Into the unknown

Tag 8: Don­ners­tag, 06. Okto­ber 2016
Capi­tal busi­ness – Otta­wa nach Montréal

„Cana­da has always been the­re to help peo­p­le who need it.” – Justin Trudeau

Mein erster Mor­gen in Kana­da bricht an und wie­der ist der Him­mel knall­blau als ich aus dem Fen­ster schaue. Nur ein paar Wol­ken sind noch am Hori­zont zu sehen.

So packe ich ganz schnell mei­ne Sachen und fah­re noch­mals in die Innen­stadt von Otta­wa. Ich stel­le mein Auto im Park­haus der nahen Shopping-​Mall ab und lau­fe bei strah­len­dem Son­nen­schein los. Nach kur­zem Fuß­marsch errei­che ich den Par­lia­ment Hill. Der East Block ist eines der drei Regie­rungs­ge­bäu­de. Hier sind haupt­säch­lich Büros untergebracht.

Otta­wa ist er seit 1857 Kana­das Haupt­stadt. Zuvor such­te die neue Nati­on eini­ge Zeit nach einem geeig­ne­ten Ort. Toron­to, King­s­ton, Mon­tré­al oder Que­bec waren im Ren­nen, doch gewählt wur­de letzt­end­lich Otta­wa. Die Ent­schei­dung traf Queen Vic­to­ria, nach­dem man sie um Hil­fe bat und wur­de 1867 noch­mals von den soge­nann­ten „Fathers of Con­fe­de­ra­ti­on” bestätigt.

Herz­stück des Par­lia­ment Hill ist Cent­re Block mit dem Peace Tower. Die­ses Gebäu­de muss­te nach einem Brand im Jahr 1916 kom­plett wie­der auf­ge­baut und neu gestal­tet wer­den. Im Cent­re Block sind haupt­säch­lich das Unter­haus und der Senat unter­ge­bracht. Heu­te fin­det hier aber ein Charity-​Lauf statt, sodass alles weit­räu­mig abge­sperrt ist. Und seit dem Atten­tat 2014 kann man hier lei­der auch nicht mehr ein­fach so alles besich­ti­gen. Nur mit geführ­ter Tour kommt man näher an das Gebäu­de heran.

Kar­ten für die Tour soll es im Besu­cher­zen­trum auf der ande­ren Stra­ßen­sei­te geben. Doch davor ist schon am frü­hen Mor­gen eine rie­si­ge Schlan­ge. Dort anstel­len will ich mich dann doch nicht, sodass die Innen­be­sich­ti­gung wohl auf ein ande­res Mal ver­scho­ben wer­den muss. Ich schaue mir nur die Sta­tue von Ter­ry Fox an, die direkt davor steht. Eine trau­ri­ge Geschich­te, die sich hin­ter die­ser Sta­tue verbirgt.

Ter­ry Fox war ein begei­ster­ter Leicht­ath­let, der im Alter von 18 Jah­ren an Kno­chen­krebs erkrank­te. Kur­ze Zeit spä­ter muss­te ihm das rech­te Bein ober­halb des Knies ampu­tiert wer­den und er bekam eine Pro­the­se. Um Geld für die Krebs­for­schung zu sam­meln, initi­ier­te Fox den „Mara­thon of Hope”. Dabei woll­te er durch ganz Kana­da lau­fen und jeden Tag 42 Kilo­me­ter zurück­le­gen. Er star­te­te am 12. April 1980 und lief in 143 Tagen 5373 Kilo­me­ter bis nach Thun­der Bay. Dann waren sei­ne Lun­gen so vom Krebs zer­fres­sen, dass er auf­ge­ben muss­te und gutes ein hal­bes Jahr spä­ter verstarb.

Ich lau­fe schließ­lich wei­ter zum Rideau Canal. Gleich neben dem Par­la­ment lie­gen die Otta­wa Locks, eine Rei­he von Schleu­sen, die es Schif­fen erlaubt, vom Rideau Canal in den Otta­wa River zu fahren.

Die Otta­wa Locks sind die größ­ten aller Schleu­sen am Rideau Canal und über­win­den einen Höhen­un­ter­schied von 24 Metern. Ins­ge­samt gibt es acht Schleu­sen­kam­mern und eine Schleu­sung dau­ert durch­schnitt­lich 90 Minu­ten. Alle Schleu­sen­to­re wer­den dabei von Hand betrieben.

Der gesam­te Rideau Canal ist 202 Kilo­me­ter lang und ver­bin­det Otta­wa mit King­s­ton am Onta­rio­see. Der Kanal wur­de 1832 eröff­net und als Vor­sichts­maß­nah­me gebaut, falls es zu einem Kon­flikt mit den USA kom­men wür­de. Das Kanal­sy­stem ist das älte­ste durch­gän­gig betrie­be­ne in Nord­ame­ri­ka und wur­de 2007 zum UNESCO-​Weltkulturerbe erklärt. Heu­te wird es von Parks Cana­da betrie­ben und ist nur noch von Mit­te Mai bis Mit­te Okto­ber für pri­va­te Schif­fe geöffnet.

Sehr inter­es­sant sind vor allem die Schleu­sen­to­re. Sie sind aus Fich­ten­holz gefer­tigt und hal­ten 12 bis 15 Jah­re. Danach müs­sen sie erneu­ert wer­den. Auch heu­te noch wer­den sie von Tisch­lern und Schmie­den in Hand­ar­beit her­ge­stellt. Es dau­ert unge­fähr zwei Mona­te, um jeweils zwei Schleu­sen­to­re her­zu­stel­len. Die Tore müs­sen ganz genau pas­sen, damit sie Was­ser­dicht sind. Bei einer Schleu­sung wer­den übri­gens ca. 1,3 Mio. Liter Was­ser bewegt.

Da die Schleu­se zu Parks Cana­da gehört, gibt es natür­lich auch hier die berühm­ten roten Stühle.

Und man kann die Schleu­sen­to­re auch über­que­ren. Nicht nur Fuß­gän­ger, sogar Rad­fah­rer nut­zen die­sen Weg. Es ist schon sehr schmal und mal soll­te doch eini­ger­ma­ßen schwin­del­frei sein, aber auf jeden Fall fas­zi­nie­rend mit­ten auf dem Schleu­sen­tor zu stehen.

Vom unter­sten Schleu­sen­tor hat man dann einen schö­nen Blick über den Otta­wa River bis nach Gati­neau in Quebec.

Ein Modell macht noch ein­mal den Höhen­un­ter­schied deut­lich, den die Schleu­se überwindet.

Als ich schon gehen will, sehe ich ein Schiff die Schleu­se errei­chen. Nun war­te ich natür­lich noch, denn das will ich mir schon anse­hen, wie hier ein Schiff geschleust wird. Immer mehr Men­schen säu­men die Rän­der des Kanals, um dem Spek­ta­kel bei­zu­woh­nen. Die gan­zen ein­ein­halb Stun­den, die es dau­ert, die acht Schleu­sen­becken zu durch­lau­fen, blei­be ich aller­dings nicht.


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So lang­sam bekom­me ich Hun­ger und so gehe ich zur Rideau Cent­re Mall zurück, denn dort habe ich bei mei­ner Ankunft einen gro­ßen Food­court gesehen.

Und hier bekom­me ich end­lich auch wie­der Pou­ti­ne, die­ses typisch kana­di­sche Top­ping aus Bra­ten­sauce und Käse, das hier in Kana­da auf die Pom­mes kommt.

Mit­ten in Otta­wa befin­det sich auch die Lau­rier Hou­se Natio­nal Histo­ric Site. Das histo­ri­sche Gebäu­de war das Heim von zwei der wich­tig­sten Pre­mier­mi­ni­ster Kana­das und ist heu­te ein Museum.

Das Haus, das in einem Wohn­ge­biet Otta­was liegt, wur­de bereits 1878 erbaut. Der erste Pre­mier­mi­ni­ster, der hier ein­zog, war Sir Wil­fried Lau­rier. Von 1897 bis zu sei­nem Tod 1919 wohn­te der erste fran­ko­pho­ne Pre­mier­mi­ni­ster Kana­das hier. Sei­ne Frau, die 1921 ver­starb, ver­mach­te das Haus Wil­liam Lyon Macken­zie King, der 1923 ein­zog und eben­falls bis zu sei­nem Tod 1950 hier wohn­te. Danach soll­te das Haus zuerst offi­zi­el­le Resi­denz des Pre­mier­mi­ni­sters wer­den, doch das wur­de schließ­lich ver­wor­fen und statt­des­sen ein Muse­um eingerichtet.

In die­sem Raum, so wird mir erklärt, traf sich der Pre­mier­mi­ni­ster mit wich­ti­gen Per­so­nen, um Pro­ble­me zu bespre­chen. Dabei saßen alle Gäste immer in solch einer Run­de, wobei der Pre­mier­mi­ni­ster selbst auf der Bank vor dem Kamin Platz nahm. Er woll­te mit den doch eher unbe­que­men Sitz­mö­beln ver­hin­dern, dass es sich jemand zu bequem macht, anstatt sich mit den anste­hen­den Pro­ble­men zu befassen.

Auch vie­le berühm­te Per­sön­lich­kei­ten gin­gen in die­sem Haus ein und aus. Unter ihnen Sir Win­s­ton Chur­chill, Charles de Gaul­le, Frank­lin D. Roo­se­velt und King Geor­ge VI, des­sen Bild neben dem sei­ne Frau, Köni­gin Eliza­beth, auch heu­te noch im Haus zu fin­den ist.

Zuerst hat­te ich gedacht, dass man das Haus nur auf einer Füh­rung zu besich­ti­gen ist, da dies auf eini­gen Sei­ten im Inter­net zu lesen ist und vor mir auch eine Grup­pe das Haus betrat. Dem ist aber nicht so. Nach dem Ent­rich­ten von CAN$3.90 Ein­tritt durf­te ich mich völ­lig frei im Haus bewegen.

Jetzt wird es aber Zeit, Otta­wa den Rücken zu keh­ren, zumal sich der Him­mel inzwi­schen sowie­so kom­plett zuge­zo­gen hat und es emp­find­lich frisch gewor­den ist. Ich fah­re auf die Schnell­stra­ße in Rich­tung Mon­tré­al. Die Strecke ist nicht beson­ders span­nend und so kom­me ich zügig vor­an. Doch auf etwa hal­ber Strecke rei­ßen plötz­lich die Wol­ken auf und ver­schwin­den in rasen­der Geschwin­dig­keit. Der knall­blaue Him­mel ist zurück und auch die Tem­pe­ra­tu­ren stei­gen wie­der an. Na, das sind doch super Aus­sich­ten für mei­nen Besuch in Que­becs größ­ter Stadt.

Auch die wei­te­re Fahrt nach Mon­tré­al ist dann recht unspek­ta­ku­lär. Kaum errei­che ich die Außen­be­zir­ke der Mil­lio­nen­me­tro­po­le, beginnt der Ver­kehr wie­der dich­ter zu wer­den. Doch ich las­se mich davon nicht abhal­ten und beschlie­ße, mir auch gleich etwas anzu­se­hen. Man kann ja nie wis­sen, ob es mor­gen auch noch so schön ist.

Ich ent­schei­de mich dafür, auf den Mont Roy­al zu fah­ren. Von hier soll man eine tol­le Aus­sicht auf die Stadt haben. Am ersten Aus­sichts­punkt bin ich jedoch etwas ent­täuscht. Bei dem Betrieb, der hier herrscht, hät­te ich gedacht, dass das Pan­ora­ma schö­ner wäre. Das kann es doch nicht gewe­sen sein?

Mein Navi ver­rät mir, dass es hier einen ande­ren Aus­sichts­punkt geben soll, doch wo ist der nur. Von der Stadt aus soll er über vie­le Trep­pen erreich­bar sein, aber wie fin­det man ihn von hier oben? Schließ­lich ent­decke ich ein klei­nes Schild mit der Auf­schrift Cha­let du Mont Roy­al. Dort soll es ein. Ich muss dazu sagen, dass hier jetzt alle Schil­der, ein­fach alles nur noch in Fran­zö­sisch geschrie­ben steht, denn das ist die ein­zi­ge Amts­spra­che in Que­bec. Das ist schon etwas gewöh­nungs­be­dürf­tig, nach­dem ich eben noch in Onta­rio war.

Schließ­lich par­ke ich das Auto, zie­he einen Park­schein und mache mich zu Fuß auf den Weg. Unter­wegs ent­decke ich dann die­se Gedenk­ta­fel. Na, den Herrn ken­ne ich doch. Auf einem Teil des Mont Roy­al liegt ein 190 Hekt­ar gro­ßer Stadt­park. Olm­sted leg­te die­sen Park für die Stadt Mon­tré­al an, nach­dem er sich mit dem Ent­wurf für den New Yor­ker Cen­tral Park einen Namen gemacht hatte.

Auch dem Besuch von King Geor­ge VI. wird hier oben gedacht. Heu­te ist es ja eher nor­mal, dass die Roy­als die Com­mon­wealth Staa­ten besu­chen, doch zur dama­li­gen Zeit war das noch eine lan­ge Rei­se per Schiff. Ich fin­de es immer wie­der fas­zi­nie­rend, dass es die­se Besu­che trotz­dem gab.

Ich lau­fe wei­ter und errei­che schließ­lich das Cha­let du Mont Roy­al. Es wur­de 1932 wäh­rend der gro­ßen Depres­si­on als Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­me errichtet.

Die mei­sten Besu­cher aber kom­men nicht des­halb hier­her, son­dern wegen der gran­dio­sen Aus­sicht, die man von hier auf Mon­tré­al hat. Und ja, die ist heu­te wirk­lich atem­be­rau­bend. Ich bin hin und weg. Der Weg hier­her hat sich voll und ganz gelohnt.


Bei der ersten Pla­nung der Tour hat­te ich vor, im Zen­trum von Mon­tré­al zu über­nach­ten. Doch umso mehr ich mich damit beschäf­tig­te, desto mehr ver­lor ich die Lust. Die Prei­se sind astro­no­misch und selbst wenn man etwas Bezahl­ba­res fin­det, kom­men hor­ren­de Park­ge­büh­ren dazu. So kam es, dass ich letzt­end­lich das Hamp­ton Inn etwas außer­halb in Laval gebucht habe. So ist es zwar etwas mehr Fah­re­rei, aber ich habe eine gan­ze Men­ge Geld gespart.

Abend­essen gibt es heu­te auf dem Zim­mer. Gleich neben dem Hotel gibt es einen IGA Super­markt, wo ich mich mit Lebens­mit­teln eindecke.

Mei­len: 159
Wet­ter: 13–26 Grad, sonnig
Hotel: Hamp­ton Inn & Suites

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