Tag 10 – Dienstag, 16. Februar 2016
Art and Style – Orlando nach Port Charlotte
„It’s always sunny in the Sunshine State. Except for at night.” – Jarod Kintz
Es ist kaum zu glauben, aber der Wetterbericht trifft wieder genau ins Schwarze, was ich sofort sehe, als ich die Vorhänge zurückziehe – die Sonne scheint und der Himmel ist blau.
So trödele ich gar nicht lange rum und bin ganz schnell wieder auf der Straße. Es stehen zwar noch ein paar Besichtigungen in Orlando auf meiner niemals enden wollenden Liste (und nein, keine davon ist ein Vergnügungspark), doch heute habe ich ein anderes Ziel vor Augen – die Bok Tower Gardens, die ungefähr eine Fahrstunde südlich von Orlando in Lake Wales liegen.
Gleich nach dem Kassenhäuschen lande ich in einem riesigen Orangenhain, durch den die Zufahrt zum Anwesen führt. Und alle Bäume hängen voll mit Früchten. Hier ist die Orangenproduktion noch lebendig, auch wenn sie vielerorts in Florida immer mehr verschwindet.
Am Parkplatz lande ich dann erst einmal auf einer Baustelle, denn hier wird gerade der gesamte Eingangsbereich um- und neugebaut. Ich aber nutze noch den alten Eingang, der für mich, gar nicht so alt aussieht.
Nachdem ich einen Plan des Grundstücks am Infodesk bekommen habe, gehe ich gleich los in Richtung der Hauptattraktion des Gartens – dem Bok Tower. So früh am Morgen ist es wieder sehr leer, was sich später ändern soll. Auch hier empfiehlt es sich also gleich zur Öffnung zu kommen.
Meinen ersten Blick auf den Glockenturm erhasche ich bereits nach kurzer Zeit, leider noch im Gegenlicht. Überall um mich herum blüht es und Vögel zwitschern.
In der Ferne sind noch mehr Orangenhaine zu sehen.
Der Bok Tower steht auf dem Iron Mountain, mit 90 Metern einer der höchsten Erhebungen in Florida. In Auftrag gegeben wurde sein Bau vom Millionär Edward W. Bok. Er beauftragte Frederick Law Olmsted jr. mit der Anlage des Parks und einem Gebäude. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 1921.
Der „Singende Turm”, wie der Bok Tower auch genannt wird, ist mit einem Carillon, einem großen, spielbaren Glockenspiel ausgestattet. Die 60 Glocken werden jeden Tag gespielt, kurz zur vollen Stunde, länger zu zwei täglichen Konzerten.
Das Innere des Turm ist für die Öffentlichkeit leider nicht zugänglich. Nur wenige Menschen haben an ausgewählten Tagen im Jahr Zugang. Im Turm befindet sich außerdem eine Büchersammlung, die wahrscheinlich die größte Carillion Bibliothek der Welt ist.
Der 62,5 Meter hohe Turm und der umliegende Park wurden am 1. Februar 1929 von Präsident Calvin Coolidge persönlich eingeweiht. Nur ein Jahr später verstarb Edward Bok bereits und wurde am Fuße des Turmes beigesetzt.
Ich laufe weiter durch den schönen Park. Zu den Bok Tower Gardens gehört seit 1970 das Pinewood Estate, das Charles Austin Buck für sich und seine Frau als Winterdomizil errichten ließ. Auch hier gedeihen Orangen und Mandarinen an den Bäumen.
Um das Pinewood Estate auch von innen zu besichtigen, braucht man ein Zusatzticket. Ich habe es bereits am Tor erworben, aber es kann ebenso an der Haustür gekauft werden.
Charles Austin Buk ließ sich Pinewood im Jahr 1930 als Winterdomizil für sich und seine Frau erbauen. Die 1200 qm große Villa ist im italienischen Stil gebaut und die 20 Zimmer mit vielen Schnitzereien und Fliesen ausgestattet. Im Eingangsbereich werde ich von Jean begrüßt, die mich kurz in die Geschichte des Hauses einführt.
Dann darf ich weiterziehen. Die Tour läuft auf eigene Faust, aber in fast jedem Raum gibt es Guides, die auch Fragen beantworten oder kurz die Geschichte des Raumes erläutern.
Die Einrichtung des Hauses ist auch heute noch fast vollständig erhalten. Die meisten der antiken Möbel hatte Charles Buck in Frankreich, Spanien und Italien gekauft.
Zum Anwesen gehört ein parkähnlicher Garten, der von William Lyman Phillips, einem Mitarbeiter der Olmsted Brothers, entworfen wurde.
Auf dem Rückweg zum Parkplatz komme ich noch am Window by the Pond vorbei, einem See, an dem Tiere beobachtet werden können.
Ich sehe jedoch nur diese zwei.
Im Café genehmige ich mir noch einen kleinen Lunch, bevor ich weiter fahre.
An der Ausfahrt komme ich noch am ehemaligen Büro von Olmsted vorbei, das heute für Events genutzt wird.
Eine gute Stunde fahre ich, bis ich St. Petersburg erreiche. Während mein Augenmerk auf meiner letzten Florida Tour mehr auf Tampa lag, will ich mich dieses Mal hier umsehen. Direkt im Zentrum finde ich einen Parkplatz und füttere die Parkuhr.
Sofort fällt mir der Pier ins Auge, nun ohne die auf dem Kopf stehende Pyramide.
Ich laufe ein bisschen durch den schönen North Straub Park.
Vorbei komme ich auch am schönen Vinoy Hotel, in dem ich 2005 schon einmal übernachten durfte.
Schließlich erreiche ich das Chihuly Museum hier in St. Petersburg. Auf 930 qm gibt es hier eine ständige Ausstellung des Glaskünstlers Dave Chihuly. Bald soll sie in ein neues Gebäude umziehen, doch noch ist die Ausstellung am Beach Drive zu sehen.
Im ersten Raum gibt es aber erst einmal eine Sonderausstellung des Glaskünstlers John Kiley zu sehen. Seit 1992 widmet er sich der Glasbläserei, kommt aus Seattle und hat schon mehrmals mit Dave Chihuly zusammengearbeitet.
Dann aber gelange ich in die Chihuly Ausstellung. Ich kenne seine Arbeiten nur aus Las Vegas oder einigen Sonderausstellungen. Das neue Museum im Seattle habe ich bisher nicht besucht. Und so ist das hier auf jeden Fall ein Erlebnis für mich.
Außergewöhnlich ist die Ausstellung auch, weil sie in Räumen, die exklusiv für die Werke von Chihuly vom Architekten Alfred Alonso gestaltet wurden, gezeigt wird.
In den letzten Raum der Ausstellung gelangt man durch diesen Gang mit Blumendecke, der mich doch etwas an die Lobby des Bellagio in Las Vegas erinnert.
Ich verlasse St. Petersburg und entscheide mich gegen einen Ausflug nach St. Pete Beach. Über die Sunshine Skyway Bridge führt mich der Weg weiter nach Süden, immer an der Golfküste entlang.
Genau 5,5 Meilen ist die heutige, im Jahr 1987 eingeweihte, Brücke lang, die einmal quer über die Tampa Bay führt. Die Brücke, die im Volksmund auch „Der Katzenbuckel” genannt wird, ersetzt eine alte Brücke, die vom deutsch-amerikanischen Architekten Hannskarl Bandel entworfen wurde. Der Architekt entwarf, in Zusammenarbeit mit seinem Partner Fred Severud, übrigens auch die Marina Towers in Chicago, die Toronto City Hall, das Dach des Madison Square Garden sowie das Kennedy Center in Washington D.C.
Auf dem Weg nach Süden komme ich einmal mehr durch Sarasota. Es allerdings schon spät heute und weitere Besichtigungen sind nicht geplant. Das Ringling Museum hatte ich auf meiner letzten Tour in 2013 schon besichtigt. Doch bei der Fahrt durch die Stadt springt mir eine Statue ins Auge, die ich schon lange kenne – The Unconditional Surrender von Seward Johnson. Was ich nicht wusste ist, dass die Statue hier in 2005 zuerst aufgestellt wurde, noch bevor sie je nach San Diego kam. Nach dem Abbau des Originals wurde auch hier eine Kopie errichtet.
Für die Nacht habe ich mit Hilfe von Punkten und einer Zuzahlung ein Zimmer im Days Inn in Port Charlotte reserviert. Es war gar nicht so einfach, irgendetwas zu finden, was sowohl akzeptabel als auch bezahlbar war. Das Hotel hier ist aber nett und sauber, sodass ich meine Wahl nicht bereue. Auch Geschäfte und Lokale sind in der unmittelbaren Umgebung zu finden.
Meilen: 230
Wetter: sonnig, 62–78 Grad
Hotel: Days Inn Port Charlotte