Alpenglühen und Mozartkugeln – Österreich und Bayern

Tag 4: Frei­tag, 04. Sep­tem­ber 2020
Stadt­an­sich­ten – Inns­bruck, Teil 1

„Ich lie­be das Gefühl der Anony­mi­tät in einer Stadt, in der ich noch nie war.” – Bill Bryson

Unser erster Mor­gen in Inns­bruck beginnt mit herr­li­chem Wet­ter. Der Spät­som­mer dreht so rich­tig auf, denn es ist auch ange­nehm warm. Der Blick vom Hotel­bal­kon ist schon mal viel­ver­spre­chend und ich freue mich schon, ein wenig mehr von Inns­bruck kennenzulernen.

Nach dem Früh­stück gehen wir erst ein­mal kurz vor die Tür, das Wet­ter testen. Wir sind ja eh schon im Erd­ge­schoss, also ist es auch nicht weit bis zur Stra­ße. Schö­ne Häu­ser­fas­sa­den gibt es hier zu ent­decken und auch ein klei­ner Super­markt ist gleich um die Ecke, was rich­tig prak­tisch ist.

Nur weni­ge Meter vom Hotel ent­fernt steht die Tri­um­ph­pfor­te. Sie gehört zu den bekann­te­sten Sehens­wür­dig­kei­ten der Stadt und bil­de­te einst den süd­li­chen Stadt­aus­gang. Erbaut wur­de der Tri­umph­bo­gen 1765 anläss­lich der Hoch­zeit von Erz­her­zog Leo­pold, der der zwei­te Sohn von Kai­se­rin Maria The­re­sia war. Da aber der Vater des Bräu­ti­gams kurz nach der Hoch­zeit starb, wur­den auf der Nord­sei­te Reli­efs ange­bracht, die an ihn erin­ner­ten, wäh­rend­des­sen die Süd­sei­te der Hoch­zeit gewid­met ist.

Anschlie­ßend lau­fen wir noch zum Land­haus­platz, der sich eben­falls gleich gegen­über des Hotels befin­det. Im Hin­ter­grund des Plat­zes befin­det sich das Gebäu­de der Tiro­ler Lan­des­re­gie­rung, davor steht das Befrei­ungs­denk­mal, das 1948 unter der fran­zö­si­schen Mili­tär­ver­wal­tung errich­tet wurde.

Da wir heu­te noch viel vor­ha­ben, ent­schei­den wir uns, zur wei­te­ren Stadt­be­sich­ti­gung das Auto mit­zu­neh­men. Zuerst fah­ren wir noch­mals zur Hof­burg und dort in eine Tief­ga­ra­ge. Als wir wie­der ans Tages­licht kom­men, sind lei­der ein paar Schlei­er­wol­ken auf­ge­zo­gen, was mich beim Foto­gra­fie­ren doch etwas nervt. Min­de­stens genau­so ner­vig ist die gro­ße Bau­stel­le genau vor der Hof­burg, die übri­gens nicht die Ein­zi­ge ist. Eigent­lich ist ganz Inns­bruck gera­de eine Bau­stel­le, denn man reißt in der gan­zen Innen­stadt sämt­li­che alten Lei­tun­gen her­aus. Das Cha­os habe ich nur größ­ten­teils geschickt aus den Fotos herausgehalten.

Die Hof­burg las­sen wir aber links lie­gen und lau­fen direkt zum Inn, denn am Vor­mit­tag soll­te das Licht rich­tig gut für schö­ne Fotos sein. Das ist es auch, aber die Schlei­er­wol­ken fru­strie­ren mich doch etwas. Das war so nicht geplant, denn laut Wet­ter­be­richt soll­te der Him­mel strah­lend blau sein.

Wir gehen zurück zum Auto, denn unser näch­stes Ziel ist für uns zu Fuß nicht erreich­bar. Und tat­säch­lich ist uns nun auch wie­der das Wet­ter hold, denn die Schlei­er­wol­ken waren anschei­nend wirk­lich nur eine tem­po­rä­re Erschei­nung. Unser Ziel ist der Berg­isel (ja, der wird so geschrie­ben), ein 746 Meter hoher Berg im Süden von Inns­bruck. Der Berg ist berühmt für die von der Archi­tek­tin Zaha Hadid ent­wor­fe­nen Berg­isel Sprung­schan­ze, die wir eigent­lich besu­chen woll­te. Doch das kann man nur mit einer Tour und hal­ten geht dort auch nicht mal eben. Und sowie­so kön­nen wir die Schan­ze ja auch aus dem Hotel­zim­mer sehen. Also zurück zum gro­ßen Park­platz, denn hier haben wir eine paar ande­re Sachen beim Vor­bei­fah­ren entdeckt.

Zuerst lau­fen wir zum Tiro­ler Kai­ser­jä­ger­mu­se­um, das wir aber nur vor außen anschau­en. Das Muse­um erin­nert vor allem an die Tiro­ler Frei­heits­krie­ge und beson­ders an Andre­as Hofer, der die Frei­heits­kämp­fer 1809 gegen die bay­ri­schen und fran­zö­si­schen Besat­zungs­mäch­te in den Kampf führ­te. Der fand übri­gens auch hier am Berg­isel statt.

Gleich neben­an steht ein klei­ner Pavil­lon, von dem wir eine fan­ta­sti­sche Aus­sicht auf Inns­bruck und die inzwi­schen wie­der wol­ken­freie Nord­ket­te haben.

Auf einem Platz hin­ter uns steht hin­ge­gen ein gro­ßes Andre­as Hofer Denk­mal. Der Tiro­ler Natio­nal­held begeg­net einem hier in der Gegend öfter, aber beson­ders hier am Berg­isel muss man ein­fach ein biss­chen in die Geschich­te ein­tau­chen, denn hier war es, wo der Auf­stand sein Ende nahm und der Wider­stand zusam­men­brach. Hofer wur­de spä­ter auf der Flucht ver­ra­ten und gefan­gen­ge­nom­men. Nur ein Jahr spä­ter ver­ur­teil­te ihn ein Gericht zum Tode, der auch voll­streckt wur­de. Für die Tiro­ler ist er seit­dem aber unsterblich.

Im Park auf dem Berg­isel ste­hen aber noch mehr Sta­tu­en, unter ande­rem die von Kai­ser Franz Joseph I., der hier­zu­lan­de wohl am besten als Ehe­mann der Kai­se­rin Eli­sa­beth, genannt Sisi, bekannt ist.

Gleich dahin­ter steht das Urich­haus, das einst Som­mer­of­fi­ziers­ka­si­no der Kai­ser­jä­ger war und spä­ter der Sitz der Alt-​Kaiserjäger wur­de. Er unter­stützt durch eine Stif­tung den Erhalt der histo­ri­schen Anla­gen und des Museums.

Bevor das Offi­ziers­ka­si­no gebaut wur­de, befand sich an die­ser Stel­le bereits eine klei­ne Schieß­hüt­te. Die Offi­zie­re aber, die zehn Pro­zent ihres Gehal­tes für den Aus­bau des Berg­isel abga­ben, wünsch­ten sich zumin­dest ein Offi­ziers­ka­si­no und die­ser Wunsch wur­de ihnen mit dem Bau des Urich­hau­ses erfüllt. Benannt wur­de das Gebäu­de nach dem dama­li­gen Kom­man­dan­ten Oberst von Urich.

Gleich neben dem Urich­haus eröff­net sich wie­der ein schö­ner Aus­blick auf Inns­bruck. Von hier wür­de auch die Trep­pe zur Sprung­schan­ze hin­auf­füh­ren, denn, so ler­nen wir, der Park­platz, auf dem wir gera­de ste­hen, ist der ein­zi­ge am Bergisel.

Ein wei­te­res Gebäu­de auf dem Hel­den­platz ist die Bergisel-​Kreuzkapelle, die 1912 nach den Plä­nen von Hans Manar­di erbaut wur­de. Im Inne­ren zu sehen ist ein monu­men­ta­les Kreuz, das eine Nach­bil­dung jenes Kru­zi­fi­xes sein soll, das die Tiro­ler Frei­heits­kämp­fer in ihren Schlach­ten vor­an­ge­tra­gen haben sol­len. Auf der Rück­sei­te der Kapel­le befin­det sich ein Reli­ef zu Ehren der Freiheitskämpfer.

Eben­falls geehrt wird der letz­te öster­rei­chi­sche Kai­ser Karl I., des­sen Büste gleich neben dem Hofer­de­nk­mal zu fin­den ist. Das Leben des Kai­sers, oder bes­ser gesagt sein Tod, rückt dann irgend­wie gera­de auch wie­der in den Fokus, denn er war wohl eines der pro­mi­nen­te­sten Opfer der letz­ten gro­ßer Pan­de­mie auf der Erde, der Spa­ni­schen Grippe.

Auf dem Rück­weg kom­men wir noch ein­mal am Hofer­de­nk­mal vor­bei, das uns von hier den Rücken zuwen­det. Erbaut wur­de es zwi­schen 1889 und 1892 nach einem Ent­wurf von Hein­rich Nat­ter. Die Sta­tue zeigt Hofer als über­le­bens­gro­ßen Kom­man­dan­ten, der ent­schlos­sen und mit breit­krem­pi­gem Hut sowie der Fah­ne in der Hand dasteht.

Erhal­ten sind auch die Schieß­stän­de, die 1893 für das Trai­ning der Kai­ser­jä­ger hier errich­tet wurden.

Schließ­lich ver­las­sen wir den Berg­isel wie­der und fah­ren zurück ins Tal, zu jenem Ort, in des­sen Besitz sich auch der Berg­isel einst befand, dem Stift Wil­ten. Bereits 1138 wur­de das Klo­ster gegrün­det und steht auf den Rui­nen einer römi­schen Siedlung.

Beson­ders schön anzu­se­hen ist die Stifts­kir­che, die in ihrer heu­ti­gen Form im 17. Jahr­hun­dert erbaut wur­de. Davor ste­hen Stau­en, die an die Hay­mon Sage erin­nern. Der Rie­se Hay­mon soll das Klo­ster bereits um das Jahr 880 gegrün­det haben, nach­dem er sei­nen Kon­tra­hen­ten Thy­rus besiegt hat­te und von einem Mönch zum Chri­sten­tum bekehrt wurde.

Nun geht es für uns wei­ter in die öst­li­chen Außen­be­zir­ke der Stadt, denn hier liegt ein wei­ter Adels­pa­last von Inns­bruck, das Schloss Ambras. Wir haben Glück und fin­den rela­tiv nah am Ein­gang einen Park­platz. Park­ticket zie­hen soll­te man hier aber unbe­dingt, denn schon auf dem Weg zum Auto­ma­ten begeg­net mir der Ticket­kon­trol­leur. Wir erin­nern uns, Par­ken in Inns­bruck ist rar und teu­er. Vom Auto aus sind es dafür nun nur weni­ge Meter bis zum recht unschein­ba­ren Schloss­ein­gang, der sich hin­ter die­sem Tor in der Mau­er befindet.

Kaum hin­durch­ge­tre­ten, befin­den wir uns in einer ande­ren Welt, denn vor uns erstrecken sich schö­ne Gär­ten und dahin­ter erhebt sich das maje­stä­ti­sche Schloss.

Ambras war bereits im 10. Jahr­hun­dert besie­delt. Damals gab es hier eine Burg, die jedoch zer­stört und spä­ter wie­der auf­ge­baut wur­de. Der Name lei­tet sich ad umbras (im Schat­ti­gen) ab und im Jahr 1363 fie­len die Besitz­tü­mer an die Habsburger-​Dynastie, wo sie bis zu deren Auf­lö­sung ver­blie­ben. Sei­ne Blü­te­zeit erleb­te das Schloss unter Erz­her­zog Fer­di­nand II., der die Burg im 16. Jahr­hun­dert zu einem präch­ti­gen Renais­sance­schloss ausbaute.

Als Tirol jedoch nach 1665 nicht mehr Sitz des Lan­des­für­sten war, ver­lor Schloss Ambras sei­ne höfi­sche Bedeu­tung. Bis ins 19. Jahr­hun­dert wur­de das Schloss als Kaser­ne und Mili­tär­kran­ken­haus genutzt. Erst als Erz­her­zog Karl Lud­wig Mit­te des 19. Jahr­hun­derts als Statt­hal­ter nach Inns­bruck kam, wur­de Ambras wie­der zu Wohn­zwecken ausgebaut.

Das Schloss gehört übri­gens zu den bedeu­tend­sten Kunst­hi­sto­ri­schen Muse­en der Welt, denn Renais­sance­fürst Erz­her­zog Fer­di­nand II. war einer der bedeu­tend­sten Samm­ler der Habs­bur­ger­dy­na­stie. Schon zu sei­nen Leb­zei­ten ließ er für sei­ne Samm­lun­gen den unte­ren Schloss­bau errich­ten und schuf damit das wahr­schein­lich älte­ste Muse­um der Welt.

Das Schloss ist von einer Park­an­la­ge umge­ben, die Erz­her­zog Fer­di­nand II. eben­falls ab 1567 anle­gen ließ. Lei­der blieb von den Anla­gen nicht viel erhal­ten und Mit­te des 19. Jahr­hun­derts wur­de der Park zu einem Land­schafts­gar­ten umge­stal­tet. Die tol­len Aus­blicke auf die Nord­ket­te gibt es aber wie eh und je.

Wir lau­fen noch ein wenig um Schloss und Gebäu­de, die Innen­be­sich­ti­gung muss noch war­ten. Viel­leicht kom­me ich auf einem wei­te­ren Besuch in Inns­bruck noch ein­mal hier­her. Heu­te ist das Wet­ter ein­fach viel zu schön und wir wol­len uns noch ein wenig umschauen.

Für uns geht es nun ein­mal quer durch Inns­bruck und an der Fuß der Nord­ket­te, der süd­lich­sten und kür­ze­sten Gebirgs­ket­te des Kar­wen­del. Der höch­ste Gip­fel ist der klei­ne Sol­stein, der sich 2637 Meter über den Mee­res­spie­gel erhebt.

Die Nord­ket­te ist durch die Nord­ket­ten­bahn erschlos­sen und ver­fügt über meh­re­re Hüt­ten, die heu­te auch mit dem blo­ßen Auge gut zu erken­nen sind.

Am Fuße einer Zufahrts­stra­ße ent­decken wir die­se klei­ne Kapel­le, an der wir einen kur­zen Stopp einlegen.

Schließ­lich lan­den wir in Hun­ger­burg, einem Stadt­teil von Inns­bruck, der sich direkt an den Fuß der Nord­ket­te schmiegt. Rund 860 Meter hoch befin­den wir uns hier bereits und auf einem Hoch­pla­teau am Fuße des über 2300 Meter hohen Hafelekar.

Hier in Hun­ger­burg befin­det sich dann auch die Zwi­schen­sta­ti­on der Nord­ket­ten­bah­nen. Eigent­lich hat­ten wir über­legt, auf den Berg hin­auf­zu­fah­ren, doch bei die­sem tol­len Wet­ter ist es heu­te nicht nur sehr voll, es wer­den auch recht hap­pi­ge Prei­se auf­ge­ru­fen, was uns für ein­mal schau­en doch etwas zu teu­er ist. So machen wir uns eben von hier ein Bild.

Die Nord­ket­ten­bah­nen bestehen aus drei Tei­len, der Hun­ger­burg­bahn, die aus der Innen­stadt bis in den gleich­na­mi­gen Stadt­teil führt, sowie zwei Luft­seil­bah­nen, die zur Sta­ti­on See­gru­be und Haf­ele­kar weiterfahren.

Ich lau­fe noch zur Berg­sta­ti­on der Hun­ger­burg­bahn, die eini­ge Meter von der Tal­sta­ti­on der Luft­seil­bahn ent­fernt ist. Das Gebäu­de hier sieht sehr futu­ri­stisch aus und wur­de wie die Sprung­schan­ze von der Archi­tek­tin Zaha Hadid entworfen.

Die heu­ti­ge Hun­ger­burg­bahn ist übri­gens die zwei­te ihrer Art und war nicht ganz unum­strit­ten. Zwi­schen 1906 und 2005 ver­kehr­te bereits eine Hun­ger­burg­bahn, aller­dings auf einer ande­ren Strecke und etwas stei­ler als die heu­ti­ge Bahn. Die wur­de jedoch geschlos­sen und durch die jet­zi­ge Tras­se mit moder­nen Zügen ersetzt, die 2007 ihren Betrieb aufnahmen.

Von der Berg­sta­ti­on der Bahn habe ich dann einen rich­tig schö­nen Blick auf Inns­bruck, der wie­der ganz anders ist als die Aus­blicke, die ich zuvor genos­sen habe. Von hier ist erst­mals der Inn rich­tig schön zu sehen, der durch die Stadt­mit­te fließt und Inns­bruck auch zu sei­nem Namen verhalf.

Mit dem Tele­ob­jek­tiv kann ich nicht nur die Hof­burg, son­dern sogar unser Hotel ein­fan­gen, des­sen Sil­hou­et­te von hier gut erkenn­bar ist.

Zurück am Auto beschlie­ßen wir, erst ein­mal ins Hotel zurück­zu­fah­ren, denn wir sind doch etwas geschafft und eine klei­ne Pau­se tut uns sicher­lich gut.

Doch zu Ende ist die­ser Tag noch lan­ge nicht. Wie es wei­ter­geht, gibt es dann im zwei­ten Teil zu lesen.

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