VIVA FLORIDA 500


TAG 2: Sams­tag, 16.02.2013
Coa­stal Dri­ve – von Ft. Lau­derd­a­le nach Ft. Pierce

Schon gegen 5:30 Uhr bin ich wie­der wach, aber das ist dank des Jet­lags ja nichts neu­es. Ins­ge­samt muss ich aber sagen, dass ich die erste Nacht sehr gut geschla­fen habe. Und da ich es kaum erwar­ten kann los­zu­fah­ren, packe ich auch recht schnell mei­ne sie­ben Sachen und bin bereits gegen 7:30 Uhr unter­wegs. Da das erste Ziel mei­nes heu­ti­gen Tages aber erst um 10 Uhr sei­ne Pfor­ten öff­net, ver­bum­me­le ich die Zeit auf dem schö­nen A1A Rich­tung Nor­den. Lei­der ist es heu­te früh noch sehr bedeckt, doch das soll sich, laut Wea­ther Chan­nel bald ändern. In Palm Beach ange­kom­men, haben sich die Wol­ken aller­dings immer noch nicht verzogen.

Trotz­dem genie­ße ich es, end­lich ein­mal wie­der hier zu sein. Ich lau­fe ein biss­chen durch den Ort, ent­lang der Worth Ave. (der Rodeo Dri­ve des Ostens), zum Brea­k­ers Hotel (wo ich schon super schön über­nach­tet habe) und lan­de schließ­lich am Sea Gull Cot­ta­ge, dem älte­sten Haus von Palm Beach.

Das histo­ri­sche Sea Gull Cot­ta­ge wur­de im Jahr 1886 erbaut und war in den 1880ziger und 1890ziger Jah­ren als der “Show­place along the shores” bekannt. Erbaut wur­de es von R.R. McCor­mick, einem Bau­un­ter­neh­mer aus Den­ver. Den Bewoh­nern von Palm Beach war es beson­ders wegen sei­ner fun­keln­den Blei­glas­schei­ben, sei­ner präch­ti­gen Maha­go­ni Trep­pe, die aus dem Holz eines Schiffs­wracks gebaut wur­de, dem Ein­gang aus Mar­mor sowie sei­nem Turm bekannt.

Nach­dem Hen­ry Mor­ri­son Flag­ler das Haus im Jahr 1893 sah, kauf­te er es von McCor­mick für $75.000. Sea Gull wur­de dar­auf­hin Flag­lers Win­ter­re­si­denz, bis sein angren­zen­des Her­ren­haus „White­hall“ 1902 fer­tig­ge­stellt wur­de. Im Jahr 1913 ver­setz­te Flag­ler das Haus von sei­ner Lage am Lake Worth zum Atlan­ti­schen Oze­an. Dort konn­ten es die Gäste sei­nes neu­en Brea­k­ers Hotels als Unter­kunft mieten.

Als das alte und ver­wit­ter­te Gebäu­de 1984 vom Abriss bedroht war, wur­de es von der Pre­ser­va­ti­on Foun­da­ti­on of Palm Beach geret­tet, aber­mals quer über die Insel zurück an das Ufer des Lake Worth ver­setzt und restauriert.

Heu­te ist das Haus, das älte­ste noch exi­stie­ren­de Gebäu­de in Palm Beach und gehört zur Roy­al Poin­cia­na Cha­pel. Im klei­nen Gar­ten davor kann man herr­lich ent­span­nen und auf das Was­ser des Lake Worth schauen.

Und damit auch jeder weiß, von wem wir hier spre­chen, darf ich vorstellen:

Hen­ry Mor­ri­son Flag­ler – einer der bedeu­tend­sten und ein­fluss­reich­sten Män­ner Floridas.

Hen­ry Mor­ri­son Flag­ler wur­de am 2. Janu­ar 1830 in Hope­well, New York gebo­ren. Mit 14 Jah­ren zog es ihn nach Ohio, wo er bei L.G. Hark­ness und Com­pa­ny Anstel­lung fand. Mit 22 Jah­ren wur­de er Part­ner in der Fir­ma und ein spä­ter hei­ra­te­te er Mary Hark­ness, mit der er 3 Kin­der hat­te. Hier lern­te er u.a. auch John Rocke­fel­ler ken­nen, mit dem, sowie Wil­liam Rocke­fel­ler, Samu­el Andrew und Ste­phen V. Hark­ness (sie­he auch hier), er spä­ter die Fir­ma Stan­dard Oil grün­de­te. Sie war für mehr als ein­hun­dert Jah­re die erfolg­reich­ste und pro­fi­ta­bel­ste Fir­ma der Welt und bil­de­te auch den Grund­stein für Flag­lers Vermögen.

Durch eine Erkran­kung sei­ner ersten Frau Mary Hark­ness kam Flag­ler zum ersten Mal nach Flo­ri­da. Danach kam er immer wie­der nach Flo­ri­da und begann, hier Hotels zu errich­ten. Noch heu­te ste­hen die­se in St. Augu­sti­ne, Palm Beach und Key West. Sein größ­ter Tri­umph war aber wohl der Bau der Over­se­as Rail­way, die zum ersten Mal die Flo­ri­da Keys mit­ein­an­der ver­band und so eine Bahn­fahrt an der gesam­te Ost­kü­ste Flo­ri­das ent­lang ermög­lich­te. Für sich und sei­ne drit­te Frau, Mary Lily Ken­an, erbau­te er schließ­lich die­ses pracht­vol­le Anwe­sen in Palm Beach, das er „White­hall” nannte.

Nach sei­ner Fer­tig­stel­lung 1902, nann­te der New York Herald das Haus “Schö­ner als jeden Palast in Euro­pa und grö­ßer und präch­ti­ger als jede Pri­vat­woh­nung der Welt.”. Heu­te ist White­hall ein Natio­nal Histo­ric Land­mark und als Muse­um wie­der so zu besich­ti­gen, wie es zu Flag­lers Zei­ten aus­sah. Doch das war nicht immer so. Nach Flag­lers Tod im Jahr 1913 hat das Gebäu­de eine wech­sel­vol­le Geschich­te hin­ter sich und soll­te sogar ein­mal abge­ris­sen werden.

Als Mary Lily Ken­an Flag­ler 1917 stirbt, ver­macht sie das Haus und all ihre Besitz­tü­mer ihrer Nich­te Loui­se Wise, da sie und Flag­ler nie Kin­der hat­ten. Weil sie das Haus allein nicht unter­hal­ten konn­te, erlaub­te es Loui­se Wise 1925, dass das Haus zu einem Hotel umge­baut wird. Dazu wur­de auch ein Turm mit 300 Zim­mern ange­baut, des­sen unter­ste Eta­ge heu­te noch erhal­ten ist. Die Räu­me im Erd­ge­schoss von White­hall wur­den zu den öffent­li­chen Räu­men des Hotels umfunk­tio­niert und Flag­lers Schlaf- und Gäste­zim­mer zu den teu­er­sten Sui­ten. Zu sei­nen besten Zei­ten beher­berg­te das Hotel berühm­te Per­sön­lich­kei­ten wie Gre­ta Gar­bo oder Walt Dis­ney. Mit­te der 50ziger ver­fiel das Hotel jedoch immer mehr, da es nicht mehr zeit­ge­mäß war. Inve­sto­ren woll­ten an das wert­vol­le Land kom­men und so droh­te der Abriss.

Zum Glück hör­te 1959 Flag­ler Enke­lin Jean Flag­ler Matthews davon. Sie kauf­te Haus und Grund­stück und errich­te­te das Flag­ler Muse­um. Die Ein­rich­tung bekam sie von Freun­den, Bekann­ten und der Fami­lie zurück. Kur­ze Zeit spä­ter wur­de auch der Hotel­turm abge­ris­sen. Nur die unte­ren zwei Eta­gen blie­ben erhal­ten und sind heu­te noch zu sehen.

Whitehall - Henry Morrison Flagler Museum

Im Jahr 2005 bekam das Flag­ler Muse­um Zuwachs. Ein neu­er Aus­stel­lungs­pa­vil­lon wur­de errich­tet, der seit­dem den pri­va­ten Wagon von Hen­ry Flag­ler beherbergt.

Whitehall - Henry Morrison Flagler Museum

Whitehall - Henry Morrison Flagler Museum  Whitehall - Henry Morrison Flagler Museum

Nach unge­fähr zwei Stun­den fah­re ich dann wei­ter Rich­tung Nor­den. End­lich scheint auch die Son­ne vom blau­en Him­mel und hat so ziem­lich alle Wol­ken ver­trie­ben. Auch mein näch­stes Ziel habe ich schon 2005 ein­mal besucht, das Hou­se of Refu­ge in der Nähe von Stuart. Die Fahrt dort­hin fin­det wie­der größ­ten­teils auf der schö­nen A1A immer ent­lang der Küste statt, bevor ich im klei­nen Ört­chen Stuart zum Muse­um abbiege.

Das Haus of Refu­ge an der Gil­berts Bar ist das ein­zi­ge noch erhal­te­ne Hou­se of Refu­ge an der Küste Flo­ri­das. Es wur­de 1875 als eines von 10 an der Küste Flo­ri­das erbaut und ist heu­te das älte­ste Gebäu­de in Mar­tin Coun­ty. Errich­tet wur­den die­se Gebäu­de vom US Life-​Saving Ser­vice, um an unzu­gäng­li­chen Küsten­ab­schnit­ten Schiff­brü­chi­ge auf­zu­neh­men. Dort konn­ten die­se dann mit Nah­rung und Klei­dung ver­sorgt wer­den und hat­ten erst ein­mal ein Dach über dem Kopf.

Im Erd­ge­schoss wohn­te ein Ange­stell­ter des US Life-​Saving Ser­vice mit sei­ner Fami­lie. Sei­ne Auf­ga­be war es, beson­ders wäh­rend Stür­men, nach über­le­ben­den Schiff­brü­chi­gen Aus­schau zu hal­ten. Oft war es für die­se Men­schen ein sehr ein­sa­mes Dasein an der dünn­be­sie­del­ten und unzu­gäng­li­chen Atlan­tik­kü­ste Flo­ri­das. Um Lebens­mit­tel zu erhal­ten war eine 7‑tägige Rei­se nach Nor­den zur Stadt Jack­son­ville nötig. Trotz­dem spiel­ten der­ade die­se Orte eine wich­ti­ge Rol­le in der Ent­wick­lung Flo­ri­das und ret­te­ten unzäh­li­gen Men­schen das Leben.

House of Refuge Museum  House of Refuge Museum

Seit 1875 hat aber auch das Hou­se of Refu­ge selbst schon unzäh­li­gen Stür­men getrotzt. Beson­ders das Jahr 2004 setz­te dem klei­nen Muse­um zu, denn es lag im direk­ten Pfad von Hur­ri­kan Fran­ces und Hur­ri­kan Jean­ne. Doch es über­stand auch die­se bei­den Stür­me mit nur gerin­gem Scha­den und steht noch heu­te an Flo­ri­das Küste.

Und wei­ter geht es Rich­tung Nor­den auf dem A1A. Ziel des heu­ti­gen Tages soll Ft. Pier­ce sein. Doch bevor ich dort ankom­men, will ich noch das Natio­nal Navy UDT-​Seal Muse­um besu­chen. Wer schon mei­nen Rei­se­be­richt „Redis­co­ver the Southwest” gele­sen und/​oder ein biss­chen auf mei­ner Home­page gestö­bert hat, der hat viel­leicht auch mit­be­kom­men, dass ich mich für die Navy inter­es­sie­re. Ent­stan­den ist das durch Freun­de in den USA, die in der Navy waren oder noch sind. Die Seals sind die Éli­te Ein­heit der Navy und auf North Hut­chin­son Island befin­det sich das ein­zi­ge Muse­um in den USA, das ihre Geschich­te erzählt.

Gebo­ren wur­de die Idee zum Muse­um im Haus von Albert Stan­kie. Er und eini­ge sei­ner Kame­ra­den aus der Navy sam­mel­ten Arte­fak­te aus ihrer Dienst­zeit im 2. Welt­krieg. 1985 grün­de­ten sie dann die­ses Muse­um. Heu­te sind hier vie­le inter­es­san­te Arte­fak­te zu sehen, die die gesam­te Geschich­te der Navy Seals und ihrer Vor­gän­ger umfassen.

NAVY UDT-SEAL Museum  NAVY UDT-SEAL Museum

Beson­ders inter­es­sant fand ich die­ses Ret­tungs­boot. Viel­leicht erin­nert sich noch jemand dar­an, dass kurz vor Ostern 2009 der Frach­ter Maersk Ala­ba­ma von soma­li­schen Pira­ten geen­tert wur­de. Dabei wur­de der Kapi­tän Richard Phil­lips von 3 Pira­ten in die­sem Ret­tungs­boot als Gei­sel gefan­gen gehal­ten. Befreit wer­den konn­te er erst nach 4 Tagen durch die Navy Seals. Die Geschich­te wur­de übri­gens gera­de mit Tom Hanks in der Haupt­rol­le ver­filmt und soll in 2013 ins Kino kommen.

Nach die­sem schö­nen und ereig­nis­rei­chen Tag fah­re ich end­lich in Rich­tung Hotel, wo ich pro­blem­los ein­checke. Bald dar­auf mel­det sich auch mein Magen zu Wort und so fah­re ich zu Applebee’s der gleich um die Ecke liegt. Heu­te gibt es Chicken Ten­ders mit Honey Mustard Sau­ce, Cole Slaw und Fries. Das ist hier immer beson­ders lecker.

Mei­len: 176
Wet­ter: wol­kig, spä­ter heiter/​ 20–22 Grad
Abend­essen: Applebee’s
Hotel: Fair­field Inn Ft. Pierce

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