Tag 2 – 10. September 2014
Take me home, country roads – Washington nach Harrisonburg
„Ich benutze nicht nur das Gehirn, das ich besitze, sondern borge mir noch zusätzlich, was ich bekommen kann.” – Woodrow Wilson
Schon früh bin ich heute wach, Jetlag sein Dank. So packe ich also meine Siebensachen und fahre recht bald los. Das ist auch völlig unproblematisch, denn während sich auf der Gegenfahrbahn die morgendliche Rushhour tummelt, ist meine Seite fast leer. So komme ich zügig voran und bis schon nach einer guten Stunde Fahrt in Front Royal, das am nördlichen Eingang des Shennandoah National Park liegt.
Am Eingang erwerbe ich als Erstes meinen neuen National Park Pass. Und schon kurze Zeit später eröffnen sich erste schöne Ausblicke ins Tal.
Doch leider bleibt das nicht so. Umso höher ich komme, desto mehr verschwindet die Sonne.
Kurze Zeit später wird es ganz schlimm, ich bin im dichten Nebel gefangen. Noch schlimmer ist, dass es anscheinend so bleibt. Keine Besserung in Sicht.
Nur gut, dass nach einer Stunde Fahrt der Abzweig nach Luray auftaucht. Sobald ich ins Tal komme, scheint dann auch wieder die Sonne. Mein Ziel sind die Luray Caverns. Hier will ich schon ewig mal hin. Was ich allerdings nicht ahne, sind die Auswirkungen, die dieser Besuch auf meine Tour an der Westküste haben wird. Hier erfahre ich darüber nichts. Und so kaufe ich mir ein Ticket.
Die Höhlen können nur auf einer geführten Tour besichtigt werden. Das gesamte Höhlensystem ist mit 26 Hektar das größte im Osten der USA.
Da bis zur nächsten Führung noch etwas Zeit ist, besuche ich zunächst das Auto- und Kutschenmuseum, das im Ticketpreis inklusive ist.
Diese Kutsche ist eine portugiesische Berlin Coupé de Gala aus dem Jahr 1727. Erfunden wurde dieser Kutschentyp übrigens in Berlin. Die Kutsche hängt an Lederstreifen und durch die Federung wurde das Reisen komfortabler.
Um Punkt 10 Uhr geht es dann hinab in die Höhle. Über eine lange Treppe steige ich immer tiefer in die Erde hinab, um dann neben dem Ort herauszukommen, an dem das Höhlensystem zum ersten Mal von Menschen betreten wurde.
Es war der 13. August 1878 als der Schmied Andrew Campbell, sein Neffe William Campbell sowie der ortsansässige Fotograf Benton Stebbins zunächst einen kühlen Luftzug aus dem Boden bemerkten und begannen, an der Stelle zu graben. Etwa fünf Stunden danach seilte sich Andrew Campbell als erster in das Höhlensystem ab.
Der Weg durch die Höhlen ist nicht schwierig, denn er ist recht eben und gut gepflastert.
Besonders beeindruckend finde ich die kleinen Wasserflächen, in denen sich die Stalaktiten spiegeln. Das sieht fantastisch aus.
Unterwegs erzählt Rachel, unser Guide, viel über die Entstehung der Höhlen. Leider sehe ich auch immer wieder abgebrochene Stalaktiten. Rachel erklärt, dass die ersten Besucher diese oft als Souvenir mitnahmen. Sehr beeindruckend sind auch die großen Schilde, die es in den Höhlen gibt.
In einem der großen Höhlenräume liegt ein riesiger umgestürzter Stalagmit. Über 6000 Jahre es her sein, seit er umgefallen ist. Rachel erklärt, dass man das an der Tropfgeschwindigkeit der Höhle feststellen kann.
Am Ende der Höhlen befindet sich dann noch dieser kleine Teich, in den die Besucher als einzigen etwas werfen dürfen. Bevorzugt natürlich Geld. Und wenn man das über seine Schulter ins Wasser katapultiert, soll es auch hier Glück bringen.
Ganz zum Schluss kommen wir dann noch an den Spiegeleiern vorbei, einer Formation, die tatsächlich wie gebratene Eier aussieht. Ganz blank erscheinen sie, denn bis vor kurzem durften die Besucher darüberstreichen. Da jedoch das viele Anfassen irreparable Schäden verursacht hat, ist es jetzt verboten.
Neben den Höhlen und dem Automuseum befinden sich auf dem Gelände auch noch ein Spielzeugmuseum, ein Labyrinth sowie ein kleines historisches Museum zur Geschichte der Region. Dorthin zieht es mich nach dem Besuch der Höhlen auch noch.
Das Luray Valley Museum zeigt das Leben in dieser Region bis ins Jahr 1920. Einige Häuser aus der Umgebung sind im Museum zusammengetragen worden.
Die 1885 erbaute Hamburg Regular School war die erste Schule in dieser Region, die schwarze Kinder besuchen konnten.
Im kleinen angeschlossenen Museum entdecke ich dann wieder mal erstaunliches. Deutsche Einwanderer haben doch einfach überall ihre Spuren hinterlassen.
Fast drei Stunden später breche ich auf. Weiter geht es nach Süden – mein nächstes Ziel: Staunton. In diesem kleinen verschlafenen Städtchen wurde am 28. Dezember 1856 Woodrow Wilson, der 28. Präsident der USA geboren. Heute erinnern ein kleines Museum sowie sein Geburtshaus an ihn.
Besonders interessant fand ich, dass Woodrow eigentlich nur der zweite Vorname von Wilson und der Nachname der Familie seiner Mutter war. Sein Rufname als Kind war Thomas. Erst später entschied sich Wilson dazu, ihn in Woodrow zu ändern.
Ich bin auch hier mal wieder erstaunt, was ich so alles entdecke. In Wilson Präsidentschaft von 1913–1921 fiel auch der 1. Weltkrieg.
Ebenfalls ausgestellt ist das Auto des Präsidenten, eine Pierce Arrow Limousine. Die Pierce Arrow Motor Company war von 1901–1938 in Buffalo, NY ansässig und produzierte hier neben Luxuskarossen auch Trucks, Motorräder und Fahrräder.
Gleich neben dem Museum steht dann das Geburtshaus von Woodrow Wilson. Sein Vater, ein Pfarrer, hatte dieses Haus von der Kirche gestellt bekommen. Es gehörte also nicht der Familie Wilson. Sie wohnten hier von 1855 bis 1858, bevor Joseph Wilson nach Augusta, Georgia versetzt wurde.
Das Haus wurde übrigens von keiner geringeren als Edith Bolling Galt Wilson, seiner Ehefrau, persönlich, nach dem Tod des Präsidenten als Museum hergerichtet.
Am frühen Abend führt mich mein Weg dann noch ein Stückchen weiter nach Harrisonburg, wo ich im Hampton Inn übernachte.
Meilen: 227
Wetter: Sonne und Wolken im Wechsel, Nebel in den Bergen; 15–25 Grad
Hotel: Hampton Inn South, $109.68