TAG 5: 17. Juni 2012
Geburtstag einmal ganz anders – Unterwegs in den Borderlands
Heute habe ich Geburtstag und dementsprechend fröhlich wache ich heute früh auf. Kurz darauf klingelt auch schon zum ersten Mal mein Handy und meine Mama gratuliert mir. Im Laufe des Tages nehme ich noch etliche weitere Telefonate entgegen. Ganz passend zum Thema finde ich dann auch gleich um die Ecke vom Hotel dieses schöne Ensemble. Daran konnte ich einfach nicht vorbeifahren, ohne ein Foto zu machen.
Dann fahre ich weiter zum Glenfinnan Monument. Es wurde 1815 am Loch Shiel errichtet, um den Platz zu kennzeichnen, an dem Prinz Charles Edward Stuart (Bonnie Prinz Charlie) 1745 sein Gefolge während der Jakobiner Aufstände zu sammeln begann.
Gleich um die Ecke ist auch das Glenfinnan Viadukt, das ja, spätestens seit Harry Potter, weltberühmt ist. Erreichen kann man es jedoch nur zu Fuß und diese Wanderung will ich bei Nieselregen einfach nicht auf mich nehmen.
So fahre ich recht schnell weiter Richtung Glencoe, doch die schöne Landschaft bleibt oft hinter immer tiefer hängenden Wolken verborgen. Schade eigentlich, aber wohl ein Grund, noch einmal hierher zu fahren.
Der Regen wird unterwegs immer heftiger. Und das passt jetzt so gar nicht, denn es gibt da ein Haus, das ich unbedingt besuchen will. Doch das Wetter kann nun mal keiner ändern und so muss es eben auch so gehen. Erst fahre ich fast vorbei an der Zufahrt zum Pineapple House, einem der ungewöhnlichsten Häuser Schottlands, doch nach genauerem Hinsehen erspähe ich das Einfahrtstor. Über eine mit Schlaglöchern übersäte Sandzufahrt erreiche ich den Parkplatz – eine matschige Angelegenheit in diesem Wetter.
Inzwischen regnet es so heftig, dass ich ernsthaft überlege umzukehren, doch zu groß ist die Neugier. Und so mache ich mich mit Regenjacke, Schirm und Kamera bewaffnet auf zum Haus.
Und das hat sich trotz Regen gelohnt, wie ich finde. Denn wo sieht man schon so ein ungewöhnliches Haus? Das Gebäude wurde übrigens von Lord Dunmore als Gewächshaus für Ananas gebaut. Danach ging er für Jahre als Gouverneur nach Virginia. Erst nach seiner Rückkehr baute er weiter an dem Haus und gab ihm die ungewöhnliche Form. Seit 1974 gehört das Haus schon zum National Trust und kann heute als Feriendomizil gemietet werden.
Auf der Weiterfahrt nach Süden lässt der Regen endlich nach. Am Straßenrand entdecke ich dann noch dieses schöne Viadukt, das ich zumindest einmal fotografieren will, wo ich schon das Glenfinnan Viadukt nur aus weiter Ferne gesehen habe.
Dass ich heute etwas kreuz und quer fahre, ist meinen nächsten beiden Zielen geschuldet, denn diese beiden Häuser wollte ich unbedingt besuchen. Allerdings sind sie nur an zwei bzw. drei Tagen pro Woche geöffnet und so nehme ich diesen kleinen Umweg eben in Kauf.
Mellerstain ist eines der großartigsten Gregorianischen Häuser Schottlands. Entworfen wurde das Haus vom Architekten William Adam und die Bauarbeiten begannen bereits 1725. Fertiggestellt wurde Mellerstain allerdings erst 1778. Im Haus sind die Prunkräume öffentlich zugänglich, in denen auch viele persönliche Dinge der Familie des Earl von Haddington zu sehen sind. Herausragend sind aber besonders die fantastischen Decken. Die Gärten rund um das Haus wurde 1909 im italienischen Stil neu angelegt.
Nicht weit entfernt von Mellerstain liegt ein weiteres schottisches Herrenhaus, das ich mir nicht entgehen lassen will – Manderston.
Das Heim von Lord und Lady Palmer ist ein wunderschönes Beispiel schottischer Herrenhäuser. Es wurde gebaut, ohne auf Kosten achten zu müssen und hatte alle modernen Vorzüge der damaligen Zeit zu bieten. Manderston hat wunderschöne Prunkräume und eine beeindruckende silberne Treppe, die vom Erdgeschoss in die erste Etage führt. Umrahmt wird das Haus 22 Hektar Gärten, die den Besucher zum Verweilen einladen.
Die schottischen Borders sind das letzte Ziel des heutigen Tages. Kaum eine Region ist so geschichtsträchtig wie diese und doch verirren sich nicht so viele internationale Touristen hierher. Die Borders, das ist das Grenzland zwischen England und Schottland, in dem es oft zu Grenzstreitigkeiten kam. Einen letzten, alles andere überschattenden Niedergang erlebte die Region unter der Herrschaft Oliver Cromwells. Er ließ weite Teile in Schutt und Asche legen, plünderte und zerstörte teilweise die berühmten und vor allem reichen Abteien der Region, die Border Abbeys von Dryburgh und Jedburgh, von Kelso und Melrose.
Melrose Abbey wurde um 1136 auf Bitte des schottischen Königs David I. von Zisterziensermönchen errichtet. Im Jahre 1544, als englische Truppen durch Schottland jagten, wurde die Abtei schwer beschädigt und niemals wieder vollständig restauriert. Dies führte zu ihrem Niedergang als bewohntes Kloster. Der letzte Abt war James Stuart (der Sohn von James V.), der 1559 starb. Im Jahre 1590 starb der letzte Mönch von Melrose Abbey. Die Gebäude der Abtei überstanden aber auch noch einen letzten Angriff durch Oliver Cromwell, der sie während des englischen Bürgerkriegs bombardierte. Spuren davon sind noch heute in den Außenwänden sichtbar.
Alexander II. von Schottland und andere schottische Könige und Adelige sind hier beerdigt. Das einbalsamierte Herz von Robert the Bruce soll auch auf dem Klostergelände begraben worden sein, nachdem man es von einem Kreuzzug zurückgebracht hatte. Im Jahre 1812 wurde in einem der Schiffe des südlichen Altarraums ein Steinsarg entdeckt, über den spekuliert wird, dass er dem Philosophen und „Zauberer” Michael Scotus gehört.
Weiterhin ist Melrose Abbey auch für ihre zahlreichen in Stein gehauenen Ausschmückungen, die Heilige, Drachen, Wasserspeier und Pflanzen darstellen, bekannt. Die Ungewöhnlichste ist aber wohl dieses Schwein, das Dudelsack spielt.
Nachdem ich die Abtei ausführlich erkundet habe, mache ich mich auf den Weg zur Grenze nach England, die ich heute auch noch überquere. Mein Hotel für heute Nacht befindet sich nämlich bereits auf englischem Boden, in der Nähe der Stadt Carlisle.
Meilen: 349
Wetter: bewölkt mit Schauern, teils heiter/ 9–16 Grad
HOTEL: Premier Inn M6, Jct. 44, £29