Englands Treasures

Tag 11 – Sams­tag, 21. Mai
Cast­les in the Sky – Bir­ming­ham nach London

„We fall to rise again.” – unknown

Ich hat­te mir ja ein paar Orte raus­ge­sucht, die ich heu­te Mor­gen eigent­lich in Bir­ming­ham anschau­en woll­te, doch irgend­wie spricht mich das hier gar nicht an. Schon lustig, nun war ich schon zum zwei­ten Mal hier, aber habe immer noch nichts von der Stadt gese­hen. Irgend­wie bin ich nur genervt und bie­ge kurz­ent­schlos­sen ein­fach auf die Auto­bahn Rich­tung Coven­try ab. Hier gibt es eine ganz beson­de­re Kathe­dra­le, die ich besu­chen möchte.

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Die St. Micha­els Church wur­de im spä­ten 14. bis frü­hen 15. Jahr­hun­dert erbaut. Sie war die größ­te Pfarr­kir­che Eng­lands, bis sie schließ­lich 1918, mit der Grün­dung der Diö­ze­se Coven­try, zur Kathe­dra­le erho­ben wur­de. Am 14. Novem­ber 1940 wur­de die Kathe­dra­le jedoch durch einen deut­schen Luft­an­griff, den Coven­try Blitz, fast voll­stän­dig zerstört.

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Der ehe­ma­li­ge Probst von Coven­try ließ nach dem Luft­an­griff aus zer­stör­ten Dach­bal­ken ein Holz­kreuz her­stel­len. Das Ori­gi­nal steht heu­te in der neu­en Kathe­dra­le, die direkt dane­ben erbaut wur­de. Eine Replik steht auf einem Altar in der Rui­ne. Eine wei­te­re Kopie wur­de 1988 der Kaiser-​Wilhelm-​Gedächtniskirche in Ber­lin gestif­tet, die das Schick­sal der Kathe­dra­le von Coven­try teil­te. Seit­dem sind die bei­den Kir­chen „Schwe­ster­kir­chen”.

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Da ich nun Bir­ming­ham frü­her hin­ter mir gelas­sen habe als gedacht, fah­re ich kurz ent­schlos­sen nach Ragley Hall, das ich eben­falls auf mei­ner Häu­ser­li­ste zu ste­hen hat­te, aber eigent­lich nicht geplant war. Und was für ein Glücks­griff das ist, denn die­ses Haus ist wie­der ein­mal rich­tig Klas­se – ein­fach auf ganz vie­len Ebe­nen ein Erleb­nis der beson­de­ren Art.

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Ragley Hall wur­de 1680 für Edward Con­way, 1. Earl of Con­way erbaut, heu­te ist es der Fami­li­en­sitz des Mar­quess of Hertford. Auf Grund die­ser Tat­sa­che, darf ich im Haus lei­der nicht foto­gra­fie­ren. Ich kann aber so viel ver­ra­ten, die Tour lohnt sich, denn das Haus ist kom­plett in Benut­zung, sodass Altes oft mit Neu­em ver­bun­den ist. Rich­tig unglaub­lich ist aber das Gemäl­de, das sich über das gesam­te Trep­pen­haus erstreckt. 1983 wur­de es von Gra­ham Rust fer­tig­ge­stellt und im Gemäl­de fin­den sich auch sämt­li­che Fami­li­en­mit­glie­der sowie Freun­de der Fami­lie wieder.

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Beson­ders Klas­se aber waren die Gui­des. Eine von ihnen sprach plötz­lich Deutsch, aber sie erklär­te mir, dass sie Bri­tin sei. Sie war mit ihrem Mann vie­le Jah­re in Deutsch­land sta­tio­niert und hat die Spra­che ziem­lich per­fekt erlernt und war sehr erfreut, sich mit mir unter­hal­ten zu kön­nen. So ver­quat­schen wir uns eine gan­ze Wei­le, immer mal wie­der in Eng­lisch und dann wie­der in Deutsch. Danach gehe ich in den Gar­ten hinaus.

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Als ich wie­der zurück zur Front des Hau­ses kom­me, steht die­ser super schö­ne Rolls Roy­ce vor der Tür. Ein tol­les Motiv zusam­men mit dem Herrenhaus.

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Nicht ganz so über­zeugt hat mich dage­gen Cough­ton Court, das ich als näch­stes besu­che. Ich will dem Haus nicht unrecht tun, es ist schon inter­es­sant, aber irgend­was hat mich gestört. Viel­leicht war es auch das Wis­sen um die, sagen wir es mal so, wie­der etwas eigen­wil­li­ge Art und Wei­se, wie der Natio­nal Trust dazu gekom­men ist. Ich muss schon sagen, dass es eine Zeit gab, wo dort recht streit­ba­re Ent­schei­dun­gen getrof­fen wur­den. Das emp­fin­de ich auch hier so. Zwar wohnt hier die Fami­lie noch immer in einem Teil des Hau­ses, doch irgend­wie scheint das Gan­ze nicht so ganz in gegen­sei­ti­gem Ein­ver­neh­men pas­siert zu sein, wenn man genau­er nachliest.

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Das Cough­ton Estate gehör­te der Fami­lie Throck­mor­ton schon seit 1409 und der älte­ste Teil des Wohn­hau­ses, das Gate­haus in der Mit­te, stammt aus dem Jahr 1530. Die Throck­mor­tons und ihr Anwe­sen haben eine spek­ta­ku­lä­re Geschich­te hin­ter sich. Das Gate­hou­se wur­de damals Hein­rich VIII. gewin­det, den die Throck­mor­tons favo­ri­sier­ten. Doch das dau­er­te nicht lan­ge. Pro­ble­me ent­stan­den, weil sie Cathe­ri­ne von Ara­gon unter­stüt­zen und gegen die Schei­dung von König und Köni­gin waren und gegen die Refor­ma­ti­on. Die Throck­mor­tons waren und sind prak­ti­zie­ren­de Katholiken.

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Noch schlim­mer für die Fami­lie war dann aber, dass Sohn Robert Throck­mor­ton zuerst am Throck­mor­ton Plot teil­nahm. 1583 woll­te man Köni­gin Eliza­beth I. ermor­den. Noch fata­ler aber war die Ver­strickung in den Gun­pow­der Plot von 1605. Dies­mal soll­te James I. von eng­li­schen Katho­li­ken ermor­det wer­den. Bei­de Zwi­schen­fäl­le führ­ten dazu, dass die Fami­lie gro­ße Tei­le ihres Ver­mö­gens ver­lor und so nie in der Lage war, das Haus groß­ar­tig umzubauen. 

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Seit 1946 gehört das Haus dem Natio­nal Trust, doch die Throck­mor­ton haben momen­tan einen 300-​jähirgen Pacht­ver­trag mit dem Trust und ein Teil der Fami­lie wohnt noch immer hier. Somit ist Cough­ton Court eines der am läng­sten durch­gän­gig von einer Fami­lie bewohn­ten Häu­ser in England.

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Zum Anwe­sen gehö­ren auch zwei Kir­chen. Die lin­ke Kir­che ist noch immer die pri­va­te Kapel­le der Fami­lie Throckmorton.

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Der Weg zurück nach Lon­don führt mich wie­der Rich­tung Süden. Nur unweit der Auto­bahn liegt Farn­bo­rough Hall, das nur an 2 Nach­mit­ta­gen pro Woche geöff­net ist, weil es noch heu­te von einer Fami­lie bewohnt wird, obwohl es zum Natio­nal Trust gehört. Des­halb auch hier das Foto­ver­bot, denn die Ein­rich­tung gehört der Fami­lie und nicht dem Natio­nal Trust.

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Die Hol­be­ch Fami­lie kauf­te das Land rund um Farn­bo­rough Hall im Jahr 1684 und kurz danach wur­de auch das Haus erbaut. Bis 1960 blieb das Anwe­sen in den Hän­den der Fami­lie, bevor Geoffrey Hol­be­ch 1960 dem Natio­nal Trust ver­mach­te. Sei­ne Toch­ter Caro­li­ne Bad­dell und ihre Fami­lie bewoh­nen das Haus aller­dings noch heu­te. Ein schö­ner Gar­ten umrahmt das Haus, der seit 200 Jah­ren kaum ver­än­dert wurde.

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Auf dem Weg nach Lon­don kom­me ich noch am Chast­le­ton Hou­se vor­bei. Eigent­lich soll­te es laut Web­site geöff­net sein, doch als ich ankom­me, ist geschlos­sen. Scha­de, so kann ich nur ein Bild vom Tor aus machen und muss wie­der umdrehen.

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Mei­ne letz­te Nach in Eng­land ver­brin­ge ich im Hil­ton in Wat­ford. Hier fin­det anschei­nend heu­te auch eine Hoch­zeit statt, aller­dings höre ich davon dies­mal nicht und Park­plät­ze sind eben­falls reich­lich vorhanden.

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Sozu­sa­gen als Abschieds­des­sert gibt’s heu­te Abend noch ein­mal einen lecke­ren Trif­le. Ich lie­be die­se Süß­spei­se ein­fach und kann da nie wie­der­ste­hen, wenn ich sie im Kühl­re­gal sehe.

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Mei­len: 208
Wet­ter: 12–17 Grad – über­wie­gend bedeckt mit Schauern
Hotel: Hil­ton Wat­ford; £51.35

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