die­ses fan­ta­sti­sche Haus erbau­en. Zum Archi­tek­ten sag­te er nur, dass Geld kei­ne Rol­le spie­len wür­de. Und das tat es auch nicht, wenn man die pracht­vol­le Aus­stat­tung die­ses Hau­ses sieht.

Zum Anwe­sen gehö­ren auch die typi­schen Stal­lun­gen. In einem Teil ist aber heu­te das Café unter­ge­bracht. Anson­sten gibt es ein klei­nes Muse­um, das präch­ti­ges Sat­tel­zeug aus der edwar­di­schen Zeit zeigt.

Wäh­rend mei­nes wei­te­ren Spa­zier­gangs ent­decke ich auch die­se klei­nen Häu­ser, die für die Bedien­ste­ten errich­ten wur­den und noch heu­te von Ange­stell­ten bewohnt werden.

Mein Ziel aber ist die­ser Klo­ster­gang, hin­ter dem sich noch ein beson­de­rer Schatz ver­birgt, die Marb­le Diary.

Die­se klei­ne Mol­ke­rei ist ein wah­res Pracht­stück, denn sich wur­de kom­plett aus Mar­mor gebaut. Der Grund war aber nicht etwa rein ästhe­ti­scher Natur. Mar­mor galt als gut zu rei­ni­gen und hygie­nisch. Des­halb stat­te­te, wer es sich lei­sten konn­te, sen­si­ble Berei­che in der Küche und Lebens­mit­tel­ver­ar­bei­tung mit Mar­mor aus. So konn­ten vie­le Kei­me, Infek­tio­nen und Krank­hei­ten ver­mie­den wer­den, die beson­ders damals schnell lebens­be­dro­hend waren.

Der klei­ne Turm dahin­ter kann lei­der nicht besich­tigt wer­den. Er wur­de als Aus­guck gebaut, um die nahe Gren­ze zu Eng­land im Auge haben zu können.

Neben dem aus­ufern­den See mit den vie­len Rho­do­den­dron­bü­schen und der for­ma­len Ter­ras­se, gehört noch eine drit­te Gar­ten­an­la­ge zu Man­der­s­ton. Auch hier wur­de der for­ma­le Stil gewählt, wie er für sol­che Anla­gen üblich war.

Am spä­ten Nach­mit­tag fah­re ich schließ­lich wei­ter. Inzwi­schen hat es sich lei­der wie­der völ­lig zuge­zo­gen. Die Son­ne hat wirk­lich nur ein kur­zes Inter­mez­zo gege­ben. Schließ­lich errei­che ich noch­mals die Gren­ze zwi­schen Schott­land und Eng­land. Die­ses Mal lan­de ich im eng­li­schen Northumberland.

Bis nach Sun­der­land, süd­lich von New­cast­le fah­re ich nun noch, da ich die­se tol­le Gegend schon auf zwei frü­he­ren Rei­sen aus­gie­big besucht habe. In Sun­der­land habe ich das noch recht neue Hil­ton Gar­den Inn reser­viert, das ein wirk­lich schö­nes Hotel ist.

Nach dem Check-​in fah­re ich noch ein wenig zum Hafen, wo ich einen schö­nen Blick auf die Nord­see genie­ße (und das ganz ohne teu­re Gebüh­ren zu ble­chen, wie es in Deutsch­land so oft üblich ist).

Roker heißt der Stadt­teil, der hier direkt am Meer liegt und zu den wohl­ha­bend­sten der Stadt gehört. Im Som­mer tum­meln sich hier die Urlau­ber, die den Strand und die Som­mer­fri­sche genießen.

Ich lau­fe noch bis zum 1903 erbau­ten Roker Pier, an des­sen Ende sich ein Leucht­turm befin­det. Der Pier ist über 600 Meter lang, kann aber nur im Rah­men einer Füh­rung besich­tigt wer­den, die wäh­rend mei­nes Besuchs wegen Reno­vie­rungs­ar­bei­ten lei­der nicht stattfand.

Am Abend keh­re ich ins Hotel zurück, nach­dem ich noch einen Stopp beim Sains­bu­ry ein­ge­legt habe, um mich mit Lebens­mit­teln und Geträn­ken zu versorgen.

Mei­len: 199
Wet­ter: stark bewölkt, 12–21 Grad
Hotel: Hil­ton Gar­den Inn Sunderland

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